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Version 1.05 - 2013 |
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Standard "Schräglagerung" |
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Rein
pflegewissenschaftlich betrachtet ist die Schräglagerung eine ideale
Positionierung. Das Dekubitusrisiko ist minimiert. Gleichzeitig kann
der Patient beide Arme und Hände frei bewegen. Die meisten Betroffenen
teilen diese Begeisterung nicht. Für sie ist die Haltung ungewohnt und
unnatürlich. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es
nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die
Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne
Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige
Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für
die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch
ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".
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Standard "Schräglagerung" |
Definition:
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- Für viele Senioren ist die Rückenlage die
bevorzugte Position im Pflegebett. Sie hat den Vorteil, dass beide Arme
und Hände frei beweglich sind und somit zum Lesen, zum Telefonieren
oder für andere Aktivitäten genutzt werden können. Zudem kann der
gesamte Bereich um das Bett herum eingesehen werden. Das Hochstellen
des Kopfteils führt zu einer weiteren Steigerung der Bequemlichkeit.
- Nachteilig an der Rückenlage ist jedoch die
erhöhte Dekubitusgefahr. Insbesondere im Steiß- und im Kreuzbeinbereich
sowie im Umfeld der Rollhügel kann es zu einem Auflagedruck kommen, der
bei längerer Einwirkung zur Bildung von Druckgeschwüren führt.
- Wir nutzen daher statt der Rückenlage die Schräglagerung, die in der Vergangenheit auch 30°-Lagerung genannt wurde.
- Der Begriff "30°-Lagerung" ist
missverständlich. In der Praxis führt er häufig zu einer zu steilen
Lagerung. In einigen Fachbüchern wird die 30°-Lagerung auch als
Abwandlung der Seitenlagerung geführt. Dieses ist falsch. Die
30°-Lagerung ist eine Modifikation der Rückenlage.
- Mittels verschiedener Lagerungshilfsmittel wird
der Bewohner in eine leichte Schräglage gebracht; dieses wechselseitig
nach links und nach rechts. Die Arme bleiben mobil, gleichzeitig werden
gefährdete Hautbereiche periodisch vom Druck entlastet.
- Die Schräglagerung kombiniert also die Vorzüge
der Rückenlage mit denen der Seitenlage. Sie gilt als Lagerung mit dem
geringsten Dekubitusrisiko.
- Für viele Betroffene ist diese Positionierung
ungewohnt, da die Lagerung im normalen Leben zumeist nie genutzt wurde.
Sie wird von den meisten Bewohnern nur in Wachphasen akzeptiert. Als
Positionierung für den Schlaf ist sie dann nicht sinnvoll.
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Grundsätze:
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- Die individuellen Wünsche des Bewohners sind uns wichtig und werden beachtet.
- Das Lagern ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die
viel berufliche Erfahrung erfordert. Daher werden Praktikanten, Bufdis oder Pflegeschüler nur assistierend eingesetzt.
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Ziele:
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- Ein Dekubitus wird vermieden.
- Eine bereits geschädigte Hautfläche wird konsequent von Druck entlastet und heilt dann ab.
- Der Bewohner entspannt sich und fühlt sich wohl.
- Die Atemfläche wird vergrößert.
- Das Wahrnehmungsvermögen wird gestärkt.
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Vorbereitung: |
Indikation
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- Wir nutzen die Schräglage, wenn folgende Faktoren vorliegen:
- Der Bewohner hat ein hohes Dekubitusrisiko. Er muss regelmäßig umgelagert werden.
- Der Bewohner akzeptiert verschiedene
Positionierungen nicht, etwa die Bauchlage oder die 135°-Lagerung. Er
dreht sich selbstständig in die Rückenlage zurück.
- Der Bewohner soll Nahrung oder ein Getränk zu sich nehmen, die Rückenlage ist aber in seinem Fall nicht möglich.
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Material
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- Wir stellen das notwendige Material zusammen:
- eine große Lagerungsschlange, idealerweise 250
x 35 cm; alternativ eine große zusammengerollte Bettdecke oder zwei
große Kopfkissen
- ein weiteres großes, voluminöses Kopfkissen
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weitere Maßnahmen
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- Der Heimbewohner wird über die anstehende
Maßnahme informiert (unabhängig von der Kommunikationsfähigkeit). Seine
Fragen werden umfassend beantwortet. Der Bewohner wird um Zustimmung
gebeten.
- Die Pflegekraft schafft Platz, um ungehindert
arbeiten zu können. Es werden etwa der Bettbügel aufgehängt und der
Nachttisch weg geschoben.
