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Version 1.05 - 2015

Standard "Pflege von Senioren mit Schuppenflechte (Psoriasis)"

 
Wenn Senioren an Schuppenflechte leiden, ist die Behandlung der eigentlichen Hauterkrankung nur ein Teil der pflegerischen Aufgaben. Ebenso wichtig ist die emotionale Betreuung. Denn viele Betroffene fühlen sich ausgegrenzt und isoliert.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Schuppenflechte (Psoriasis)"
Definition:
  • Schuppenflechte (Psoriasis) ist eine chronisch-entzündliche und nicht infektiöse Autoimmunkrankheit. Sie betrifft vor allem die Haut sowie die Nägel und verläuft schubweise. Zwei bis drei Prozent der Menschen in Deutschland leiden unter dieser Erkrankung.
  • Abhängig von der klinischen Symptomatik werden verschiedene Formen unterschieden:
    • Hauptsymptom einer "Psoriasis vulgaris" ist das Auftreten von geröteten und scharf begrenzten Plaques. Diese sind mit einer silbrig-weißen Schuppung überzogen. Die Hautveränderungen treten hauptsächlich an den Streckseiten der Gelenke sowie am Steißbein auf. Auch der behaarte Kopf und die Haut im Bereich des Kreuzbeins können betroffen sein. Eine "Psoriasis inversa" liegt vor, wenn die Hautfalten (z.B. die Achselregion) befallen sind.
    • Bei jedem zweiten aller Psoriasis-Patienten treten neben Hautschäden auch Nagelveränderungen auf. Sichtbar sind z.B. sog. "Ölflecken" oder "Tüpfelnägel". Bei einem"Krümelnagel" ist die Nagelplatte erheblich beschädigt. Der Nagel selbst ist brüchig oder zerfällt vollständig.
    • Rund 20 Prozent aller Betroffenen leiden zusätzlich unter einer Gelenkentzündung ("Psoriasisarthritis"). Auch andere chronisch-entzündliche Erkrankungen treten ungewöhnlich häufig auf.
    • Bei einer "Psoriasis pustulosa" treten kleine, weiße Pusteln auf. Werden diese berührt, verspürt der Bewohner Schmerzen. Breiten sich diese Hautschädigungen am ganzen Körper aus, liegt eine "Psoriasis pustulosa generalisata" vor. Es besteht dann Lebensgefahr.

Grundsätze:
  • Psoriasis ist in den allermeisten Fällen eine gutartige Erkrankung. Dennoch ist uns bewusst, in welchem Maße die Lebensqualität des Bewohners beeinträchtigt ist. Ein freundschaftlicher und wertschätzender Umgang ist daher unverzichtbar.
  • Wir beachten die Grundsätze der aktivierenden Pflege. Soweit möglich soll der Bewohner z.B. Salben eigenständig auftragen.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Haus- bzw. Hautarzt zusammen. Dessen Anweisungen werden sorgfältig befolgt.
Ziele:
  • Eine Psoriasis wird korrekt erkannt und von Krankheiten mit einem ähnlichen Krankheitsbild abgegrenzt.
  • Der Bewohner kennt die Ursachen. Er weiß, dass er durch angepasstes Verhalten den Verlauf der Erkrankung beeinflussen kann.
  • Durch gezielte Pflegemaßnahmen wird die Erkrankung gelindert.
  • Die Lebensqualität des Bewohners bleibt erhalten.
  • Wir verhindern eine soziale Ausgrenzung des Bewohners.
Vorbereitung: Symptome
Wir achten auf Symptome, die für das Auftreten einer Psoriasis sprechen. Der Bewohner wird bei relevanten Beobachtungen dem Hausarzt oder einem Facharzt vorgestellt.
  • Auf der Haut des Bewohners bilden sich Plaques aus silbrig weißen Schuppen. Die Plaques sind scharf begrenzt und gerötet.
  • Der Befall ist zumeist symmetrisch verteilt. Die Herde finden sich also an beiden Körperseiten.
  • Wenn über die Haut gestrichen wird, zerfallen die Hautschuppen in feinste, weißliche Partikel.
  • Unter den Schuppen findet sich eine entzündete und rot glänzende Hautschicht. Ein Kratzen führt zu punktförmigen Blutungen.
