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Version 1.05 - 2014

Standard "Dekubitusprophylaxe: Drucktest / Fingertest / Lupentest"

 
"Steißregion gerötet. Ansonsten keine Auffälligkeiten". Solche Einträge im Berichtsblatt können missliche Folgen haben. Zumindest dann, wenn sich die Rötung später als Dekubitus entpuppt und es zum Streit um Schadensersatz und Schmerzensgeld kommt. Ein kleiner Test schafft effektive Abhilfe.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Dekubitusprophylaxe: Drucktest / Fingertest / Lupentest"
Definition:
  • Ein zentraler Faktor bei der Therapie eines Druckgeschwürs ist eine möglichst sofortige Erkennung der Hautschädigung. Je früher eine Therapie begonnen wird, umso schneller ist mit einer Abheilung zu rechnen. Im Anfangsstadium reichen dafür oft schon wenige Maßnahmen, wie etwa eine konsequente Freilagerung.
  • Erschwert wird die zeitnahe Erkennung durch das unspezifische Symptombild eines einsetzenden Druckgeschwürs, also insbesondere eine Hautrötung, Ödembildung, Verhärtung und eine lokale Überwärmung. Diese Zeichen treten jedoch auch bei zahlreichen anderen Erkrankungen auf, wie etwa bei Infektionen oder bei allergischen Reaktionen. In der Folge bleibt ein Dekubitus ggf. unbehandelt. Die Gewebeschädigung schreitet fort.
  • Oftmals findet sich dann in der Pflegedokumentation ein Hinweis wie etwa "Steißregion gerötet", ohne dass danach entsprechende Maßnahmen erfolgen und in den Aufzeichnungen schriftlich vermerkt werden. Dieses ist nach aktueller Rechtsauffassung ein Pflegefehler, der insbesondere auch haftungsrechtliche Relevanz hat.
  • Der Fingertest (oder "Drucktest") ist eine Methode zur verlässlichen Feststellung eines Dekubitus bei einer schon vorhandenen Hautrötung. Daneben gibt es den sog. "Lupentest" mit einer sehr ähnlichen Durchführung. Beide Techniken sind im Expertenstandard "Dekubitusprophylaxe in der Pflege" erwähnt. Allerdings treffen die Autoren keine Aussage darüber, welcher Test zuverlässiger ist.
  • Diese Prüftechniken basieren darauf, dass bei einem Dekubitus bereits im Frühstadium die Mikrozirkulation des Blutsystems beeinträchtigt ist. Insbesondere kommt es zu einer Stauung der ableitenden Gefäße. Dieses ist bei den meisten Hautschädigungen mit ähnlichem Symptombild nicht der Fall. In der Folge zeigt die Haut unter Druckeinwirkung verschiedene Reaktionen. Bei einem einsetzenden Dekubitus bleibt gerötete Haut auch unter Druckeinwirkung rötlich verfärbt. Ändert sich die Tönung der Haut in diesem Areal jedoch zu Weiß, kann davon ausgegangen werden, dass die Rötung keine Folge eines Druckgeschwürs ist.
Grundsätze:
  • Die Aussagekraft des Fingertests ist begrenzt. Daher verlassen wir uns nicht ausschließlich auf das Ergebnis.
Ziele:
  • Veränderungen der Haut und insbesondere ein einsetzender Dekubitus werden rechtzeitig erkannt.
  • Ggf. werden zeitnah eine ärztliche Untersuchung und eine Therapie eingeleitet.
  • Dem Bewohner wird ein fortschreitender Dekubitus erspart.
  • Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Unsere Einrichtung wird vor ungerechtfertigten finanziellen Forderungen geschützt.
Vorbereitung:
  • Wir nutzen den Fingertest bei jeder bemerkten Rötung, deren Ursache ein Druckgeschwür sein könnte. Der Test dauert nur wenige Sekunden, kann also auch "nebenbei" beim Waschen, beim Umlagern usw. durchgeführt werden.
  • Der Fingertest ist bei dunkelhäutigen Menschen ggf. nicht aussagekräftig.
  • Im Übrigen setzen wir alle Vorgaben des Standards "Dekubitusprophylaxe: Hautbeobachtung" um.
Durchführung: Fingertest / Drucktest

  • Die Pflegekraft drückt mit dem Finger auf die gerötete Hautstelle. Sie zieht dann den Finger schnell zurück und beobachtet die Reaktion der Haut.
  • Wenn sich unter dem Finger ein weißlicher Fleck gebildet hat, der sich dann binnen weniger Augenblicke wieder rötlich einfärbt, liegt kein Dekubitus vor. Ansonsten ist von einem Dekubitus 1. Grades auszugehen.
Lupentest


  • Für den Lupentest nutzen wir ein Beobachtungsglas. Es handelt sich dabei um eine runde Glasplatte mit einem Durchmesser von rund 10 cm. Diese ist mit einem Kunststoffring umfasst.
  • Alternativ kann eine quadratische Platte aus transparentem Kunststoff ohne Umfassungsring genutzt werden.
  • Die Pflegekraft drückt das Glas vorsichtig auf die verdächtige Hautzone auf und beobachtet die Reaktion der Haut. Bleibt die Rötung nicht bestehen, liegt kein Dekubitus vor.
  • Nach der Anwendung wird das Material desinfiziert.
Nachbereitung:
  • Alle Beobachtungen der Haut werden sorgfältig dokumentiert.
  • Wenn der Fingertest ergibt, dass sich offenbar ein Dekubitus entwickelt, werden geeignete Maßnahmen ergriffen (und dokumentiert!):
    • Es erfolgt eine Freilagerung des geschädigten Hautbereiches. In keinem Fall darf der Bewohner auf der geröteten Hautstelle gelagert werden.
    • Es ist davon auszugehen, dass auch andere Hautbereiche anfällig für ein Druckgeschwür sind. Daher werden die Zeitabstände zwischen den regelmäßigen Umlagerungen verkürzt.
    • Die Pflegeplanung wird angepasst.
    • Im Zweifel wird unsere Wundbeauftragte um eine Einschätzung gebeten.
    • Der Hausarzt wird informiert.
  • Auch wenn der Test nicht auf einen Dekubitus schließen lässt, ist ggf. eine Reaktion auf die Hautrötung erforderlich. Denn es könnte z.B. auch eine Infektion vorliegen, die mit den entsprechenden Medikamenten behandelt werden muss.
Dokumente:
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Dekubitus; Dekubitusprophylaxe; Fingertest; Lupentest
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.