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© pqsg 2008 |
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Standard "Wahrung
der Intimsphäre" |
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Manch Heimbewohner mag sich vorkommen, als
wäre er unfreiwilliger Insasse bei der TV-Show "Big Brother".
Keine noch so intime Betätigung bleibt den Blicken der
Pflegekräfte und Mitbewohner verborgen. Selbst "Aktivitäten
unter der Bettdecke" oder die Pornoheftsammlung im Schrank kommt
irgendwann ans Tageslicht. Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihren
Senioren ein möglichst großes Stück privaten Lebensraum erhalten
können. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert
und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
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Standard
"Wahrung der Intimsphäre" |
Definition: |
Die Intimsphäre
beschreibt einen privaten Lebensraum bzw. die intime Lebenswelt eines
einzelnen Menschen, eines Paares oder einer kleinen Personengruppe.
Dieser private Bereich wird gegenüber Außenstehenden zumeist
abgeschottet und vor Einblicken geschützt.
Das enge Zusammenleben in einem Pflegeheim bedeutet für alle Bewohner,
dass die Intimsphäre nicht immer vollständig gewahrt bleiben kann. Wir
haben es uns daher zur Aufgabe gemacht, die Eingriffe auf das
Notwendigste zu begrenzen. |
Grundsätze: |
- Die Wahrung einer angemessenen Intimsphäre
ist ein elementares Menschenrecht.
- Eine akzeptierende Grundhaltung im Umgang mit
Bewohnern ist die zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche
Pflege.
- Wir halten stets eine professionelle Distanz
zum Bewohner.
- Wir sind kein Krankenhaus, und unsere
Bewohner sind nicht zu Besuch. Unser Pflegeheim ist für unsere
Bewohner das Zuhause. Dieses ist stets zu beachten.
- Sexuelles Verlangen erlischt auch im Alter
nicht und ist ein natürliches Element menschlicher Existenz.
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Ziele: |
- Der Bewohner spürt, dass wir seine Probleme
ernst nehmen.
- Die Intimsphäre des Bewohners bleibt wann
immer möglich gewahrt.
- Mitbewohner werden davor geschützt, ungewollt
Augen- oder Ohrenzeuge intimer Handlungen zu werden.
- Die individuellen Grenzen der Intimsphäre
jedes Bewohners sind bekannt.
- Alle Mitarbeiter sind für die Problematik
sensibilisiert.
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Vorbereitung: |
- Bei jeder Neuaufnahme eines Bewohners
versuchen wir zu erkunden, in welchem Maß dieser auf Wahrung seiner
Intimsphäre bedacht ist. Relevante Faktoren sind dabei etwa die
Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung usw. Wir klären
insbesondere, wie der Bewohner erzogen wurde und wie er bislang
lebte, also etwa konservativ oder liberal.
- Wir bereiten unsere Pflegekräfte darauf vor,
dass sie mit sexuellen Wünschen von Bewohnern konfrontiert werden
können. Wir erläutern, wie sie klare Grenzen setzen können. Dieses
kann etwa durch Teambesprechungen, Schulungen oder Rollenspiele
vermittelt werden.
- Wir weisen alle Mitarbeiter in das
Vier-Zonen-Modell zwischenmenschlichen Abstandes ein:
- Intimbereich, also weniger als ein halber
Meter Abstand: Dieser Bereich ist zumeist den eigenen Kindern
sowie dem Lebenspartner vorbehalten. Wir "dringen" in diese Zone
nur ein, wenn dieses für wichtige Pflegemaßnahmen notwendig ist.
- persönlicher Bereich, also 50 bis 100 cm.
Diese Zone ist zumeist guten Freunden und weiteren
Familienmitgliedern vorbehalten. Dieser Bereich ist auch für
Pflegekräfte erlaubt, insbesondere dann, wenn diese schon seit
Jahren den Bewohner kennen.
- gesellschaftliche Zone, also ein Meter
bis dreieinhalb Meter Abstand: In diesem Bereich bleiben
Mitbewohner etwa bei Feiern oder Versammlungen.
