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Version 1.05 - 2015

Standard "Sitzbad"

 
Bei juckenden Hämorrhoiden oder bei anderen Erkrankungen im Intimbereich gibt es kaum etwas so wohltuendes wie ein Sitzbad. Das wusste schon Sebastian Kneipp. Die Anwendung ist einfach durchzuführen und bei den meisten Senioren sogar seit Kindheitstagen bekannt.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Sitzbad"
Definition:
  • Ein Sitzbad ist ein Teilbad in einer Sitzwanne, bei der nur der Unterkörper gebadet wird, während die Beine und Füße ausgelassen werden. Vom Wasser werden also nur das Gesäß und die primären Geschlechtsorgane erreicht.
  • Die Anwendung dient nicht primär der Reinigung, sondern zur Applikation verschiedenster Pflegemittel oder Arzneistoffe. Je nach gewünschtem Heilungseffekt werden z.B. Kamille, Revanol oder PVP-Jod dem Wasser beigefügt.
  • Ein Sitzbad regt überdies die lokale Durchblutung an und löst Muskelverspannungen.
  • Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Sitzbad durchzuführen:
    • Die Wanne kann als Einsatz in die Toilettenschüssel eingelegt werden.
    • Möglich ist auch die Nutzung der normalen Badewanne. Die Beine werden dabei auf einem Kunststoffschemel abgelegt, während das Gesäß vom Wasser umspült ist.
    • Alternativ kann eine separate Sitzbadewanne genutzt werden. Viele Senioren werden noch Zinkwannen kennen, die bis in die 50er-Jahre in vielen Haushalten zu finden waren. Heute sind Modelle aus Kunststoff üblich. (Hinweis: Dieser Standard beschreibt beispielhaft die Durchführung mittels einer solchen separaten Wanne.)
    • Ein weiterer biografischer Anknüpfungspunkt sind die Sitzbäder nach Kneipp. Diese werden kalt, warm oder wechselwarm durchgeführt. Dem Wasser werden dabei ggf. Kräuter beigemengt. Viele Bewohner werden diese Anwendungen aus Kuren kennen.
Grundsätze:
  • Ein Sitzbad ist bei den meisten Senioren biografisch verankert und wird daher i. d. R. auch bei einer fortschreitenden Demenz noch toleriert. Dennoch bleibt die Maßnahme ein erheblicher Eingriff in die Intimsphäre.
  • Der Einsatz von medizinisch wirksamen Stoffen im Sitzbad erfolgt nur nach einer vorherigen ärztlichen Anordnung.
Ziele:
  • Der im Wasser gelöste Wirkstoff erreicht die geschädigte Hautstelle. Die Erkrankung wird gemildert.
  • Der Bewohner fühlt sich wohl. Er empfindet die Maßnahme nicht als "peinlich".
  • Eine allergische Reaktion auf Beimengungen im Sitzbad wird vermieden.
  • Ein Sturz, etwa als Folge einer Kreislaufschwäche, wird vermieden.
Vorbereitung: Indikation
Ein Sitzbad ist primär eine Maßnahme im Rahmen der Wundversorgung sowie zur Therapie bei verschiedensten Hauterkrankungen.
  • bei Frauen nach einer gynäkologischen Operation sowie nach einem Scheidendammschnitt
  • bei Männern bei einer Vorhautentzündung, Nebenhodenentzündung, Hodenverhärtung oder bei Schmerzzuständen im Hoden
  • bei Hämorrhoiden, Analekzemen und bei Blasenentzündungen
Organisation
  • Wir stellen sicher, dass keine Allergie gegen die beizumengenden Wirkstoffe besteht. Wir befragen den Bewohner und nehmen Einblick in die uns vorliegenden Unterlagen.
  • Wir prüfen den Kreislaufzustand des Bewohners. Es ist zu vermeiden, dass dem Bewohner während des Sitzbads schwindelig wird. Es droht ein Sturz.
  • Sofern der Bewohner während des Sitzbads allein gelassen werden will, ist zu prüfen, ob er die Klingel sicher bedienen kann.
Material:
Wir stellen das notwendige Material zusammen:
  • großes Handtuch
  • Thermometer
  • Sitzbadewanne
  • Gummimatte
  • Einmalhandschuhe
  • ggf. neue Vorlagen
  • frische Unterhose
Durchführung:
  • Wir informieren den Bewohner über das geplante Sitzbad. Wir befragen ihn zu etwaigen Schmerzen, Kreislaufproblemen usw.
  • Das Badezimmer wird ggf. auf eine angenehme Temperatur vorgeheizt.
  • Der Bewohner soll ggf. die Toilette aufsuchen und seine Harnblase entleeren.
  • Wir legen ggf. eine Gummimatte auf den Boden des Badezimmers. Wir verhindern damit, dass die Sitzbadewanne verrutscht.
  • Die Sitzbadewanne wird aufgestellt und 15 bis 20 Zentimeter hoch mit Wasser gefüllt. Die Sitzbadewanne ist also zu einem Drittel oder bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt. (Hinweis: Die ideale Füllhöhe ist Erfahrungssache und abhängig von der Bauform der Sitzbadewanne und dem Ernährungszustand des Bewohners.)
  • Gemäß der Arztverordnung werden nun z. B. Kamille, Revanol oder PVP-Jod dem Wasser beigefügt. Die Wassertemperatur sollte zwischen 38 bis 43° C betragen und wird mit einem Thermometer geprüft. Je nach Temperaturempfinden des betroffenen Bewohners kann dieser Wert aber auch abweichen.
  • Nach dem Befüllen der Sitzwanne sollten weitere Verzögerungen vermieden werden, da sonst das Wasser zu sehr abkühlen könnte.
  • Die Pflegekraft führt eine Händedesinfektion durch. Wenn der Bewohner unter ansteckenden Hauterkrankungen leidet, inkontinent ist oder wenn Hautläsionen vorliegen, trägt die Pflegekraft zusätzlich Einmalhandschuhe. Diese sind auch notwendig, wenn dem Wasser Medikamente beigemengt werden sollen, mit denen die Pflegekraft nicht in direkten Kontakt kommen darf.
  • Der Bewohner wird entkleidet. Der Intimbereich wird auf ungewöhnliche Veränderungen überprüft. Die  Pflegekraft achtet auf Schwellungen, auf Ausfluss, auf Rötungen, auf Überwärmungen und auf Verletzungen. Bei relevanten Funden wird das Sitzbad nicht durchgeführt und der Hausarzt informiert.

