das Altenpflegemagazin im Internet
www.altenpflegemagazin.de
Start Log-in Service Registrierung AGB+Datenschutz Suche / Stichwortindex Quiz Mobil Impressum

 

Version 1.09f

Standard "Erstellung und Nutzung von Kontinenzprofilen"

 
"Inkontinenz" ist nicht "Inkontinenz", glauben die Macher der Expertenstandards und haben das System der Kontinenzprofile aus dem Hut gezaubert. Der praktische Nutzen dieser Kategorisierung ist zwar begrenzt, dafür haben Kontinenzprofile aber andere unbestreitbare Vorzüge: Wer sie einführt, darf bei einer MDK-Prüfung auf wertvolle Fleißpunkte hoffen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Erstellung und Nutzung von Kontinenzprofilen"

Definition:
  • Die Kontinenzprofile sind eine Entwicklung der Autorengruppe, die den Expertenstandard „Förderung der Harnkontinenz in der Pflege“ erstellt hat.
  • Ein solches Profil beschreibt, welche Fähigkeiten der Bewohner noch hat, um die Harnausscheidung eigenständig zu kontrollieren. Gleichzeitig wird im Profil festgehalten, welche Hilfe der Bewohner benötigt, also etwa Unterstützung durch eine Pflegekraft oder die Nutzung von Pflegehilfsmitteln.
  • Gleichzeitig erlauben es Kontinenzprofile, die Effektivität der pflegerischen Maßnahmen im Rahmen der Kontinenzförderung abzuschätzen und zu bewerten.
  • Das Profil eines Bewohners kann sich am Tag und in der Nacht unterscheiden. Beispiel: Bei einem tagsüber kontinenten Bewohner kann es in der Nacht zu ungewollten Harnabgängen kommen.
Grundsätze:
  • Die Kontinenzprofile haben für unsere Pflege große Bedeutung. Wenn wir die notwendigen Hilfsmittel und andere Unterstützungsmaßnahmen auswählen, geschieht dieses immer auf Basis des jeweiligen Profils.
  • Wir nutzen die Profile in allen Phasen des Pflegeprozesses.
Ziele:
  • Die individuelle Ausprägung der Inkontinenz wird korrekt beschrieben.
  • Wir schaffen die Grundlage für eine fundierte Auswahl der richtigen Interventionsmaßnahmen zur Linderung der Inkontinenz.
  • Die Vorgaben des Expertenstandards zur Förderung der Harnkontinenz in der Pflege werden umgesetzt.
Vorbereitung: Planung und Organisation
  • Durch interne und externe Fortbildungen stellen wir sicher, dass alle Pflegekräfte über die Kompetenz zur differenzierten Einschätzung von Problemen mit der Harnkontinenz verfügen.
  • Wir beachten, dass sich durch den Heimeinzug die Kontinenzsituation kurzfristig ändern kann. Wir warten daher mit der Einschätzung, bis sich der Bewohner an die neue Situation gewöhnt hat.
  • Der Bewohner wird über den Sinn und Zweck eines Kontinenzprofils informiert.
Assessment / Miktionsprotokoll
  • Wir stellen im Rahmen des Assessments relevante Informationen zusammen. Etwa:
    • Welche Auslöser haben die Inkontinenz verursacht?
    • Welche Faktoren verstärken die Inkontinenz? Welche lindern das Problem?
    • Welche Symptome treten auf?
    • Welche Auswirkungen hat die Inkontinenz auf weitere Gesundheitsprobleme, etwa Dekubitus oder Intertrigo?
    • Wie wirkt sich die Inkontinenz auf die Lebenssituation des Bewohners aus?
    • Welche Fragen sind noch offen, müssen etwa vom behandelnden Arzt beantwortet werden?
  • Ein wesentliches Element bei der Erstellung eines Kontinenzprofils ist das Miktionsprotokoll. Wir wählen den Zeitrahmen abhängig vom Krankheitsbild; üblich ist ein Überwachungsrahmen von drei bis fünf Tagen.
  • Das Miktionsprotokoll soll folgende Informationen sammeln:
    • Wie oft lässt der Bewohner pro Tag Harn?
    • Welche Menge scheidet der Bewohner aus?
    • Wie häufig verliert der Bewohner ungewollt Harn?
    • In welchen Situationen kommt es gehäuft zu ungewollten Harnverlusten? Etwa: Bewegungstraining, heben von Lasten, husten, lachen, drehen im Bett usw.
    • Inwieweit unterscheidet sich die Situation am Tag von der in der Nacht?
    • Bittet der Bewohner um Hilfe, wenn er Harn lassen will?
    • Nimmt der Bewohner Unterstützung an, wenn wir ihm diese anbieten?
    • Ist der Bewohner in der Lage und willens, Hilfsmittel zu nutzen wie etwa Einlagen oder einen Toilettenstuhl?
Durchführung: Sobald wir alle notwendigen Informationen zusammengestellt haben, wird der Bewohner in das passende Kontinenzprofil eingestuft. Wir wählen unter den folgenden Profilen:
 
