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Version 2.05f - 2015

Standard "Beobachtung der Atmung"

 
Abweichungen von der normalen Atmung können auf verschiedene Krankheiten hinweisen. Daher sollten alle Pflegekräfte in der Lage sein, die Atmung eines Senioren anhand einheitlicher Kriterien zu beschreiben und Gesundheitsgefahren rechtzeitig zu erkennen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Beobachtung der Atmung"
Definition:
  • Gemeinsam mit dem Puls, dem Blutdruck und der Körpertemperatur zählt die Atmung zu den wichtigsten Vitalzeichen jedes Menschen. Sie muss sorgfältig überwacht werden, da Abweichungen vom Normzustand Rückschlüsse auf krankhafte Veränderungen erlauben.
  • Die Beobachtung der Atmung umfasst verschiedene Kriterien, insbesondere die Atemfrequenz, die Atemvolumina, die Atemintensität, den Atemrhythmus, Atemgeräusche und den Atemgeruch.
  • Ein Mensch atmet normalerweise unbewusst, da die Atmung automatisch vom Atemzentrum im Hirnstamm gesteuert wird. Die Atemtiefe und der Atemrhythmus sind gleichmäßig. Die Geräuschentwicklung ist gering. Ein Geruch ist nicht feststellbar. Der Mensch atmet durch die Nase.
  • Eine unzureichende Atmung führt im Körper zu einer Verminderung des Sauerstoffgehalts mit ggf. tödlichen Folgen. Wenn dem Körper durch eine zu schnelle oder zu tiefe Atmung übermäßig viel Sauerstoff zugeführt wird, kommt es oftmals zu einer Hyperventilation. Betroffene erleiden ggf. Wahrnehmungsstörungen bis hin zu einer kurzen Bewusstlosigkeit.
Grundsätze:
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen. Dieser kann die Atmung des Bewohners nur für jeweils wenige Minuten beobachten. Da nur wir den Bewohner im alltäglichen Umfeld erleben, sind unsere Beobachtungen unverzichtbar für eine wirksame Therapie.
Ziele:
  • Krankhafte Veränderungen der Atmung werden rechtzeitig erkannt.
  • Die Veränderungen werden korrekt ermittelt, beschrieben und dokumentiert.
  • Der behandelnde Arzt erhält verlässliche Informationen, die ihm die Auswahl der Therapie erleichtern. Er ist in der Lage, den Therapieerfolg zu beurteilen.
Vorbereitung: Indikation
Wir führen eine gezielte Atembeobachtung unter verschiedenen Bedingungen durch:
  • direkt nach dem Einzug eines neuen Bewohners im Rahmen der Pflegevisite
  • täglich bei allen Bewohnern, die unter Erkrankungen oder sonstigen Schäden im Bereich der Lunge oder des Herzkreislaufsystems leiden
  • täglich bei allen Bewohnern, die mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt werden
  • täglich bei allen Bewohnern, die Medikamente mit potenziell atemdepressiven Nebenwirkungen erhalten. Insbesondere Opioide können die Atmung dämpfen.
  • täglich bei komatösen oder bei beatmeten Bewohnern
Informationssammlung
Wir stellen im Dialog mit dem Bewohner alle Informationen zusammen, die Auswirkungen auf die Atmung haben könnten.
  • Berichtet der Bewohner über Probleme bei der Atmung, also etwa über Schmerzen oder über ein Gefühl, nicht ausreichend Luft zu bekommen?
  • Klagt der Bewohner darüber, dass er häufiger husten muss und Schleim ausspuckt?
  • Hört der Bewohner Atemgeräusche? Also ein Quietschen, ein Brodeln oder ein Zischen?
  • Fühlt sich der Bewohner häufiger atemlos? Wie und wann macht sich die Atemlosigkeit bemerkbar? Welche Faktoren verschärfen die Situation?
