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Version 2.12 - 2013

Standard "Sofortmaßnahmen Nadelstichverletzungen"

 
Das ist der Stoff, aus dem Albträume sind: Die Stichverletzung mit einer kontaminierten Kanüle, etwa nach der Versorgung eines Pflegebedürftigen mit HIV oder Hepatitis C. Daher sollte ein Standard mit den wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen in jedem QM-Handbuch zu finden sein.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Sofortmaßnahmen Nadelstichverletzungen"
Definition: Die Arbeit mit Injektionskanülen kann zu Verletzungen und zu Krankheitsübertragungen führen. Gemeldet werden in Deutschland rund 50.000 Fälle pro Jahr. Die Dunkelziffer ist schätzungsweise zehnfach so hoch. Die eigentlichen Wunden sind dabei i.d.R. harmlos. Es kommt nur selten zu bakteriellen Entzündungen. Eine deutlich größere Gefährdung geht von möglichen Infektionen mit Hepatitis B und C sowie mit HIV aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Verletzung mit einer kontaminierten Kanüle zu einer Infektion führt, ist je nach Virus-Typ unterschiedlich. Als Richtwerte gelten:
  • Hepatitis B-Virus: 30 Prozent
  • Hepatitis C-Virus: 3 Prozent
  • HIV: 0,3 Prozent
Weitere Faktoren, die das Risiko beeinflussen, sind:
  • Infektionsstatus des Bewohners; insbesondere aktuelle Viruslast
  • Immunstatus der Pflegekraft
  • Verletzungstiefe
  • Dauer der Exposition
  • Zeitspanne zwischen Verletzung und Reinigung der Wunde
  • Art und Zeitpunkt der ärztlichen Prophylaxemaßnahmen
Grundsätze:
  • Jede Nadelstichverletzung ist ein Notfall, wenn die Kanüle potenziell kontaminiert wurde. Es werden zwingend bei jedem derartigen Vorkommnis die hier beschriebenen Maßnahmen umgesetzt.
  • Jeder Zeitverlust gefährdet die Gesundheit der Pflegekraft. Eine Postexpositionsprophylaxe sollte spätestens zwei Stunden nach dem Vorfall beginnen.
Ziele:
  • Die gesundheitlichen Folgen einer Nadelstichverletzung werden minimiert.
  • Die rechtlichen Ansprüche der Pflegekraft gegen die Berufsgenossenschaft werden gewährleistet.
Vorbereitung: Alle bei uns durchgeführten Injektionsformen sind im QM-Handbuch standardisiert. Insbesondere gelten:
  • Standard "subkutane Injektion"
  • Standard "i.m.-Injektion" "nach von Hochstetter"
  • Standard I.m.-Injektion in den Oberarm
  • Standard I.m.-Injektion in den Oberschenkel
weitere Maßnahmen:
  • Allen Pflegekräften wird eine Hepatitis-B-Impfung nahegelegt.
  • Der richtige Umgang mit Kanülen und der Sicherheitsausstattung wird regelmäßig geübt und mittels Pflegevisite begleitet.
  • Alle Mitarbeiter werden ausführlich über Infektionsrisiken und das richtige Verhalten nach Stichverletzungen informiert. Dies ist insbesondere Teil der Einarbeitung. Alle diese Maßnahmen werden dokumentiert.
Durchführung: Verhalten nach einer Stichverletzung
  • Ruhe bewahren.
  • Die Blutung wird angeregt, um infektiöses Material zu entfernen. Ggf. wird die Blutung durch Druck auf das umgebende Gewebe (nicht die Einstichstelle selbst!) angeregt. Die Blutung sollte 1 bis 2 Minuten anhalten.
  • Ist eine Extremität verletzt, wird diese ggf. nach unten gehalten und ausgestrichen.
  • Der Stichkanal wird gespreizt und eine Minute mit Desinfektionsmittel (VAH-Liste) gespült. Ein mit Desinfektionsmittel durchtränkter Tupfer wird über der Einstichstelle fixiert und dort für 10 Minuten belassen. Ggf. wird das Desinfektionsmittel erneuert.
  • Die Wunde wird mit einem Verband geschützt.
  • Die Infektionsgefahr wird nach einer Patientenanamnese abgeschätzt.
  • Die Pflegekraft wird umgehend dem zuständigen D-Arzt (Durchgangsarzt) vorgestellt. Dort erfolgen i.d.R. eine Informationssammlung und eine Blutabnahme zur Bestimmung des aktuellen Immunstatus (Impfstatus Hepatitis B, Hepatitis-C-Status, HIV-Status). Ggf. wird eine Auffrischung der Hepatitis-B-Impfung vorgenommen. Falls ein Blutkontakt mit HIV möglich ist, erfolgt eine Postexpositionsprophylaxe.
  • Die Unfallmeldung geht an die Berufsgenossenschaft und an die Unfallversicherung.
  • Die Nadel wird für eine mikrobiologische Untersuchung (sicher!) aufbewahrt.
Nachbereitung:
  • Der Vorfall wird dokumentiert. Relevant dabei sind:
    • Hergang des Unfalls
    • Umfang der Verletzungen der Pflegekraft
    • Einstichtiefe
    • eingeleitete Notfallmaßnahmen
    • Name des Bewohners
    • Informationen zum Infektionsstatus des Bewohners (soweit vorhanden)
  • Nach einem Nadelstich muss bis zum Beweis des Gegenteils von einer Infektion der Pflegekraft ausgegangen werden. Diese sollte keinen ungeschützten Sex praktizieren und darf kein Blut oder Organe spenden.
  • In den folgenden sechs Monaten erfolgen regelmäßige Nachkontrollen der Laborwerte.
Dokumente:
  • Unfallbericht
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Stichverletzungen; Nadelstichverletzung; Injektion; Notfall; Infektion; Kanüle; HIV; AIDS; Hepatitis
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.