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Version 2.51a - 2015

Notfallstandard "hypertensive Krise"

 
Eine besonnene und erfahrene Pflegekraft ist bei einer hypertensiven Krise wichtiger als jedes Nitrospray. Denn der gut gemeinte Versuch, den Blutdruck medikamentös "runterzuknüppeln", richtet oftmals weit mehr Schaden an als die Hypertonie selbst. In unserem Standard erklären wir, wie Ihr Team angemessen auf diese Symptomatik reagiert.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Notfallstandard "hypertensive Krise"
Definition:
  • Die hypertensive Krise ist die häufigste Komplikation, die bei Bluthochdruckpatienten auftritt. Es handelt sich dabei um einen starken, plötzlich auftretenden Anstieg des systolischen und zumeist auch des diastolischen Blutdrucks auf Werte von 230/130 mmHg.
  • Oftmals wird diese Blutdruckspitze begleitet von verschiedenen Beschwerden oder Beeinträchtigungen von Organfunktionen.
  • Eine hypertensive Krise ist ein Notfall. Es kann zu einem Lungenödem, zu einem zerebralen Krampfanfall, zu Hirnblutungen oder zu einem Herzinfarkt kommen. Eine weitere häufige Folge ist ein Schlaganfall.
Grundsätze:
  • Wenn hinreichende Anzeichen für eine Gesundheitsgefährdung sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
  • Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.
Ziele:
  • Der Blutdruck wird langsam und schonend gesenkt. Ideal ist eine Reduktion binnen 30 Minuten auf zunächst 160 / 100 mmHg, also um ca. 20 bis 25 Prozent.
  • Organschäden durch eine zu rasche Blutdrucksenkung werden vermieden.
Vorbereitung: Prävention
Wir versuchen, durch geeignete Präventionsmaßnahmen eine hypertensive Krise zu vermeiden:
  • Alle im Standard "Pflege von Senioren mit Hypertonie" definierten Maßnahmen werden umgesetzt.
  • Schmerzen steigern den Blutdruck. Starke Beschwerden, insbesondere chronische Verlaufsformen, sollten durch Analgetika kontrolliert werden.
  • Wenn der Bewohner stark erregt ist, versuchen wir beruhigend auf ihn einzuwirken.
  • Wenn der Bewohner wiederholt unter leichteren Blutdruckentgleisungen leidet, wird er seinem Hausarzt vorgestellt, um die Ursache dafür zu bestimmen.
  • Oftmals ist eine hypertensive Krise die Folge einer fehlerhaften Arzneimitteleinnahme. Wenn wir vermuten, dass der Bewohner mit der eigenständigen Medikamentenversorgung überfordert ist, übernehmen wir diese Aufgabe ganz oder teilweise.
  • Wir bitten den Hausarzt um die Verschreibung einer geeigneten Bedarfsmedikation. Diese sollte verschiedene Vorgaben enthalten:
    • Angabe, ab welchem Blutdruck die Applikation der Notfallmedikamente erfolgen soll
    • Dosierung und Applikationsvorgaben
    • Zeitraum, innerhalb dessen der Blutdruck auf einen bestimmten Wert gesunken sein soll
    • Bedingungen für die Alarmierung des Notarztes
Symptome
Wir achten auf die typischen Symptome, die in Verbindung mit einer hypertensiven Krise auftreten. Etwa:
  • Kopfschmerz ("Druck" oder "Pulsieren" im Kopf)
  • rote Gesichtsfärbung
  • Sehstörungen (Flimmern vor den Augen)
  • Ohrensausen
  • Sprachstörungen
  • Schwindel
  • Verwirrtheit
  • Somnolenz
  • Koma
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Nasenbluten
  • Krampfanfälle
  • Lähmungserscheinungen
  • Angina pectoris
  • Dyspnoe
  • Herzrhythmusstörungen
  • Oligurie oder Anurie
Durchführung: allgemeine Pflegemaßnahmen
  • I.d.R. erfordert eine hypertensive Krise die sofortige Alarmierung des Notarztes. Wir bereiten die Krankenhauseinweisung des Bewohners vor.
  • Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Benachrichtigung des Notarztes verzichtbar. In diesem Fall ist es ausreichend, wenn zeitnah der Hausarzt informiert wird:
    • Der Bewohner leidet wiederholt unter hypertensiven Krisen. Das aktuelle Krankheitsgeschehen geht nicht über die übliche Symptomatik hinaus.
    • Der Hausarzt ist über die wiederholten Krisen informiert. Er hat eine Bedarfsmedikation angeordnet. Nach Applikation der Wirkstoffe sinkt der Blutdruck innerhalb der ärztlich definierten Zeitspanne auf den ebenfalls vorgegebenen Wert.
  • Der Bewohner wird gebeten, sich in sein Bett zu legen.



