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Version 1.05 - 2014

Pflege von Senioren mit Sprachstörungen

 
Allzu häufig werden Sprachstörungen und Demenz in einen Topf geworfen. Für die Betroffenen, die mental zumeist noch leistungsfähig sind, hat das ernüchternde Folgen. Isolation, Depressionen und dazu oftmals noch Pflegekräfte, die zur Kindersprache greifen. Wir zeigen, wie es besser geht.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


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Pflege von Senioren mit Sprachstörungen
Definition:
  • Unter dem Begriff "Sprachstörung" werden verschiedenste Kommunikationseinschränkungen zusammengefasst. Diese können diverse Auslöser haben, etwa:
    • Apoplexie
    •  Schädel-Hirn-Verletzungen
    •  Hirntumore
    •  Hirndurchblutungsstörungen
    •  akute oder chronische Verwirrtheit
    •  Morbus Parkinson
    •  Multiple Sklerose
    •  Missbildungen der Sprachorgane
    •  Entfernung oder Verletzung des Kehlkopfes
    •  Langzeitbeatmung
    •  Konsum von Drogen
    •  Nebenwirkungen von Medikamenten
    •  Vergiftungen
    •  emotionaler Stress oder Depressionen
  • Je nach Art der Störung werden unterschieden:
    • motorische (Broca-) Aphasie. Die Sprachproduktion ist verlangsamt und für den Betroffenen mühevoll. Er "ringt" um die Worte und spricht im "Telegrammstil". Die Anstrengung zeigt sich in einem gequälten Gesichtsausdruck. Die Artikulation ist undeutlich. Der Bewohner verfügt über einen reduzierten Wortschatz. Wenn andere Personen mit ihm sprechen, kann er das Gesagte zumeist gut verstehen.
    • sensorische (Wernicke-) Aphasie: Der Betroffene kann verständlich und flüssig sprechen, allerdings ergibt das Gesagte oftmals keinen Sinn. Das Sprachverständnis ist deutlich gestört. Der Bewohner kann weder eigene Fehler erkennen noch seine Mitmenschen verstehen, wenn diese mit ihm sprechen. Er ist ebenfalls nicht mehr in der Lage, geschriebene Texte zu verstehen. Da ihn die Umwelt nicht mehr versteht, reagiert er oftmals mit Aggressionen.
    • amnestische Aphasie: Der Bewohner leidet unter Wortfindungsstörungen und einer leichten Störung des Sprachverständnisses. Die Sprachproduktion ist flüssig. Betroffene versuchen oftmals, entfallene Worte durch Umschreibungen zu ersetzen.
    • globale Aphasie: Sprachverständnis und Sprachproduktion sind deutlich beeinträchtigt. Der Bewohner äußert sich nur noch in einem wirren und unverständlichen "Wortsalat". Häufig wiederholt der Betroffene einzelne Worte und Satzbruchstücke unentwegt immer wieder und wieder.
  • Sprachstörungen treten oftmals innerhalb kürzester Zeit auf, etwa als Folge eines Schlaganfalles. Der Bewohner kann sich daher schlecht auf die neue Lage einstellen und reagiert häufig mit Ängsten und Aggressionen.
Grundsätze:
  • Wir sind uns bewusst, dass Sprachstörungen nicht mit einem mentalen Leistungsverlust gleichzusetzen sind. Sprachstörungen dürfen nicht mit Verwirrtheit oder Demenz verwechselt werden.
  • Wir sind uns stets der Bedeutung der Sprache als Träger zwischenmenschlicher Beziehung bewusst.
Ziele:
  • Der Bewohner ist in der Lage sich mitzuteilen.
  • Der Bewohner kann Informationen, die ihm mündlich oder schriftlich mitgeteilt werden, verstehen und verarbeiten.
  • Der Bewohner ist motiviert, seine Sprachfähigkeiten täglich zu trainieren.
  • Der Bewohner ist in der Lage, Sprachdefizite durch geeignete Techniken zu kompensieren.
  • Der Bewohner hat Vertrauen zu den Pflegekräften.
  • Der Bewohner akzeptiert die Einschränkungen, die sich aus den Sprachstörungen ergeben.
  • Der Bewohner bleibt in der Heimgemeinschaft integriert. Er zieht sich nicht aus Scham zurück.
Vorbereitung: Informationssammlung

