Welche verschiedenen Formen der Demenz gibt es?
Grob eingeteilt werden die verschiedenen Demenzformen in:
- vaskuläre Demenzen (VAD)
- entstehen durch kranke, häufig verengte
Hirngefäße. Wenn Teile des Gehirns nicht mehr durchblutet werden, gehen
Gehirnzellen unter und können nicht mehr funktionieren. Hierzu zählen
etwa:
- Multiinfarktsyndrom
- Morbus Binswanger
- Kortikale vaskuläre Demenzen (MID)
- degenerative Demenzen, hierzu zählen etwa:
- Morbus Alzheimer
- Frontotemporale Demenzen
- Lewy-Körperchen-Demenz
- Bei dieser Demenzform werden Nervenzellen
durch bestimmte Krankheitsprozesse unwiederbringlich zerstört. Bei der
Demenz vom Typ Alzheimer etwa lagern sich Eiweißstoffe an den Nerven ab
und sorgen so für den Untergang der Zellen.
Häufig haben die Betroffenen eine Mischform aus beiden Demenzformen.
Des Weiteren können andere Krankheiten eine Demenz zur Folge haben,
z.B. Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, HIV-Krankheit,
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Chorea Huntington, Epilepsie,
Alkoholmissbrauch.
Wie werden Demenzen behandelt? Können sie gestoppt werden?
Bis zum heutigen Tage sind Demenzen nicht heilbar. Aber Medikamente
können bei vielen Betroffenen die Symptome lindern und den
Krankheitsverlauf verzögern. Überdies kann erreicht werden, dass der
Betroffene so lange wie möglich in seinem vertrauten Zuhause bleibt.
Zudem werden damit auch die Belastungen für die pflegenden Angehörigen
so gering wie möglich gehalten.
Wie entwickelt und zeigt sich eine Demenz im Laufe der Zeit?
- Oft treten zuerst Gedächtnis- und Erinnerungslücken auf.
- Dann fällt es immer schwerer, gewohnte Dinge durchzuführen, etwa Einkäufe zu erledigen.
- Oftmals verlieren die Betreffenden langsam das Interesse an ihrem Beruf, an Hobbys, an Freunden und Bekannten.
- Ihre Eigeninitiative geht allmählich verloren. Sie vernachlässigen die Körperpflege und etwa das Aufräumen der Wohnung.
- Sie verhalten sich in vielen Situationen in sozialen Kontakten nicht mehr angemessen.
- Sie verlieren ihre Konzentrationsfähigkeit.
- Sie sind zunehmend verwirrt. Die geistigen
Fähigkeiten lassen immer mehr nach. Beispielsweise erkennen sie ihre
engsten Verwandten und Freunde nicht mehr.
- Ihre Persönlichkeit verschwindet mehr und mehr.
- Ihr Antrieb zur Ernährung geht verloren. Sie
haben kein Hungergefühl mehr und vergessen zu kauen und das Essen
herunter zu schlucken.
- Sie werden inkontinent.
All diese Verluste der Fähigkeiten führen schließlich zur absoluten Pflegebedürftigkeit.
Zu welchen Einschränkungen und Beschwerden kommt es im Laufe der Krankheit?
- Unruhezustände (Agitation)
- Bewegungsdrang
- Antriebsarmut
- gestörter Tag-Nacht-Rhythmus / Schlafstörungen
- wahnhafte Überzeugungen / Halluzinationen
- depressive Verstimmungen
- Sinnestäuschungen
- Essstörungen
- Aggressivität
Die oben aufgezählten Einschränkungen führen oft im Zusammenleben in
einem Heim oder zu Hause mit Angehörigen zu belastenden Situationen,
die schwierig für jeden Pflegenden und auch für Mitbewohner auszuhalten
sind.
Zum Beispiel:
- Der Demenzkranke wiederholt ständig ohne Pause bei der Grundpflege: "Schwester, wie spät ist es?
- Ein demenzkranker Bewohner fängt in einer Gruppenstunde an, sich komplett auszuziehen.
- Auch sehr belastend für Pflegende und Angehörige ist etwa das Schmieren mit dem eigenen Kot.
Diese Verhaltensweisen werden in der Literatur auch unter dem Begriff "herausforderndes Verhalten" zusammengefasst.