  • Der Hautbereich ist i.d.R. nicht schmerzempfindlich. Auch ein Juckreiz liegt nicht zwangsläufig vor. Nur während eines akuten Schubs hat der Betroffene ggf. den starken Wunsch, sich zu kratzen.
Vermeidung von Schüben
Durch Prophylaxemaßnahmen lässt sich bei vielen Betroffenen der Erkrankungsverlauf beeinflussen.
  • Der Bewohner soll sich möglichst wenig kratzen, da durch die Mikroläsionen ein neuer Psoriasisherd entstehen kann. Wir schneiden die Nägel des Bewohners möglichst kurz und rund, um Schäden auf der Haut zu reduzieren.
  • Der Bewohner soll lockere und luftige Kleidung tragen, die nicht auf der Haut reibt.
  • Der Bewohner soll fettreiche Präparate mit Feuchtigkeit speichernden Zusätzen nutzen. Die Produkte sollten parfümfrei sein und werden mehrmals täglich aufgetragen. Körperbereiche, die der Bewohner nicht selbst erreichen kann, versorgt die Pflegekraft.
  • Bei einer Nagelpsoriasis werden die Nägel vor dem Schneiden eingefettet. Das senkt die Gefahr, dass die Nägel durch die mechanische Belastung brechen.
  • Nach der Körperpflege wird die Haut des Bewohners besonders vorsichtig abgetrocknet. Die Pflegekraft sollte die Haut nicht abreiben, sondern nur trocken tupfen.
  • Wenn der Bewohner an einer Psoriasis in der Gesäßfalte leidet, muss die Haut um den After nach jedem Stuhlgang ebenso gründlich wie vorsichtig gereinigt werden.
  • Der Bewohner wird vor vermeidbaren Infekten geschützt. Insbesondere soll er in den kalten Monaten warme Kleidung tragen.
  • Der Bewohner sollte sich keiner Sonneneinstrahlung aussetzen und jeden Sonnenbrand vermeiden.
  • Wir empfehlen dem Bewohner dringend, den Konsum von Tabak und von Alkohol einzustellen oder zumindest deutlich zu reduzieren.
  • Die Einnahme von Betablockern wird kritisch hinterfragt. Bei einer Hypertonie prüfen wir andere Strategien zur Blutdrucksenkung; insbesondere die Normalisierung des Körpergewichts.
Durchführung: Therapie:
  • Zunächst müssen die Schuppen beseitigt werden (sog. "Keratolyse"). Erst wenn die übermäßige Hornschicht entfernt ist, kann die darunterliegende entzündete Haut behandelt werden. Oftmals ist dafür schon das Auftragen von wirkstofffreien Cremes ausreichend. Alternativ applizieren wir schuppenlösende Substanzen, also etwa Salicylsäure oder Harnstoffpräparate. Schuppen an der Kopfhaut können ggf. mit einem Anti-Schuppen-Shampoo aus der Drogerie beseitigt werden. Alternativ nutzen wir Salicylsäure-Shampoos. Fest haftende Schuppen am Kopf lassen sich mittels einer sog. "Ölkappe" über Nacht lösen.
  • In keinem Fall sollte der Bewohner die Schuppen mechanisch entfernen, etwa durch eine Bürste oder mittels eines Bimssteins.
  • Daran schließt sich die Lokaltherapie an. Die geschädigten Bereiche werden mit Salben behandelt, die Entzündungen hemmen und die Zellvermehrung bremsen. Deren Wirkung tritt allerdings i.d.R. erst nach ein bis zwei Wochen ein. Die Pflegekraft informiert den Bewohner darüber und bittet ihn um Geduld.
  • Bei einer Psoriasis inversa ist es wichtig, das feuchte Milieu der Körperfalten zu korrigieren. Die Pflegekraft legt Mullkompressen oder Leinenläppchen in die Hautfalten ein. Mittels Zinkpaste lassen sich Herde ggf. austrocknen. Sitzbäder mit Gerbstoffen sind bei einem Befall der Sitzfalte sinnvoll. Der Einsatz von schwach wirksamen Glukokortikoiden sollte auf kurze Zeiträume begrenzt werden.
  • Ggf. erhält der Bewohner eine UV-Lichttherapie (sog. "Fototherapie"). Diese vermindert Entzündungsreaktionen und hemmt die Zellbildung.
