das Altenpflegemagazin im Internet
www.altenpflegemagazin.de
Start Log-in Service Registrierung AGB+Datenschutz Suche / Stichwortindex Quiz Mobil Impressum

 

Version 2.05b - 2016

Standard "Pflege von Senioren mit Erysipel ('Wundrose')"

 
Ein Erysipel ist nicht nur schmerzhaft und lästig; für pflegebedürftige Senioren ist Wundrose eine ernste gesundheitliche Bedrohung. Wir zeigen Ihrem Team, wie die Infektion erkannt und behandelt wird.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Erysipel"
Definition:
  • Ein Erysipel (auch 'Wundrose') ist eine örtlich begrenzte bakterielle Entzündung der Haut. Sie wird zumeist ausgelöst durch ß-hämolysierende Streptokokken. Als Eintrittspforte dienen Hautläsionen wie etwa kleine Wunden, Rhagaden, ein Insektenstich oder Fußpilz.
  • Die Inkubationszeit liegt zwischen wenigen Stunden bis zu mehreren Tagen.

  • Ein Erysipel entwickelt sich zumeist an den Unterschenkeln und im Gesicht. Betroffen sind vor allem die Nase, die Wangen sowie die Ohren. Mitunter wird auch die Genitalregion befallen.
  • Die Ausbreitung erfolgt entlang der Lymphbahnen. Krampfadern und Geschwüre können die Krankheitsentwicklung fördern.
  • Ältere Menschen sind überdurchschnittlich häufig von einem Erysipel betroffen.
Grundsätze:
  • Ein Erysipel ist eine ernst zu nehmende Bedrohung für die Gesundheit aller Bewohners. Potenziell ist die Krankheit ansteckend und somit für andere (insbesondere immungeschwächte) Bewohner ebenfalls eine Gefahr.  Die Keime sind in der Lage, Muskeln und Gelenke zu befallen. Letztlich kann es sogar zu einer Sepsis kommen.
  • Eine lokale Anwendung von Antiseptika kann die systemische Antibiotikatherapie nicht ersetzen.
Ziele:
  • Durch angemessene Prophylaxemaßnahmen wird die Infektion der Haut vermieden.
  • Sollte sich dennoch ein Erysipel bilden, wird dieses schnell und korrekt erkannt. Die ärztliche Behandlung wird zeitnah eingeleitet.
  • Die Schmerzbelastung des Bewohners wird auf ein Minimum reduziert.
  • Es kommt zu keinen Komplikationen.
  • Das Erysipel heilt schnell aus. Eine erneute Infektion wird vermieden.
  • Eine Übertragung der Krankheit auf andere Bewohner wird vermieden.
Vorbereitung: Prophylaxe
  • Die effektivste Prophylaxe besteht in einer sorgfältigen Hautpflege. Eine gut gepflegte Haut weist weniger Risse und Verletzungen auf. Folglich finden Krankheitserreger wie Streptokokken oder Staphylokokken weniger Eintrittspforten.
  • Wir verhindern eine Austrocknung der Haut. Der Bewohner sollte daher nicht zu häufig und nicht zu lange baden oder duschen. Die Wassertemperatur sollte moderat gewählt werden.
  • Die Haut des Bewohners wird mit geeigneten Hautpflegeprodukten versorgt. Zur Körperreinigung nutzen wir seifenfreie Syndets. Diese schonen den Säureschutzmantel der Haut.
  • Wir achten auf Hautveränderungen beim Bewohner. Dieses gilt insbesondere für Bewohner mit Krampfadern, chronischer Venenschwäche oder Lymphödemen. Bei entsprechenden Beobachtungen soll der Bewohner zeitnah seinen Arzt aufsuchen. Wir raten ihm dringend von eigenständigen Therapieversuchen ab.
  • Wenn der Bewohner unter anderen Hauterkrankungen leidet, stellen wir sicher, dass der Juckreiz adäquat therapiert wird. Durch häufiges Kratzen können Streptokokken unter die Haut verschleppt werden.
  • Falls der Bewohner an Diabetes mellitus leidet, erfolgt die Fußpflege ausschließlich durch Podologen oder durch medizinische Fußpfleger.
Symptome
  • Wir achten auf Symptome, die für ein sich bildendes Erysipel sprechen:
    • Betroffen sind zumeist das Gesicht oder die Unterschenkel. Es bildet sich in kurzer Zeit eine hochrote und druckschmerzhafte Schwellung, die deutlich gegen die Umgebung abgegrenzt ist. Der Hautbereich ist überwärmt. Häufig sind zungenförmige Ausläufer sichtbar (daher der Name "Wundrose").
    • Teilweise sind befallene Hautregionen mit Bläschen überdeckt. Es können sich auch Nekrosen bilden.
    • Im Bereich des Erysipels findet sich zumeist eine kleinere oder größere Wunde als Ausgangspunkt.
    • Die nachgeschalteten Lymphknoten sind geschwollen.
    • Der Bewohner erleidet hohes Fieber mit Schüttelfrost. Er klagt über Kraftlosigkeit und über ein schweres Krankheitsgefühl.
  • Wenn es hinreichende Anzeichen für ein Erysipel gibt, wird der Arzt informiert. In den meisten Fällen erfolgt die weitere Behandlung zunächst stationär in einem Krankenhaus.
Durchführung: Nutzung von Octenisept
  • Unsere Pflegekräfte beachten die Regeln des Hygienemanagements, um eine Übertragung zu vermeiden.
  • Wir nutzen zu Eiswürfeln gefrorenes Octenisept, um die Wunde zu kühlen, um die Schmerzen zu lindern und um die Keimzahl zu reduzieren.