  • Profil
  • Kennzeichen
  • Beispiel
  • Kontinenz
  • Kein unfreiwilliger Harnverlust
  • Keine personelle Hilfe
  • Keine Hilfsmittel

  • Unabhängig erreichte Kontinenz
  • Kein unfreiwilliger Harnverlust
  • Keine personelle Unterstützung
  • Selbstständige Durchführung von Maßnahmen
  • Selbstständige Medikamenteneinnahme durch die/den Betroffenen, die einen unwillkürlichen Urinverlust verhindert. Eigenständiger Gebrauch von mobilen Toilettenhilfen
  • Abhängig erreichte Kontinenz
  • Kein unfreiwilliger Harnverlust
  • Personelle Unterstützung bei der Durchführung von Maßnahmen
  • Begleitete Toilettengänge (z.B. Toilettentraining zu festgelegten bzw. individuellen Zeiten) erfolgen durch eine weitere (Pflege-) Person.
  • Unabhängig kompensierte Inkontinenz
  • Unwillkürlicher Harnverlust
  • Keine personelle Unterstützung bei der Versorgung mit Kontinenzhilfsmitteln
  • Trotz vorhandenem unwillkürlichem Harnverlust erfolgt die Versorgung mit aufsaugendem Inkontinenzmaterial durch die/den Betroffenen selbstständig
  • Abhängig kompensierte Inkontinenz
  • Unwillkürlicher Harnverlust
  • Personelle Unterstützung bei der Inkontinenzversorgung ist notwendig
  • Kompensierende Maßnahmen werden von einer weiteren Person übernommen.
  • Nicht kompensierte Inkontinenz
  • Unwillkürlicher Harnverlust
  • Keine Inanspruchnahme von personeller Unterstützung und Versorgungsmaßnahmen.
  • Vom Betroffenen werden keine Maßnahmen der Inkontinenzversorgung angenommen bzw. sie werden abgelehnt.

Hinweise zur Formulierung:

  • "Unabhängig" bedeutet, dass der Bewohner die erforderlichen Maßnahmen im vollen Umfang allein und selbständig durchführen kann.
  • "Abhängig" bedeutet, dass der Bewohner für die Harnausscheidung die Hilfe einer Pflegekraft benötigt. Wird diese Unterstützung geleistet, bleibt die Kontinenz erhalten.
  • "Kompensiert" bedeutet, dass sich eine Inkontinenz nicht vermeiden lässt. Da der Bewohner aber diverse Hilfsmittel nutzt, werden die Folgen der Inkontinenz ausgeglichen (etwa durch Einlagen u.Ä.).
  • "Nicht kompensiert" bedeutet, dass der Bewohner keine Hilfsmittel nutzt, etwa weil er den Sinn nicht versteht oder weil er sich grundsätzlich jeder Hilfe widersetzt. In der Folge kommt es zu Harnabgängen in die Kleidung.
Nachbereitung: individuelle Auswertung
  • Wir nutzen die Informationen bei der Modifizierung der Pflegeplanung. Wir streben stets an, dass der Bewohner eine bessere Profilstufe erreicht. Zumindest soll eine Verschlechterung der Situation vermieden werden.
übergreifende Auswertung
  • Wir erstellen regelmäßig Statistiken, die die Gesamtsituation unserer Bewohner abbilden. Wir vergleichen die Ergebnisse mit dem Bild des Vorjahres. Daraus leiten wir dann die notwendigen Maßnahmen ab, also etwa die Weiterqualifizierung des Personals.
  • Wir vergleichen die Daten auch mit Statistiken anderer Einrichtungen, mit denen wir im Rahmen eines Benchmark-Programmes kooperieren.
  • Relevant sind diese Daten auch, um den Einfluss der Sparvorgaben der Pflegekassen auf die Kontinenzsituation abzuschätzen; etwa der Wechsel von teureren Inkontinenzeinlagen der Markenhersteller auf billigere No-Name-Produkte.
Dokumente:
  • Pflegedokumentation
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Inkontinenz; Profil; Kontinenzprofil; Inkontinenzprofil
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.