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Version 1.05 |
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Information für pflegende Angehörige zu freiheitsentziehenden Maßnahmen |
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Freiheitsentziehende
Maßnahmen sind für viele pflegende Angehörige ein wichtiges Thema.
Gerade Angehörige, die Demenzkranke zu Hause versorgen, kennen das
Problem: Der Demenzkranke verlässt unbemerkt die Wohnung und irrt dann
orientierungslos draußen umher. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es
nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die
Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne
Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige
Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für
die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch
ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".
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Information für pflegende Angehörige zu freiheitsentziehenden Maßnahmen |
Freiheitsentziehende
Maßnahmen sind für viele pflegende Angehörige ein wichtiges Thema.
Gerade Angehörige, die Demenzkranke zu Hause versorgen, kennen das
Problem: Der Demenzkranke verlässt unbemerkt die Wohnung und irrt dann
orientierungslos draußen umher. Dabei ist natürlich auch die Gefahr
sehr groß, dass es etwa in Großstädten zu Verkehrsunfällen kommen kann.
Auf dem Land verläuft sich der Pflegebedürftige etwa im Wald und wird
unter Umständen nicht rechtzeitig vor Einbruch der Nacht gefunden.
Oder eine andere sehr typische Situation: Die bettlägerige Mutter ist
nachts sehr unruhig und versucht ständig, aus dem Bett auszusteigen und
droht zu stürzen und sich zu verletzen.
Um diesen Gefahren aus dem Weg zu gehen, liegt es nahe, Maßnahmen durchzuführen, die das verhindern.
Mit diesem Informationsblatt wollen wir Ihnen aufzeigen, wann Sie zu
einzelnen freiheitsentziehenden Maßnahmen greifen dürfen, um eine
erhebliche Selbstgefährdung zu vermeiden. Aber auch welche alternativen
Maßnahmen oft einfacher und ohne diesen gravierenden Eingriff in die
Freiheit des Einzelnen anzuwenden sind.
Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen?
Unter freiheitsentziehenden Maßnahmen versteht man Handlungen, die es
dem Pflegebedürftigen unmöglich machen, das Bett, ggf. den Rollstuhl oder die Wohnung zu
verlassen.
Diese Maßnahmen werden immer dann nötig, wenn eine große Gefahr für den
Pflegebedürftigen besteht, dass sich dieser selbst massiv gefährdet.
Darunter fallen z.B. folgende Maßnahmen:
- hochfahren des Bettgitters
- Fixierungsgurte u.Ä. im Bett oder im Rollstuhl
- Verschließen von Türen. Begrenzung des Bewegungsspielraumes auf das eigene Zimmer oder auf die Wohnung
- Nutzung von Trickschlössern, Einbau von Schließsystemen mit Chipkarten
- Nutzung von Alarmsystemen, die anzeigen, wenn der Angehörige das Haus oder die Wohnung verlassen will
- Anwendung von körperlicher Gewalt
- Nutzung von Drohungen oder anderem psychischen Druck
- Verabreichung von sedierenden (schläfrig machenden) Psychopharmaka
- dauerhaftes Feststellen der Rollstuhlbremse
- Nutzung von Schlafsäcken, die nur durch die pflegenden Angehörigen geöffnet werden können.
- Wegnahme von Kleidung, Schuhen oder anderen Hilfsmitteln, die für die Mobilität benötigt werden
Freiheitsentziehende Maßnahmen sind ein schwerer Eingriff in die
Persönlichkeitsrechte eines jeden Menschen. Sie dürfen daher nicht ohne
einen triftigen sog. "Rechtfertigungsgrund" durchgeführt werden.
Sollten Sie einem pflegebedürftigen Angehörigen ohne wichtigen Grund
und Anlass die Freiheit entziehen, machen Sie sich strafbar.
Freiheitsentziehende Maßnahmen sollten nur als letztes Mittel
eingesetzt werden.
Muss ich mich als pflegender Angehöriger vom zuständigen Amtsgericht als Betreuer einsetzen lassen?