- öffentliche Zone, also dreieinhalb Meter
und mehr: Diese Zone spielt im (gedrängten) Heimleben zumeist
keine Rolle.
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Durchführung: |
Allgemeines |
In allen unseren Standards zu
allgemeinen Pflegemaßnahmen wird der Wahrung der Intimsphäre ein großer
Stellenwert eingeräumt. Diese Vorgaben werden sorgfältig beachtet.
Dieses beinhaltet vor allem, den Bewohner bei der Körperpflege u.Ä. vor
den Blicken von Unbeteiligten zu schützen. Ergänzend wird beachtet:
- Die Bettdecke wird nicht ohne vorherige
Ankündigung weggezogen.
- Viele Pflegehandlungen können bei Männern
(unbewusst) eine Erektion auslösen. In solchen Fällen sollte die
Pflegekraft die Maßnahme unterbrechen und später fortsetzen.
- Ein nur teilweises Aufdecken von
Körperbereichen während der Körperpflege mindert in vielen Fällen
das Gefühl der Schutzlosigkeit.
- Es ist Bewohnern nicht zuzumuten, wenn die
Intimpflege jeden Tag von einer anderen Pflegekraft durchgeführt
wird. Wir setzen daher konsequent auf das System der Bezugspflege.
- "Tabuzonen" wie etwa der Intimbereich oder
die weiblichen Brüste werden nur nach vorheriger Ankündigung
berührt.
- Wir verwenden bei der Benennung von
Körperteilen stets die korrekten Bezeichnungen, also etwa Scheide,
Penis, Brüste usw. Umgangssprachliche Begriffe werden unterlassen.
- Bei der Mundpflege und beim Eingeben von
Speisen muss stets beachtet werden, dass auch der Mund zu den
"intimen Zonen" gehört.
- Falls gewünscht sollte die Pflege durch gleichgeschlechtliches
Personal geleistet werden.
- Wenn in einem Bewohnerzimmer intime
Pflegemaßnahmen durchgeführt werden, sollte kein anderer Mitarbeiter
den Raum betreten.
- Vor dem Betreten eines Zimmers klopft jede
Pflegekraft an die Tür und wartet auf die Erlaubnis, eintreten zu
dürfen. Vor allem schwerhörige Bewohner können alternativ ein "Bitte
nicht stören"-Schild anbringen. Nur in zwingenden Notfällen betreten
Pflegekräfte ein Bewohnerzimmer ohne vorherige Erlaubnis.
- Die Türen lassen sich auf Wunsch von innen
abschließen. Das Öffnen ist dann nur mit dem Generalschlüssel
möglich.
- Die Zimmertür wird nach dem Verlassen des
Raumes stets geschlossen, sofern der Bewohner nicht ausdrücklich
anderes wünscht.
- Nachttische, Truhen, Schubladen und ähnliche
Behältnisse werden nicht ohne Zustimmung des Bewohners geöffnet.
- Angehörige werden nur dann in die
Körperpflege einbezogen, wenn der Bewohner damit einverstanden ist.
Der Bewohner sollte dabei keinem Druck ausgesetzt werden. Das
Einverständnis sollte folglich einige Tage vorher und in Abwesenheit
der Angehörigen erfolgen.
- Übertriebene Distanz kann vom Bewohner als
Ablehnung seiner Person aufgefasst werden. Dazu zählt insbesondere
das Tragen von Einmalhandschuhen bei Tätigkeiten, bei denen dieses
normalerweise nicht notwendig ist (atemstimulierende Einreibungen,
Massagen usw.).
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Sexualleben |
- Wir richten ein "Liebeszimmer" ein. Dafür
wird ein Raum genutzt, der abseits der stark frequentierten Flure
liegt. Pärchen müssen die Gelegenheit haben, das Zimmer aufzusuchen,
ohne dass dieses von Mitbewohnern bemerkt wird.
- Wir geben auch immobilen Menschen die
Möglichkeit, körperliche Nähe zu erfahren. Sofern dieses beide
Senioren wünschen, werden diese zum Beispiel auf einer Gartenbank
nebeneinander gesetzt.
