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Version 1.05a - 2015

Notfallstandard Ileus (Darmverschluss)

 
Die Überlebensaussichten bei einem Darmverschluss hängen entscheidend davon ab, dass die Störung rechtzeitig erkannt wird. Doch längst nicht jeder Ileus macht sich durch Koliken bemerkbar. Viele verlaufen zunächst unauffällig oder zeigen Symptome, die bei pflegebedürftigen Senioren leicht übersehen werden können.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


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Notfallstandard Ileus (Darmverschluss)
Definition: Ein Ileus ist eine lebensgefährliche Beeinträchtigung der Darmpassage, die von einer Darmlähmung oder von einer Verlegung ausgelöst wird. Abhängig von der Ursache wird Ileus eingeteilt in:
  • mechanisch bedingter Ileus ohne Störung der Blutzirkulation. Bei dieser Störung wird die Darmpassage durch einen Fremdkörper blockiert, also etwa durch Gallensteine, Kotballen, unverdaute Speisereste oder verschluckte Gegenstände. Als Auslöser kommen auch Polypen, Tumorgewebe oder Verwachsungen in Frage, die im Darminnenraum Engstellen oder gar einen Verschluss bilden.
  • mechanisch bedingter Ileus mit Störung der Blutzirkulation. Dieses Krankheitsbild tritt auf, wenn die Darmschlinge in einer Lücke der Bauchwand eingeklemmt wird (Incarceratio herniae, "Brucheinklemmung"). Möglich ist auch eine Einstülpung des Darms (Invagination) oder eine Drehung des Darms und des Mesenteriums (Volvulus).
  • Funktioneller / paralytischer Ileus: In diesem Fall ist die Beweglichkeit (Peristaltik) des Darms vermindert. Diese Störung ist häufig die Folge einer Peritonitis, Appendizitis oder Pankreatitis. Mitunter kommen als Auslöser auch ein Herzinfarkt, Stoffwechselkrankheiten (wie etwa Hypokaliämie) oder Hormonschwankungen (etwa bei Schwangeren) in Betracht. Ein Ileus kann auch als Komplikation einer Operation im Bauchraum oder nach Verletzungen des Bauchfells (Peritoneum) auftreten, etwa nach einem Rippenbruch. Die Unterbrechung der darmversorgenden Mesenterialgefäße kann ebenfalls einen Ileus hervorrufen. Das Gleiche gilt für verschiedene Medikamente wie etwa Antidepressiva oder Opiate (Psychopharmaka), wenn diese etwa überdosiert sind.
  • Funktioneller / spastischer Ileus: Diese Erkrankung ist die Folge einer Schwermetallvergiftung oder eines Wurmbefalls (vor allem mit dem Spulwurm Ascaris lumbricoides). Sie tritt auch auf bei Porphyrie (Störung der Biosynthese von Häm).
  • Kombinationsileus oder "gemischter Ileus": Diese Form entwickelt sich in vielen Fällen aus einem leichteren mechanischen Ileus, der längere Zeit unbehandelt bleibt.
Grundsätze:
  • Ein Ileus kann symptomarm verlaufen. Daher sind ein "waches Auge und Ohr" für Pflegekräfte unverzichtbar.
  • Wenn hinreichende Anzeichen für einen Ileus sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
  • Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.
Ziele:
  • Ein Ileus wird schnell und korrekt erkannt.
  • Der Notarzt und die Klinikärzte erhalten alle für die Behandlung notwendigen Informationen.
  • Die Folgen des Ileus werden auf ein Minimum reduziert.
  • Die häufigsten Komplikationen werden vermieden, insbesondere
    • Nekrosenbildung im Darm
    • Perforationen des Darms
    • Sepsis
    • Nierenversagen
    • Schock durch den erhöhten Verlust an Elektrolyten und Flüssigkeit
Vorbereitung: achten auf Symptome
Wir achten auf Symptome, die für Ileus sprechen:
  • krampfartige Bauchschmerzen insbesondere im Bauchnabelbereich (mechanischer Ileus).
  • zweiphasige Bauchschmerzen: Auf eine starke Schmerzperiode folgt eine zeitweilige Besserung, auf die eine zweite starke Schmerzphase folgt. Dieses ist typisch für einen Ileus als Folge eines Gefäßverschlusses.
  • Hinweis: Ein Ileus kann sich auch schmerzlos entwickeln.
  • starke Darmgeräusche. Diese klingen metallisch, spritzend und hoch (mechanischer Ileus).