Theoretisch: nein. Als Privatperson mit einem zu pflegenden Angehörigen
muss man sich nicht als Betreuer einsetzen lassen. Der Gesetzgeber
wollte die Hürden nicht zu hoch legen in der häuslichen Pflege. Dennoch
spricht nichts dagegen, doch eine Betreuung mit dem
Aufgabenkreis: "Entscheidung über freiheitsentziehende Maßnahmen
in der eigenen Häuslichkeit" anzuregen. Der Vorteil liegt darin, dass
man dann Betreuer und pflegender Angehöriger in einer Person ist. Damit
vermindern Sie das Risiko, dass Sie sich unwissentlich strafbar machen.
Denn freiheitsentziehende Maßnahmen sind und bleiben ein gravierender
Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Pflegebedürftigen.
Sie können auch bei Zeiten dafür sorgen, dass ihre älteren Angehörigen
aber auch sie selbst eine Vorsorgevollmacht schriftlich fixieren. Mit
dieser Vorsorgevollmacht bestimmen Sie, wer im Fall der Fälle als Ihr
Betreuer eingesetzt werden soll.
Darf ich als pflegender Angehöriger freiheitsentziehende Maßnahmen durchführen? Was muss ich dabei beachten?
Ja, Sie dürfen freiheitsentziehende Maßnahmen durchführen, aber nur,
wenn es tatsächlich wichtige Gründe dafür gibt. Wichtige Gründe liegen
immer dann vor, wenn eine erhebliche Selbstgefährdung besteht.
Beispiel: Ein Ehemann, der unter Alzheimer leidet, muss für zwei
Stunden allein in der Wohnung bleiben, weil die Ehefrau in der Zeit
einen Arzttermin wahrnehmen muss. Er würde immer wieder die Wohnung
verlassen, die direkt an einer verkehrsreichen Straße liegt. Es bleibt
der Ehefrau nichts anderes übrig, als ihn in der Wohnung für diese Zeit
einzuschließen. Durch die verkehrsreiche Straße ist eine gegenwärtige,
unmittelbare und konkrete Gefahr gegeben.
Nur wenn diese Faktoren zutreffen, dürfen Sie als Angehörige freiheitsentziehende Maßnahmen durchführen.
Zudem müssen weitere Bedingungen erfüllt werden:
- Die Maßnahmen müssen zeitlich begrenzt bleiben.
- Sie müssen die einzige Möglichkeit sein, die Gefahr abzuwenden und somit dem Wohl des Betreffenden dienen.
- Der Nutzen der Freiheitsentziehung muss größer sein als der mögliche Schaden.
- Die ergriffene
freiheitsentziehende Maßnahme muss die geringstmögliche sein, also die,
die am wenigsten die Freiheit einschränkt.
Wenn es dann doch notwendig wird, freiheitsentziehende Maßnahmen anzuwenden, sollten Sie unbedingt Folgendes beachten:
- Wenn Sie
Fixierungsmaßnahmen durchführen, nehmen Sie nur solche
Fixierungshilfsmittel, die für diesen Zweck zugelassen sind. Benutzen
Sie auf keinen Fall Eigenkonstruktionen, wie etwa Gürtel oder Seile.
- Achten Sie darauf,
Fixierungen richtig anzulegen, also nicht zu eng am Körper aber auch
nicht zu weit. Bei unsachgemäßer Anwendung kann es zu erheblichen
Verletzungen bis hin zum Tod des Fixierten kommen.
- Wenn der Betreffende
fixiert ist, schauen Sie regelmäßig nach ihm und geben ihm die
notwendige Betreuung. Lassen Sie ihn nie lange allein.
Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen
Bedenken Sie als Angehörige ebenfalls, dass es auch Alternativen gibt. Fixierende Maßnahmen sollten immer als letztes Mittel
angewendet werden, nach Möglichkeit überhaupt nicht!
