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Version 1.05

Standard "Fernsehkonsum bei Demenz"

 
Das liebste Hobby eines Senioren ist zumeist fernsehen. Vier, fünf oder sechs Stunden täglicher TV-Konsum sind eher die Regel als eine Ausnahme. Beim Fortschreiten der demenziellen Erkrankung lassen die Probleme nicht lange auf sich warten.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!
 

Standard "Fernsehkonsum bei Demenz"
Definition:
  • Der tägliche Fernsehkonsum ist bei den meisten Bewohnern ein integraler Bestandteil der Tagesstrukturierung. Bereits bei der arbeitenden Bevölkerung liegt der tägliche TV-Konsum bei mehr als drei Stunden. Nach Eintritt in das Rentenalter steigt dieser Wert noch einmal deutlich auf rund fünf Stunden an.
  • Das Fernsehprogramm ist für viele Senioren wichtig, um den Tag und die Woche zu strukturieren. So ist die Tagesschau um 20 Uhr ein wichtiger Orientierungspunkt bei der Gestaltung des Abends. Das "Wort zum Sonntag" wiederum läutet das Wochenende ein.
  • Bei einer fortschreitenden demenziellen Erkrankung wird der Bewohner anfälliger für eine Reizüberflutung. In diesem Zustand nimmt der Bewohner mehr Reize auf, als er verarbeiten kann. Diese Überforderung äußert sich bei Demenzkranken häufig in körperlichen und mentalen Unruhezuständen.
  • Mitverantwortlich dafür ist auch die beschleunigte Erzählweise moderner Film- und Fernsehproduktionen. Die schnelle Schnittfolge sowie die Nutzung des "Wackelkamera-Stils" überfordern Senioren. Sie sind an ruhige Einstellungen, behutsame Kameraführung und längere Dialoge gewöhnt. 
Grundsätze:
  • Fernsehen ist als Medium weder "gut" noch "schlecht". Es ist immer eine Frage der Qualität und der Quantität. Bei richtiger Wahl der Sendung und einer Begrenzung des täglichen Konsums kann ein demenziell erkrankter Bewohner vom Fernsehen profitieren.
  • Wir werden dem Bewohner aber niemals Vorschriften zum Fernsehkonsum machen. Die Entscheidung, was er sieht und wie lange er zusieht, liegt immer beim Bewohner.
Ziele:
  • Der Bewohner hat Spaß beim Fernsehen und kann sich entspannen.
  • Er kann seine mentalen Defizite für einen Moment hinter sich lassen und neuen Lebensmut finden.
  • Beim gemeinsamen Fernsehen wird der soziale Zusammenhalt innerhalb der Einrichtung gestärkt.
Vorbereitung: Organisation
  • Wann immer möglich sollten Bewohner zusammen fernsehen. Wir bieten daher regelmäßige Filmabende an. Die Nutzung eines Beamers und einer Leinwand erzeugt Kinoatmosphäre, die bei einem entsprechenden biografischen Hintergrund als angenehm empfunden wird.
  • Die Vorlieben und Abneigungen für bestimmte Programminhalte (Sport, Krimis, Operette usw.) werden bereits im Rahmen des Erstgesprächs erfragt. Ggf. bitten wir die Angehörigen um Auskunft.
  • Sendungen, auf die der Bewohner gut reagiert, können ggf. aufgezeichnet werden. Dass es sich um Wiederholungen handelt, werden Betroffene ab einer mittelgradigen Demenz nicht mehr wahrnehmen bzw. wird es sie nicht mehr stören.
Reizüberflutung
  • Wir prüfen, ob eine Reizüberflutung vorliegt. Diese äußert sich bei Demenzkranken durch verschiedene Reaktionen:
  • Der Bewohner ist nicht in der Lage, die Sendung konzentriert zu verfolgen. Er steht aus seinem Sessel auf, geht einige Schritte und setzt sich dann wieder.
  • Der Bewohner stellt immer wieder Verständnisfragen zur Sendung. Oder er schimpft anhaltend über das seiner Meinung nach niveaulose Fernsehprogramm. Einige Demenzkranke suchen das Gespräch mit anderen Zuschauern, die sich davon gestört fühlen.