  • Der Oberkörper wird hoch gelagert. Die Beine lagern wir tief; ggf. soll der Bewohner die Beine aus dem Bett hängen lassen.
  • Die Vitalzeichen und insbesondere der Blutdruck werden engmaschig überwacht.
  • Störende Faktoren werden minimiert. So wird etwa ein Mitbewohner, mit dem sich der Senior gestritten hat, aus dem Zimmer gebeten.
medikamentöse Blutdrucksenkung
  • Sofern eine entsprechende Bedarfsmedikation verschrieben wurde, verabreichen wir rasch wirkende Antihypertonika.
    • z.B. Nitrospray: Wir verabreichen die verschriebene Dosis in den Mund.
    • z.B. Nitrendipin (Dihydropyridinderivat): Wir tropfen dem Bewohner eine Phiole unter die Zunge.
    • z.B. Adalat als Kapsel zum Zerbeißen (Nifedipin)
  • Nach einer oralen Applikation sollte der Bewohner einige Minuten keine Flüssigkeit zu sich nehmen. Dieses gewährleistet einen längeren Kontakt des Wirkstoffes mit der Schleimhaut.
  • Ideal ist eine Blutdrucksenkung um maximal 25 Prozent unterhalb des Ausgangswerts. Diese Reduktion sollte innerhalb von 20 Minuten messbar sein.
  • Verschiedene Wirkstoffe dürfen in einem Notfall (soweit nicht anders verordnet) nur einmal gegeben werden. Alle weiteren Maßnahmen sind mit dem Arzt / Notarzt abzusprechen.
Nachbereitung: Ursachenforschung
  • Wir prüfen, welche Faktoren ursächlich für die Entstehung der hypertensiven Krise sein können:
  • Nichteinnahme oder Fehleinnahme der Blutdruckmedikamente
  • Entgleisung einer bestehenden Hypertonie durch Aufregung oder durch Schmerzen
  • Nierenschädigungen
  • Neben- oder Wechselwirkungen von Medikamenten
  • Infektionen
(Hinweis: In einigen Fällen führt schon die bloße Anwesenheit von Pflegekräften oder von Ärzten zu einer Blutdruckerhöhung (sog. "Weißkittelsyndrom"). Wenn dieser Effekt bei dem Bewohner auftritt, sollte eine Langzeitblutdruckmessung über einen Zeitraum von 24 Stunden erfolgen.)
weitere Maßnahmen
  • Nach der Überwindung der akuten Gefährdung kann die Kontrollintensität langsam wieder normalisiert werden. Aber zumindest in den folgenden Tagen sollten die Vitalwerte und der Bewusstseinszustand des Bewohners häufiger überprüft werden.
  • Die Pflegeplanung wird ggf. aktualisiert.
  • Die Beobachtungen und die Messergebnisse werden sorgfältig dokumentiert.
  • Der Hausarzt wird über die hypertensive Krise informiert.
  • Wir nutzen die Erkenntnisse, um bei der nächsten Krise mit einer ggf. angepassten Bedarfsmedikation reagieren zu können. Dieses insbesondere, wenn die bisherige Wirkstoffmenge eine zu rasche Blutdrucksenkung auslöste.
  • Der Bewohner sollte einem Augenarzt vorgestellt werden, um Schäden an der Netzhaut auszuschließen.
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt
  • Medikamentenblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Hypertonie; Blutdrucksenker; Blutdruck; Bluthochdruck; Krise, hypertensive
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