Sehr geehrte Bewohnerin,
sehr geehrter Bewohner,
wir möchten, dass Sie körperlich aktiv bleiben. Daher haben wir es zu
unserer Aufgabe gemacht, Sie vor Kontrakturen zu schützen. Bitte lesen
Sie sich das folgende Informationsblatt aufmerksam durch. Wenn Sie
Fragen haben, stehen Ihnen unsere Pflegekräfte jederzeit zur Verfügung.
Was sind Kontrakturen?
- Wenn ein Gelenk gesund ist,
können Sie den gesamten Bewegungsumfang nutzen. Sie können etwa die
Finger einer Hand ausstrecken und diese danach zu einer Faust ballen.
Ein voll beweglicher Fuß kann erst gestreckt werden, etwa um auf
Zehenspitzen zu laufen. Danach können Sie den Fuß beugen, die Zehen
also in Richtung Knie ziehen.
- Verschiedene Erkrankungen
oder Unfälle können Gelenke so weit schädigen, dass diese nur noch
eingeschränkt beweglich sind. Häufige Auslöser sind ein Knochenbruch,
ein Schlaganfall oder Verbrennungen mit Narbenbildung. Werden Gelenke
über längere Zeit nicht bewegt, bilden sich Muskeln und Bänder zurück.
Letztlich kann es zu einer völligen Gelenkversteifung kommen. Weder der
Betroffene selbst noch die Pflegekräfte können solche versteiften
Gelenke bewegen.
- Dieser Abbauprozess kann
auch die äußere Erscheinung von Gliedmaßen verändern. Hände, Füße oder
etwa Schultern sehen verdreht und missgebildet aus.
Bild: Kontrakturen haben diese Hand im Verlauf von Jahren regelrecht verformt.
Bild: Der
Spitzfuß ist die häufigste Kontrakturform in der Altenpflege.
Betroffene gehen auf Zehenspitzen, da sie nicht mehr die gesamte
Fußfläche aufsetzen können.
Wer ist besonders gefährdet?
- Betroffen sind oft Senioren,
die an einer Gelenkentzündung leiden, wie etwa bei Gicht oder bei
Rheumaerkrankungen. Häufiger Auslöser ist auch Arthrose, also
Gelenkverschleiß. Außerdem können Muskelkrankheiten sowie Sehnen- und
Bänderverletzungen zu Gelenksversteifungen führen.
- Eine Kontraktur kann sich
auch als Spätfolge einer ganz anderen Erkrankung ausbilden. Dieses etwa
dann, wenn ein Betroffener große Schmerzen hat und über Monate eine
Schonhaltung einnimmt. Ein Gipsverband kann ebenso zu Kontrakturen
führen.
- Das Risiko ist erhöht bei
Senioren, die einen Schlaganfall erlitten haben, im Koma liegen oder
sich aus anderen Gründen nicht mehr bewegen können. Darüber hinaus sind
Menschen gefährdet, die unter Krankheiten leiden, die zu einer
Antriebsminderung führen, wie etwa Depressionen oder Autismus.
- Kontrakturen treten auch auf
bei Senioren, die etwa wegen Selbstgefährdung zeitweise mit Gurten z.B.
am Bett oder am Rollstuhl fixiert werden müssen.
- Eine gesteigerte Gefährdung
tritt auch auf bei Senioren, die superweich gelagert werden müssen, um
Druckgeschwüre zu verhindern. Der Nachteil der Superweichlagerung ist,
dass der Gelagerte in seinen Bewegungen eingeschränkt ist.
Woran erkenne ich, dass sich bei mir Kontrakturen bilden?
- Zunächst bemerken Sie, dass
sich Ihre Bewegungsmöglichkeiten einschränken. Verschiedene
Handbewegungen oder Tätigkeiten fallen Ihnen schwerer als sonst.
- Vertraute Haltungen etwa in
einem Sessel oder im Bett werden unbequem. Um Schmerzen zu vermeiden,
beginnen Sie, in ungewohnten Positionen zu sitzen oder zu liegen.
- Häufig bemerken auch zuerst
andere Personen Veränderungen an Ihrer Haltung oder an Ihren
Bewegungen. Sie sollten solche Hinweise ernst nehmen.
Was kann ich tun, um Kontrakturen zu vermeiden?
- Die meisten Kontrakturen
sind die Folge von Bettlägerigkeit. Der Volksmund sagt: "Wer rastet,
der rostet". Alle Gelenke, die nicht regelmäßig benutzt werden, steifen
schnell ein. Daher ist es wichtig, dass Sie sich wenigstens einmal
täglich außerhalb des Bettes aufhalten. Wenn möglich, sollten Sie
einige Schritte zu Fuß gehen, etwa mithilfe eines Gehwagens.
