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Version 2.05a - 2017

Standard "Verwendung eines Hörgeräts"

 
Noch vor 60 Jahren hatten Hörgeräte die Größe einer Zigarettenschachtel und waren für eine diskrete Anwendung denkbar ungeeignet. Heutige Geräte kosten bis zu 2000 Euro, verschwinden dafür aber komplett im Gehörgang und sind dort nahezu unsichtbar.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


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+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
Standard "Verwendung eines Hörgeräts"
Definition:
  • In vielen Fällen ist die Schwerhörigkeit eines Bewohners so weit fortgeschritten, dass insbesondere die verbale Kommunikation erheblich eingeschränkt ist. Da operative oder medikamentöse Maßnahmen zumeist nicht helfen, werden die Beeinträchtigungen durch Hörgeräte kompensiert.
  • Mittels der Versorgung mit Hörgeräten können die Lebensqualität sowie die Sicherheit etwa im Straßenverkehr erheblich verbessert werden. Dennoch nutzen viele Hörgeschädigte diese Systeme ungern. Sie befürchten, mit der Bedienung überfordert zu sein, das teure Gerät zu beschädigen oder es zu verlieren. Sie möchten zudem verhindern, dass ihr Umfeld von der Hörbehinderung erfährt. Andere Behinderte möchten sich das Geld für den regelmäßigen Batteriewechsel sparen.
  • Je nach Hörschädigung kann unter verschiedenen Arten von Hörgeräten gewählt werden:

    • “Hinter-dem-Ohr-Geräte” (“HdO-Geräte”) sind der Ohrmuschelform nachempfunden. Das halbmondförmige Gerät wird mit einem Tragehaken hinter der Ohrmuschel platziert. Es leitet durch einen Verbindungsschlauch die Schallwellen in den äußeren Gehörgang. Der Gehörgang wird dabei durch ein Ohrpassstück nach außen hin abgeschlossen. Mit HdO-Geräten können auch fortgeschrittene Schwerhörigkeiten kompensiert werden.