Wichtig zu wissen ist, dass der Demenzkranke dieses Verhalten nicht
bewusst gegen eine andere Person einsetzt. Vielmehr ist es eher ein
Abwehrverhalten. Er fühlt sich bedroht. Der Betreffende kann die
Situation nicht kontrollieren, er ist ihr hilflos ausgesetzt und wehrt
sich mit seinen Mitteln.
Wie begegnen wir Ihrem demenzkranken Angehörigen?
Der personenbezogene Ansatz nach Kitwood:
Bei diesem Ansatz steht nicht die Demenz im Vordergrund, sondern die
Person. Der britische Psychologe Tom Kitwood möchte mit seinem Konzept
erreichen, dass der Mensch mit Demenz seine einzigartige Persönlichkeit
stärkt und erhält. Er hat demenzspezifische Bedürfnisse ausgemacht, wie
etwa Trost, Sicherheit, Liebe, Beschäftigung, Identität und sozialer
Einbezug in die Gruppe. Mit verschiedenen Maßnahmen sollen diese
Bedürfnisse befriedigt werden, um der Person mit Demenz Wertschätzung
und Wohlbefinden zu geben. Die Pflegekraft oder jede andere betreuende
Person kann mit verschiedenen Mitteln der Kommunikation das erreichen:
- Die demente Person anerkennen. Etwa: Sie oder
ihn begrüßen, Blickkontakt halten, ihn oder sie mit Respekt behandeln
(Validation).
- Mit der Person zusammenarbeiten. Das bedeutet: Die Person aktiv an der Pflege und an der Betreuung beteiligen.
- Mit der Person verhandeln. Die Person muss bei
der Pflege und bei der Betreuung entscheiden und mitbestimmen können,
also eine echte Wahlmöglichkeit haben.
- Mit der Person feiern. Das heißt: Nähe und Zusammengehörigkeit zeigen und einfach gute Laune haben.
- Mit der Person spielen. Das bedeutet: Aktivitäten mal ohne Ziel ausleben, schöpferisch sein.
- Mit der Person zusammen entspannen. Viele Menschen mit Demenz können nur in Gesellschaft und durch Körperkontakt entspannen.
- Der Person Halt und Sicherheit geben. Das
bedeutet: Eine Umgebung schaffen, in der die Person mit Demenz positive
und negative Emotionen zeigen darf.
- Der Person sensorische Reize vermitteln, etwa
durch die Sinnesstimulierungs- und Entspannungstherapie und der basalen
Stimulation.
Validation:
- In unserer Einrichtung benutzen wir die Technik
der Validation zur Kommunikation mit Demenzkranken. Validation heißt so
viel wie "gültig" sein. Menschen mit einer Demenz in einem
fortgeschrittenen Stadium leben meist in ihrer Gedankenwelt in der
Vergangenheit. Man nimmt an, dass sie sich dahin zurückziehen, weil sie
zu dieser Zeit gebraucht wurden, sei es durch die Familie oder den
Beruf. Die Personen mit Demenz ziehen sich in einen Lebensabschnitt
zurück, in dem sie sich sicher und geborgen fühlten und in dem sie
Kontrolle über ihr Leben hatten.
- Es ist auch bekannt, dass auf das
Langzeitgedächtnis am längsten zurückgegriffen werden kann. Daher kommt
es im Alltag häufig zu Situationen, in der ein demenzkranker Mann, z.B.
nach dem Frühstück ganz dringend zur Arbeit muss und seinen Mantel und
Hut sucht. Da greift Validation ein. Sie nimmt diesen Mann mit seinen
momentanen Gefühlen und Antrieben wahr und nimmt ihn ernst. Ihn mit
"unserer" Realität zu konfrontieren und zu sagen: "Herr Meyer, Sie sind
doch gar nicht mehr berufstätig. Sie leben doch jetzt bei uns im Heim",
versteht der Betroffene nicht. Das verunsichert ihn ggf. nur noch mehr.
- Mit der Validation werden die Gefühle und die
Antriebe ernst genommen. Es wird ihm deutlich gemacht mit Sprache,
Gestik und Mimik: Wir verstehen und unterstützen Dich. Etwa indem die
Pflegekraft sagt: "Ja, Herr Meyer, einer muss ja das Geld für die
Familie verdienen. Nur der frühe Vogel fängt den Wurm."
Welche Formen des Umgangs und des Zusammenlebens praktizieren wir in unserer Einrichtung?
Wir bieten viele weitere Aktivitäten für Menschen mit Demenz an, die
die oben geschilderten Auswirkungen des Hirnleistungsabbaus abmildern
sollen.
