|
|
Version 2.06a - 2015 |
|
Pflegestandard "chronische Niereninsuffizienz" |
|
Eine
Niereninsuffizienz bleibt lange Zeit unentdeckt - nur um dann umso
gravierender in die Lebensqualität einzugreifen. Viele betroffene
Senioren stellen auf stur. Denn selbst eine strikte Befolgung der
strengen Ernährungsvorschriften bewahrt einen Betroffenen mitunter
nicht vor der Dialyse. Pflegekräfte stehen vor einer schweren Aufgabe. |
|
Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar.
Klicken Sie hier!
|
|
Pflegestandard "chronische Niereninsuffizienz" |
Definition:
|
- Mit steigendem Lebensalter nimmt die
Leistungsfähigkeit der Nieren schrittweise ab. Pro Jahr reduziert sich
die Entgiftungsleistung des Organs um rund ein Prozent. Bei
hochbetagten Senioren ist daher auch ohne Grunderkrankungen und
typische Symptome davon auszugehen, dass die Nieren nur noch einen
Bruchteil der ursprünglichen Leistung erbringen.
- Bei einer chronischen Niereninsuffizienz ist
diese Entwicklung deutlich beschleunigt. Die Degeneration des
Nierengewebes erfolgt innerhalb von Monaten oder wenigen Jahren. Im
Gegensatz zur akuten Niereninsuffizienz ist der Funktionsverlust
unumkehrbar.
- Die Nieren haben große Reservekapazitäten. Erst
wenn 50 Prozent des Nierengewebes beeinträchtigt sind, werden die
körperlichen Folgen spürbar. Entsprechend spät erfolgt ggf. die
ärztliche Diagnose. Die Nierenschädigung fällt zumeist zufällig bei
Blutuntersuchungen auf.
- Die chronische Niereninsuffizienz wird in fünf
Stadien eingeteilt. Das Organversagen beginnt zunächst asymptomatisch
mit dem ersten Stadium. Im weiteren Krankheitsverlauf reduziert sich
das Leistungsvermögen der Nieren schrittweise. Das fünfte Stadium ist
bei einer terminalen Niereninsuffizienz erreicht, wenn die
Funktionsfähigkeit der Nieren vollständig erloschen ist.
(Hinweis: Dieser Standard ist ausgerichtet auf Bewohner, die noch keine
Dialyse benötigen. Die Versorgung von dialysepflichtigen Senioren ist
in separaten Standards definiert, etwa im Standard "Pflege von Senioren
mit einem Shunt".)
|
Grundsätze:
|
- Wir wägen stets ab zwischen den
Einschränkungen, die sich aus der Krankheit ergeben, und der
Lebensqualität des Bewohners. Wir respektieren den Wunsch des
Bewohners, wenn sich dieser maßvoll über Diätvorschriften hinwegsetzen
will. Eine Heilung der Krankheit ist selbst bei vollständiger
Kooperation nicht zu erwarten.
- Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen und
besprechen sorgfältig jede Änderung der Versorgung. Ohne Zustimmung des
Arztes werden insbesondere keine Medikamente abgesetzt.
- Wenn sich der Gesundheitszustand eines Bewohners relevant verschlechtert, wird umgehend der Arzt / Notarzt gerufen.
|
Ziele:
|
- Die harnpflichtigen Substanzen im Blut werden reduziert.
- Eine Hypertonie wird abgebaut.
- Ödeme werden ausgeschwemmt.
- Eine Mangelernährung wird vermieden.
- Ein Fortschreiten der Nierenerkrankung wird verlangsamt oder komplett gestoppt.
|
Vorbereitung: |
Risikofaktoren
|
Wir
prüfen, welche Risikofaktoren beim Bewohner vorhanden sind. Bei einer
hohen individuellen Gefährdung ist es wichtig, die Funktion der Nieren
regelmäßig vom Arzt prüfen zu lassen. Je mehr Risikofaktoren vorliegen,
umso wahrscheinlicher ist es, dass auftretende verdächtige Symptome
tatsächlich auf eine chronische Niereninsuffizienz weisen. Folgende
Kriterien sind relevant:
- Der Bewohner leidet unter Diabetes mellitus.
