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Version 1.05 - 2014

Standard "Anwendung von Analtampons"

 
Für Senioren mit Stuhlinkontinenz sind Analtamponaden in vielerlei Hinsicht eine famose Erfindung. Bei korrekter Anwendung können Betroffene für einen halben Tag auf die ungeliebten "Windelhosen" verzichten.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Anwendung von Analtampons"
Definition:
  • Analtampons oder Analtamponaden werden genutzt, um für eine begrenzte Zeit einen Zustand der Stuhlkontinenz zu erreichen. Die Schaumstoffzylinder sind in verschiedenen Größen erhältlich. Sie werden direkt in den Analkanal eingeführt und verbleiben dort für acht bis zwölf Stunden.
  • Wenn der Stuhldrang einsetzt, können die Tampons mittels eines Rückholfadens entfernt werden. Der Bewohner kann dann den Stuhl entleeren. Zwischen den Entleerungen sorgt der Tampon dafür, dass kein Stuhl ungewollt austritt.
  • Ein zentraler Vorteil von Analtamponaden ist, dass eine Geruchsbelästigung vermieden wird. Der Bewohner ist zudem mobiler als mit einer Inkontinenzhose. Überdies wird die Haut nicht durch austretenden Stuhl beeinträchtigt. Dieses ist relevant etwa bei der Vermeidung von Druckgeschwüren.

Grundsätze:
  • Eine Versorgung mit Analtamponaden ist ein massiver Eingriff in die Intimsphäre jedes Bewohners, der Unbehagen und insbesondere bei demenziell erkrankten Bewohnern auch Aggressionen hervorrufen kann.
  • Die Maßnahme wird nur dann durchgeführt, wenn der Bewohner zustimmt.
  • Ein taktvoller Umgang mit dem Bewohner ist selbstverständlich.
Ziele:
  • Für eine begrenzte Zeit ist der Bewohner stuhlkontinent.
  • Die Nutzung von Inkontinenzhosen wird vermieden.
Vorbereitung: Indikationen / Kontraindikationen:
Wir prüfen, ob eine Versorgung mit Analtamponaden infrage kommt. Dieses ist der Fall bei:
  • Verletzungen im Analbereich, nach deren Abheilung die Schließmuskulatur beeinträchtigt blieb
  • Stuhlinkontinenz ohne erkennbaren Auslöser
  • altersbedingte Erschlaffung der Analmuskulatur
  • Operations- und Strahlungsschäden
  • gelegentliches Stuhlschmieren
  • Schlaganfall
  • Wachkoma
  • Multiple Sklerose
  • Querschnittslähmung
Verschiedene Krankheitsbilder machen eine Nutzung von Analtamponaden unmöglich, etwa:
  • Diarrhö (Durchfall)
  • Morbus Crohn
  • Anal-Fistel, offene Wunde im Rektum
  • Dickdarmentzündung, Darminfektion
Die Anwendung bei demenziell erkrankten Senioren ist oft problematisch. Sie werden ggf. bei der Anwendung unruhig oder manipulieren am Darmausgang, sobald sie die Analtamponade im Darm spüren. In diesem Fall sollte der Bewohner gut beobachtet und ggf. abgelenkt werden.
weitere Maßnahmen:
  • Der Bewohner wird eingehend zur Nutzung von Analtamponaden beraten. Wir sprechen insbesondere etwaige Befürchtungen an. So ist z.B. ein zu tiefes Hineingleiten der Analtamponade nicht zu befürchten, da es eine kontinuierliche Darmbewegung in Richtung After gibt.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. Ggf. ist es sinnvoll, eine endoskopische Untersuchung des Darmes durchzuführen; dieses z.B. nach operativen Eingriffen sowie bei Darmabknickungen.
  • Wir suchen zudem den Rat von Kontinenzberatern sowie von Mitarbeitern des Sanitätsfachgeschäftes.
  • Wir prüfen, welche Form für den Bewohner geeignet ist. Es gibt Zylindertampons, Konkavtampons, Kugeltampons, Spiraltampons, Kegeltampons sowie Konvextampons.
  • Die passende Größe wird durch Ausprobieren ermittelt. Wenn der Bewohner unter einer Verengung im Analbereich oder unter Hämorrhoiden leidet, ist ggf. die Verwendung von Kinderanaltampons sinnvoll.
  • Die Kosten für die Versorgung mit Analtamponaden werden zumeist von den Krankenkassen übernommen.
Durchführung: (Hinweis: Es gibt zahllose verschiedene Produkte auf dem Markt. Die hier beschriebene Durchführung ist exemplarisch und muss ggf. angepasst werden.)
  • Die Technik des richtigen Einführens wird dem Bewohner erklärt. Sofern möglich, sollte er die Analtamponade selbst anwenden. Nur wenn dieses nicht möglich ist, wird die Applikation von einer Pflegekraft übernommen.
  • Analtamponaden werden immer nach einer Stuhlentleerung eingeführt. Ggf. wird der Bewohner manuell ausgeräumt, um Platz für den Tampon zu schaffen.
  • Die Analtamponade wird einschließlich Kompressionsfolie mit dem Finger vollständig in das Rektum eingeführt. Die Handhabung entspricht dem Einführen eines Zäpfchens. (Hinweis: Andere Produkte werden mit einem Einführstab in den Enddarm appliziert.)
  • Das Ende des Rückholbandes bleibt außerhalb des Darmausgangs. Ggf. wird es mit einem Pflaster so befestigt, dass keine Druckstellen entstehen können.
  • Das Einführen wird erleichtert, wenn die Analtamponade mit dem beiliegenden Gleitmittel bestrichen wird. Alternativ können auch andere Cremes und Salben wie etwa Vaseline genutzt werden. Die Präparate müssen für die innere Anwendung bestimmt sein. Sie dürfen die Schleimhäute nicht beeinträchtigen.
  • Nach spätestens einer Minute hat sich die Kompressionsfolie rückstandslos aufgelöst. Der Schaumstoff der Analtamponade dehnt sich aus und passt sich der Darmwand individuell an.
  • (Hinweis: Andere Produkte müssen vor dem Einführen in Wasser eingeweicht werden.)
  • Nach maximal zwölf Stunden wird die Analtamponade mittels des außen liegenden Rückholbandes wieder herausgezogen. I.d.R. setzt kurze Zeit später der Stuhldrang beim Bewohner ein.
  • Der Tampon wird auch entfernt, wenn bei dem Bewohner der Stuhldrang noch vor Ablauf der 12 Stunden einsetzt; also während die Analtamponade noch eingesetzt ist.
  • Der Zug am Rückholband darf nur mit mäßiger Kraft erfolgen.
  • In den ersten drei bis vier Tagen wird der Bewohner über ein unangenehmes Gefühl von verstärktem Stuhldrang klagen. Diese Missempfindung klingt aber schrittweise ab. Entspannungsübungen können dabei helfen.
Nachbereitung:
  • Die Analtamponade darf nicht in der Toilette entsorgt werden. Sie ist schwimmfähig und würde nicht untergehen.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass ein ausreichend großer Vorrat an Analtamponaden verfügbar ist. Der behandelnde Arzt wird rechtzeitig um eine neue Verordnung gebeten.
  • Alle Beobachtungen werden dokumentiert.
  • Bei relevanten Beobachtungen wird der Hausarzt informiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung des Bewohners aktualisiert.
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Pflegeplanung
  • Fragen an den Arzt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Stuhlinkontinenz; Darmschwäche; Analtampon
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.