- Wir dulden keine unsachlichen oder gar
herablassenden Bemerkungen zum Sexualleben von Bewohnern. Dieses
gilt primär für Pflegekräfte aber auch für Mitbewohner. Diese machen
wir im Dialog darauf aufmerksam, dass ihre Kommentare verletzend
sein könnten.
- Wir dulden den Besitz und die Nutzung von
erotischen oder pornografischen Heften, Videos, DVDs usw. Allerdings
sollte ein etwaiger Mitbewohner durch den Konsum nicht gestört
werden.
- Wenn wir Bewohner bei der Durchführung
sexueller Handlungen überraschen, bitten wir um Entschuldigung,
ziehen uns zurück und kehren erst nach einer angemessenen Zeit
wieder zurück. In keinem Fall wird das Verhalten verurteilt oder gar
sanktioniert. Dazu zählen auch gleichgeschlechtliche Sexualkontakte
oder auch Selbstbefriedigung.
- Falls notwendig bieten wir diskret an, bei
der Beschaffung von Hilfsmitteln behilflich zu sein. Dieses kann
etwa eine Gleitcreme sein, die bei Frauen hohen Alters oft notwendig
wird. Ebenso machen wir männliche Bewohner darauf aufmerksam, dass
die Nutzung von Kondomen vor ansteckenden Krankheiten wie etwa AIDS
schützt.
- Wir klären die Bewohner darüber auf, dass
nach sexuellen Handlungen der Intimbereich gesäubert werden sollte.
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Grenzbereiche des Sexuallebens |
Das Recht, die eigene Sexualität
auszuleben, stößt dort an Grenzen, wo andere Menschen belästigt oder
bedrängt werden. Insbesondere bei einer fortschreitenden Demenz wird das
Verhalten oftmals problematisch. Etwa:
- Der Bewohner zeigt exhibitionistisches
Verhalten.
- Der Bewohner befriedigt sich in Anwesenheit
von anderen Menschen selbst.
- Bewohner(innen) werden sexuell bedrängt.
- Der (männliche) Bewohner äußert den Wunsch,
von der (weiblichen) Pflegekraft im Intimbereich ungewöhnlich häufig
oder intensiv gewaschen zu werden.
- Pflegekräfte sind Ziele von verbaler Gewalt.
- Der Fall wird zunächst innerhalb des Teams
thematisiert. Gemeinsam prüfen wir, welche Lösungsstrategien
erfolgreich sein könnten.
- Danach suchen wir zunächst den Dialog mit dem
Bewohner und erläutern ihm, welche Auswirkungen sein Verhalten hat.
- Bei Fällen verbaler Gewalt sollten
Pflegekräfte aktiv werden und nicht bewusst weghören. Dieses würde
nur eine Steigerung des Verhaltens provozieren.
- Sofern der Bewohner keinen Argumenten
zugänglich sein sollte, nehmen wir Kontakt zum behandelnden Hausarzt
auf. Oftmals lässt sich gestörtes Sexualverhalten medikamentös
zumindest dämpfen.
- Wenn der Bewohner für sich oder andere eine
Gefahr darstellt, muss die Verlegung in eine psychiatrische
Fachklinik geprüft werden.
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Nachbereitung: |
- Alle Beobachtungen werden genau dokumentiert.
Die Beschreibung erfolgt wertfrei. Wir achten insbesondere auf
Veränderungen im Verhalten des Bewohners.
- Pflegekräfte, deren "innere Energie"
verbraucht ist, sollten dieses der Pflegedienstleitung mitteilen und
nicht etwa warten, bis ein "Burn Out" eintritt. Wenn eine
Bezugspflegekraft mit der Betreuung "ihres" Bewohners überfordert
ist, prüfen wir, ob ein Wechsel notwendig ist.
- Der Zustand des Bewohners wird regelmäßig in
Fallbesprechungen thematisiert.
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Dokumente: |
- Pflegebericht
- Pflegeplanung
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Verantwortlichkeit /
Qualifikation: |
- Pflegefachkräfte
- Pflegehilfskräfte
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Intimsphäre; Sexualität |
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Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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