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Version 2.07c - 2015 |
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Standard "akutes Nierenversagen" |
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"Sie
müssen mehr trinken". Selbst das gebetsmühlenartige Wiederholen der
Aufforderung fruchtet bei vielen Senioren nicht. Häufige Folge dieser
Minderversorgung ist ein akutes Nierenversagen. Unser Standard zeigt,
auf welche Symptomatik Pflegekräfte achten müssen. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar.
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Standard "akutes Nierenversagen" |
Definition:
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- Ein akutes Nierenversagen (ANV) ist eine
plötzlich auftretende, zumeist reversible Niereninsuffizienz, die mit
einem Rückgang der Urinmenge auf weniger als 500 ml pro Tag verbunden
ist. Innerhalb von wenigen Stunden oder Tagen kommt die Nierenfunktion
weitgehend oder vollständig zum Stillstand.
- In der Folge steigt die Konzentration von
harnpflichtigen Substanzen im Blut. Diese Abfallprodukte des Körpers
werden normalerweise über die Nieren ausgeschieden. Jetzt sammeln sie
sich im Blut an und treten in das Gewebe über. Unterbleibt eine
Behandlung, erleidet der Bewohner eine Urämie, also eine Vergiftung des
Körpers mit harnpflichtigen Substanzen.
- Je nach Ort der Schädigung werden verschiedene Formen des akuten Nierenversagens unterschieden:
- Bei vier von fünf Betroffenen liegt ein
prärenales Nierenversagen vor. Das Organversagen ist oft die Folge
eines hohen Blutverlusts, eines kardiogenen Schocks oder einer
Blutvergiftung (Sepsis). Die häufigste Ursache des akuten
Nierenversagens bei alten Menschen ist jedoch Flüssigkeitsmangel.
Dieser tritt beispielsweise auf, wenn der Betroffene unter Diarrhö,
unter Erbrechen oder unter Fieber leidet und die Flüssigkeitsverluste
nicht entsprechend ausgleicht.
- Ursächlich für ein renales Nierenversagen
sind oftmals entzündliche Prozesse, etwa bei einer Glomerulonephritis
oder bei einer interstitiellen Nephritis. Zu den möglichen Ursachen
zählen auch Giftstoffe oder Medikamente, die die Niere direkt schädigen.
- Liegt ein Verschluss der ableitenden Harnwege
vor, spricht man von einem postrenalen Nierenversagen. Eine
Prostatahypertrophie, Harnleitersteine oder gynäkologische Tumore
lassen den Harn anstauen, der wiederum die Nieren schädigt.
- Die Ausprägung und die Stärke der Symptomatik entwickeln sich abhängig vom Verlauf der Erkrankung.
- Die Initialphase verläuft häufig weitgehend
asymptomatisch. Die nachlassende Urinproduktion bleibt oft unbemerkt.
Diese Phase dauert Stunden bis einige Tage.
- In der oligo- oder anurischen Phase lässt die
Urinproduktion nach. Diese Phase dauert zumeist rund 10 Tage. Möglich,
aber selten sind Zeitspannen von 2 Tagen bis zu 9 Monaten.
- In der polyurischen Phase setzt die
Urinproduktion wieder ein und steigert sich auf bis zu fünf, ggf. zehn
Liter pro Tag. Es besteht dann das Risiko einer Exsikkose und der
Entgleisung des Elektrolythaushaltes. Dieses Stadium hält einige Tage,
zumeist aber rund drei Wochen an.
- In den folgenden Monaten bis zwei Jahren erlangt die Niere ihre Funktionsfähigkeit teilweise oder vollständig zurück.
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Grundsätze:
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- Im Verlauf des Sterbeprozesses kommt es fast
immer zum vorherigen Versagen der Nieren. Nicht jedes akute
Nierenversagen rechtfertigt daher intensivmedizinische Maßnahmen. Das
Vorgehen muss immer ethisch und rechtlich abgewogen werden. Relevant
sind dabei insbesondere zwei Fragen: Befindet sich der Bewohner
tatsächlich im Sterbeprozess? Gibt es eine schriftliche
Patientenverfügung, die eine Krankenhauseinweisung samt
lebenserhaltender Maßnahmen ausschließt?