10-Minuten-Aktivierung
Die 10-Minuten-Aktivierung ist eine Methode, die Demenzkranken dabei
hilft, sich an alte Begebenheiten aus ihrer "gesunden" Zeit zu erinnern
und damit auch Wohlbefinden zu schaffen.
Ganz wichtig bei dieser Form der Aktivierung ist es zu wissen: Für was
hat sich die Person vor der Erkrankung interessiert? Welche Interessen
und Hobbys hat derjenige gepflegt?
Je nach Interessensgebiet sammelt die Betreuungskraft Gegenstände etwa in einem Korb zusammen, die zu diesem Hobby gehören.
Ein Beispiel: Herr Müller hat vor seiner Erkrankung begeistert
Briefmarken gesammelt. Also überlegt sich die Betreuungskraft, welche
Gegenstände für dieses Hobby benötigt werden und sammelt diese, z.B.
- alte Briefmarken
- eine Pinzette
- ein oder mehrere Briefmarkenkataloge
- alte und neue Einsteckbücher (bitten Sie Angehörige, die eigenen Einsteckbücher mitzubringen)
Diese Gegenstände lösen nun hoffentlich in Herrn Müller etwas aus. Es
kann sich etwa ein Gespräch über die Gegenstände entwickeln. Oder aber
Herr Müller beschäftigt sich in anderer Form damit.
"Zehn Minuten" heißt die Aktivierung, weil bekannt ist, dass oft die
Konzentration der kranken Senioren nicht länger als eben diese zehn
Minuten aufrechterhalten werden kann. Und zehn Minuten kann jede
Pflegekraft für diese Betreuungsform in ihrer Schicht aufwenden.
Idealerweise sollte die 10-Minuten-Aktivierung jeden Tag angeboten
werden. Sie kann von jeder Person ohne Vorkenntnisse durchgeführt
werden.
Andere Themengebiete können sein:
- Haushalt: Kaffeemühle, Schürze,Topflappen
- Handarbeiten: Stricknadeln, Wolle, "Strickliesel"
- Auto: Bilder von Oldtimern, Ersatzteile, Werkzeug
- Musik usw.
Sinnesstimulierungs- und Entspannungstherapie (kurz "SET")
- Die Sinnesstimulierungs- und
Entspannungstherapie (kurz "SET") beschreibt ein Konzept, das auf dem
Anbieten von verschiedenen Reizen basiert. Dazu zählen Licht, Musik und
Geräusche, Gerüche und geschmackliche Anregungen. Damit sich der
Bewohner auf diese sensorischen Eindrücke konzentrieren kann, wird er
für die Dauer der Therapie von äußeren Reizen weitgehend abgeschottet.
Für die SET stellen wir einen eigenen Raum bereit, der den
Erfordernissen entsprechend ausgestattet ist.
- Der Bewohner soll - soweit er dieses kann -
selbst entscheiden, welche Elemente der SET er nutzen möchte. Dieses
umfasst die Form, die Intensität, die Reihenfolge und die Dauer der
Reize.
- Beim fremd bestimmten SET, etwa für Bewohner
mit fortgeschrittener Demenz, ist eine besonders genaue Beobachtung
erforderlich, um eine Zustimmung oder eine Ablehnung eines Reizes zu
bemerken.
- SET kann sowohl geplant als auch spontan
genutzt werden. Etwa, wenn ein Bewohner im Umgang mit Mitbewohnern
aggressives Verhalten zeigt.
- SET ist eine Ergänzung zu anderen Therapien für
demenziell erkrankte Bewohner und kein Ersatz. Wir setzen SET auch als
Teil der Sterbebegleitung ein.
Grenzen und Gefahren der SET:
- Häufig vergeht viel Zeit, bis SET bei
demenziell erkrankten Bewohnern Erfolge zeigt. Wir setzen daher weder
Bewohner unter "Leistungsdruck", noch sind wir enttäuscht, wenn
Resultate ausbleiben.
- Wir setzen SET bei unseren Bewohnern mit Demenz
tendenziell eher sparsam ein, da sie von der Situation auch schnell
überfordert sein können. SET setzt den Bewohner einer künstlichen
Umgebung aus, die sich von der Realität deutlich unterscheidet. SET
kann sich daher ggf. auch negativ auf die Orientierungssituation des
Bewohners auswirken.
- Da SET den Menschen emotional anspricht, können auch negative Gefühle wieder an die Oberfläche kommen.