  • Es liegt eine Verkennung der Situation vor. Der Bewohner hört Stimmen aus dem Fernseher und glaubt, dass sich Personen in seinem Zimmer befinden. Folge: Der Bewohner spricht mit dem Fernseher.
  • Der Bewohner fühlt sich durch das Geschehen auf dem Fernseher bedroht. Er hält die Tiere einer Dokumentation für echt und zeigt Angstreaktionen.
Durchführung: allgemeine Maßnahmen
  • Während längerer Pflegemaßnahmen (etwa der morgendlichen Grundpflege) sollte der Fernseher ausgeschaltet bleiben. Hier ist es wichtig, dass sich der Bewohner auf die Pflegehandlung und insbesondere auf seine eigene aktive Beteiligung daran konzentrieren kann. Auch die Kommunikation zwischen Bewohner und Pflegekraft würde durch einen laufenden Fernseher massiv erschwert.
  • Vor allem aber schalten Pflegekräfte während ihrer Anwesenheit im Zimmer des Bewohners nicht das Gerät auf einen anderen Sender um, dessen Programm dem Mitarbeiter besser gefällt.
  • Wenn wir das Gefühl haben, dass sich der Bewohner lediglich vom Fernseher "berieseln" lässt, fragen wir ihn, ob wir das Gerät abschalten sollen.
Wahl der richtigen Fernsehsendung
  • Wir prüfen, ob der Bewohner kooperativ ist und unsere Ratschläge hinsichtlich des Fernsehprogramms annimmt. In diesem Fall wählen wir Sendungen aus, die für demenziell erkrankte Senioren geeignet sind. Wir berücksichtigen, dass sich die Kriterien beim Fortschreiten der Erkrankung verändern werden.
  • Demenzkranke verlieren die Fähigkeit, Realität von Fiktion zu unterscheiden. Daher sind Spielfilme zunehmend problematisch. Dieses insbesondere, wenn sie Parallelen zur Bewohnerbiografie aufweisen; etwa Filme über Krieg, Gewalt oder Vertreibung.
  • Romantische Filme mit linearem Erzählstrang hingegen werden deutlich besser akzeptiert; bestes Beispiel: Rosamunde-Pilcher-Filme.
  • Filme aus den 40er- und 50er-Jahren sind i. d. R. gut biografisch verankert. Die Filmstars dieser Zeit sind den meisten Senioren gut bekannt.
  • Serien mit kurzer Dauer pro Episode sowie gleichbleibendem Inhalt erleichtern es dem Bewohner, sich zu orientieren. Dieses trifft insbesondere auf Telenovelas sowie "Daily Soaps" zu.
  • Viele Sendungen laufen im Zweikanalton. Die zusätzliche Audiospur enthält oft gesprochenen Text, der die Handlung besser erklärt.
  • Sender mit häufigen Werbeunterbrechungen sind ungeeignet.
  • Quizsendungen sollten vermieden werden. Die Fragen beziehen sich oft auf moderne Themen, die nicht mehr Teil der Lebenswelt unserer Bewohner sind. Demenzkranken werden ihre Defizite vorgeführt. Das Gleiche gilt für Sendungen mit tagespolitischer Ausrichtung.
  • Kindersendungen sind für die meisten Senioren ungeeignet, da die Betroffenen diese als entwürdigend betrachten.
  • Sportprogramme werden häufig gut angenommen, da es bei vielen Bewohnern einen biografischen Bezug etwa zum Fußball oder zur Leichtathletik gibt.
  • Positive Reaktionen gibt es zumeist auch bei Musiksendungen, also etwa Volksmusik oder Operetten.
Nachbereitung:
  • Die Reaktionen des Bewohners auf bestimmte Programminhalte werden beobachtet und etwa im Rahmen von Fallbesprechungen thematisiert. Vorlieben und Abneigungen werden in der Pflegeplanung festgehalten.
Dokumente:
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Mitarbeiter
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Demenz; Fernsehen; TV
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