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Vers. 2.04g

Standard "Benutzung des Steckbeckens"

 
Die Benutzung des Steckbeckens ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich eine eigentlich simple Tätigkeit zum hochkomplexen Vorgang entwickeln kann. Schon die Frage, wie die Bettpfanne eingeschoben werden soll, ist abhängig vom individuellen Krankheitsbild. Denn was bei einem Apoplexie-Patienten richtig ist, bringt einen Senioren mit frisch verheilter Oberschenkelhalsfraktur mitunter zurück ins Krankenhaus.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!
 

Standard "Benutzung des Steckbeckens"

Definition: Ein Steckbecken ist eine Schüssel aus Metall oder Kunststoff mit einem abnehmbaren Deckel. Es dient dazu, die Kot- und Urinausscheidungen von Bewohnern sicher aufzunehmen. Genutzt wird ein Steckbecken bei zeitweiliger oder dauerhafter Bettlägerigkeit sowie in der Nacht bei sturzgefährdeten Bewohnern.

Es gibt verschiedene weitere Bezeichnungen für das Steckbecken wie etwa Bettpfanne, Bettschüssel, Schieber oder "Topf".

Grundsätze:
  • Bei der Ausscheidung auf ein Steckbecken angewiesen zu sein, ist für die meisten Menschen höchst unangenehm. Dieses Gefühl wird durch die Anwesenheit von Pflegekräften noch verstärkt. Wir stellen uns stets darauf ein, dass diese Emotionen sich in Ablehnung gegen die Pflegekräfte kanalisieren können.
  • Wir erwarten von unseren Pflegekräften ein einfühlsames und diskretes Verhalten.
  • Wir beachten den Wunsch des Bewohners nach Unterstützung durch eine gleichgeschlechtliche Pflegekraft.
Ziele:
  • Die Würde des Bewohners bleibt gewahrt.
  • Die Pflegekraft sorgt für eine möglichst angenehme und ungestörte Atmosphäre.
  • Der Bewohner kann beschwerdefrei abführen.
  • Alle hygienischen Vorgaben werden erfüllt.
  • Die Geruchsbelästigung reduziert sich auf ein Mindestmaß.
Vorbereitung: notwendiges Material Wir halten folgende Materialien bereit:
  • Zellstoff
  • Steckbecken
  • bei Männern: Urinflasche
  • ein großes Handtuch (ggf. zwei)
Organisation
  • Jeder Bewohner sollte über sein eigenes Steckbecken verfügen.
  • Das Steckbecken wird mit warmem Wasser oder einem optionalen Deckelheizsystem angewärmt.
  • In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen gebeten.
allgemeine Maßnahmen
  • Der Bewohner wird über die anstehende Maßnahme informiert.
  • Die Fenster werden geschlossen und die Raumluft ggf. auf eine angenehme Temperatur geheizt.
  • Das Bett wird in eine angenehme Arbeitshöhe gebracht.
Durchführung: Einschieben des Steckbeckens
  • Ggf. schaffen wir für den Bewohner eine "Rampe". Diese erleichtert den Transfer auf das Steckbecken und zurück. Zudem muss der Bewohner nicht befürchten, dass er beim Abführen vom Steckbecken abrutscht.
    • Die Pflegekraft faltet ein großes Handtuch in Keilform. Das schmale Ende wird unter dem Rand des Steckbeckens platziert.
    • Der Keil muss relativ hart sein. Wenn das gefaltete Handtuch unter dem Körpergewicht zu sehr nachgibt, geht der Stützeffekt verloren.
  • Bei verschiedenen Krankheitsbildern ist es wichtig, dass das Steckbecken von der richtigen Seite untergeschoben wird.
    • Bei Bewohnern mit einem Schlaganfall erfolgt das Einschieben von der stärker betroffenen Seite aus.
    • Bei Bewohnern, die unter Oberschenkelhalsfrakturen leiden oder ein künstliches Hüftgelenk tragen, wird das Steckbecken von der gesünderen Seite aus eingeschoben.
  • Die Bettdecke wird nur so weit wie notwendig zurückgeschlagen. Der Bewohner wird nicht unnötig entblößt.
  • Das Steckbecken kann auf zwei Methoden eingeschoben werden:


    • Methode 1: Der Bewohner stellt die Beine an und hebt das Becken über das Bett. Der Bewohner macht also eine "Brücke". Falls notwendig, können die Füße mit einer Antirutschmatte unterstützt werden. Das Steckbecken wird nun von vorne eingeschoben.