  • Leidet der Bewohner unter chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen, Asthma bronchiale oder einem Lungenemphysem? Hat der Bewohner bereits eine Lungenembolie erlitten? Litt er bereits einmal unter einer Pneumonie oder unter einem Lungenkarzinom?
  • Nimmt der Bewohner Medikamente ein, die die Atmung beeinflussen? Führt er Inhalationen durch?
  • Muss der Bewohner Bettruhe halten?
  • Hat der Bewohner ein Tracheostoma?
  • War der Bewohner in seinem beruflichen Leben Giftstoffen ausgesetzt?
  • Raucht der Bewohner oder hat er in der Vergangenheit geraucht? Wie groß ist oder war der Tabakkonsum?
  • Welche Strategien hat der Bewohner entwickelt, um Atemnot zu überwinden?
  • Sind Allergien bekannt, die auch zur Atemnot führen können?
  • Leidet der Bewohner unter Übergewicht?
Weitere Maßnahmen:
  • Wir halten ein Stethoskop bereit. Dieses erlaubt eine genauere Differenzierung bei der Bestimmung von Atemgeräuschen.
Durchführung: Atemfrequenz
  • Atemfrequenz
    • Die Atemfrequenz ist die Anzahl der Atemzüge, die der Bewohner innerhalb einer Minute durchführt. Erwachsene atmen 16 bis 20 Mal pro Minute.
  • Tachypnoe
    • Wenn die Frequenz über 20 Atemzüge pro Minute beträgt, liegt eine beschleunigte Atmung vor (sog. "Tachypnoe). Im Extremfall kann die Frequenz auf über 100 ansteigen.
    • Eine Tachypnoe kann unbedenkliche Ursachen haben, etwa körperliche Aktivität oder eine warme Umgebung (Sommerhitze, heißes Bad oder Sauna). Sie tritt auch auf bei großer Freude, Angst oder Aufregung.
    • Eine beschleunigte Atmung ist oftmals aber auch die Folge einer körperlichen Schädigung oder Erkrankung. Beispiele: Schmerzen, Fieber, Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen oder Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen). Sie tritt auch auf bei Schock etwa als Folge eines hohen Blutverlustes.
  • Bradypnoe
    • Wenn ein Bewohner weniger als 12 Atemzüge pro Minute ausführt, liegt eine verlangsamte Atmung vor (sog. "Bradypnoe").
    • Verschiedene unbedenkliche Faktoren können die Atemfrequenz absenken, etwa Schlaf, tiefe Entspannung, Meditation oder autogenes Training.
    • Eine verlangsamte Atmung kann aber auch auf ernst zu nehmende Krankheiten hinweisen, etwa eine Schädigung des zentralen Nervensystems (etwa durch einen Tumor, eine Blutung, eine Entzündung oder ein Schädel-Hirntrauma), Vergiftungen (etwa mit Benzodiazepinen) oder Stoffwechselerkrankungen (etwa einer Schilddrüsenunterfunktion).
  • Apnoe
    • Das Fehlen der Atmung wird "Apnoe" oder Atemstillstand genannt.
    • Der Sauerstoffmangel führt innerhalb von drei bis fünf Minuten zu ggf. irreversiblen Schädigungen und zum Versterben.
  • Die Messung der Atemfrequenz erfolgt unbemerkt vom Bewohner. Wenn der Bewohner weiß, dass seine Atemzüge gezählt werden, wird sich dieses bewusst oder unbewusst auf seine Atmung auswirken. Viele Senioren atmen dann besonders tief ein, weil sie dieses vom Arztbesuch kennen. Wir integrieren daher diese Maßnahme in die Pulsmessung. In der ersten Minute wird der Puls ermittelt. Danach hält die Pflegekraft die Hand des Bewohners eine weitere Minute, zählt aber innerhalb dieser Zeitspanne nicht die Pulsschläge, sondern die Atemzüge.
  • Im Ausnahmefall kann die Erfassung der Atemfrequenz auch im Schlaf erfolgen. Allerdings ist die Atemfrequenz bei gesunden, schlafenden Menschen i.d.R. niedriger. Obendrein könnte der Bewohner aufwachen und sich erschrecken.



