Ein Blick in das Bürgerliche Gesetzbuch, Paragraph 823
"Schadensersatzpflicht", macht das Problem deutlich:
- ... Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den
Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht
eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus
entstehenden Schadens verpflichtet ...
Wer im Fall der Fälle darauf spekuliert, dass der
Richter Verständnis dafür hat, dass vor lauter Personalmangel schon mal ein
paar Fehler vorkommen dürfen, irrt gewaltig. Neben einem saftigen
Schmerzensgeld droht sogar eine strafrechtliche Verfolgung der Pflegekräfte.
Das bedeutet, die Pflegekraft wird dreifach bestraft: Sie muss an den Geschädigten
zahlen, der Staatsanwalt droht mit einem Bußgeld und der Arbeitgeber löst das
Problem auf seine Weise - er kündigt oder versucht gar, sich seinen Schaden
vom Arbeitnehmer ersetzen zu lassen.
Kein Wunder, dass viele Pflegekräfte, die vor lauter
Überstunden kein Land mehr sehen, zum letzten Mittel greifen: der
Überlastungsanzeige. Sie machen auf das Problem und die Folgen aufmerksam und
bitten den Arbeitgeber um Verbesserungen. Praktischerweise geben sie damit die
auch Verantwortung und das Haftungsrisiko an ihre Vorgesetzten weiter.
Selbstredend sollte eine solche Überlastungsanzeige schriftlich formuliert und
per Einschreiben an den Betreiber versandt werden. Eine Kopie und den
Postbeleg behält die
Pflegekraft.
Der dazu passende Paragraph findet sich im
Arbeitsschutzgesetz: ArbSchG § 16 "Besondere Unterstützungspflichten"
- ... Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem
zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche
Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen
festgestellten Defekt unverzüglich zu melden ...
Wie kann eine solche Überlastungsanzeige formuliert werden?
Folgendes Muster schlagen wir als Grundlage für eine Überlastungsanzeige
vor.
Überlastungsanzeige
Name der Pflegekraft (ggf. der
Pflegekräfte): Birgit Mustermann
Pflegebereich: Station 1
An die Heimleitung des Pflegeheimes
"Murks&Mangel"
Sehr geehrte Damen und Herren,
die nachfolgend beschriebene Überlastung
in meinem Tätigkeitsbereich zeige ich Ihnen hiermit an, um negative Folgen
für die Einrichtung und mein Arbeitsverhältnis zu vermeiden.
Ich möchte klarstellen, dass mögliche
Fehler oder Mängel in meiner Tätigkeit aus der nachfolgend beschriebenen
Überlastung resultieren. Ich weise eventuelle Ansprüche auf Regress von
Seiten Dritter sowie arbeitsrechtliche Sanktionsmaßnahmen vorsorglich
zurück.
Derzeit sind der Station 10 Pflegekräfte zugeteilt. Benötigt werden aber
insgesamt 16 Pflegekräfte. Bedingt durch diesen Personalmangel können
wichtige pflegerische Aufgaben nicht oder nur unzureichend ausgeführt
werden.
(Hier sollte jetzt eine detaillierte
Beschreibung der Tätigkeiten folgen, die aufgrund der Überlastung nicht
erledigt werden konnten.)
Ich sehe mich daher nicht mehr in der
Lage, die Verantwortung für die Folgen solcher Pflegefehler und -mängel zu
tragen, die durch die schlechte Personalbesetzung ausgelöst werden.
Ich fordere Sie hiermit auf, sofort
Maßnahmen zur Sicherstellung einer angemessenen Personalbesetzung zu
ergreifen.
(Hier können Sie Vorschläge für die
Lösung des Problems anbringen.)
Bis zu einer Änderung der
Personalsituation bitte ich um Mitteilung, welche Tätigkeiten bei der
gegenwärtigen Besetzung als unverzichtbar erledigt werden sollen und welche
nicht erfüllt werden müssen. Bitte treffen Sie eine Rangfolge der
auszuübenden Tätigkeiten.
Zur Rücksprache in Anwesendheit eines von
mir zu benennenden Personalratsmitgliedes bin ich nach terminlicher
Vereinbarung gern bereit.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
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