Erinnerungspflege
- Personen mit Demenz verlieren nach und nach
ihre Erinnerungen, ihre Persönlichkeit und letztlich ihre Identität. Um
das Wohlbefinden und das Selbstwertgefühl des dementen Menschen zu
stärken, wird die Erinnerungspflege angewandt. Das Ziel der
Erinnerungspflege ist, mit gezielten Aktivitäten den Bewohner dazu zu
bringen, dass er sich an schöne Begebenheiten aus der Vergangenheit
erinnert, sie noch einmal in Gedanken erlebt und sich darüber ggf.
austauscht. Damit wird versucht, ihn aus der Isolation zu holen und ihn
in die Gemeinschaft zu integrieren. Die kommunikativen Fähigkeiten des
Betroffenen sollen so lange wie möglich erhalten bleiben.
- Die Erinnerungspflege kann natürlich nur funktionieren, wenn Einzelheiten der jeweiligen Biografie bekannt sind.
- Das setzt Biografiearbeit voraus, bei der
strukturierte Informationen etwa zur Kindheit, zur Familie, zum Beruf,
zu Interessen, zu Hobbys und zu Reisen gesammelt werden. Sie als
Angehörige können hierzu einen großen Beitrag leisten, indem Sie etwa
Begebenheiten erzählen, Fotoalben von zu Hause mitbringen usw.
Erinnerungsarbeit kann in Gruppen aber auch als Einzelaktivierung
durchgeführt werden.
basale Aktivierung
Der Begriff "basale Aktivierung" beschreibt ein Konzept, das
schwerstpflegebedürftigen Menschen mit Wahrnehmungsverlusten den
Kontakt mit ihrer Umwelt ermöglichen soll. Da Demenzkranke viele ihrer
Fähigkeiten verloren haben, werden für die "basale Aktivierung" die
verbliebenen Wahrnehmungsmöglichkeiten gezielt angesprochen.
Der Begriff "basal" bedeutet "die Basis bildend" oder "zur Basis
gehörend". Gemeint ist, dass es sich um eine ganz simple und
grundlegende Form der Anregung handelt. Die Person muss nur sehr wenige
mentale und körperliche Voraussetzungen erfüllen, um von den
Aktivierungsmaßnahmen zu profitieren.
Zumeist verbleiben selbst bei schweren Hirnschädigungen eine ganze
Reihe von Sinnen, mittels derer ein Klient erreicht werden kann. Diese
sind:
- Wahrnehmung von Schwingungen: Diese können etwa
mittels eines Massagegerätes, einer elektrischen Zahnbürste oder eines
Rasierapparates erzeugt werden.
- Wahrnehmungen durch Lageveränderungen: Dazu
zählen Sinneseindrücke, die durch die Schwerkraft, das Gleichgewicht
oder durch Beschleunigung verursacht werden, z.B. Auf- und
Abwärtsbewegungen, Schaukel-, Dreh- und Wippbewegungen.
- Berührungswahrnehmungen: Dafür wird das größte
Sinnesorgan des Menschen, die Haut, stimuliert. Die Möglichkeiten
reichen vom Halten der Hand bis zu Berührungen, Massagen oder
Ganzkörperwaschungen.
- Wahrnehmungen von Geruch: Diese Reize können durch Duftstoffe wie Parfüms oder Duftöle angesprochen werden.
- Wahrnehmungen durch Nahrungsmittel: durch Genussstoffe und Pflegemittel für den Mundraum.
- Wahrnehmungen durch Geräusche oder Stimmen:
bekannte Klänge wie Lieblingsmusik, Stimmen von Angehörigen oder
Naturaufnahmen (Vogelgesang).
- Wahrnehmungen durch das Ertasten von
Gegenständen. Genutzt werden dafür zumeist Gegenstände, deren Formen
dem Klienten bekannt sind, da er diese in der Vergangenheit häufig
verwendet hat, wie etwa Haushaltsgeräte, Gegenstände aus dem
Berufsleben oder Körperpflegeutensilien.
- Visuelle Wahrnehmungen. Dafür können etwa Fotos
verwendet werden, die in einem biografischen Zusammenhang mit dem
Klienten stehen. Reiz auslösend ist aber auch das Wechselspiel aus
Dunkelheit und Licht im Laufe des Tag-Nacht-Rhythmus.
Bewegungsförderung (Kraft und Balancetraining)
- Eine an Demenz erkrankte Person verliert nicht
nur kognitive F
+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
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