  • Der Bewohner wird in die Sitzwanne transferiert. Damit er nicht friert, können ggf. der Oberkörper und die Arme sowie die Beine und Füße mit einem großen Handtuch bedeckt bleiben.
  • Der Bewohner soll nun ca. 10 Minuten in der Sitzbadewanne verbleiben. Falls das Wasser zu schnell auskühlt, kann die Pflegekraft weiteres warmes Wasser nachfüllen. Ggf. wird der Bewohner dafür kurz aus der Sitzwanne mobilisiert, um die Gefahr von Verbrennungen durch das warme 'Nachfüllwasser' zu vermeiden.
  • Falls die Gefahr eines Kreislaufkollaps hinreichend gering ist, kann die Pflegekraft das Badezimmer kurz verlassen. Die Klingel wird in Reichweite des Bewohners abgelegt. Der Bewohner soll nicht eigenmächtig aus der Sitzbadewanne aufstehen, da ihm dabei schwindelig werden könnte. Es droht ein Sturz.
  • Falls der Bewohner über Schwindel oder über Schmerzen klagt, wird das Sitzbad abgebrochen.
Nachbereitung:
  • Die Pflegekraft mobilisiert den Bewohner aus der Sitzwanne. Er soll sich zunächst setzen, bis sich der Kreislauf normalisiert hat. Wir beachten, dass durch verschüttetes Wasser der Boden um die Sitzwanne herum glatt sein könnte.
  • Der Intimbereich wird sorgfältig getrocknet.
  • Die Pflegekraft führt eine Händedesinfektion durch.
  • Die Maßnahme sowie die Reaktionen des Bewohners werden sorgfältig dokumentiert. Über relevante Veränderungen wird der Hausarzt informiert.
  • Die Wanne wird sorgfältig desinfiziert.
Dokumente:
  • Leistungsnachweis
  • Lagerungs- und Mobilitätsplan
  • Vitaldatenblatt
  • Berichtsblatt
  • Dokumentenblatt "Meldungen an den Arzt"
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Sitzbad; Vorhautentzündung; Nebenhodenentzündung; Hodenverhärtung; Scheidendammschnitt; Hämorrhoiden; Analekzemen; Blasenentzündungen
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.