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Version 1.08b

Standard "Sekretlösung durch mechanische Vibration"

 
Mit der Vibrationsbehandlung lässt sich quälendes Sekret selbst dann lösen, wenn Inhalationen und Drainagelagerungen zuvor erfolglos blieben. Wichtig ist neben einer fundierten Einweisung auch ein entsprechender Pflegestandard. Denn allzu schnell verkehrt sich der Effekt ins Gegenteil und bringt den betroffenen Senioren in ernste Gefahren.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 
Standard "Sekretlösung durch mechanische Vibration"
Definition:
  • Wir nutzen Vibrationsbehandlungen, um festsitzenden Schleim zu lösen, den der Bewohner nicht oder nur mit großer Anstrengung abhusten kann.
  • Die Vibrationen werden im Gerät erzeugt und über eine Stahlplatte auf die Haut übertragen. Die Schwingungen machen Bronchialschleim elastischer und reduzieren dessen Viskosität. Das Sekret gelangt dann leichter in die größeren Bronchialabschnitte, wo es abgehustet oder abgesaugt werden kann.
  • Die meisten Geräte verfügen über zwei Geschwindigkeitsstufen. Die langsamere Stufe kann i.d.R. aufgrund der größeren Amplitude auch tiefere Lungenabschnitte erreichen.
Grundsätze:
  • Die Vibrationsmassage ist eine hochwirksame Maßnahme, die bei korrekter Nutzung dem Betroffenen die Atmung deutlich erleichtert. Gleichzeitig jedoch kann eine fehlerhafte Anwendung mehr Schaden als Nutzen verursachen.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Hausarzt zusammen. Wir stimmen uns hinsichtlich der Intensität und Häufigkeit der Maßnahme mit ihm ab. Wir definieren auch, welche Lungenbereiche primär von Sekretablagerungen befreit werden sollen.
  • Die Maßnahme ist nur dann erfolgreich, wenn der Schleim gelockert wurde und danach abgehustet oder abgesaugt wurde.
Ziele:
  • Das Sekret wird möglichst umfassend aus der Lunge entfernt.
  • Die Atmung des Bewohners wird unterstützt und das Abhusten erleichtert.
  • Die Schmerzbelastung wird minimiert.
  • Die Anwendung ist so angenehm wie möglich.
  • Die Atmung wird dem Bewohner bewusster gemacht.
Vorbereitung: Qualifikation
  • Vibrationsgeräte unterliegen dem Medizinproduktegesetz. Daher dürfen sie nur von Pflegekräften genutzt werden, die zuvor von einer geeigneten Person in die Handhabung eingewiesen wurden. Dieses ist z.B. der behandelnde Physiotherapeut.
  • Es ist sinnvoll, die Anwendung an einem Kollegen zu üben. Darüber hinaus sollten Pflegekräfte sich einmal selbst behandeln lassen, um die Empfindungen zu erleben und abschätzen zu können, wo die Anwendung angenehm und wo sie unangenehm ist.
Indikation / Kontraindikation

Bei folgenden Krankheitsbildern ist die Anwendung von Vibrationsgeräten i.d.R. sinnvoll:

  • Asthma
  • Pneumonie
  • akute und chronische Bronchitis / COPD

Wir nutzen keine Vibrationen bei Bewohnern, bei denen folgende Krankheitsbilder vorliegen oder vorliegen könnten:

  • Schädel-Hirn-Trauma (Risiko einer Hirnblutung als Folge von Drucksteigerungen im Gehirn)
  • Herzinfarkt, Lungenembolie oder Phlebothrombose (Risiko der Ablösung eines Blutgerinnsels)
  • Tumore oder Metastasen im Kopf und Thoraxbereich (Risiko von Spontanfrakturen)
  • Frakturen der Rippen, Thoraxdrainagen
  • gesteigerte Blutungsneigung
  • fortgeschrittene Osteoporose (Risiko von Gewebeverletzungen sowie Spontanfrakturen)
  • Periduralkatheter
unterstützende Maßnahmen

Die für die jeweiligen Krankheitsbilder geltenden Standards werden sorgfältig umgesetzt, etwa:

  • Standard "Pflege von Senioren mit einer akuten Bronchitis"
  • Standard "Pflege von Senioren mit einer chronischen Bronchitis"
  • Standard "Pflege von Senioren mit Pneumonie"
Organisation
  • Bei vielen Bewohnern ist die Anwendung trotz Schmerzen notwendig und sinnvoll. Der Bewohner sollte dann mit zeitlichem Vorlauf ein wirksames Analgetikum erhalten, das ihm vom behandelnden Arzt als Bedarfsmedikation verschrieben wurde.
  • Die Maßnahme sollte nicht direkt nach einer Mahlzeit durchgeführt werden.
  • Eine Behandlung sollte mindestens fünf Minuten dauern und kann mehrmals täglich durchgeführt werden.
  • Die Fenster werden geschlossen und die Raumluft ggf. auf eine angenehme Temperatur geheizt.
  • Das Bett wird in eine angenehme Arbeitshöhe gebracht.
  • In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen gebeten.
  • Wir legen Zellstoff oder eine Nierenschale bereit, damit der Bewohner das gelöste Sekret abhusten kann.
  • Die Pflegekraft überzeugt sich davon, dass das Gerät keinen Defekt aufweist.
  • Das Vibrationsgerät wird mit einem dünnen Tuch o.Ä. überzogen, um Keimübertragungen zu vermeiden.
  • Bei dünnen oder sogar kachektischen Senioren kann die Vibrationsscheibe zusätzlich mit Watte gepolstert werden.
  • Die Pflegekraft behandelt die Haut des Bewohners mit einem Massageöl oder mit einer W/O-Lotion. Das Präparat wird von oben nach unten aufgetragen. (Hinweis: Zuvor muss geprüft werden, ob der Bewohner allergisch auf das Öl reagiert.)
Mobilisierung