Folgende Alternativen können überlegt werden:
- Erkundigen
Sie sich in
Ihrer Umgebung, ob es Betreuungsmöglichkeiten für Ihren Angehörigen
gibt, etwa eine Tagespflegeeinrichtung, einen Nachbarschaftsverein oder
Ähnliches. So ließe sich ggf. eine stundenweise Betreuung in der
Wohnung oder auch in einer Einrichtung realisieren.
- "Verschleiern" Sie Ihre
Haustür. Sie können etwa eine Decke aufhängen, die möglichst die
gleiche Farbe der sie umgebenden Wände hat. Oder Sie stellen einen
Paravent auf.
- Alternativ bringen Sie die
Türklinke anders als gewöhnlich an, sodass sie etwa hochgedrückt statt
heruntergedrückt werden muss, um die Tür zu öffnen.
- Geben Sie Ihrem Angehörigen
ein Smartphone in einer gesicherten Innentasche der Jacke oder des
Mantels mit. Smartphones verfügen in der Regel über eine GPS-Ortung. So
können Sie mit einem speziellen Programm immer überwachen, wo sich der
Betreffende gerade befindet.
- Lassen Sie Hut, Jacke /
Mantel und ggf. den Spazierstock des Angehörigen nicht so
offensichtlich liegen. Manch ein Demenzkranker geht ohne diese
Gegenstände nicht aus dem Haus.
- Bieten Sie Ihrem
Angehörigen Beschäftigungsmöglichkeiten an, so dass er abgelenkt wird
von seinem Bewegungsdrang.
- Gehen Sie regelmäßig spazieren, damit der Demenzkranke seinen Bewegungsdrang auch ausleben kann.
- Legen Sie bei Sturzgefahr
aus dem Bett einfach eine zweite dicke Matratze vor das eigentliche
Bett. Achten Sie auch darauf, bei einem verstellbaren Bett dieses auf
die niedrigste Stufe zu fahren.
- Statten Sie Ihren
Angehörigen mit Hüftschutzprotektoren aus, um einen
Oberschenkelhalsbruch bei einem Sturz zu vermeiden.
- Bei Gangunsicherheiten kann auch zur Stabilisierung ein Kraft- und Balancetraining durchgeführt werden.
- Mittlerweile gibt es auch
technische Hilfen, die einen Alarm auslösen, sobald z.B. ein
Bettlägeriger aufsteht und sein Bett verlassen will. Das wird technisch
mit einer Alarm-Sensormatte mit Steuergerät gelöst. Die Sensormatte
kann etwa im Bett, im Rollstuhl oder im Sessel platziert werden. Sollte
Ihr Angehöriger dann aufstehen, wären Sie schnell in der Lage zu
reagieren. So könnte ggf. auf einen Bauchfixierungsgurt verzichtet
werden.
Darf ich unseren ambulanten Pflegedienst mit der Durchführung freiheitsentziehender Maßnahmen beauftragen?
-
Nein. Der ambulante Pflegedienst darf ohne richterliche Genehmigung
keine freiheitsentziehenden Maßnahmen durchführen. Damit würden sich
die Pflegekraft und der Inhaber des ambulanten Pflegedienstes strafbar
machen.
Wann liegen keine freiheitsentziehenden Maßnahmen vor?
-
Es liegen keine freiheitsentziehenden Maßnahmen vor, wenn der
Pflegebedürftige einsichtsfähig ist und bestimmte Maßnahmen selbst
wünscht. Einsichtsfähigkeit liegt dann vor, wenn der Pflegebedürftige
bei klarem Verstand ist und seine Handlungen realistisch absehen kann.
So kann er bestimmen, dass zur Nacht das Bettgitter hochgezogen werden
soll, weil er sich damit sicherer fühlt vor dem Herausfallen aus dem
Bett.
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Auch bei Menschen, die sich nicht mehr willentlich fortbewegen können
(z.B. bei Koma oder bei Wachkoma), sind solche Maßnahmen rechtlich
unbedenklich. Denn Betroffenen kann die Freiheit gar nicht mehr
entzogen werden.
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Weitere Informationen
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Beratung; Demenz; Betreuung; Fixierung |
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Genereller
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diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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