Standard
"10-Minuten-Aktivierung" |
Definition:
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- Die "10-Minuten-Aktivierung" macht es möglich,
Bewohnern mit demenziellen Erkrankungen eine angemessene therapeutische
Betreuung anzubieten. Das Konzept berücksichtigt die häufig begrenzten
Personalressourcen ebenso wie die zeitlich limitierte
Konzentrationsfähigkeit verwirrter Senioren.
- Grundlage der Aktivierung ist die gezielte
Beschäftigung mit vertrauten Gegenständen, Materialien oder Werkzeugen
aus der Vergangenheit der Bewohner. Diese gezielt eingesetzten
Schlüsselreize aktivieren das Langzeitgedächtnis. Als „Türöffner“
machen sie verschüttete Handlungs- und Bewegungsabläufe wieder
verfügbar. Dieses Prinzip funktioniert auch bei Bewohnern, die sich
aufgrund einer fortgeschrittenen demenziellen Erkrankung im „Hier und
Jetzt“ nicht mehr zurechtfinden.
- Der Begriff "10-Minuten-Aktivierung" beschreibt
den Zeitrahmen, der für die Maßnahme vorgesehen ist, eben jene zehn
Minuten.
- Die 10-Minuten-Aktivierung erfordert wenig
Vorbereitung. Sie kann also auch spontan durchgeführt werden. Ihre
Anwendung ist nicht auf ausgebildete Pflegekräfte beschränkt. Sie kann
auch von Praktikanten, von Pflegeschülern oder von ehrenamtlichen
Kräften durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist eine kurze
Anleitung und Einweisung durch eine erfahrene Pflegekraft.
- Sie kann entweder in Gruppen oder mit einem
einzelnen Bewohner durchgeführt werden.
- Je nach Auswahl der Übungen werden verschiedene
Fähigkeiten und Ressourcen des Bewohners gefördert, wie etwa die
Feinmotorik, das Kommunikationsvermögen oder das Selbstbewusstsein.
(Hinweis: Bei einer 10-Minuten-Aktivierung gibt es keinen starren
Ablauf, da die durchführende Mitarbeiterin flexibel auf den Bewohner
reagieren muss. Unser Standard beschreibt daher primär das Konzept und
den organisatorischen Rahmen dieser Maßnahme.)
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Grundsätze:
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- Die "10-Minuten-Aktivierung" macht nur dann
Sinn, wenn sie möglichst jeden Tag durchgeführt wird. Sie ist stets an
die Biografie, an die aktuellen Fähigkeiten und an die Interessen des
Bewohners anzupassen.
- Fast alle Themen sind für die
"10-Minuten-Aktivierung" geeignet. Lediglich sehr belastende
Gesprächsstoffe wie Krieg, Vertreibung und Hunger sollten vermieden
werden.
- Die 10-Minuten-Aktivierung sollte nicht
wesentlich länger als eben jene zehn Minuten dauern, da die
Aufnahmekapazität von Demenzkranken danach erschöpft ist. Im
individuellen Einzelfall kann von dieser Begrenzung abgewichen werden,
insbesondere sollte der Bewohner keinem Zeitdruck ausgesetzt werden.
- Es ist uns bewusst, dass manchmal viel Zeit
vergeht, bis wir einen Zugang zu den Erinnerungen des Bewohners
schaffen können und sich ein echter Dialog entwickelt.
- Alle Reaktionen des Bewohners werden
wertschätzend aufgegriffen.
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Ziele:
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- Die Kommunikation zwischen Pflegekräften und
Mitbewohnern wird gestärkt.
- Biografisch verankerte Fähigkeiten werden
aufgespürt.
- Gelebte Antriebe (Ordnungssinn, Disziplin,
Fürsorglichkeit usw.) werden wieder erweckt.
- Der Bewohner erinnert sich an frühere
Lebensabschnitte und spricht über seine Erinnerungen. Unsere Kenntnisse
um die Biografie des Bewohners werden erweitert.
- Der Bewohner empfindet Lebensfreude. Die
Defizite rücken in den Hintergrund seiner Wahrnehmung.
- Das Sozialverhalten der Bewohner untereinander
wird gefördert.
- Das Körpergefühl und die Bewegungsfähigkeit
werden gestärkt.
- Eine Überforderung von Demenzpatienten wird
vermieden.
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Vorbereitung: |
Indikation
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- Die "10-Minuten-Aktivierung" ist geeignet für
Senioren, deren Kurzzeitgedächtnis als Folge der Demenz bereits
beeinträchtigt ist. Allerdings müssen noch Erinnerungen aus dem
Langzeitgedächtnis abrufbar sein.
- Da die Aktivierung auf dem Kontakt mit
Gegenständen beruht, ist diese Technik auch für solche Bewohner
geeignet, die über Sprache nicht mehr erreichbar sind. Sie kann
insbesondere bei unruhigen Bewohnern angewendet werden.
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Organisation
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- Als bester Zeitpunkt für den Einsatz gilt der
Vormittag. Bei den meisten Demenzkranken ist dann die
Konzentrationsfähigkeit am größten. Allerdings ist es möglich, die
"10-Minuten-Aktivierung" während des ganzen Tags durchzuführen, also
etwa auch während des Nachtdienstes mit unruhigen Bewohnern.
- Wir erstellen für jeden Bewohner einen
ausführlichen Biografiebogen. Die hier gesammelten Informationen sind
die Basis für eine individuelle Betreuung.
- Die Mitarbeiterinnen treffen sich regelmäßig,
um die Aktivierungen zu planen und die bisherigen Ergebnisse zu
diskutieren.
- Der Raum für die 10-Minuten-Aktivierung sollte
ruhig gelegen und nicht zu groß sein, da die Teilnehmer sonst abgelenkt
werden.
