das Altenpflegemagazin im Internet
www.altenpflegemagazin.de
Start Log-in Service Registrierung AGB+Datenschutz Suche / Stichwortindex Quiz Mobil Impressum

 

Version 2.15a - 2015

Standard "Pflege von Senioren mit Prostatakarzinom"

 
Bei der Therapie von Prostatakarzinomen ist es häufig am besten, abzuwarten und gar nichts zu tun. Denn viele Tumore wachsen so langsam, dass betroffene Senioren eher an Altersschwäche als am Krebs sterben werden. Dazu kommt, dass die Nebenwirkungen der Operationen, der Bestrahlungen und der Hormontherapie für viele Männer schlichtweg unerträglich sind.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Prostatakarzinom"
Definition:
  • Das Prostatakarzinom ist eine langsam wachsende Krebsform mit einem durchschnittlichen Erkrankungsalter von rund 70 Jahren.
  • Diese Zellentartung ist neben dem Bronchialkarzinom die häufigste Krebserkrankung des Mannes und die dritthäufigste tumorbedingte Todesursache. Die genauen Auslöser sind noch nicht geklärt, allerdings scheint ein hormoneller Einfluss sehr wahrscheinlich.
  • Das Prostatakarzinom breitet sich zunächst innerhalb der Prostata aus. Später befällt es die Bläschendrüsen und das Beckenbindegewebe. Mitunter werden das Rektum, die Harnblase und die Urethra geschädigt. Durch Metastasierung breitet sich der Tumor schließlich im Skelett, in der Leber und in der Lunge aus.
  • Im Gegensatz zu einer Prostatahyperplasie kommt es erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien zu einer Einengung der Harnröhre. Entsprechend spät erfolgt die Diagnosestellung.
Grundsätze:
  • Ein Prostatakarzinom ist kein Tabuthema. Wir setzen konsequent auf das System der Bezugspflege, um das für die Kommunikation notwendige Vertrauen aufzubauen.
  • Wir sind uns stets bewusst, dass die Erhaltung der Erektionsfähigkeit für Männer i. d. R. eine hohe emotionale Bedeutung hat. Dieses ist auch dann der Fall, wenn der Bewohner sexuell nicht mehr aktiv ist.
  • Unvermittelt auftretende Rückenschmerzen, die auf keine Therapie ansprechen, sind immer ein ernst zu nehmender Indikator für ein Prostatakarzinom. Wir werden daher stets auf eine ärztliche Untersuchung drängen.
  • Wir sind davon überzeugt, dass Operationen nicht um jeden Preis erfolgen sollten. Wenn ein Eingriff keine relevante Verbesserung der Lebenserwartung oder der Lebensqualität bringt, sollte die Operation unterbleiben.
Ziele:
  • Ein Prostatakarzinom wird rechtzeitig erkannt. Der Bewohner wird geheilt.
  • Der Bewohner erholt sich von den Folgen einer Operation und erleidet keine Komplikationen.
  • Die Nebenwirkungen einer Hormontherapie werden minimiert.
  • Bei einem inoperablen Tumor wird der Krankheitsverlauf verzögert, ohne dass die Lebensqualität unangemessen vermindert wird.
  • Das Selbstwertgefühl des Bewohners bleibt gewahrt.
Vorbereitung: achten auf Symptome
Wir achten auf Symptome, die für ein Prostatakarzinom sprechen. Diese treten allerdings zumeist erst in späteren Stadien auf.
  • Blasenentleerungsstörungen, insbesondere Dysurie (erschwerte und ggf. schmerzhafte Blasenentleerung)
  • Hämaturie (Blutspuren im Urin)
  • Kreuz- und Rückenschmerzen vergleichbar mit einem Ischiassyndrom
  • Atemnot
Weiteres
  • Wir erfragen, ob schon der Vater oder Brüder des Bewohners an Prostatakrebs erkrankt sind. Erbliche Einflüsse steigern das Risiko.
  • Wenn es hinreichende Verdachtsmomente für ein Prostatakarzinom gibt, raten wir dem Bewohner nachdrücklich zu einer fachärztlichen Untersuchung. Dort erfolgen ggf. eine PSA-Bestimmung, eine rektale Tastuntersuchung, eine transrektale Sonografie der Prostata sowie eine Stanzbiopsie.
  • Alle Bewohner sollten die kostenfreie Krebsvorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen. Dieses auch dann, wenn der Bewohner bislang beschwerdefrei ist.
  • Falls die Bezugspflegekraft weiblich ist, sollte der Bewohner ab und zu auch von einer männlichen Pflegekraft versorgt werden. Dieser bietet sich als Gesprächspartner für "spezifisch männliche" Themen an.
Durchführung: Pflege nach einer radikalen Prostatektomie
Wenn das Prostatakarzinom noch auf die Prostata beschränkt ist, kann der Betroffene durch eine radikale Prostatektomie geheilt werden. Dafür wird die komplette Prostata samt Bläschendrüsen und Prostatakapsel entfernt.
  • Wir achten auf Nachblutungen.
  • Wir beachten, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einer Thrombose und einer Embolie erhöht ist.
  • In der Mehrzahl der Fälle kommt es zur Impotenz. Sofern der Bewohner sexuell noch aktiv war, führt dieses oft zu Depressionen oder zu Partnerschaftsproblemen. Wir stehen dem Bewohner jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung und vermitteln insbesondere den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe.
