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Version 2.05 - 2016

Standard "gastroduodenale Ulkuskrankheit ('Magengeschwür')"

 
Lange Jahre machten Ärzte vor allem psychosomatische Faktoren für Magengeschwüre verantwortlich. Inzwischen jedoch ist klar, dass Stress allein kein Ulcus auslöst, sondern ein ganzes Ursachenbündel. In unserem Standard bilden wir den aktuellen Stand der Wissenschaft ab.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "gastroduodenale Ulkuskrankheit ('Magengeschwür')"
Definition:
  • Verschiedene Faktoren können dazu führen, dass die Magenschleimhaut angegriffen wird. Zunächst entwickelt sich häufig eine Entzündung oder eine Verletzung durch einen Fremdkörper. Bei jüngeren Menschen bleibt dieses i.d.R. ohne Folgen, da deren Magenschleimhaut widerstandsfähig ist und insbesondere ausreichend Schleim produziert. Zudem ist die Immunabwehr zumeist vergleichsweise leistungsfähig. Bei Senioren hingegen schreitet das Krankheitsgeschehen oft fort.
  • Umfangreichere Defekte entwickeln sich zum Geschwür ("Ulkus"). Eine gastroduodenale Ulkuskrankheit liegt vor, wenn ein solcher Schleimhautdefekt im Bereich des Magens (Ulcus ventriculi) oder des Zwölffingerdarms (Ulcus duodeni) permanent existiert oder in Abständen wiederkehrt.
  • Die Läsionen sind zumeist auf die Oberfläche begrenzt und heilen dann ggf. ohne Beschwerden aus. Wenn die Schädigung jedoch tief gehender ist, kann der Betroffene Schmerzen erleiden. Geschädigtes Gewebe heilt dann ggf. nicht mehr ab, sondern vernarbt. Ein solches Ulkus kann sogar die Magenwand durchbrechen und zu erheblichem Blutverlust führen. Der Bewohner ist in Lebensgefahr.
  • Fünf bis zehn Prozent aller Menschen in Deutschland erkranken im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an einem gastroduodenalen Ulkus. Von Magengeschwüren sind vor allem Personen ab dem 60. Lebensjahr betroffen. Ein Ulcus duodeni tritt gehäuft bei jüngeren Menschen auf.
  • Ein Geschwür im Zwölffingerdarm ist zwei- bis dreimal häufiger als ein Magengeschwür.
  • Von einem Magengeschwür sind Männer und Frauen gleich häufig betroffen. Bei einem Ulcus duodeni hingegen sind Männer überproportional vertreten; deren Anteil ist dreimal größer als der Anteil der Frauen.
  • Lange Zeit ging die Medizin davon aus, dass Stress bei der Entwicklung dieser Geschwüre eine zentrale Rolle spielt. In den letzten Jahren jedoch weisen Forschungsergebnisse in eine andere Richtung: Drei von vier Betroffenen mit einem Magengeschwür haben einen positiven HP-Status, sind also mit dem Bakterium Helicobacter pylori infiziert. Bei einem Duodenalgeschwür ist der Keim bei 99 Prozent aller Patienten nachweisbar.
  • Auch die Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika ("NSAR") - insbesondere in Kombination mit Kortikosteroiden - scheint das Risiko maßgeblich zu steigern.
  • Bei einer Besiedelung mit Helicobacter pylori erfolgt i.d.R. eine sog. "Triple-Therapie". Diese besteht aus der Gabe von zwei unterschiedlichen Antibiotika in Kombination mit einem Protonenpumpeninhibitor über einen Zeitraum von sieben Tagen. Da sich diese Behandlung als sehr erfolgreich erwiesen hat, ist eine chirurgische Ulkustherapie nur noch bei schweren Komplikationen erforderlich.
Grundsätze:
  • In vielen Fällen ist eine langfristige Therapie nur dann möglich, wenn der Bewohner seine Lebens- und Ernährungsgewohnheiten grundsätzlich ändert.
  • Der Bewohner kann sich nur dann sinnvoll an der eigenen Gesundung beteiligen, wenn er die Zusammenhänge begreift. Daher ist es wichtig, den Bewohner umfassend zu beraten und ihn insbesondere über krankmachende Faktoren aufzuklären.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Hausarzt zusammen. Alle Anweisungen werden genau dokumentiert. Wir drängen stets auf schriftliche Instruktionen.
Ziele:
  • Der Bewohner hat keine Schmerzen.
  • Der Bewohner kennt Risikofaktoren und Prophylaxemaßnahmen. Er passt seine Lebensweise entsprechend an.
  • Die häufigsten Komplikationen werden vermieden, insbesondere:
    • kaffeesatzartiges Erbrechen oder Teerstuhl als Folge von Blutungen
    • Durchbruch des Geschwürs in die Bauchhöhle (Perforation)
    • Verengung des Magenausgangs (Pylorusstenose)
    • maligne Entartung zum Magenkrebs
Vorbereitung: Risikofaktoren:
Wir prüfen, welche Risikofaktoren beim Bewohner bestehen. Je mehr davon vorhanden sind, um so wahrscheinlicher ist es, dass der Betroffene ein Magengeschwür entwickeln wird:
  • Der Bewohner nimmt belastende Medikamente ein wie etwa Kortikosteroide, bestimmte Antihypertonika oder nicht-steroidale Antirheumatika.
  • Es liegt Alkohol- oder Nikotinmissbrauch vor.
  • Der Bewohner ernährt sich unregelmäßig oder einseitig.
  • Der Bewohner hat Blutgruppe 0.
  • Der Bewohner leidet unter Typ-C-Gastritis mit einem Rücklauf von gallensäurehaltigem Duodenalsaft.
  • Der Bewohner leidet unter dauerhaftem mentalen Stress, etwa bei Trauer oder bei lang anhaltendem Streit mit Mitbewohnern oder mit Angehörigen.
  • Es liegt anhaltender körperlicher Stress vor, etwa bei schweren Erkrankungen oder nach Operationen.
  • Es gibt eine erbliche Belastung, also insbesondere ebenfalls erkrankte Eltern oder Großeltern.
Symptome:
  • Der Bewohner klagt über Oberbauchschmerzen. Diese sind brennend oder krampfartig.
  • Zwei oder drei Stunden nach der Nahrungsaufnahme treten krampfartige Schmerzen auf.