    • Im-Ohr-Geräte (“IO-Geräte” / “IdO-Geräte”) sind deutlich kleiner. Sie passen komplett in den knorpeligen Anteil des äußeren Gehörgangs. Sie sind häufig farblich an die Haut angepasst und daher von außen kaum sichtbar. Um das Herausnehmen aus dem Ohr zu erleichtern, besitzen viele Geräte einen Faden. Nachteilig bei diesen Geräten ist die diffizile Bedienung. Senioren mit eingeschränkter Fingerfertigkeit oder mit Sehbehinderungen können solche Geräte oft nicht handhaben. Im-Ohr-Geräte sind für leichte bis mittlere Hörverluste geeignet.
  • Zumeist werden das rechte Gerät mit einem roten Punkt und das linke Hörgerät mit einem blauen Punkt gekennzeichnet. Diese Zuordnung ist wichtig, da beide Geräte unterschiedlich programmiert sein können.
  • Hörgeräte sind verordnungsfähig. Die Krankenkassen übernehmen die Grundausstattung mit einem Basisgerät. Erfahrungsgemäß können auch mit diesen vergleichsweise günstigen Hörsystemen gute Resultate erzielt werden. Wenn der Bewohner jedoch hochwertige Geräte wünscht, kann die Zuzahlung mehrere Tausend Euro betragen. Die Kosten für die erforderlichen Batterien werden vom Schwerhörigen selbst getragen, sofern er dazu in der Lage ist.
  • Viele Geräte arbeiten vollautomatisch. Dieses ist aber nicht immer sinnvoll. Bei Bewohnern mit Diabetes mellitus kommt es im Tagesverlauf oft zu einer Schwankung des Hörvermögens. Sie hören morgens besser als abends und benötigen daher ein Gerät mit Lautstärkeregler.
Hinweis: Auf dem Markt sind viele verschiedene Modelle erhältlich. Deren Bedienung, Pflege und Wartung können von den Vorgaben dieses Standards abweichen. In diesem Fall sollten Sie diesen Mustertext entsprechend anpassen.)
Grundsätze:
  • Hörgeräte sind wertvolle Gegenstände, mit denen wir vorsichtig umgehen. Schon ein Fall aus geringer Höhe kann ein Gerät erheblich beschädigen.
  • Hörgeräte machen nur dann Sinn, wenn sie regelmäßig getragen werden. Falls die Systeme über eine längere Zeit nicht genutzt werden, reduziert sich die Hörwahrnehmung im Gehirn.
Ziele:
  • Durch die Nutzung des Hörgeräts gewinnt der schwerhörige Bewohner einen Teil seiner Hörfähigkeit zurück. Er ist wieder in der Lage, verbale Kommunikation zu verstehen. Zudem kann er sich sicher in fremden Umgebungen bewegen, insbesondere im Straßenverkehr.
  • Durch eine sorgfältige Pflege und Reinigung bleibt das Hörgerät über Jahre funktionsfähig.
  • Schäden am Gerät werden zeitnah erkannt und behoben.
Vorbereitung: Organisation
  • In einigen stationären Pflegeheimen gibt es eine regelmäßige Gerätesprechstunde. Der Hörgeräteakustiker kommt dafür einmal im Monat in das Haus.
  • Hörgeräte sollten möglichst früh angepasst werden. In vielen Fällen erfolgt die Versorgung aber erst, wenn die Hörschädigung weit fortgeschritten ist. In diesem Fall muss das Hören zunächst mühselig wieder erlernt werden. Insbesondere bei sehr alten Menschen ist das aber nicht realistisch.
  • Wenn der Bewohner neue Hörgeräte erhält, stellen wir sicher, dass die Bedienungsanleitung sorgfältig und griffbereit aufbewahrt wird. Bevor eine Pflegekraft mit einem Gerät arbeitet oder dieses reinigt, liest sie die Bedienungsanleitung.
Gewöhnung an ein neues Hörgerät
  • Der Hörgeräteakustiker weist den Bewohner in die Benutzung des Geräts ein. Insbesondere bei älteren Menschen ist aber immer damit zu rechnen, dass diese mit der Handhabung überfordert sind. Dieses betrifft die Funktionsprüfung, die Inbetriebnahme und das Einsetzen des Hörgeräts. Viele Betroffene sind ebenfalls nicht in der Lage, das Hörgerät zu reinigen und zu warten, also etwa leere Batterien auszuwechseln. Daher ist es Aufgabe der Pflegekräfte, eingeschränkte Bewohner bei der Nutzung zu unterstützen.
  • In den ersten Tagen und Wochen wird die Nutzung des Hörgeräts sehr anstrengend sein, da der Bewohner mit vielen neuen Geräuschen konfrontiert wird. Wenn wir eine Überforderung feststellen, raten wir dem Bewohner, das Hörgerät für eine Weile abzulegen und sich zu erholen.
  • Die tägliche Nutzungsdauer des Hörgeräts sollte schrittweise erhöht werden. Dennoch kann es Wochen oder gar Monate dauern, bis sich der Bewohner an das Hörgerät gewöhnt hat. Wir raten ihm, die dafür notwendige Geduld aufzubringen.
  • Bei demenziell erkrankten Senioren kann die Nutzung eines Hörgeräts Ängste auslösen. In diesen Fällen sollte die Versorgung mit Hörhilfen kritisch hinterfragt werden.
Durchführung: Allgemeines
  • Feste Abläufe erleichtern es dem Bewohner, eine Routine aufzubauen. So ist es sinnvoll, immer vor dem Einsetzen des Hörgeräts die Ohren zu reinigen. Auch die Reihenfolge sollte immer gleich bleiben. Es wird also stets erst das rechte Hörgerät eingesetzt, dann das linke.
  • Wir achten darauf, das richtige Hörgerät für jedes Ohr einzusetzen. Jedes Hörgerät ist individuell auf den Hörverlust des jeweiligen Ohrs optimiert. Wenn wir die Hörgeräte vertauschen, wird der Bewohner deutlich schlechter hören.