  • Nach einer radikalen Prostatektomie wird zumeist ein transurethraler Dauerkatheter gelegt, der bis zu 21 Tage zwischen dem Harnröhrenstumpf und der Blase verbleibt. Ein Herausrutschen sollte vermieden werden. Falls dieses doch geschieht, wird umgehend der Arzt informiert. In keinem Fall darf die Pflegekraft den Katheter eigenmächtig wieder einführen. Bis zur Entfernung des Dauerkatheters dürfen Darmrohre, Suppositorien und Klistiere erst nach ärztlicher Freigabe eingesetzt werden.
  • Viele Betroffene sind nach der Operation zeitweilig oder bleibend inkontinent. Wir achten daher auf eine umfassende Inkontinenzversorgung. Durch persönliche Gespräche versuchen wir, das Selbstwertgefühl des Bewohners zu stärken. Die Durchführung von Krankengymnastik (insbesondere Beckenbodentraining) kann die Kontinenz wieder herstellen.
  • Die Wundheilung dauert rund sechs bis acht Wochen. Innerhalb dieser Zeit sollten Hitze und starke Temperaturschwankungen (etwa in der Sauna, bei Vollbädern oder bei Wechselbädern) vermieden werden.
  • Der Bewohner darf die Bauchpresse nicht zur Darmentleerung einsetzen. Aus diesem Grund ist oftmals die Gabe eines leichten Abführmittels sinnvoll.
  • Der Bewohner darf keine schweren Gegenstände anheben und sollte seine Kräfte schonen. Der Bewohner sollte vor allem kein Fahrrad fahren, da dieses sehr anstrengend ist und überdies Erschütterungen auftreten.
  • Eine ideale körperliche Betätigung sind Spaziergänge.
  • Schon geringste Mengen Blut können Urin verfärben. Wir machen den Bewohner auf diesen Umstand aufmerksam, damit er nicht in Panik verfällt. Wir fordern ihn auf, bei entsprechenden Beobachtungen die Pflegekräfte anzusprechen.
  • Als Folge der Operation kann die Erektionsfähigkeit für einige Tage bis Monate gestört sein. Die Orgasmusfähigkeit bleibt jedoch i. d. R. erhalten. Der Bewohner kann daher durch Erektionshilfsmittel wie etwa eine Penispumpe seine Sexualität weiter ausleben. Ggf. ist auch die Einnahme von erektionsfördernden Mitteln sinnvoll. Viele Urologen bieten zu dieser Problematik eine Spezialsprechstunde an.
Hormontherapie
Das männliche Geschlechtshormon Testosteron fördert das Wachstum von Prostatakarzinomen. Ein radikaler Entzug des Hormons kann daher das Krankheitsbild deutlich verbessern.
  • Wenn beide Hoden entfernt werden (bilaterale Orchiektomie), kommt es zum Libido- und zum Erektionsverlust. Viele Betroffene berichten zudem über Hitzewallungen.
  • Die Nutzung von Antiandrogenen (hemmen männliche Sexualhormone) bringt zahlreiche Nebenwirkungen mit sich.
  • Häufig leiden Betroffene unter Müdigkeit, Hitzewallungen, Antriebsminderung und Konzentrationsstörungen.
  • Die Muskelmasse vermindert sich. Dadurch kann die Mobilität beeinträchtigt werden. Das Risiko eines Sturzes steigt.
  • Es kann zu Osteoporose kommen. Im Fall eines Sturzes drohen schwere Verletzungen.
  • Mitunter treten auch vorübergehende innere Unruhe oder depressive Verstimmungen auf.
  • Der Bewohner kann unter Hitzewallungen und unter Schweißausbrüchen leiden.
  • Das Körpergewicht muss regelmäßig ermittelt werden.
  • Es kann zu einer Gynäkomastie kommen, also zu einer Vergrößerung der männlichen Brustdrüse.
Nachbereitung: Prognose
  • Bei vielen hochbetagten Senioren ist der Tumor wenig bis mittelgradig aggressiv und bleibt auf die Prostata begrenzt. Er wächst also nur langsam, ist nicht destruktiv infiltrierend und beeinflusst die Lebenserwartung kaum. In solchen Fällen kann auf eine Therapie verzichtet werden, sofern sich der Betroffene viermal im Jahr ärztlich untersuchen lässt.
  • Eine Hormontherapie muss oftmals bis zum Lebensende fortgesetzt werden. Wenn die Wirkung der Medikamente nachlässt, kann eine Chemotherapie erfolgen.
  • Wenn die Erkrankung in einem frühen Stadium erkannt wird, beträgt die 10-Jahres-Überlebensrate rund 70 bis 80 Prozent.
  • Wenn der Tumor bereits metastasierte, sinkt die durchschnittliche Lebenserwartung auf 20 Monate.
weitere Maßnahmen
  • Alle Leistungen werden dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.
  • Relevante Beobachtungen werden dem Hausarzt und der Pflegedienstleitung weitergemeldet.
  • Die Ergebnisse und Erfahrungen werden regelmäßig in Fallbesprechungen und in der Dienstübergabe diskutiert.
Dokumente:
  • Durchführungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Vitalzeichenkontrollblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Prostatakarzinom; Krebs; Prostatavergrößerung; Prostatahyperplasie; Altherrenkrankheit; BPH; Harnentleerungsstörung; Urininkontinenz
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.