Die Form der Mobilisierung ist abhängig vom Gesundheitszustand des Bewohners.

  • Der Bewohner soll sich so hinlegen, dass die zu behandelnde Körperseite oben liegt. Der gelöste Schleim kann dann durch die Schwerkraft abfließen und leichter abgehustet werden. Der Bewohner wird in Richtung Bettkante mobilisiert, damit die Pflegekraft den Rücken leichter erreichen kann.
  • Wenn der Bewohner in eine Sitzposition an der Bettkante mobilisiert wird, kann er die Arme auf einem großen Kissen ablegen.
  • Alternativ wird der Bewohner umgekehrt auf einen Stuhl mobilisiert mit den Armen auf der Lehne.
Durchführung:
  • Das Gerät wird auf eine Stärke eingestellt, die der Bewohner bei den letzten Behandlungen als angenehm empfunden hat. Die Pflegekraft stellt die Intensität zu Beginn der Behandlung tendenziell etwas schwächer ein. In den folgenden Minuten kann ggf. die Stärke der Schwingungen schrittweise gesteigert werden.
  • Die Vibrationen werden gesteuert auf der Haut ausgeführt. Dabei werden vor allem zwei Maßgaben beachtet:
    • Es wird immer von peripher nach zentral vibriert, also von den Körperflanken in Richtung Lungenhilus (sog. "Lungenwurzel").
    • Es wird immer von unten nach oben vibriert, also von den steißwärts gelegenen Lungenabschnitten in Richtung Kopf.
  • Ein weiterer Faktor ist die Lage des zu entfernenden Sekrets. Zwei Beispiele:
    • Wenn das Sekret aus den Lungenspitzen entfernt werden soll, ist eine Oberkörperhochlagerung sinnvoll. Die Anwendung erfolgt dann ausgehend von den Schultern in Richtung Lungenhilus.
    • Sekret in den seitlichen basalen Lungenabschnitten kann am besten gelöst werden, wenn sich der Bewohner in einer Seitenlage mit tiefer gelagertem Oberkörper befindet.
  • Die Pflegekraft achtet auf die Atmung des Bewohners. Sie sollte während der Ausatmungsphase mit erhöhtem Druck vibrieren. Beim Einatmen sollte der Auflagedruck deutlich gesenkt werden. Ansonsten kann es dazu kommen, dass der Schleim mit der eingeatmeten Luft in die tieferen Lungenbereiche gezogen wird.
  • Beim Vibrieren werden die Nierengegend und der Bereich über der Wirbelsäule ausgelassen, da die Behandlung hier zu erheblichen Schmerzen führen kann.
  • Wenn der Bewohner während der Anwendung über Beschwerden, Schmerzen, Übelkeit oder Angst klagt, wird die Maßnahme abgebrochen und ggf. der behandelnde Arzt informiert.
  • Ggf. werden die Vitalwerte des Bewohners während der Maßnahme erfasst, insbesondere Pulsfrequenz und Blutdruck.
  • Während der Maßnahme soll der Bewohner ruhig und tief atmen.
  • Auf jeder Thoraxseite wird die Anwendung fünf- bis sechsmal wiederholt.

  • Der Bewohner wird nun aufgefordert, kontrolliert abzuhusten. Wenn er dieses nicht kann, prüfen wir, ob das Sekret abgesaugt werden sollte.
Nachbereitung:
  • Der Bewohner wird bequem gelagert und nach dem Befinden befragt. Er wird aufgefordert, die Pflegekraft zu informieren, wenn er Beschwerden hat.
  • Das Bett wird in die Ausgangsposition gebracht.
  • Die Klingel wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Nach einigen Stunden prüfen wir, ob die Atmung durch die Maßnahme tatsächlich erleichtert wurde. Wichtig ist insbesondere festzustellen, ob und wie sich die Kombinationen von Vibrationsbehandlungen mit anderen Maßnahmen zur Atemerleichterung auswirkt; also etwa Inhalationen. Die Ergebnisse werden dokumentiert und insbesondere auch in der Pflegeplanung festgehalten.
Dokumente:
  • Leistungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Dokumentenblatt "Meldungen an den Arzt"
  • Gerätebuch
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • Pflegefachkräfte
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Bronchitis; Husten; Atemnot; Atmung; Pneumonieprophylaxe; Sauerstoff; Infektion; Vibration
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.