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Version 1.05 |
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Standard
"Ernährung und Flüssigkeitsversorgung bei Sterbenden" |
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In der finalen Phase bestimmen vor allem
die Flüssigkeitsversorgung und die Ernährung darüber, ob dem
alten Menschen ein würdiger Tod vergönnt ist. Der Verzicht auf
Getränke, Infusionen und PEG beschleunigt und erleichtert oft
das Sterben. Dann aber steht schnell der Vorwurf im Raum, dass
die Pflegekräfte den Senioren in seinen letzten Stunden
"qualvoll verdursten und verhungern" ließen. Mit einem guten
Standard helfen Sie Ihrem Team, zwischen Recht und Ethik
abzuwägen. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert
und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
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Standard
"Ernährung und Flüssigkeitsversorgung bei Sterbenden" |
Definition: |
- Sterbende Bewohner leiden häufig an
Appetitlosigkeit und mangelndem Durstgefühl. Vieles spricht dafür,
dass Dehydratation und Kachexie in der Finalphase physiologische,
also ganz normale, Prozesse sind.
- Allerdings können auch viele weitere Faktoren
das Durst- und das Hungergefühl beeinträchtigen, etwa Schmerzen,
Schluckbeschwerden, Übelkeit oder Geschmacksveränderungen. Diese
gilt es mit wirksamen Pflegemaßnahmen und einer ärztlichen Therapie
zu linden.
- Auch bei Bewohnern in der Sterbephase stellen
wir die beste uns mögliche Betreuung und Pflege sicher. Dazu zählt
insbesondere die Versorgung mit Flüssigkeit und Nahrungsmitteln.
- Allerdings betrachten wir die Verlängerung
des Lebens nicht als Selbstzweck. Das Selbstbestimmungsrecht jedes
Bewohners ist für uns das höchste Gut. Dieses insbesondere auch bei
der Entscheidung für oder gegen eine künstliche Ernährung.
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Grundsätze: |
Entscheidend ist für uns
stets, was der Bewohner aktuell als seinen klaren Willen ausdrückt.
- Ein Bewohner hat also insbesondere das Recht,
Essen und Trinken abzulehnen. Dieses auch dann, wenn er dadurch
stirbt.
- Ein Bewohner wird niemals gegen seinen Willen
mit Nahrung oder Flüssigkeit versorgt. Insbesondere die
Verabreichung einer Infusion ist eine invasive Maßnahme, die ohne
vorherige Zustimmung illegal ist.
- Ein Bewohner hat das Recht, seine Meinung
jederzeit zu ändern. Die in der Patientenverfügung definierten
Vorgaben sind dann nachrangig.
- Die Vorgaben des Bewohners haben Vorrang vor
den Wünschen seiner Angehörigen.
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Ziele: |
- Dem Bewohner wird ein menschenwürdiges
Sterben ermöglicht.
- Die Wünsche des Bewohners werden befolgt.
- Wir arbeiten vertrauensvoll mit Angehörigen
und Ärzten zusammen.
- Unsere Pflegekräfte und die Einrichtung sind
rechtlich abgesichert.
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Vorbereitung: |
Organisation |
- Wir bitten den Bewohner sich "noch in guten
Tagen" mit den Themen Patientenverfügung, Betreuung und Vollmachten
auseinander zu setzen. Ggf. assistieren wir dem Bewohner beim
Verfassen der notwendigen Dokumente oder stellen den Kontakt zu
kompetenten Beratungsstellen her.
- Wir suchen rechtzeitig den Kontakt zum
Hausarzt und thematisieren die anstehenden Maßnahmen, die sich aus
dem sich anbahnenden Sterbeprozess ergeben. Wir versuchen einen
Konsens darüber zu erreichen.
- Wir arbeiten eng mit Hospizen und
Hospizvereinen zusammen.
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Ursachenforschung |
Wir suchen nach Ursachen für das
nachlassende Hungergefühl und das reduzierte Durstempfinden. Falls
möglich erörtern wir gemeinsam mit dem Hausarzt Möglichkeiten, um die
Symptome medikamentös zu lindern.
- Tumore im HNO-Bereich und Karzinome im
Gastrointestinaltrakt
- Schmerzen, Geschmacksveränderungen,
Schluckstörungen, Angst, Depression
- Anorexie, Übelkeit, Erbrechen und
Schleimhautveränderungen (Mundtrockenheit, Stomatitis, Ulcera) etwa
als Folge einer Chemo- oder einer Strahlentherapie
- Nebenwirkungen von Medikamenten, etwa
Übelkeit bei Opiaten
- schlecht sitzendes Gebiss.