- Die Bettliegefläche wird auf Arbeitshöhe gefahren, um ein rückenschonendes Arbeiten zu ermöglichen.
- Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
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Durchführung:
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- Der Bewohner wird auf die Seite gedreht. Hinter seinem Rücken werden die für die Lagerung benötigten Kissen platziert.
- Ein Lagerungskissen wird unter dem Oberschenkel
bis zum Gesäß des Bewohners abgelegt. Daran schließt sich ein zweites
Kissen an, das vom Gesäß aus über den Rücken bis in Richtung Schulter
geführt wird. Alternativ wird eine Lagerungsschlange oder ein Stillkissen genutzt. Die
Schulter selbst wird frei gelagert.
- Nun wird der Bewohner wieder in die Rückenlage gebracht und auf den Kissen gelagert.
- Wir stellen sicher, dass die Füße angemessen
unterlagert werden, also nicht "in der Luft" hängen. Der obere Fuß darf
auch nicht nach innen fallen. Für diesen wird die Lagerungsschlange
daher so geformt, dass eine Unterstützungsfläche entsteht. Ggf. nutzen
wir ein zusätzliches Handtuch, um den Halt des Fußes zu verstärken. Wir
vermeiden somit die Ausbildung eines Spitzfußes.
- Wenn die Unterstützungsfläche stabil genug
gebildet wird, kann der Bewohner mit dem oben liegenden Fuß kleinere
Positionsveränderungen vornehmen. Bei Bewohnern, die viele dieser sog.
"Mikrobewegungen" eigenständig durchführen, können die
Lagerungsintervalle ggf. verlängert werden. Zudem wird durch die
Eigenbewegung des Beckens die Atmung gefördert. Dieses ist
insbesondere im Rahmen der Pneumonieprophylaxe relevant.
- Durch das Hochfahren des Kopfteiles ist auch
eine moderate Oberkörperhochlagerung möglich. Diese erleichtert
insbesondere die Nahrungs- und die Flüssigkeitsaufnahme.
- Es ist wichtig, ein Kopfkissen zu wählen,
dessen großes Volumen den Kopf effektiv unterlagert. Der Kopf soll mit
der Wirbelsäule eine Linie bilden. Ein zu kleines Kissen führt zu einer
nachteiligen Kopfhaltung und letztlich zu Verspannungen.
- Wir prüfen regelmäßig, ob die gefährdeten
Hautbereiche druckentlastet sind. Wir schieben dafür die Hand unter den
Körper des Bewohners. Ist es uns nicht möglich, die Hand leicht unter
das Kreuzbein und unter den Trochanter zu schieben, ist die
Positionierung fehlerhaft und muss korrigiert werden.
- Falls es weitere Hautbereiche gibt, bei denen
das Auftreten eines Druckgeschwürs zu befürchten ist, können auch diese
frei gelagert werden.
- Insbesondere im Sommer sollten, abgesehen von
der Lagerungsschlange und dem Kopfkissen, keine weiteren Kissen genutzt
werden, da ansonsten das Bettklima nachteilig beeinflusst wird.
- Wenn der Bewohner Angst hat, aus dem Bett zu fallen, kann das Bettgitter hochgefahren werden (ggf. Freiheitsentzug beachten).
- Falls ein Bewohner Ohrstecker trägt, müssen diese wegen Verletzungsgefahr entfernt werden.
- In einigen Fällen knickt das Ohrläppchen um.
Dieses sollte von den Pflegekräften korrigiert werden. Ansonsten droht
hier die Entstehung eines Druckgeschwürs.
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Nachbereitung: |
- Die Klingel wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
- Das Bett wird wieder in die ursprüngliche Höhe gestellt.
- Der Bewohner wird nach seinem Befinden befragt.
- Falls notwendig, kann das Zimmer kurz gelüftet werden.
- Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
- Die Maßnahme wird im Grundpflegenachweis dokumentiert.
- Alle relevanten Veränderungen der Gesundheit oder des Verhaltens des Bewohners werden dokumentiert.
- Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
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Dokumente: |
- Berichtsblatt
- Leistungsnachweis
- Kommunikationsblatt mit dem Arzt
- Pflegeplanung
- ggf. Protokoll freiheitsentziehende Maßnahmen
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Verantwortlichkeit / Qualifikation: |
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Lagerung; Dekubitus; Dekubitusprophylaxe; Pneumonieprophylaxe; Schräglagerung |
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Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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