  • Die Pflegekraft steht beim Einsetzen und beim Entnehmen der Hörgeräte hinter dem Bewohner. Dadurch entsprechen ihre Handgriffe denen des Bewohners. Gemäß des Prinzips der aktivierenden Pflege sollte der Bewohner das Einsetzen und das Entnehmen langfristig selbstständig durchführen.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass die Hände und die Ohren sauber und trocken sind.
  • Wir mobilisieren den Bewohner auf einen Stuhl vor einem Tisch. Auf dem Tisch stellt die Pflegekraft einen Spiegel auf. Ideal ist ein Vergrößerungsspiegel. Der Bewohner kann dann das Einsetzen genau verfolgen und die Prozedur langfristig selbst durchführen.
  • Hörgeräte sollten nicht über einem Wasch- oder Spülbecken gewechselt werden; insbesondere nicht, wenn der Abfluss geöffnet ist.
  • Der Bewohner soll seine Ellenbogen auf dem Tisch aufstützen. Er ist dadurch in der Lage, die Hände ruhiger zu halten.
  • Wir legen ggf. einfarbigen Moltonstoff auf dem Tisch aus. Damit fällt es dem Bewohner leichter, das Hörgerät oder einzelne Komponenten wiederzufinden, wenn diese aus der Hand rutschen. Das Einsetzen gelingt häufig erst nach viel Übung.
  • Wir stellen ggf. sicher, dass das Hörgerät ausgeschaltet oder auf minimale Lautstärke gestellt ist. Wir vermeiden damit unangenehme Pfeiftöne.
Einsetzen und Entfernen eines HdO-Geräts
Einsetzen
  • Beim Einsetzen des Geräts in den Gehörgang soll der Bewohner den Mund öffnen. Das erleichtert das Einführen. Die Pflegekraft kann das Ohrpassstück durch eine geringe Drehung unter die Hautfalte der Ohrmuschel schieben. Wenn die Pflegekraft vorsichtig am Ohrläppchen nach unten zieht, wird das Einlegen vereinfacht. Wir achten auf einen dichten Abschluss.
  • Nun wird das eigentliche Gerät angelegt. Wir achten darauf, dass der Schallschlauch nicht abknickt.
  • Die Pflegekraft schaltet das Hörgerät ggf. ein bzw. regelt die Lautstärke. Eine optimale Lautstärkeeinstellung ist erreicht, wenn der Hörgeschädigte seine eigene Stimme gut hören kann und es nicht zu einem Widerhall kommt.
Entfernen
  • Das Herausnehmen des Hörgeräts erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. Die Pflegekraft stellt sicher, dass zunächst die Lautstärke herunter geregelt wird oder das Gerät ausgeschaltet ist. Ansonsten käme es zu einem Pfeifen.
  • Die Pflegekraft holt das Hörgerät von seiner Position hinter dem Ohr nach vorne; also etwas vor das Ohr.
  • Die Pflegekraft umfasst das Ohrpassstück mit dem Daumen und mit dem Zeigefinger und zieht es vorsichtig aus dem Ohr. Sie kann das Ohrpassstück dabei ggf. leicht drehen.
Einsetzen und Entfernen eines "Im-Ohr-Geräts"
Einsetzen
  • Die Pflegekraft nimmt das Hörgerät zwischen den Daumen und den Zeigefinger.
  • Sie platziert die schmalere Seite des Hörgeräts im Ohrkanal.
  • Die Pflegekraft zieht vorsichtig am Ohrläppchen und drückt das Hörgerät sanft in die richtige Position.
Entfernen
  • Wenn das Gerät über einen Ziehfaden verfügt, so umfasst die Pflegekraft diesen mit dem Daumen und mit dem Zeigefinger. Ein leichter Zug entfernt das Gerät aus dem Gehörgang.
  • Bei Geräten ohne Ziehfaden legt die Pflegekraft den Daumen hinter das Ohrläppchen. Sie drückt nun das Ohr mit dem Daumen vorsichtig nach oben. Dadurch wird das Hörgerät aus dem Ohrkanal geschoben. Wenn der Bewohner unterstützend Kaubewegungen durchführt, lockert er damit das Hörgerät und erleichtert so das Herausschieben.
  • Sobald das Hörgerät ausreichend aus dem Gehörgang hervorsteht, kann die Pflegekraft es mit dem Daumen und mit dem Zeigefinger der anderen Hand greifen und herausnehmen.
  • Achtung: Ein "Im-Ohr-Gerät" ist sehr klein und fällt bei der Prozedur leicht zu Boden.
Prüfung
  • Wir fragen den Bewohner nach dem Einsetzen, ob er Beschwerden hat.
  • Korrekt eingesetzte Hörgeräte ermöglichen dem Bewohner ein gutes, klares Hören. Die Systeme sitzen komfortabel und produzieren keine Störgeräusche. Viele Störgeräusche (Pfeifen) und akustische Probleme bei der Hörversorgung sind darauf zurückzuführen, dass das Hörgerät falsch eingesetzt wurde.
  • Wenn der Bewohner seine Hörgeräte als unangenehm oder sogar als schmerzhaft empfindet, liegt das zumeist daran, dass diese nicht optimal eingesetzt wurden.
Nachbereitung: körperliche Veränderungen
  • Eine erhebliche Gewichtszunahme und eine Gewichtsabnahme wirken sich auch auf das subkutane Fettgewebe um den Gehörgang aus. Ggf. verschließt das Ohrpassstück dann den Gehörgang nicht mehr richtig. In diesem Fall suchen wir den Hörgeräteakustiker auf und bitten um eine Anpassung.
  • Vielfach klagen Schwerhörige über einen Juckreiz im Gehörgang. Durch eine Spezialcreme kann dieses kompensiert werden.
  • Durch das Tragen eines Hörgeräts kann es im Ohr zu Druckgeschwüren kommen. Die Pflegekraft inspiziert daher täglich die Ohren und achtet insbesondere auf Rötungen. Falls notwendig kontaktieren wir den Hörgeräteakustiker. Ein gut angepasstes Gerät verursacht bei korrekter Handhabung keine Druckstellen.
  • Die Pflegekraft prüft auch, ob ein Cerumenpfropf den Gehörgang verlegt. Bei Absonderungen im Ohr oder bei anderen relevanten Reaktionen raten wir dem Bewohner, zeitnah einen Facharzt aufzusuchen.
  • Sofern eine nachlassende Hörleistung nicht auf einen Gerätefehler zurückzuführen ist, kontaktieren wir den behandelnden Arzt. In diesem Fall kann sich die Schwerhörigkeit intensiviert haben.
Reinigung



 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Hörgerät; Schwerhörigkeit; Taubheit; Hörsturz
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