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Kooperation mit den Angehörigen |
- Sofern möglich sammeln wir Informationen zum
Trinkverhalten des Bewohners. Wichtig ist etwa, ob er bislang einen
hohen oder niedrigen Flüssigkeitsbedarf und Flüssigkeitsumsatz
hatte.
- Sofern möglich suchen wir frühzeitig den
Dialog mit den Angehörigen.
- Wir prüfen, ob die Angehörigen als
Betreuer eingesetzt sind oder über eine Vollmacht verfügen.
Ansonsten machen wir Ihnen einfühlsam und rücksichtsvoll
deutlich, dass sie keine Entscheidungsbefugnis haben.
- Wir verdeutlichen ihnen, dass wir die
Wünsche des Bewohners befolgen werden. Dieses bedeutet ggf.
auch, dass wir auf die Nutzung einer Magensonde verzichten und
keine Infusionen legen.
- Wenn Angehörige fordern, dass der
sterbende Bewohner künstlich ernährt wird, ziehen wir ggf. den
Hausarzt zu dem Gespräch hinzu. Dieser soll den Angehörigen
verdeutlichen, dass eine weitere enterale Ernährung keine
Vorteile für den Betroffenen bringt.
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Ermittlung des Willens des Bewohners |
Wir prüfen, ob wir den Willen des
Bewohners hinsichtlich der Flüssigkeitsversorgung ermitteln können.
- Kann der Bewohner seinen Willen noch selbst
äußern, sei es durch Worte oder Gesten?
- Existieren eine Patientenverfügung oder
sonstige entsprechende Aufzeichnungen?
- Ein trockener Mund ist (anders als oftmals
angenommen) kein hinreichendes Anzeichen für Durstgefühl, sondern
oft das Ergebnis unzureichender Mundpflege. Wir stellen daher eine
angemessene Versorgung sicher, zu der auch das Anfeuchten der
Mundschleimhaut gehört.
- Auch Bewohner, die unter schwersten Demenzen
leiden, können die Frage, ob sie essen oder trinken wollen,
selbständig entscheiden. Dieses geschieht schlichtweg dadurch, indem
Sie Nahrung oder Getränke annehmen oder nicht. Diese Entscheidung
wird von uns akzeptiert.
- Wir bieten dem Bewohner ggf. einen feuchten
Tupfer oder einen feuchten Waschlappen an. Wenn er beginnt, daran zu
saugen, dann ist das ein sicheres Indiz für Durstgefühl.
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Abwägung |
Wir sammeln alle relevanten
Informationen. Diese bilden die Grundlage für den Beschluss des Arztes,
ob der Bewohner eine Infusion erhalten sollte. Wir drängen auf eine
inhaltliche Beteiligung an dieser Entscheidung.
- Bevor wir in Kooperation mit dem Hausarzt die
Verabreichung einer Infusion in die Wege leiten, führen wir im
Pflegeteam eine Fallbesprechung durch. Wir diskutieren sehr
sorgfältig, ob die Therapie die Lebensqualität des Bewohners
verbessert oder das Leiden nur unnötig verlängert. Uns ist dabei
stets bewusst, dass wir eine einmal begonnene Infusionstherapie
später kaum wieder absetzen können.
- Wird sich auch mit einer Infusion der
Allgemeinzustand des Bewohners voraussichtlich in den nächsten Tagen
zunehmend verschlechtern? Dann macht eine Infusion zumeist keinen
Sinn.
- Ist eine kurative Behandlung der auslösenden
Erkrankung noch möglich und angemessen?
- Klagt der Bewohner über Durst, der durch
orale Zufuhr nicht gestillt werden kann?
- Ist der Organismus des Bewohners mit der
Flüssigkeitsgabe überlastet? Im Sterbeprozess nehmen die
Körperfunktionen ab. Dieses senkt den Flüssigkeitsbedarf.
- Ist der Bewohner überhaupt noch in der Lage,
die eingegebene Flüssigkeit wieder auszuscheiden? Ansonsten drohen
eine Überwässerung sowie die Entwicklung von Ödemen.
- Ist das Wasserlassen für den sterbenden
Senioren belastend, etwa weil die Anlage eines Urinkatheters
erforderlich ist? Die einsetzende Exsikkose senkt die Urinproduktion
ab.
- In welchem mentalen Zustand ist der Bewohner?
Leidet er? Eine einsetzende Exsikkose fördert die Ausschüttung von
Endorphinen. Diese wirken ähnlich wie Opiate und lindern etwaige
Beschwerden. Zudem führt die Exsikkose zu einer
Bewusstseinseintrübung. Diese senkt die Schmerzempfindlichkeit ab.