  • Das Octenisept wird in einer sterilen Eiswürfelschale eingefroren.
  • Die Pflegekraft entnimmt einen Würfel und reibt die betroffenen Hautbereiche vorsichtig ein.
  • Danach legen wir einen kalten Octeniseptumschlag auf. Bevor die Kompressen getrocknet sind, wird der Vorgang wiederholt.
Unterstützung bei der medizinischen Behandlung
  • Der Bewohner erhält eine hohe Dosis eines Antibiotikums. Genutzt wird zumeist Penicillin, alternativ können Cephalosporine oder Makrolide verwendet werden. Zumeist erfolgt die Applikation der Antibiotika intravenös. In leichteren Fällen ist eine orale Verabreichung möglich.
  • In den ersten 24 Stunden nach Beginn der Antibiotikaapplikation wird sich die Entzündung nicht mehr oder nur noch geringfügig ausbreiten. In den folgenden Tagen sollte sich der entzündete Bereich schrittweise zurückbilden.
  • Wenn sich die Entzündung nach 24 Stunden trotz der Antibiotikagabe weiterhin ausbreitet oder wenn sich der Zustand des Bewohners verschlechtert, muss der Arzt bzw. der Notarzt informiert werden.
  • Die Antibiotikatherapie dauert zumeist 10 bis 14 Tage.
  • Die Eintrittspforte muss behandelt werden, also etwa die Pilzerkrankung, die lokale Wunde oder das Ulkus cruris. Wenn also z. B. im Bereich der Zehenzwischenräume eine Pilzerkrankung vorliegt, applizieren wir ein Antimykotikum.
  • Wenn der Bewohner unter einem Gesichtserysipel leidet, sollte er nicht sprechen. Er erhält flüssig-breiige Nahrung, da er nicht kauen darf. Wegen des Kauverbots ist eine Parotitisprophylaxe sinnvoll.
  • Der Bewohner sollte sich möglichst im Bett aufhalten und langes Stehen vermeiden. Wenn der Bewohner unter Fieber und unter Schüttelfrost leidet, ist Bettruhe unvermeidbar.
  • Wenn die Unterschenkel geschwollen sind, werden die Beine hochgelagert. Wir nutzen dafür z. B. ein Kissen.
  • Die entsprechenden Prophylaxemaßnahmen werden umgesetzt, insbesondere die Pneumonie-, Dekubitus- und Thromboseprophylaxe.
  • Im Bereich eines Erysipels darf kein Kompressionsverband angelegt werden. Als Folge des erhöhten Drucks kann es zu einem Einschwemmen von Keimen in den Blutkreislauf kommen.
  • In vielen Fällen ist der erkrankte Körperbereich noch ödematös, nachdem sich die Entzündung bereits zurückgebildet hat. In diesem Fall erhält der Bewohner ggf. eine Lymphdrainage und einen Kompressionsverband.
  • Der Zustand des Bewohners wird engmaschig überwacht. Wir dokumentieren insbesondere die Vitalzeichen, die Körpertemperatur und den Hautzustand.
  • Die Ausbreitung der Hautentzündung wird regelmäßig kontrolliert. Ggf. wird der Rand markiert, um den Verlauf genau zu erfassen. Alternativ werden Fotos des betroffenen Bereichs erstellt.
  • Zur Vermeidung einer Thrombose wird ggf. Heparin appliziert.
  • Um eine Keimverschleppung zu vermeiden, muss sich die Pflegekraft nach jeder Pflegemaßnahme die Hände desinfizieren. Wir nutzen konsequent Einmalhandschuhe. Der Hygienebeauftragte wird mit einbezogen.
Nachbereitung: Komplikationen
  • Die häufigsten Komplikationen sind Rezidive (Wiederauftreten, Rückfall), etwa als Folge einer unzureichenden Antibiotikatherapie.
  • Wenn das Erysipel im Bereich des Gesichts auftritt, besteht das Risiko, dass sich die Erreger über die venöse Bahn in das Gehirn ausbreiten und dort eine Sinus-cavernosus-Thrombose auslösen.
  • Es kann zu Streptokokkenfolgeerkrankungen kommen, wie etwa Nierenentzündungen (Poststreptokokkennephritis) sowie Entzündungen am Herzen (Endokarditis und Perikarditis).
  • Oftmals kommt es auch zu einer Lumenverlegung im Lymphsystem. Eine anhaltende Lymphstauung löst ein unförmiges Anschwellen von Körperteilen aus.
weitere Maßnahmen
  • Alle Maßnahmen werden genau dokumentiert.
  • Dem Bewohner wird die Gelegenheit gelassen, Schlaf nachzuholen.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.
  • Der Zeitpunkt für die Mobilisierung sollte sorgfältig gewählt werden. Der Bewohner darf erst dann körperlich belastet werden, wenn er wieder Kräfte gesammelt hat und insbesondere Flüssigkeitsverluste ausgeglichen sind.
Prognose
  • Wenn die Therapie rechtzeitig erfolgt, heilt das Erysipel fast immer aus.
  • Ein Erysipel kann lebensbedrohlich sein, wenn eine Therapie unterbleibt. Zudem besteht bei einem unbehandelten Erysipel eine hohe Rezidivgefahr.
Dokumente:
  • Leistungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung
  • Meldebogen Gesundheitsamt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Erysipel; Wundrose; Haut; Infektion; Sepsis; Phlegmone; Meningitis; Bronchitis; Pneumonie; Myokarditis; Endokarditis; Erythema nodosum; Glomerulonephritis; Thrombophlebitis; Hirnvenenthrombose; Gesichtserysipel
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.