Wir sammeln alle relevanten Informationen und stellen diese dem behandelnden Arzt zur Verfügung.
  • Sind neurologische Erkrankungen oder Schädigungen bekannt?
  • Hat der Bewohner jemals in seinem Leben einen Schlaganfall erlitten?
  • Leidet der Bewohner unter psychischen oder psychiatrischen Erkrankungen?
  • Nimmt der Bewohner Medikamente ein, deren Nebenwirkungen die Sprachstörungen auslösen könnten?
Problembeschreibung

Wir versuchen, den Umfang der Störung zu erfassen. Relevant sind dabei vor allem die Einschränkungen im täglichen Leben.
  • Nutzt der Bewohner einzelne Worte in einem falschen Zusammenhang?
  • Bildet der Bewohner Sätze in einer fehlerhaften Syntax?
  • Spricht der Bewohner nur noch in einzelnen Worten oder im "Telegrammstil"?
  • Leidet der Bewohner unter Wortfindungsstörungen?
  • Ist der Bewohner in der Lage, ein fehlendes Wort sinnvoll zu umschreiben und zu ersetzen?
  • Wiederholt der Bewohner Worte oder Satzteile?
  • Ist der Bewohner in der Lage zu schreiben und zu lesen?
  • In der Bewohner in der Lage, komplexe Sätze zu verstehen?
  • Strengt den Bewohner das Sprechen an?
  • Ist die Störung immer vorhanden oder tritt sie nur tageweise auf? Gibt es tageszeitliche Schwankungen der Störungsintensität?
  • Ist die Sprachmodulation verändert, also Tonhöhe, Betonung oder Lautstärke?
Durchführung: allgemeine Maßnahmen
  • Wenn eine Sprachstörung unvermittelt und erstmalig auftritt, ist dieses ein ernstes Warnsignal etwa für einen Schlaganfall. Wir rufen daher umgehend den Arzt oder Notarzt.
  • Falls Nebenwirkungen von Medikamenten als Auslöser in Betracht kommen, bitten wir den behandelnden Arzt um die Verschreibung eines geeigneten Alternativpräparats.
  • Wir setzen konsequent auf das Prinzip der Bezugspflege. Je länger eine Pflegekraft mit einem bestimmten Bewohner arbeitet, um so besser wird sie ihn verstehen.
Sprachtraining
  • Wir initiieren so schnell wie möglich eine logopädische Behandlung, da die Erfolgsaussichten bei einem raschen Therapiebeginn am größten sind. Die Logopädin leitet den betroffenen Bewohner zu unterschiedlichen Sprachübungen an. Außerhalb der Therapiesitzungen führen unsere Pflegekräfte diese Übungen weiter. Oftmals ist es möglich, die Übungen in den regulären Pflegealltag zu integrieren, etwa in die morgendliche Ganzkörperwaschung.
  • Wenn der Bewohner Fehler macht, korrigieren wir ihn. Er wird nicht kritisiert und in keinem Fall ausgelacht.
  • Wir prüfen, ob die Sprachstörungen durch geeignete technische Hilfsmittel kompensiert werden können. Etwa: Schreibtafel, Schreibblock, abc-Tafel, Sprachcomputer usw.
  • Der Einsatz von Hilfsmitteln darf die verbale Sprache nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Wir fordern den Bewohner immer wieder zum Sprechen auf und vermeiden damit, dass die verbale Kommunikation durch die Technik zurückgedrängt wird.
  • Alltagsgegenstände, die der Bewohner häufig nicht benennen kann, werden ggf. beschriftet. Sobald die Pflegekraft oder der Bewohner die Objekte nutzen, soll der Bewohner die Gegenstände benennen.