- Es liegen chronische Entzündungen wie
Glomerulonephritis (Entzündung der Nierenkörperchen) oder
Pyelonephritis (Entzündung des Nierenbeckens) vor.
- Der Bewohner hat über mehrere Jahre in größeren Mengen Schmerzmittel eingenommen; zum Beispiel Paracetamol.
- Der Bewohner leidet unter Bluthochdruck (Hypertonie).
- In der Vergangenheit erfolgte bereits einmal eine Harnsteinbehandlung.
- Der Bewohner leidet unter Nierentumoren oder unter Nierenarterienstenosen.
|
Symptome
|
Wir achten auf die Symptome einer chronischen Niereninsuffizienz:
- Auf der Haut des Bewohners bilden sich kleine Kristalle, die einen quälenden Juckreiz auslösen.
- Die Haut des Bewohners ist trocken, schuppig und hat eine gelb-graue Farbe.
- Der Bewohner zeigt Symptome einer Anämie (Blutarmut).
- Der Bewohner riecht aus dem Mund nach Urin.
- Der Bewohner klagt oft über Übelkeit. Er muss sich übergeben.
- Es kommt immer häufiger zu Durchfällen.
- Der Appetit des Bewohners ist erheblich beeinträchtigt. Das Geschmacks- und Geruchsempfinden des Bewohners ist gestört.
- Die Blutungsneigung ist erhöht. Schon geringe Krafteinwirkungen von außen führen beim Pflegebedürftigen zu Hämatomen.
- Wir bemerken krankhafte Veränderungen an den Knochen des Bewohners.
- Der Blutdruck des Bewohners ist erhöht. Er berichtet zudem über “Herzstolperer”.
- Der Pflegebedürftige klagt häufig über Kopfschmerzen. Er ist unkonzentriert und leidet unter Gedächtnisstörungen.
- Es kommt zu Bewusstseinseinschränkungen bis hin zu komatösen Zuständen.
- Der Bewohner erleidet Krampfanfälle.
- Am Körper des Bewohners werden durch die
Überwässerung Ödeme sichtbar. Die Wassereinlagerungen in den Beinen
oder in den Armen bilden sich auch dann nicht zurück, wenn die
Extremität erhöht gelagert wird.
|
Durchführung:
|
Medikamentöse Therapie
|
- Bei einer Niereninsuffizienz werden Medikamente
verlangsamt ausgeschieden. Sie bleiben also länger im Körper und können
sich bei konstant anhaltender Medikamentenzufuhr anhäufen. Es kommt zu
einer sog. „Kumulation“ im Blut. Letztlich kann die Konzentration ein
toxisches Niveau erreichen. Wenn Medikamente über die Nieren
ausgeschieden werden, müssen diese also ggf. niedriger dosiert werden.
- Vor allem Digitalisglykoside werden schnell
überdosiert. Die Folge sind Herzrhythmusstörungen, Übelkeit, Erbrechen,
Kopfschmerzen sowie Verwirrtheitszustände. Daher muss die Wirkung der
Digitalisglykoside nach der Einnahme überwacht und dokumentiert werden.
Die Dosierung muss kritisch hinterfragt und ggf. gemeinsam mit dem
behandelnden Arzt angepasst werden.
- Bei den meisten Betroffenen ist eine Behandlung
der Hypertonie notwendig. Dafür werden häufig ACE-Hemmer eingesetzt.
Diese haben eine schützende Wirkung auf die Nieren.
- Wir stellen sicher, dass der Bewohner die
Medikamente zur Blutdrucksenkung regelmäßig einnimmt. Überdies wird der
Blutdruck engmaschig überwacht. Wir verdeutlichen dem Bewohner, dass
ein gut eingestellter Blutdruck ein Fortschreiten der
Niereninsuffizienz verlangsamt.
- Zur Regulation der Flüssigkeitsausscheidung werden Diuretika eingesetzt.
- Wir stellen sicher, dass alle behandelnden
Ärzte über die chronische Niereninsuffizienz informiert sind. Es ist
wichtig, dass keine Nieren schädigenden Substanzen verschrieben werden,
zum Beispiel NSAR.