  • Der Bewohner nimmt eine typische Schonhaltung ein (siehe Bild oben).
  • Der Bewohner hat Schmerzen, obwohl er keine Nahrung aufgenommen hat. Oder die Schmerzen treten in der Nacht auf, wenn das Abendbrot schon lange zurückliegt. Wenn der Bewohner Milch trinkt, lassen die Beschwerden nach.
  • Wenn der Bewohner Nahrung aufnimmt, spürt er einen anhaltenden Druck und Völlegefühl im Oberbauch.
  • Der Bewohner spürt Sodbrennen und muss sauer aufstoßen.
  • Es kommt zum sauren Erbrechen.
  • Der Bewohner leidet unter Appetitlosigkeit. Sein Gewicht nimmt stetig ab.
  • Der Bewohner bemerkt Teerstuhl.
Hinweise:
  • Bei vielen Senioren mit gastroduodenalen Ulzera treten die Schmerzen erst in späten Krankheitsphasen auf. Dieses ist insbesondere der Fall bei Senioren, die NSAR erhalten und deren Schmerzempfindung dadurch gehemmt ist.
  • Bei jedem zweiten Betroffenen wird die Erkrankung erst bemerkt, wenn es zu Komplikationen kommt.
Durchführung: Ernährung:
  • Da sich die Belastungsfaktoren individuell unterschiedlich auswirken, gibt es keine allgemeingültige Ulkus-Diät. Zumeist weiß der Bewohner recht genau, welche Lebensmittel bei ihm Beschwerden verursachen. Im Dialog mit dem Senioren erstellen wir eine Liste der problematischen Lebensmittel, die später bei Bedarf ergänzt werden kann. Ggf. sollte der Bewohner ein Ernährungstagebuch führen. Relevant sind dabei folgende Kriterien: Wann und wo kommt es zu Schmerzen? Welche Nahrung verträgt der Bewohner und in welchen Mengen?
  • Der Bewohner sollte statt drei größerer Mahlzeiten lieber sechs kleinere Portionen pro Tag zu sich nehmen.
  • Spätmahlzeiten sind häufig belastend und sollten dann unterbleiben.
  • Sofern nicht anders verordnet, erhält der Bewohner eine leichte Vollkost. Der Genuss von fett- und zuckerhaltigen Lebensmitteln sollte reduziert werden.
  • Der Bewohner sollte mehrfach ungesättigte Fettsäuren erhalten, wie sie in Distel-, Sonnenblumen-, Soja- oder Weizenkeimöl enthalten sind. Diese Fettsäuren fördern die Durchblutung der Schleimhaut.
  • Der Bewohner soll sich Zeit für die Mahlzeiten nehmen, langsam essen und seine Speisen gut durchkauen. Der damit angeregte Speichelfluss schützt den Magen. Wir raten dem Bewohner zu einer mindestens halbstündigen Ruhepause nach den Hauptmahlzeiten und stimmen die Pflege- und Betreuungsmaßnahmen darauf ab.
  • Wir achten auf eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung. Geeignete Getränke sind insbesondere leicht gesüßte Tees.
  • Nahrungsmittel, die eine vermehrte Säureproduktion auslösen (z.B. Milch, Pfeffer und Senf) sollten vermieden werden.
  • Die Speisen des Bewohners sollten nur in Maßen gesalzen sein.
  • Der Bewohner wird aufgefordert, den Konsum von Alkohol drastisch zu reduzieren. Vor allem hochprozentige Getränke (Schnaps) sind sehr belastend.
  • Wir streben einen normalen BMI an.
  • Wenn der Bewohner untergewichtig oder sehr geschwächt ist, sollte der vorübergehende Einsatz von Nahrungssupplementen geprüft werden, also von Nährstoffkonzentraten und von angereicherten Lebensmitteln.