- Auch wenn Sie das Bett nicht
verlassen können, sollten Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten körperlich
aktiv bleiben. Mindestens dreimal am Tag sollten Sie alle Gelenke
durchbewegen, also das komplette verfügbare Bewegungsspektrum von
Armen, Händen, Fingern, Beinen und Füßen ausnutzen. Jede Bewegung
sollte mindestens dreimal wiederholt werden. Aber achten Sie darauf,
dass Sie jedes Gelenk nur so weit bewegen, dass Sie dabei keine
Schmerzen haben. Wir werden gemeinsam mit Ihnen, mit dem behandelnden
Arzt und mit der Therapeutin einen Bewegungsplan aufstellen, in dem wir
die Details genau planen.
- Jede Bewegung zählt. Machen
Sie daher auch bei der morgendlichen Pflege, beim Waschen, beim
Anziehen und beim Kämmen der Haare so aktiv wie möglich mit.
- Sollten Sie während der
Übungen plötzlich Schwindel, Unwohlsein, Schmerzen, Schwäche oder
Müdigkeit verspüren, brechen Sie sie sofort ab und informieren Sie Ihre
Pflegekraft.
- Wenn Sie nicht in der Lage
sind, die Gelenke "aktiv", also aus eigener Kraft zu bewegen, wird
Ihnen eine Pflegekraft dabei helfen. Es handelt sich dabei dann um
"passive Bewegungen".
- Es ist wichtig, dass die
Gelenke im Sitzen oder im Liegen richtig gelagert werden. Um
Kontrakturen zu vermeiden, werden Ihre Arme, Beine, Füße und Hände
abwechselnd in verschiedenen Positionen gelagert. Im festgelegten
Intervall werden sie mal gebeugt, mal gestreckt und mal in einer
neutralen Position gelagert. Sie sollten diese Lagerungen unterstützen
und die vorgegebene Position beibehalten, solange sie dabei keine
Schmerzen haben.
Bild: Vielen Betroffenen fehlt die Kraft, um die Gelenke aus eigener
Kraft zu bewegen. In diesem Fall bewegen wir die Gelenke passiv durch,
also mit Unterstützung durch eine Pflegekraft.
Die häufigsten Fragen:
Können sich Kontrakturen zurückbilden?
-
Nein. Eine einmal entstandene Kontraktur wird sich nicht mehr
zurückbilden. Daher ist es umso wichtiger, die Entstehung von
Kontrakturen zu vermeiden und das Fortschreiten einer bereits
vorhandenen Gelenkschädigung zu bremsen.
Sind Kontrakturen schmerzhaft?
-
Die Kontraktur selbst ist nicht schmerzhaft. Allerdings wird der
Versuch, ein kontrahiertes Gelenk "mit Gewalt" zu bewegen, extreme
Beschwerden auslösen. Auch die Haltungsschäden, die langfristig durch
eine Kontraktur ausgelöst werden, können zu Schmerzen führen.
Was passiert, wenn ein kontrahiertes Gelenk "mit Gewalt" bewegt wird?
-
Eine Bewegung gegen den Widerstand kann ein bereits geschädigtes Gelenk
zusätzlich verletzen. Daher ist es wichtig, dass Sie eine Pflegekraft
ansprechen, wenn diese etwa bei der Körperpflege ein Gelenk zu weit
bewegt.
Nach den Bewegungsübungen sind meine Gelenke häufig geschwollen und
gerötet. Sie fühlen sich warm an und schmerzen. Soll ich dennoch
weiterüben?
-
Diese Beschwerden lassen darauf schließen, dass das Gelenk durch die
Bewegungsübungen überfordert wurde. Sprechen Sie die Pflegekraft auf
die Symptome an, damit wir das Trainingspensum entsprechend anpassen
können.
Können Lagerungen allein eine Kontraktur verhindern?
-
Nein. Als alleinige Maßnahme sind Lagerungen unzureichend, da dadurch
die Gelenkbeweglichkeit nicht gefördert wird. Ergänzende aktive oder
passive Bewegungsübungen sind unverzichtbar.
Gibt es Medikamente, die Kontrakturen heilen lassen?
-
Es gibt derzeit keine Medikamente, die versteifte Gelenke wieder
beweglich machen. Vom Arzt verordnete Schmerzmittel jedoch können
helfen, das Bewegungstraining erträglicher zu machen.
Kann eine Kontraktur durch eine Operation behandelt werden?
-
Nein. Die meisten Kontrakturformen können durch einen operativen
Eingriff nicht behoben werden. Im Gegenteil ist die Ruhigstellung eines
Gelenks nach einer Operation ein wichtiger Risikofaktor.
Wenn Sie verschiedene Maßnahmen zur Vermeidung von Kontrakturen nicht wünschen, können Sie diese hier eintragen:
Ich wurde über Maßnahmen zur
Vorbeugung von Kontrakturen aufgeklärt.
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Datum, Unterschrift Pflegebedürftiger/ Datum,
Angehöriger/ Gesetzlicher Betreuer
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Unterschrift Mitarbeiter
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