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Version 1.06a - 2016

Standard "Pflege von Senioren mit einer Fußprothese"

 
Zu den häufigsten Spätfolgen von Diabetes mellitus zählt der Verlust einzelner Zehen oder gar des ganzen Fußes. Dank moderner Werkstoffe können heutige Prothesen nicht nur den optischen Makel lindern, sondern auch ein gesundes Gangbild fördern.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit einer Fußprothese"
Definition:
  • Verschiedene Erkrankungen wie etwa Diabetes mellitus können dazu führen, dass die Zehen und weitere Anteile des Fußes amputiert werden müssen.
  • Eine der Folgen einer solchen Amputation ist eine schädliche Druckbelastung beim Gehen. Bei einem kompletten Fuß wird der Auflagedruck über die große Kontaktfläche der Fußsohlen gleichmäßig verteilt. Bei einem Stumpf ist die Standfläche deutlich kleiner, entsprechend höher ist die Druckbelastung auf das verbleibende Gewebe.
  • Der Verlust einzelner Zehen ist i. d. R. für das Gangbild unproblematisch. Wenn jedoch der große Zeh oder der komplette Mittelfuß entfernt wurde, treten zumeist sichtbare Veränderungen des Gangbilds auf. Der Bewohner kann den Fuß nicht mehr wie gewohnt abrollen. Zudem ist nach der Amputation das betroffene Bein leichter als das intakte. Dadurch steigt das Risiko von Stürzen.
  • Ein weiterer wichtiger Faktor ist der Verlust der Körpersymmetrie und die Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls. Viele Senioren betrachten sich als “nicht mehr komplett”. Die Anfälligkeit für Depressionen steigt.
  • Diese Probleme können teilweise durch eine Prothesenversorgung kompensiert werden. Knöchelfreie Prothesen bestehen aus flexiblem, elastischem Silikon und werden durch ein Vakuum und durch eine große Oberflächenhaftung am Stumpf fixiert.
  • Der Bewohner muss keine orthopädischen Schuhe tragen. Er kann mit der Vorfußprothese barfuß laufen bzw. herkömmliche Konfektionsschuhe tragen.
Grundsätze:
  • Im Umgang mit betroffenen Senioren ist großes Einfühlungsvermögen erforderlich. Wir sind uns stets bewusst, dass der Verlust der Extremität für den Bewohner ein Schock ist, der auch nach Monaten oft nicht vollständig verarbeitet wird.
  • Eine Prothese muss trotz der robusten Materialien sehr vorsichtig behandelt werden.
  • Eine Prothese wird nicht getragen, wenn die Haut des Stumpfes bereits Symptome einer Druckschädigung zeigt.
Ziele:
  • Die Funktionen der verlorenen Extremität werden soweit es geht von der Prothese übernommen.
  • Die Haut des Stumpfes bleibt trotz der hohen Beanspruchung intakt und belastbar.
  • Die Selbstständigkeit und die Mobilität des Bewohners bleiben so weit wie möglich erhalten.
  • Durch eine sachgerechte Pflege wird die Funktionsfähigkeit der Prothese möglichst lange erhalten.
Vorbereitung:
  • Wir stellen das notwendige Material zusammen. Dazu zählen insbesondere eine Lotion sowie ein Schuhanzieher ohne scharfe Kanten.
  • Der Stumpf wird regelmäßig auf Druckstellen und auf andere Hautveränderungen überprüft.
  • Wir übernehmen das Anlegen der Fußprothese nur dann, wenn der Bewohner diese Maßnahme nicht selbstständig oder teilselbstständig durchführen kann. Dieses ist oft nach Abschluss der Rehabilitation der Fall, wenn der Bewohner in der Handhabung noch nicht sicher genug ist. Sinnvoll ist Unterstützung auch, wenn die motorische oder die geistige Leistungsfähigkeit des Bewohners eingeschränkt ist.
  • Wenn der Bewohner eine Prothese erhält, deren Bautyp uns bislang nicht vertraut ist, so lassen wir uns vom Orthopädiemechaniker einweisen. Wichtig ist neben dem An- und Ablegen der Prothese auch die richtige Materialpflege. Die Kontaktdaten des zuständigen Technikers werden in der Pflegedokumentation erfasst.
  • Wir erfragen, wie der Bewohner seine Prothese bisher angezogen hat. Die vertrauten Techniken sollten auch nach dem Umzug in das Pflegeheim weitergeführt werden.
  • Der Bewohner wird befragt, wann er die Prothese anlegen möchte, etwa morgens nach der Ganzkörperwäsche.
  • Das Betreten des Zimmers durch Angehörige oder durch Mitbewohner wird unterbunden. Wenn der Bewohner Schamgefühle zeigt, werden insbesondere Praktikanten und ehrenamtliche Mitarbeiter kurz vor die Tür gebeten.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Wenn der Stumpf zuvor gereinigt wurde, stellt die Pflegekraft sicher, dass die Haut komplett getrocknet ist. Restfeuchtigkeit würde dazu führen, dass der Stumpf später in erheblichem Maß jucken würde. Auch das Risiko von Hautinfektionen würde steigen.
  • Wenn der Stumpf geschwollen ist, kann er für einige Minuten erhöht gelagert werden.
  • Der Bewohner wird vor dem An- oder Ausziehen der Fußprothese in eine sitzende Position mobilisiert.