- Die Mitarbeiterin sorgt für ausreichende
Beleuchtung.
- Bei einer Gruppenaktivierung sollten die
Teilnehmer vergleichbare kognitive Fähigkeiten aufweisen. Die
gemeinsame Aktivierung von schwer demenziell erkrankten Senioren und
mental kaum eingeschränkten Bewohnern kann zur Überforderung bzw. zu
Langeweile führen. Die Gruppe sollte weniger als zehn Teilnehmer
umfassen.
- Bei einer Gruppe ist es wichtig, ein Thema zu
finden, das alle interessiert. Dieses kann schwierig sein, wenn die
Teilnehmer aus unterschiedlichen sozialen Schichten stammen und sehr
verschiedene Leben führten.
- Bei fortschreitender demenzieller Erkrankung
können die gleichen Kartons mehrfach genutzt werden. Der wiederholte
Umgang mit den gleichen Materialien gibt Demenzkranken häufig ein
Gefühl der Sicherheit.
Hinweis:
- Viele Schulungsanbieter haben entsprechende
Weiterbildungen im Angebot. Es kann sinnvoll sein, dass einzelne
Mitarbeiter daran teilnehmen und ihr Wissen im Rahmen etwa des
Mentorenprogramms weitergeben.
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Material
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- Für den Ankauf von Materialien - etwa vom
Flohmarkt - wird ein ausreichendes Budget zur Verfügung gestellt.
Mitarbeiter, die privat gerne solche Verkäufe besuchen, werden gebeten,
geeignete Gegenstände mitzubringen.
- Angehörige werden gebeten, der Einrichtung
nutzbare Materialien zur Verfügung zu stellen.
- Falls sich im Nachlass von verstorbenen
Bewohnern geeignete Gegenstände finden, suchen wir den Kontakt zu den
Angehörigen und bitten um Überlassung.
- Die Gegenstände sollten nicht zu klein oder
zerbrechlich sein. Nicht sinnvoll ist auch die Nutzung von
Gegenständen, von denen eine Verletzungsgefahr ausgeht, etwa
Anstecknadeln.
- Da Frauen unter den stationär versorgten
Demenzpatienten überproportional stark vertreten sind, ist die
10-Minuten-Aktivierung häufig einseitig auf hauswirtschaftliche
Tätigkeiten konzentriert. Weil aber auch viele Männer unter dem
hirnorganischen Umbau leiden, bereiten wir für diese Gruppe ebenfalls
angemessene Angebote vor. Diese berücksichtigen dann auch Themen wie
Werkzeuge, Technik oder Sport.
- Wir stellen Materialsammlungen zusammen, die in
beschrifteten Pappkartons aufbewahrt werden. Diese lagern in einem
Schrank im Stationszimmer des jeweiligen Wohnbereichs. Die Kartons sind
für jede Mitarbeiterin zugänglich.
- Es gibt zwei Arten von Sammlungen:
- Bewohnerbezogene Sammlungen: Hier stellen wir
für jeden Bewohner eine individuell passende Sammlung zusammen. Bei
einer Hausfrau und Mutter umfasst die Sammlung z. B. alte Seifendosen,
ein Waschbrett oder zeitlich passendes Kinderspielzeug. Die Sammlung
eines ehemaligen Kfz-Mechanikers könnte Werkzeug oder kleinere
Ersatzteile beinhalten. Berücksichtigt werden auch die Hobbys der
Bewohner, etwa Briefmarkensammlungen, Fußballschuhe oder
Zeichenutensilien.
- Themenbezogene Sammlungen: Hierfür wählen wir
Gegenstände, die zu einem zeitlich passenden Thema gehören. Mögliche
Schwerpunkte wären etwa "Schule", "Einkaufen", "Weihnachten in den
50ern", "Der Garten im Sommer" usw.
- Allen Sammlungen liegt ein Anleitungsbogen bei.
Auf diesem sind Vorschläge zur Benutzung der Materialien vermerkt.
Dieser Anleitungsbogen kann von jedem Mitarbeiter ergänzt werden.
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Durchführung:
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Aktivierung
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- Der oder die Teilnehmer werden namentlich
begrüßt.
- Ggf. gibt es ein Anfangsritual, etwa das Singen
eines Liedes.
- Die Mitarbeiterin stellt überschaubare
Aufgaben, die den Bewohner nicht überfordern.
- Wenn Übungen durchgeführt werden sollen, werden
diese zunächst von der Mitarbeiterin vorgemacht.
- Falls der Bewohner einen Fehler macht, wird er
von der Mitarbeiterin nicht korrigiert. Wir vermeiden es, zu belehren
oder den Verlauf zu bestimmen.
- Es sollen immer alle Sinne angesprochen werden,
also akustisch, visuell, gustatorisch (Geschmackssinn), taktil
(Tastsinn), vestibulär (Gleichgewichtssinn) und olfaktorisch (Geruch).
Wenn also das Thema „Backen“ behandelt wird, sollte nicht nur darüber
geredet werden. Zusätzlich sollten die Bewohner die Möglichkeit haben,
die Zutaten zu riechen, zu schmecken und anzufassen.
- Wir nutzen zwei Formen der
"10-Minuten-Aktivierung":
- Individualaktivierung: Hierfür verwenden wir
die bewohnerbezogenen Sammlungen. Vor allem bettlägerige Bewohner
werden auf diese Weise angesprochen.
- Gruppenaktivierung: Diese stehen unter einem
thematischen Schwerpunkt, der sich im Inhalt des Kartons widerspiegelt.
Die 10-Minuten-Aktivierung kann genutzt werden, um eine reguläre
Freizeitaktivität (Sitztanz, Lesestunde usw.) abzuschließen.
+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
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