  • Wir ermuntern den Bewohner, Radio zu hören und Zeitung zu lesen. Dadurch wird sein Wortschatz erhalten.
  • In Abstimmung mit der Logopädin führen wir regelmäßige Sprachübungen mit dem Bewohner durch. Der Schwierigkeitsgrad richtet sich nach den Fähigkeiten des Bewohners.
    • Wir lassen den Bewohner Alltagsgegenstände benennen, etwa "Tasse", "Tür", "Lampe" usw.
    • Wir bilden einfache Sätze und lassen diese vom Bewohner wiederholen. (Hinweis: Die Wirksamkeit dieser Maßnahme ist umstritten.)
    • Der Bewohner soll Wortreihen aufsagen, deren Reihenfolgen ihm gut bekannt sein sollten. Etwa "Montag, Dienstag, Mittwoch … " oder "Januar, Februar, März …".
    • Wir bilden Wortreihen mit Begriffen, die aus zwei Einzelworten zusammengesetzt sind. Der hintere Bestandteil eines Wortes wird zum vorderen beim nächsten Begriff. Etwa "Fahrradsitz", "Sitzkissen", "Kissenschlacht", "Schlachtfest" usw.
    • Wir prüfen, ob wir mit dem Bewohner singen können. Die Hirnbereiche für das Sprechen und für das Singen sind räumlich getrennt und häufig unabhängig voneinander funktionsfähig. Der Bewohner wird ggf. in den Singkreis der Einrichtung integriert.
psychosoziale Betreuung
  • Wir suchen den Dialog mit dem Bewohner und sprechen seine Ängste offen an.
  • Im Umgang mit betroffenen Senioren sind Geduld, Ruhe und Aufmerksamkeit wichtig. Zeitdruck wird die Sprachstörungen verstärken.
  • Mitbewohner werden über die Sprachstörungen informiert und um Rücksicht gebeten.
  • Wir suchen den Dialog mit den Angehörigen. Wir erklären diesen das Krankheitsbild. Wir erfragen, welche Strategien sie vor dem Heimeinzug entwickelt haben, um mit dem Bewohner zu kommunizieren.
  • Wir versuchen, das Selbstbewusstsein des Bewohners zu stärken. Wir verweisen auf seine Stärken (z.B. handwerkliche Fähigkeiten) und zeigen nicht unnötig seine Schwächen auf.
  • Wir bringen den Bewohner mit anderen Betroffenen in Kontakt, etwa im Rahmen einer Selbsthilfegruppe. Dabei arbeiten wir mit der Logopädin zusammen, die über die entsprechenden Kontakte verfügen wird.
  • Der Bewohner sollte nicht in einem Einzelzimmer untergebracht werden.
  • Der Bewohner wird in Gespräche stets einbezogen. Auch wenn die Kommunikation mit ihm stockend verläuft, darf es nicht soweit kommen, dass "über ihn" und nicht "mit ihm" gesprochen wird.
  • Wir ermuntern den Bewohner zum Sprechen. Wenn ihm ein schwieriger Satz gelingt, wird er gelobt.
Kommunikation mit dem Bewohner
  • Störende Nebengeräusche werden ausgeschaltet; vor allem Fernseher und Radio.
  • Wenn Pflegekräfte nicht sicher sind, ob sie den Bewohner richtig verstanden haben, so wiederholen sie das Gesagte. Beispiel: "Habe ich Sie richtig verstanden? Sie möchten auf Toilette gehen?".
  • Eine Pflegekraft täuscht niemals vor, dass sie einen Bewohner verstanden hat, obwohl das Gesagte für sie unverständlich geblieben ist. Stattdessen weist sie den Bewohner darauf hin, dass sie den Sinn nicht erfasst hat, aber es später noch einmal pro

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