- Die eigenmächtige Einnahme von Medikamenten
muss strikt unterbleiben. Insbesondere sollte der Bewohner darauf
verzichten, Schmerzmittel ohne ärztliche Rücksprache zu konsumieren.
|
Beobachtung des Bewohners / Selbstbeobachtung
|
- Es ist wichtig, den Zustand des Bewohners
engmaschig zu überwachen. Relevante Beobachtungen werden zeitnah dem
Hausarzt mitgeteilt. Bei bedrohlichen Veränderungen wird der Notarzt
informiert.
- Die Bildung von Ödemen ist eine häufige Folge
der chronischen Niereninsuffizienz. Es ist wichtig, diese
Flüssigkeitsansammlungen rechtzeitig zu erfassen. Periphere Ödeme, etwa
an den Armen oder an den Beinen, sind einfach zu erkennen, da die
Extremitäten erheblich anschwellen.
- Ödeme im Bereich der Lunge führen zu einer
Störung der Atemfunktion. Der Bewohner klagt über Kurzatmigkeit oder
über Luftnot bei körperlicher Anstrengung, also etwa beim
Treppensteigen.
- Das Gewicht des Bewohners wird einmal täglich
unter vergleichbaren Bedingungen ermittelt. Also etwa morgens nach dem
Toilettengang vor dem Frühstück. Eine plötzliche Gewichtszunahme von
mehreren Hundert Gramm pro Tag deutet auf eine Wasserverschiebung und
somit auf eine Verschlechterung der Nierenfunktion hin.
- Wenn die Haut des Bewohners blass wirkt oder
wenn der Bewohner über Juckreiz klagt, sind das mögliche Anzeichen
einer einsetzenden Urämie (“Harnvergiftung”).
- Ödeme haben oftmals eine kreislaufbelastende
Wirkung. Die Vitalwerte des Bewohners werden daher regelmäßig
kontrolliert. Dazu zählen insbesondere der Puls, der Blutdruck und die
Atmung.
- Eine Verschlechterung der Nierenfunktion führt
bei vielen Betroffenen zu Knochenschmerzen. Sie wirken müde oder
benommen. Der Bewohner klagt über Taubheitsgefühl oder über ein
Kribbeln in den Beinen.
- Aufgrund der Immobilität ist das Risiko erhöht,
dass der Bewohner einen Dekubitus, eine Thrombose oder eine Obstipation
erleidet. Die entsprechenden Prophylaxestandards werden gewissenhaft
umgesetzt.
|
Ernährung
|
- Der Bewohner sollte sich eiweißarm ernähren.
Eine frühzeitige Reduktion der Eiweißzufuhr auf 0,6 Gramm pro Kilogramm
Körpergewicht wirkt sich günstig auf die Nierenrestfunktion aus.
- Wenn beim Bewohner ein erhöhter Phosphatwert
festgestellt wurde, sollte er den Konsum von Nüssen, Milch,
Milchprodukten, Vollkornprodukten, Fleisch und Fertigprodukten
einschränken.
- Pflegebedürftige mit erhaltener Diurese
(Harnausscheidung durch die Nieren) sollten rund zweieinhalb Liter pro
Tag trinken. Durch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr können
harnpflichtige Substanzen verdünnt werden. Wenn die Erkrankung weiter
fortschreitet, lässt sich die Diurese mit Schleifendiuretika angeregen.
- Der empfohlene Salzkonsum ist davon abhängig,
wie hoch der Salzverlust über die Nieren ist. Gegebenenfalls soll der
Bewohner auf Konserven, auf Fertiggerichte, auf Räucherwaren und auf
salzige Knabbereien verzichten. Eine salzarme Ernährung ist nicht in
jedem Fall notwendig.
- Wenn der Bewohner unter Ödemen leidet, ist es
sinnvoll, den Salzkonsum zu beschränken. Die individuellen Obergrenzen
werden vom Arzt vorgegeben. Wir führen ggf. eine
Flüssigkeitsbilanzierung durch.
+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++ -
-
-
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Weitere Informationen
zu diesem Thema |
|
|
Schlüsselwörter für diese Seite |
Nierenversagen, chronische; Dialyse; Niere |
|
Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
|