  • Bei komatösen Bewohnern ist die Atmung oftmals so flach, dass diese nicht zuverlässig beobachtet werden kann. Daher legt die Pflegekraft eine Hand an das Brustbein und den Rippenrand oder auf die Flanke. Auch hier werden die Atemzüge über einen Zeitraum von 60 Sekunden gezählt.
Atemtiefe
  • Eine oberflächliche Atmung ist als Schonatmung oft die Folge von Schmerzen im Brustkorb.
  • Eine vertiefte Atmung resultiert z.B. aus einer Bewusstlosigkeit oder aus der Einnahme von Schlafmitteln.
  • Die Steigerung der Luftmenge pro Atemzug ist eine zusätzliche Möglichkeit des Körpers, um einen erhöhten Sauerstoffbedarf zu decken.
  • Ein gesunder Mensch im Ruhezustand atmet pro Atemzug ca. einen halben Liter Luft ein und wieder aus, bei 14 bis 16 Atemzügen pro Minute also rund siebeneinhalb Liter.

Atemrhythmus
  • Ein gesunder Mensch atmet in einem gleichmäßigen Rhythmus. Die Ausatmungsphase dauert rund zweimal so lange wie die Einatmungsphase.
  • Die Kussmaul-Atmung (auch "Azidose-Atmung") ist die Reaktion des Körpers auf eine stoffwechselbedingte Azidose, die wiederum als Folge eines urämischen oder diabetischen Komas auftreten kann. Die Atmung ist zwar regelmäßig, aber abnormal vertieft. Der Körper wirft damit verstärkt CO2 aus und stabilisiert den zu niedrigen pH-Wert.
  • Die Cheyne-Stokes-Atmung tritt bei schweren Störungen des Atemzentrums auf; also etwa bei Enzephalitis (Gehirnentzündung) oder im Sterbeprozess. Dieses Atemmuster wird als periodisches An- und Abschwellen der Atmung mit anschließenden Pausen definiert. Der Bewohner atmet also zunächst flach, steigert dann die Atemtiefe deutlich und senkt sie wieder ab. Anschließend pausiert die Atmung für bis zu zehn oder mehr Sekunden. Nach dieser Unterbrechung setzt die Atmung (zunächst flach) wieder ein.
  • Die Schnappatmung tritt zumeist in der späten Sterbephase auf, kann aber auch die Folge schwerer Schädigungen des Atemzentrums sein. Der Bewohner schnappt einmal nach Luft, danach pausiert die Atmung. Oftmals tritt zuvor eine Cheyne-Stokes-Atmung auf.
  • Bei einer Biot-Atmung atmet ein Bewohner zunächst tief, kräftig und gleichmäßig. Dann pausiert die Atmung. Ist der Sauerstoffmangel zu groß, wird das Atemzentrum zum erneuten Einatmen angeregt. Diese Atemform tritt auf bei einer Hirndrucksteigerung etwa als Folge einer Meningitis oder nach einem Schädel-Hirn-Trauma mit Hirnblutung.
Atemintensität
  • Bei einer Hyperventilation ist die Atemintensität gemessen am tatsächlich erforderlichen Gasaustausch zu hoch. Es wird zu viel Kohlendioxid abgeatmet. Dieser Prozess lässt den pH-Wert im Blut steigen und bindet vermehrt die Kalziumionen im Blut. Bewohner berichten dann häufig über ein "Kribbeln um den Mund". Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Verkrampfung der Muskulatur. Die Hände befinden sich in der typischen "Pfötchenstellung".
  • Hyperventilation ist häufig die Folge von Stoffwechselerkrankungen, Schädigungen des ZNS, Herz- und Lungenerkrankungen, oft auch psychischer Angst und Erregung sowie von Fieber.
  • Bei einer Hypoventilation ist die Atmung zu flach und/oder die Atemfrequenz zu gering. Der Kohlendioxidspiegel im Blut steigt, während der Sauerstoffgehalt abnimmt. Die Lungenbläschen werden nicht mehr ausreichend belüftet. Ggf. bilden sich in der Lunge Bereiche, die nicht mehr belüftet werden. Diese sog. "Atelektasen" sind häufig der Ausgangspunkt für eine Pneumonie.
  • Hypoventilation wird ausgelöst durch Schonatmung bei Bauch- oder Brustschmerzen, etwa nach operativen Eingriffen. Weitere Auslöser sind Störungen des Atemzentrums, der Atemmuskulatur, der Atemwege oder der Lunge. Bei hochbetagten Senioren ist eine Hypoventilation oft die unvermeidliche Folge des körperlichen Abbaus.
Atemtyp
  • Ein Mensch kann zwei Muskelgruppen für die Atmung nutzen. Es werden daher auch zwei Atemtypen unterschieden:
  • Bei der Brustatmung (auch "Kostal-" oder "Thorakalatmung") wird die Lunge hauptsächlich von Zwischenrippenmuskeln gedehnt und komprimiert. In der Folge hebt und senkt sich der Brustkorb sichtbar. Die meisten Frauen atmen auf diese Weise. Die Brustatmung kann aber auch als Schonatmung nach einer Bauchverletzung oder nach einem operativen Eingriff in diesem Körperbereich genutzt werden.
  • Bei der Bauchatmung (auch "Abdominal-" o

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Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Atmung; Lunge; Sauerstoff; Beatmung
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