    • Bei mäßigen Krankheitsverläufen wird eine kurzwellige UVB-Strahlung genutzt, die drei- bis fünfmal pro Woche durchgeführt wird.
    • Bei gravierenden Symptomen erhält der Bewohner zwei- bis viermal pro Woche eine UVA-Strahlung, also langwelliges UV-Licht.
  • Der Effekt der Fototherapie wird i.d.R. durch Psorale verstärkt. Diese natürlichen Substanzen werden äußerlich als Cremes oder als Badezusatz aufgebracht. Alternativ applizieren wir Psorale  oral, also in Tablettenform. Nach jeder Anwendung soll der Bewohner den Aufenthalt in der Sonne meiden.
  • Wir achten darauf, dass der Bewohner vor einer UV-Lichttherapie keine Salben oder andere Pflegeprodukte auf die betroffene Hautzone aufträgt, ohne zuvor Rücksprache mit dem Arzt zu halten.
  • Im Rahmen der Lichttherapie ist damit zu rechnen, dass die Haut des Bewohners sehr lichtempfindlich wird und dass ausgeprägte Sonnenbrände auftreten.
  • Bei schweren Verläufen der Psoriasis vulgaris sowie bei Psoriasis arthropathica muss eine systemische Therapie erfolgen. Der Bewohner erhält Immunsuppressiva sowie Biologika, also Arzneistoffe zur Eindämmung der krankhaften Überaktivität des Immunsystems.
  • Bei einer Psoriasis der Kopfhaut kann ein UV-Lichtkamm den Juckreiz lindern. Bei der Benutzung eines "normalen" Kamms (zur Haarpflege) sollte der Bewohner nicht zu stark aufdrücken. Der Föhn sollte nur auf mäßige Wärmeentwicklung gestellt werden.
  • Wenn der Bewohner unter Juckreiz leidet, sollten die Nägel kurz gehalten werden. Damit lassen sich Hautschäden vermeiden, wenn sich der Bewohner kratzt.
Weitere Maßnahmen
  • Wir versuchen, einer Vereinsamung des Bewohners entgegenzuwirken. Insbesondere versichern wir seinen Mitbewohnern, dass die Erkrankung nicht ansteckend ist.
  • Viele Salben, die im Rahmen der Psoriasis eingesetzt werden, haben eine verfärbende Wirkung auf Textilien. Wir achten darauf, dass die Lieblingskleidung des Bewohners während der Anwendung nicht getragen wird.
Nachbereitung: Prognose:
  • Die Erkrankung kann durch Vorsorgemaßnahmen und durch eine gute Therapie umfassend gelindert werden. Insbesondere lassen sich lange Intervalle völliger Symptomfreiheit erreichen.
  • Eine dauerhafte Heilung jedoch bleibt unmöglich.
  • Bei einer Fototherapie ist nach ein bis zwei Wochen mit einem Wirkungseintritt zu rechnen. Bis zur Abheilung der Herde können vier bis sechs Wochen vergehen.
  • Eine systemische Behandlung zeigt i.d.R. erst nach vier Wochen den gewünschten Effekt.
  • Durch die mitunter stigmatisierenden Hautveränderungen ist mit sozialer Isolation zu rechnen. Das Risiko für Depressionen und für Suizide steigt.
  • Viele Betroffene kompensieren die Stressbelastung durch Alkohol- und durch Drogenmissbrauch.
Weitere Maßnahmen:
  • Wir achten auf Veränderungen, die als Folge der Therapie auftreten können. Relevante Kriterien sind die Hautfarbe, die Hautspannung (Hautturgor) sowie die Hautstruktur.
  • Wir bitten den Bewohner, uns zu kontaktieren, wenn er unter Nebenwirkungen der Medikamente leidet. Bei der systemischen Therapie tritt z.B. häufig Übelkeit auf.
  • Viele im Rahmen der Psoriasis-Therapie eingesetzten Medikamente können zu Nieren- und zu Leberfunktionsstörungen führen. Daher sind regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen sinnvoll.
  • Bei Psoriasis arthropathica bilden sich ggf. Knochen- und Gelenkdeformationen aus, die die Mobilität des Bewohners beeinträchtigen. Wir intensivieren daher ggf. unsere Maßnahmen im Rahmen der Sturzprophylaxe.
Dokumente:
  • Leistungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Schuppenflechte; Psoriasis; Haut
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