    • Methode 2: Der Bewohner dreht sich auf die Seite. Dabei wird er ggf. von den Pflegekräften unterstützt. Der Bewohner sollte dabei die Beine anwinkeln, die dann beim Drehen als Hebel verwendet werden können. Das Steckbecken wird nun so an das Gesäß angelegt, dass es beim Zurückdrehen des Bewohners in der richtigen Position zwischen Intimbereich und Bett liegt.
  • Die Pflegekraft prüft, ob das Steckbecken richtig platziert ist. Der Griff muss nach außen zeigen. Es darf kein Urin oder Kot austreten.
  • Gleichzeitig sollte der Bewohner halbwegs bequem liegen bzw. sitzen können. Das Kreuzbein des Bewohners sollte auf dem Rand des Steckbeckens liegen. Ggf. kann die Kante mit einem Handtuch gepolstert werden oder die Lage des Steckbeckens korrigiert werden.
  • Der Oberkörper sollte leicht erhöht gelagert werden, da dieses die Ausscheidung erleichtert.
  • Bei Männern sollte gleichzeitig eine Urinflasche angelegt werden.
    • Die Pflegekraft fasst den Penis an der Wurzel und führt diesen in die Flasche ein (sofern der Bewohner dieses nicht selbständig leisten kann; Händedesinfektion + Einmalhandschuhe notwendig!).
    • Die Flasche sollte nicht unnötig lange angelegt bleiben, da Druckstellen auftreten können.
    • Bei unruhigen Bewohnern muss die Flasche während des Harnlassens festgehalten werden oder auf eine geeignete Weise fixiert werden (Kissen, zusammengerolltes Handtuch usw.).
  • Frauen sollten ihre Beine strecken, um das Abfließen von Urin in das Bett zu vermeiden.
  • Der Bewohner erhält Zellstoff oder Toilettenpapier zum Abwischen.
  • Die Klingel des Bewohners wird in Reichweite abgelegt.
  • Der Bewohner erhält ausreichend Zeit, um ohne Hektik abzuführen.
  • Falls ein Wasserlassen spontan nicht gelingt, kann es durch externe Reize ausgelöst werden. Etwa:
    • warmer Waschlappen abgelegt direkt über der Harnblase
    • eintauchen der Hand in lauwarmes Wasser
    • sanfte Massage des Unterleibs oder der Oberschenkelinnenseiten
Entfernen des Steckbeckens
  • Das Steckbecken sollte von der gleichen Pflegekraft wieder entfernt werden, die es zuvor eingeschoben hat.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch und zieht die Einmalhandschuhe über.
  • Der Bewohner wird aufgefordert, sich wieder hinzulegen. Ggf. wird das Kopfteil des Bettes wieder flacher gestellt.
  • Bei Männern wird zunächst die Urinflasche entfernt und der Penis mit Zellstoff abgetrocknet.
  • Ggf. unterstützt von der Pflegekraft dreht sich der Bewohner auf die Seite. Dabei ist es wichtig, Kot- und Urinreste aufzufangen, bevor sie das Bett verschmutzen. Zudem muss das Steckbecken während der Drehbewegung festgehalten werden.
  • Das Steckbecken wird entfernt und auf einem Stuhl abgestellt. Es sollte nicht auf dem Nachttisch oder auf dem Boden zwischengelagert werden.
  • Das Becken darf keinesfalls einfach unter dem Gesäß des Bewohners weggezogen werden. Es könnte dabei zu Verletzungen kommen.
  • Soweit notwendig, werden die Ausscheidungen auf krankhafte Veränderungen wie etwa Blutbeimengungen überprüft.
  • Der Bewohner reinigt mittels Zellstoff seinen Intimbereich. Ggf. wird er dabei von der Pflegekraft unterstützt.
  • Insbesondere bei Frauen ist darauf zu achten, dass zuerst das Genital und dann der Analbereich gesäubert werden.
  • Ggf. werden die Hände des Bewohners gewaschen und desinfiziert.
Gefahrenquelle
  • Bei der Benutzung eines Steckbeckens können sehr leicht erhebliche Reibungs- und Scherkräfte entstehen. Insbesondere bei Bewohnern mit einer Dekubituserkrankung oder einer hohen Dekubitusgefährdung müssen diese Effekte unbedingt minimiert werden.
  • Aufgrund der sehr hohen Dekubitusgefahr ist die Benutzung eines Steckbeckens bei Querschnittsgelähmten absolut kontraindiziert.
  • Der Bewohner sollte nicht länger auf dem Steckbecken verbleiben, als für die Ausscheidung unbedingt notwendig.
  • Die peinliche Situation kann dazu führen, dass Bewohner nicht abführen können. In der Folge kann es zu Stuhlverstopfung und Harnverhalt kommen.
  • Beim Drehen des Bewohners kann dieser der Bettkante gefährlich nahe kommen. Mit dem Hochfahren des Bettseitenschutzes kann die Pflegekraft verhindern, dass der Bewohner aus dem Bett fällt.
Nachbereitung:
  • Die Pflegekraft überprüft, ob das Bett mit Kot oder Harn verschmutzt wurde. In diesem Fall muss das Bett neu bezogen werden.
  • Zeitnah nach der Ausscheidung wird das Steckbecken aufbereitet. Das Steckbecken wird dafür im Spülautomaten gereinigt und desinfiziert. Ggf. muss mit der Bürste nachgereinigt werden.
  • Ggf. wird der Klingelknopf desinfiziert.
  • Die gesamte Bekleidung des Bewohners wird gerichtet und der Bewohner bequem gelagert.
  • Die Pflegekraft fragt nach dem Befinden des Bewohners.
  • Das Bettlaken wird von Falten befreit.
  • Der Bewohner wird befragt, ob er weitere Wünsche habe. Insbesondere wird ihm ein Getränk angeboten.
  • Das Zimmer wird gelüftet.
  • Das verbrauchte Material wird entsorgt.
  • Die Lagerung wird im Lagerungs- und Mobilitätsplan verzeichnet.
  • Die Maßnahme wird im Leistungsnachweis dokumentiert.
  • Relevante Beobachtungen werden dem Hausarzt und der Pflegedienstleitung weitergemeldet.
  • Die Ergebnisse und Erfahrungen werden regelmäßig in Fallbesprechungen und in der Dienstübergabe diskutiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.
Dokumente:
  • Leistungsnachweis
  • Lagerungs- und Mobilitätsplan
  • Vitaldatenblatt
  • Berichtsblatt
  • Dokumentenblatt "Meldungen an den Arzt"
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Steckbecken; Bettpfanne; Bettschüssel; Schieber; Ausscheidung; Darmausscheidung; Stuhlausscheidung; Urinflasche; Kotausscheidung; Urinausscheidung
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