- Sofern sich der Bewohner nicht im Sterbeprozess
befindet, handelt es sich beim akuten Nierenversagen um einen Notfall.
Beim Vorliegen von relevanten Verdachtsmomenten wird ein Notarzt
informiert und die Krankenhauseinweisung vorbereitet.
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Ziele:
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- Ein akutes Nierenversagen wird schnell und korrekt erkannt. Der Bewohner erhält zeitnah die erforderliche ärztliche Versorgung.
- Komplikationen werden vermieden.
- Der Bewohner erholt sich so gut wie möglich von den Folgen des Nierenversagens.
- Die Vorgaben einer Patientenverfügung (sofern vorhanden) werden beachtet.
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Vorbereitung: |
Allgemeine Maßnahmen:
- Wir prüfen, ob eine Patientenverfügung
vorliegt. Ggf. suchen wir den Dialog mit dem Bewohner, seinen
Angehörigen und dem behandelnden Hausarzt. Im Sterbeprozess kommt es
häufig zur Polyurie (krankhaft erhöhte Urinausscheidung), zur Oligurie
(Verminderung der Urinausscheidung) oder zur Anurie (nahezu keine
Urinausscheidung). Diese Symptome deuten auf ein akutes Nierenversagen.
In solchen Fällen wird normalerweise ein Notarzt gerufen, der wiederum
fast immer die Krankenhauseinweisung anordnet. Letztlich stirbt der
Bewohner dann im Krankenhaus, obwohl er in einer Patientenverfügung
ggf. ein anderes Vorgehen angewiesen hat.
Symptome
- Wir achten auf Symptome, die auf ein akutes
Nierenversagen schließen lassen. Dieses gilt insbesondere für Bewohner,
bei denen aufgrund des Krankheitsbilds oder des Konsumverhaltens ein
akutes Nierenversagen zu befürchten ist.
- Die Trinkmenge des Bewohners ist unverändert.
Dieser scheidet dennoch wenig oder gar keinen Harn aus. (Hinweis: Bei
30 Prozent der Betroffenen ist die Harnausscheidung nicht spürbar
verändert. Es kommt aber zu einem Konzentrationsanstieg der
harnpflichtigen Substanzen.)
- Der Blutdruck ist erhöht (Hypertonie). Die Halsvenen sind gestaut.
- Es bilden sich Ödeme als Folge der
unzureichenden Ausscheidung. Diese werden besonders gut sichtbar an den
Händen, an den Beinen sowie im Bereich der Augenlider. Wenn der
Bewohner liegt, kommt es überdies zu Ödemen, die an den Flanken
sichtbar werden.
- Im weiteren Verlauf bilden sich Ödeme in der
Lunge, die das charakteristische Symptombild auslösen. Beim Abhören der
Lunge ist dann ein Rasseln hörbar. Der Bewohner klagt über Luftnot.
- Als Folge der zunehmenden Ansammlung von
harnpflichtigen Substanzen erleidet der Bewohner eine Urämie
(Harnvergiftung). Der Pflegebedürftige riecht nach Urin. Er klagt über
Übelkeit und muss sich erbrechen.
- Es kommt zu einer Bewusstseinseintrübung; etwa
als Folge eines Hirnödems. Der Bewohner ist komatös. Unterbleibt in
diesem Stadium eine Behandlung, ist das Leben des Bewohners in akuter
Gefahr.
- Auf der Haut sind kleine Kristalle sichtbar.
Die Haut ist trocken, schuppig und gelb-grau. Der Bewohner klagt über
quälenden Juckreiz.
- Es kommt zur Anämie (Blutarmut).