- Ist der Bewohner noch teilweise mobil? Ein
Infusionsschlauch würde den Bewegungsspielraum des Bewohners
einschränken. Bei verwirrten Senioren kann es sogar notwendig
werden, die Arme zu fixieren.
- Üben Angehörige Druck aus? Dient die Infusion
letztlich nur dazu, den Angehörigen das Gefühl zu vermitteln, alles
Notwendige getan zu haben?
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Durchführung: |
Eingabe von Flüssigkeit /
Verabreichung der Infusion |
- Wir bieten dem Bewohner Tee oder andere
Wunschgetränke an.
- Wenn der Bewohner unter Schluckbeschwerden
leidet, bieten wir ihm die Flüssigkeit teelöffelweise oder
tropfenweise per Pipette oder Spritze an. Wir beachten, dass die
Aspirationsgefahr bei Sterbenden erhöht ist.
- Wir zerstoßen Eiswürfel oder gefrorenen
Fruchtsaft und schlagen die Bruchstücke in Baumwollläppchen ein. Wir
lassen den Bewohner daran saugen. Alternativ können Pflaumentupfer
oder sogar eine Babymilchflasche eingesetzt werden.
- Wir bieten dem Bewohner leicht säuerliche
Getränke an, die den Speichelfluss fördern, etwa diverse
Früchtetees, Kräutertees, Sekt, Mineralwasser mit etwas Zitronensaft
usw. (Hinweis: Wenn die Mundschleimhaut geschädigt ist, kann dieses
zu einem Brennen führen.)
- Wir bieten dem Bewohner kleine Fruchtstücke
zum Lutschen an, etwa Ananas, Apfelsinen oder Melonen.
- Auf Wunsch erhält der Bewohner auch
alkoholische Getränke, also etwa ein kleines Glas Bier oder ein
wenig Likör.
- Wir achten auf eine ausreichend hohe
Luftfeuchtigkeit im Raum des Bewohners.
- Eine Infusion wird vom Hausarzt verabreicht.
Wir beobachten den Zustand des Bewohners engmaschig und rufen bei
Komplikationen den Hausarzt.
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Eingabe von Lebensmitteln |
- Wir achten darauf, dass wir den Bewohner
nicht bedrängen. Ständiges Nachfragen kann dazu führen, dass der
Bewohner keinerlei Appetit mehr verspüren wird. Oftmals ist es
besser, dem Bewohner ungefragt eine kleine Portion seiner
Lieblingsspeisen neben das Bett zu stellen.
- Da im Sterbeprozess der Geruchs- und der
Geschmackssinn oft sensibler werden, rechnen wir damit, dass der
Bewohner verschiedene Speisen nicht mehr akzeptieren wird. Wenn der
Bewohner feste Speisen nicht mehr konsumiert, bieten wir ihm
alternativ weiche oder flüssige Nahrungsmittel an, etwa Rahmsuppen,
Kartoffelbrei usw. Ggf. nutzen wir hochkalorische Trinknahrung,
eventuell mit Vitaminsubstitution.
- Wir prüfen, ob eine alternative Würzung der
Speisen den Appetit des Bewohners verbessert.
- Wir bieten dem Bewohner nur kleine Portionen
an, die er auch tatsächlich komplett konsumieren kann. Zerkleinerte
Nahrung sollte hübsch angerichtet werden.
- Wir akzeptieren es, wenn der Bewohner die
Nahrung verweigert. In diesem Fall versuchen wir zumindest die
Flüssigkeitsversorgung sicherzustellen.
- Ggf. können Angehörige selbst hergestellte
Speisen mit in die Einrichtung bringen und dem Bewohner anbieten.
Wir regen an, dass Angehörige und Bewohner gemeinsam essen. Zumeist
stärkt das Gemeinschaftsgefühl den Appetit des Sterbenden.
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Nachbereitung: |
- Der Speisenkonsum wird sorgfältig
dokumentiert.
- Wir verzichten auf die regelmäßige Errechnung
des BMI, wenn das Wiegen für den Bewohner zu anstrengend ist.
- Die Pflegeplanung wird regelmäßig angepasst.
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Dokumente: |
- Trink- und Ernährungsprotokoll
- Ernährungsplan
- Vitaldatenblatt (Gewicht)
- Pflegeplanung
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Verantwortlichkeit /
Qualifikation: |
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Sterbebegleitung; Ernährung;
Phase, finale |
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Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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