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Version 2.05d - 2015

Standard "Pflege von Senioren mit Herzschrittmacher"

 
Mit einer umfunktionierten Schuhcremedose begann vor fast einem halben Jahrhundert das Zeitalter der Herzschrittmacher. Heute werden betroffenen Senioren kleine technische Wunderwerke implantiert.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Herzschrittmacher"
Definition:
  • Ein Herzschrittmacher ist erforderlich, wenn ein Bewohner unter Erregungsbildungs- oder unter Erregungsleitungsstörungen leidet. Dieses führt dazu, dass das Herz nicht mehr häufig genug schlägt, um die Sauerstoffversorgung des Körpers sicherzustellen. Die Untergrenze liegt bei rund 40 Schlägen pro Minute.
  • Herzschrittmacher stimulieren durch elektrische Impulse die Herzmuskulatur, erzwingen die Kontraktion und ermöglichen so einen regelmäßigen Herzschlag. Ein permanenter Herzschrittmacher wird dem Patienten operativ im Bereich des großen Brustmuskels implantiert. Die Elektroden werden transvenös dauerhaft im Herz platziert.
  • Bevorzugt werden heute "Demand"-Schrittmacher ("Bedarfsschrittmacher") genutzt. Diese Modelle geben nur dann Impulse ab, wenn innerhalb einer wählbaren Zeitspanne das Herz nicht eigenständig schlägt. Zudem ist es heute möglich, die Vorhöfe und Kammern zeitlich abgestuft anzuregen und so die Vorhofaktion gezielt zur Kammerfüllung zu nutzen ("Zweikammerschrittmacher").
  • Einige Herzschrittmacher haben eine eingebaute Defibrillatorfunktion. Damit kann also eine ventrikuläre Tachykardie oder Kammerflimmern therapiert werden. Der Bewohner spürt den Stromstoß ähnlich wie einen kräftigen Faustschlag auf den Brustkorb.
  • Moderne Geräte können die aktuelle körperliche Belastung abschätzen, indem sie die Atmung und die Bewegungsaktivität erfassen. Die Pulsfrequenz wird dann innerhalb der vorgegebenen Grenzwerte angepasst.
  • Ein moderner Herzschrittmacher ist wenige Zentimeter groß und hat eine Laufzeit von durchschnittlich 8 Jahren. Der Eingriff ist vergleichsweise einfach und dauert rund 30 Minuten. Er erfolgt i. d. R. unter Lokalanästhesie, seltener unter Vollnarkose. Erst vier bis sechs Wochen nach der Operation sind der Schrittmacher und die Elektroden vollständig eingeheilt.
  • In Deutschland leben rund 200.000 Menschen mit einem Herzschrittmacher. Das Durchschnittsalter bei der Erstimplantation beträgt derzeit 75 Jahre.
  • Für die meisten Senioren führt die Implantation eines Schrittmachers zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität. Insbesondere steigert sich die körperliche Leistungsfähigkeit nach dem Eingriff i. d. R. deutlich.
Grundsätze:
  • Wir stehen der technischen Entwicklung positiv gegenüber. Wir sind uns bewusst, welchen Gewinn an Lebensqualität ein Herzschrittmacher für Betroffene mit sich bringen kann.
  • Wir nehmen aber gleichzeitig auch alle Bedenken ernst, die ein Bewohner äußert. Dazu zählen insbesondere Ängste vor einem unnötig in die Länge gezogenen Sterbeprozess.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen und besprechen sorgfältig jede potenziell schädliche Maßnahme.
  • Wenn sich der Gesundheitszustand eines Bewohners verschlechtert, wird umgehend der Arzt / Notarzt gerufen.
Ziele:
  • Die Lebensqualität des Bewohners wird gesteigert.
  • Der Bewohner gewinnt an Selbstvertrauen. Unnötige Ängste werden vermieden.
  • Fehlfunktionen und andere Komplikationen werden schnell bemerkt.
Vorbereitung: Gefahr durch elektrische Felder
  • Wir empfehlen dem Bewohner, starke elektrische Felder zu meiden, etwa Diebstahlsicherungsanlagen, elektrische Weidezäune, hydroelektrische Vollbäder, Reizstromgeräte oder Magnetfeldtherapien.
  • Von Mobiltelefonen oder von Smartphones geht i. d. R. keine Gefahr aus. Der Bewohner sollte es aber an das Ohr halten, das dem implantierten Herzschrittmacher gegenüberliegt. Zudem sollte er das eingeschaltete Telefon oder Smartphone nicht in der Hemd- oder Jackentasche tragen, die sich in der Nähe des Schrittmachers befindet.
  • Elektrische Zahnbürsten, Rasierapparate, Lockenstäbe oder der Haarföhn gelten als unbedenklich.
  • Bei anderen Geräten stellt der Bewohner sicher, dass diese nicht näher als 20 Zentimeter an den Herzschrittmacher heran geführt werden. Dieses gilt für Toaster, Waschmaschinen, Spülmaschinen, Trockner, elektrische Dosenöffner usw.
  • Zu Mikrowellen und Induktionsherden sollte eine Distanz von mindestens 50 Zentimetern gehalten werden. Der Bewohner sollte sich ebenfalls nicht direkt vor große Lautsprecherboxen stellen.
  • Bewohner mit Herzschrittmacher dürfen niemals in einem Kernspintomografen untersucht werden.