Die notwendigen Materialien werden in Reichweite des Bewohners abgelegt, damit dieser die Prothese eigenständig anlegen kann.
Durchführung: Anziehen
  • Das Einsteigen in die Prothese ist zumeist einfacher, wenn zuvor auf dem Stumpf eine Lotion aufgebracht wird. Schon eine dünne Schicht reduziert den Reibungswiderstand erheblich. Sobald die Lotion in die Haut eingezogen ist, haftet der Prothesenschaft sicher auf der Hautoberfläche.
  • Die Pflegekraft reicht dem Bewohner den Schuhanzieher. Nach Möglichkeit sollte der Schuhanzieher nicht so tief in die Prothese eingeführt werden, dass er deren Boden berührt. Es ist sinnvoller, ihn nur bis zur halben Fersenhöhe einzuführen, damit er später leichter wieder aus der Prothese herausgezogen werden kann.
  • Der Fußstumpf wird immer zuerst mit der Fußspitze eingeführt. Erst danach folgt die Ferse.
Ausziehen
  • Der Bewohner soll die Vorfußprothese vor der Nachtruhe ausziehen.
  • Die Pflegekraft (oder der Bewohner) hebt die Schaftkante der Prothese vorsichtig mit dem Finger von der Haut ab. Es dringt nun Luft in die Prothese ein. Die Prothese löst sich teilweise vom Stumpf ab. Durch vorsichtiges Bewegen des Stumpfes in der Prothese wird die Kontaktfläche weiter reduziert, bis der Stumpf ohne Kraftaufwand aus der Prothese herausgezogen werden kann.
  • Beim Herausziehen sollte der Bewohner keine Gewalt anwenden oder mechanische Hilfsmittel nutzen. Es kann sonst zu Verletzungen des Stumpfes oder zu Beschädigungen der Prothese kommen.
Nachbereitung: Reinigung
  • Die Pflegekraft prüft die Prothese auf Beschädigungen, auf Verschmutzungen und auf andere Veränderungen.
  • Bei Schäden an der Prothese verwenden wir diese nicht, sondern kontaktieren den zuständigen Techniker. Wir führen an der Prothese auf keinen Fall Änderungen bzw. Reparaturen in Eigenregie durch.
  • Die Prothese wird bevorzugt mit Wasser und mit Handseife gereinigt.
  • Bei einer starken Verschmutzung oder Verkeimung kann die Prothese ggf. mit Leitungswasser 30 Minuten abgekocht werden.
  • Wir verwenden keine scharfen oder ätzenden Reinigungsmittel. Diese Stoffe können in das Silikon einziehen und später über die Haut aufgenommen werden.
  • Die Prothese sollte an der Luft trocknen. Sie darf nicht auf die Heizung oder an einen Ofen gelegt werden.
  • Wenn die Prothese über Kunststoffnägel verfügt, ist es möglich, die Fußnägel zu lackieren. Dieses erleichtert es vielen Bewohnerinnen, die Prothese zu akzeptieren.
weitere Maßnahmen
  • Auch Monate nach der Amputation kann sich der Stumpf weiter umformen. Dieses wirkt sich immer auch auf die Passgenauigkeit der Prothese aus. Wenn der Bewohner gehäuft über Druckschmerzen klagt, prüfen wir, ob die Prothese ggf. vom Orthopädiemechaniker überarbeitet werden muss.
  • Die Maßnahme und alle relevanten Beobachtungen werden dokumentiert.
  • Die Pflegeplanung wird ggf. aktualisiert. Dieses insbesondere, wenn der Bewohner im Umgang mit der Prothese sicherer wird und weniger Hilfe benötigt.
  • Die Haltbarkeit einer Silikonprothese liegt je nach mechanischer Beanspruchung zwischen eineinhalb bis fünf Jahren.
Dokumente:
  • Anwendungsvorgaben des Herstellers
  • Leistungsnachweis
  • Berichtsblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Mitarbeiter
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Sturz; Prothese; Bein; Fuß; Fußprothese; Amputation
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