  • Der Bewohner sollte den Konsum von Kaffee reduzieren und dieses Getränk insbesondere nicht auf leeren Magen zu sich nehmen. Als Richtwert gelten max. zwei Tassen pro Tag.
  • Nach dem Essen sollte sich der Bewohner in Maßen körperlich bewegen und sich nicht hinlegen.
  • Viele Bewohner erlegen sich selbst unnötig strenge Ernährungsbeschränkungen auf. Diese können zur Mangelernährung führen.
Lebensweise
  • Der Bewohner wird über die belastenden Faktoren aufgeklärt.
  • Wir raten dem Bewohner, Entspannungsübungen durchzuführen, etwa autogenes Training oder Yoga.
  • Der Bewohner sollte einen möglichst gleichmäßigen Tageszyklus einhalten, also insbesondere zu gleichen Zeiten schlafen und essen.
  • Es ist wichtig, dass der Bewohner nachts ausreichend schläft.
  • Der Bewohner sollte den Nikotingenuss komplett einstellen. Ggf. ist es sinnvoll, an einem Rauchentwöhnungskurs teilzunehmen.
  • Bei Schmerzen und beim Schlafen wird der Oberkörper ggf. höher gelagert.
  • Einschnürende Kleidung sollte gelockert werden. Insbesondere sollte der Gürtel nicht zu eng anliegen.
  • Dem Bewohner wird empfohlen, beim Stuhlgang nicht zu pressen, da dieses den abdominalen Druck erhöht.
Unterstützung bei der ärztlichen Therapie
  • Wenn eine Operation notwendig wird, intensivieren wir die psychologische Unterstützung des Bewohners. Insbesondere raten wir dem Bewohner, auch unangenehme Untersuchungen durchführen zu lassen wie die regelmäßigen Magenspiegelungen.
  • Eine operative Ulkustherapie ist heute nur noch in seltenen Fällen notwendig. Sie erfolgt nur noch bei Komplikationen, bei Therapieresistenz und bei Karzinomverdacht. Die Pflege von betroffenen Senioren ist im Standard "Pflege von Senioren nach einer Magenresektion" beschrieben.
  • Die selektive proximale Vagotomie kann eine Alternative zur Magenresektion sein. Bei diesem Eingriff werden bestimmte Fasern des N. vagus gekappt, die für die Säuresekretion im Magen verantwortlich sind.
  • Bei einer Antibiotikatherapie sorgen wir für eine konsequente Einnahme der Wirkstoffe. Wir raten dem Bewohner dringend davon ab, das Medikament ohne vorherige Rücksprache mit dem Hausarzt abzusetzen.
  • Viele Medikamente müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt genommen werden, also etwa vor dem Essen oder eine bestimmte Zeitspanne danach. Insbesondere bei älteren und bei verwirrten Bewohnern ist es daher wichtig, diese bei der Einnahme zu unterstützen.
  • Wir prüfen, ob andere regelmäßig eingenommene Medikamente einen Ulkus fördern. Wir regen ggf. den Austausch de

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++


















 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Ulcus ventriculi; Magengeschwür; Magen; Bauchschmerz; Teerstuhl; Peritonitis; Billroth-Magenresektion; Pylorusstenose; Perforation
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