Bereiche, die ein Träger eines Herzschrittmachers nicht betreten sollte, sind mit diesem Warnzeichen gekennzeichnet.
Weitere Maßnahmen
  • Wir achten darauf, dass der Bewohner stets den Schrittmacherausweis bei sich trägt, wenn er sich außerhalb der Einrichtung bewegt.
  • Alle behandelnden Ärzte werden darüber informiert, dass der Bewohner einen Herzschrittmacher trägt, also etwa auch Zahnärzte.
  • Der Bewohner sollte auf das Tragen von schweren Taschen u. Ä. verzichten.
  • In den ersten Wochen nach dem Eingriff darf der Bewohner den betroffenen Arm nicht über Schulterhöhe anheben. Daraus ergeben sich verschiedene Selbstversorgungsdefizite etwa bei der Körperpflege. Wir bieten dem Bewohner daher entsprechende Hilfe an.
  • Wenn bei dem Bewohner eine Fixierung notwendig sein sollte, halten wir den Magnetschlüssel mindestens zehn Zentimeter vom Herzschrittmacher entfernt. Alternativ kann ein herkömmliches Steckschloss genutzt werden.
Durchführung: Kontrollen
  • Falls der Bewohner vor dem Entfernen der Fäden aus dem Krankenhaus entlassen wurde, erfolgt täglich ein aseptischer Verbandswechsel.
  • Die Operationsnarben werden regelmäßig auf Veränderungen untersucht, insbesondere auf Schwellungen, auf Rötungen usw.
  • Das Auftreten von Fieber wird dem Arzt zeitnah mitgeteilt.
  • Zur täglichen Kontrolle des Herzschrittmachers sollte der Puls eine volle Minute lang gezählt werden. Der Arzt ist zu informieren, wenn die Herzfrequenz unter die eingestellte Schrittmacherfrequenz fällt. Auch Pausen von mehr als zwei Sekunden zwischen zwei Schlägen sind ein Warnzeichen, insbesondere wenn diese von Schwindel oder von Bewusstlosigkeit begleitet werden.
  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner alle Nachsorgetermine wahrnimmt; also i. d. R. alle sechs Monate.
Versagen des Schrittmachers
Fehlfunktionen des Schrittmachers wie etwa Elektrodenbrüche, Elektrodenverschiebungen oder Batterieerschöpfung sind vergleichsweise selten. Treten solche Störungen aber dennoch auf, ist das Leben des Bewohners in Gefahr. Verschiedene Symptome können auf ein Versagen des Herzschrittmachers hindeuten, insbesondere:
  • Herzklopfen
  • Herzrasen
  • Atembeschwerden
  • Schwindel
  • Synkopen
  • Ödeme an den Beinen
  • anhaltender Schluckauf
  • Ohnmacht
psychosoziale Betreuung
  • Viele Bewohner empfinden den Schrittmacher als Fremdkörper und benötigen eine gewisse Zeit, um die Veränderungen zu begreifen. Wir stehen unseren Bewohnern jederzeit für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.
  • Viele (zumeist sehr alte) Bewohner äußern die Befürchtung, dass der Schrittmacher sie auf widernatürliche Weise am Leben erhält und ein menschenwürdiges Sterben verhindert. Ggf. sollte der Bewohner rechtzeitig über eine Deaktivierung des Schrittmachers oder Defibrillators in der Sterbephase mit dem behandelnden Arzt sprechen und oder in der Patientenverfügung festhalten.
  • Andere Senioren sind beunruhigt, weil ihr Leben nun von einem technischen Gerät abhängt und sie eine Fehlfunktion befürchten. Im Dialog versuchen wir, diese Bedenken zu zerstreuen.
  • Falls gewünscht stellen wir den Kontakt zu Selbsthilfegruppen her.
Nachbereitung:
  • Alle Beobachtungen werden im Berichtsblatt dokumentiert.
  • Alle relevanten Veränderungen werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt.
  • Die Pflegeplanung wird regelmäßig aktualisiert und auf Umsetzbarkeit kontrolliert. Es ist insbesondere damit zu rechnen, dass sich durch den Schrittmacher die Mobilität verbessert und der Hilfebedarf sinkt.
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Fragen an den Arzt / ärztliche Verordnungen
  • Vitaldatenblatt
  • Pflegenachweis
  • Flüssigkeitsbilanzierung / Trinkprotokoll
  • Mobilisierungs- und Bewegungsplan
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Herzrhythmusstörung; Herzschrittmacher
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