- Es kommt zu Herzrhythmusstörungen (Angst
auslösendes "Herzstolpern") als Folge der Hyperkaliämie, also einem
Anstieg der Kaliumkonzentration im Blut.
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Durchführung:
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Maßnahmen
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- Die Pflegekraft alarmiert den Notarzt und bleibt danach beim Bewohner. Der Bewohner wird (soweit möglich) beruhigt.
- Bei Herz-Kreislauf-Stillstand wird der Bewohner
reanimiert. Die Reanimation wird fortgesetzt, bis der Notarzt
eingetroffen ist oder das Herz des Bewohners wieder schlägt.
- Der Bewohner wird ins Bett gebracht.
- Die Vitaldaten werden ermittelt, insbesondere Puls, Blutdruck, Atmung und Bewusstseinslage.
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Zusammenstellen der Informationen
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Direkt nach
dem Notruf stellt eine Pflegekraft alle relevanten Informationen
zusammen, die für die weitere Behandlung des Bewohners relevant sein
könnten, insbesondere:
- Wir informieren den Notarzt über bereits bekannte Schädigungen der Nieren.
- Wir stellen eine Liste der Medikamente
zusammen, die der Bewohner in den letzten Stunden und Tagen eingenommen
hat. Relevant sind insbesondere Antibiotika sowie Zystostatika.
- Wir prüfen, ob der Bewohner wissentlich oder unwissentlich eine Überdosis an Schlafmitteln konsumiert hat.
- Wir sammeln Informationen über relevante
Grunderkrankungen etwa Blasen- und Nierenentzündungen, Bluthochdruck
oder Diabetes mellitus.
- Wir suchen den Personalausweis, die KV-Karte, den Allergiepass usw.
- Falls Zeit bleibt, wird der Standard "Krankenhauseinweisung" abgearbeitet.
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Weitere Maßnahmen
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- Bei Ankunft des Rettungstransportwagens und des Notarztes wird der Arzt ausführlich eingewiesen.
- Die Dokumente werden übergeben.
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Nachbereitung: |
Nach Abfahrt des Bewohners im Rettungstransportwagen
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- Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
- Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
- Ggf. werden die Angehörigen informiert.
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Prognose
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- Die weitere Behandlung des akuten
Nierenversagens ist abhängig von der auslösenden Grunderkrankung. Falls
der Zustand länger anhalten sollte, muss vorübergehend eine
Dialysebehandlung erfolgen.
- Die Überlebenschancen sind abhängig von der Art
und der Dauer der Nierenschädigung, dem Alter und dem Allgemeinzustand
des Bewohners. Sie liegen durchschnittlich bei 50 Prozent. Dabei ist i.
d. R. nicht die ausgefallene Nierenfunktion todesursächlich, sondern
die auslösende Grunderkrankung; also etwa ein Herzinfarkt.
- Sofern es gelingt, den allgemeinen
Gesundheitszustand zu stabilisieren, steigen die Chancen auf eine
vollständige Regeneration der Nierenfunktion. In Einzelfällen kommt es
jedoch zu einer Defektheilung der Niere.
- Die Rückfallwahrscheinlichkeit ist davon
abhängig, ob es gelingt, die auslösende Grunderkrankung nachhaltig zu
therapieren. Wichtig ist zudem, den betroffenen Bewohner zukünftig
besonders sorgfältig zu überwachen und z. B. ein Flüssigkeitsdefizit
konsequent auszugleichen.
- Nach Rückkehr des Bewohners sind ggf.
verschiedene Ernährungsvorgaben zu beachten. Je nach Krankheitsphase
muss die Zufuhr von Flüssigkeit, Natrium, Kalium sowie von Eiweißen
angepasst werden. Wir arbeiten dafür eng mit dem behandelnden Arzt
zusammen.
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Dokumente: |
- Berichtsblatt
- Vitaldatenblatt
- Medikamentenblatt
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Verantwortlichkeit / Qualifikation: |
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Notfall; Niere; Nierenversagen; |
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Genereller
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Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
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