  • aufgetriebener Bauch mit starker Druckempfindlichkeit (paralytischer Ileus)
  • Blässe, tief liegende Augen, kalte Nase (paralytischer Ileus)
  • Schluckauf (paralytischer Ileus)
  • totales Fehlen von Darmgeräuschen, sog. "Todesstille" oder "Grabesstille" (paralytischer Ileus)
  • Übelkeit, Erbrechen, bei fortgeschrittenem Ileus auch Koterbrechen (Miserere) als Folge des Rückstaus des Darminhaltes. Das Erbrochene ist braun und riecht übel.
  • Blähungen, Stuhl- und Windverhalt
  • Ggf. Fieber oder Tachykardie
  • Schock als Folge eines massiven Flüssigkeitsverlustes, Blässe, kalter Schweiß, marmorierte Haut, Pulsanstieg, Blutdruckabfall
Durchführung:
  • Der Bewohner benötigt ärztliche Hilfe, wenn der Bewohner mindestens drei Tage keinen Stuhlgang hatte, sich erbricht und ggf. auch über Bauchschmerzen klagt.
  • Der Bewohner soll bis zum Eintreffen des Notarztes Bettruhe halten. Wir wählen eine Lagerung, die die Bauchdecke entspannt, also etwa die Rückenlage mit einer Rolle unter den Knien.
  • Wenn es relevante Anzeichen für einen Ileus gibt, dürfen keine abführenden Maßnahmen durchgeführt werden. Insbesondere Einläufe sind kontraindiziert, sofern sie nicht ausdrücklich ärztlich angeordnet wurden.
  • Der Bewohner erhält keine Spasmolytika, Analgetika oder sonstige Medikamente. Diese können das klinische Bild verschleiern und die Diagnose erschweren.
  • Der Bewohner erhält keine Nahrung und keine Getränke.
  • Die Ausscheidungen werden lückenlos überwacht.
bei Bewusstlosigkeit oder schweren Schmerzen:
  • Ein bewusstloser Bewohner wird in eine stabile Seitenlage gebracht. Die Atemwege müssen freigehalten werden.
  • Der Hausarzt wird nur dann gerufen, wenn er sich in unmittelbarer Nähe befindet und (wichtig!) kein Zeitverlust entsteht. Ansonsten wird immer der Notarzt alarmiert.
  • Der Bewohner wird nicht allein gelassen. Die Pflegekräfte versuchen ihn zu beruhigen.
  • Einengende Kleidungsstücke werden geöffnet.
  • Die Vitaldaten werden ermittelt, insbesondere Blutdruck, Puls, Atmung und Körpertemperatur.
  • Angehörige und Betreuer werden informiert. Falls möglich sollten diese den Bewohner ins Krankenhaus begleiten.
  • Der chronologische Verlauf der bisher aufgetretenen Symptome wird kurz zusammengefasst. (Etwa: "7.30 Uhr: Bewohner klagt über massive Bauchschmerzen, 7.40 Uhr: Bewohner verliert das Gleichgewicht und stürzt vom Stuhl usw.)
  • Eine Liste aller Medikamente, die der Bewohner in den letzten 48 Stunden genommen hat, wird zusammengestellt.
Nachbereitung: allgemeine Maßnahmen
nach Abfahrt des Bewohners im Krankenwagen:
  • Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
  • Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
  • Der Verlauf der Geschehnisse von den ersten Symptomen bis zum Eintreffen des Notarztes wird im Team noch einmal besprochen. Ziel ist es, ggf. aufgetretene Versäumnisse zu finden.
Weiteres / Prognose
Im Krankenhaus wird der Bewohner zunächst geröntgt. Bestätigt sich der Verdacht, erfolgt in den allermeisten Fällen eine Operation. Dabei wird der Darminhalt abgeleitet und ggf. vorhandene Perforationen geschlossen.
  • Der paralytische Illeus wird meistens konservativ behandelt und die Ursachen beseitigt.
  • Ggf. erhält der Bewohner Flüssigkeitsersatz durch Infusionen
  • 15 bis 25 Prozent aller Fälle enden tödlich. Entscheidend für die individuelle Prognose sind der Allgemeinzustand und der Zeitpunkt, zu dem der Ileus erkannt und eine Behandlung eingeleitet wurde.
  • Bei einem Ileus kann der betroffene Darmbereich absterben, wenn keine schnelle Behandlung eingeleitet wird.
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt
  • Medikamentenblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Mitarbeiter
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Ileus; Darmverschluss; Notfall
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