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Version 2.15a - 2014

Informationsblatt "Kontrakturen"

 
Zur Kontrakturenprophylaxe gibt es keinen Expertenstandard. Die Studienlage ist ebenso dürftig wie das Angebot an praxisnaher Fachliteratur. Eigentlich hat dieses Kriterium im Prüfkatalog nichts zu suchen. Dennoch werden Pflegeheimen und Pflegediensten komplexe Prophylaxestrategien aufgenötigt, die sich nur mit einem erheblichen Personalaufwand umsetzen lassen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Informationsblatt "Kontrakturen"

Sehr geehrte Bewohnerin,
sehr geehrter Bewohner,


wir möchten, dass Sie körperlich aktiv bleiben. Daher haben wir es zu unserer Aufgabe gemacht, Sie vor Kontrakturen zu schützen. Bitte lesen Sie sich das folgende Informationsblatt aufmerksam durch. Wenn Sie Fragen haben, stehen Ihnen unsere Pflegekräfte jederzeit zur Verfügung.

Was sind Kontrakturen?

  • Wenn ein Gelenk gesund ist, können Sie den gesamten Bewegungsumfang nutzen. Sie können etwa die Finger einer Hand ausstrecken und diese danach zu einer Faust ballen. Ein voll beweglicher Fuß kann erst gestreckt werden, etwa um auf Zehenspitzen zu laufen. Danach können Sie den Fuß beugen, die Zehen also in Richtung Knie ziehen.
  • Verschiedene Erkrankungen oder Unfälle können Gelenke so weit schädigen, dass diese nur noch eingeschränkt beweglich sind. Häufige Auslöser sind ein Knochenbruch, ein Schlaganfall oder Verbrennungen mit Narbenbildung. Werden Gelenke über längere Zeit nicht bewegt, bilden sich Muskeln und Bänder zurück. Letztlich kann es zu einer völligen Gelenkversteifung kommen. Weder der Betroffene selbst noch die Pflegekräfte können solche versteiften Gelenke bewegen.
  • Dieser Abbauprozess kann auch die äußere Erscheinung von Gliedmaßen verändern. Hände, Füße oder etwa Schultern sehen verdreht und missgebildet aus.


Bild: Kontrakturen haben diese Hand im Verlauf von Jahren regelrecht verformt.


Bild: Der Spitzfuß ist die häufigste Kontrakturform in der Altenpflege. Betroffene gehen auf Zehenspitzen, da sie nicht mehr die gesamte Fußfläche aufsetzen können.

Wer ist besonders gefährdet?
  • Betroffen sind oft Senioren, die an einer Gelenkentzündung leiden, wie etwa bei Gicht oder bei Rheumaerkrankungen. Häufiger Auslöser ist auch Arthrose, also Gelenkverschleiß. Außerdem können Muskelkrankheiten sowie Sehnen- und Bänderverletzungen zu Gelenksversteifungen führen.
  • Eine Kontraktur kann sich auch als Spätfolge einer ganz anderen Erkrankung ausbilden. Dieses etwa dann, wenn ein Betroffener große Schmerzen hat und über Monate eine Schonhaltung einnimmt. Ein Gipsverband kann ebenso zu Kontrakturen führen.
  • Das Risiko ist erhöht bei Senioren, die einen Schlaganfall erlitten haben, im Koma liegen oder sich aus anderen Gründen nicht mehr bewegen können. Darüber hinaus sind Menschen gefährdet, die unter Krankheiten leiden, die zu einer Antriebsminderung führen, wie etwa Depressionen oder Autismus.
  • Kontrakturen treten auch auf bei Senioren, die etwa wegen Selbstgefährdung zeitweise mit Gurten z.B. am Bett oder am Rollstuhl fixiert werden müssen.
  • Eine gesteigerte Gefährdung tritt auch auf bei Senioren, die superweich gelagert werden müssen, um Druckgeschwüre zu verhindern. Der Nachteil der Superweichlagerung ist, dass der Gelagerte in seinen Bewegungen eingeschränkt ist.
Woran erkenne ich, dass sich bei mir Kontrakturen bilden?
  • Zunächst bemerken Sie, dass sich Ihre Bewegungsmöglichkeiten einschränken. Verschiedene Handbewegungen oder Tätigkeiten fallen Ihnen schwerer als sonst.
  • Vertraute Haltungen etwa in einem Sessel oder im Bett werden unbequem. Um Schmerzen zu vermeiden, beginnen Sie, in ungewohnten Positionen zu sitzen oder zu liegen.
  • Häufig bemerken auch zuerst andere Personen Veränderungen an Ihrer Haltung oder an Ihren Bewegungen. Sie sollten solche Hinweise ernst nehmen.
Was kann ich tun, um Kontrakturen zu vermeiden?
  • Die meisten Kontrakturen sind die Folge von Bettlägerigkeit. Der Volksmund sagt: "Wer rastet, der rostet". Alle Gelenke, die nicht regelmäßig benutzt werden, steifen schnell ein. Daher ist es wichtig, dass Sie sich wenigstens einmal täglich außerhalb des Bettes aufhalten. Wenn möglich, sollten Sie einige Schritte zu Fuß gehen, etwa mithilfe eines Gehwagens.
  • Auch wenn Sie das Bett nicht verlassen können, sollten Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten körperlich aktiv bleiben. Mindestens dreimal am Tag sollten Sie alle Gelenke durchbewegen, also das komplette verfügbare Bewegungsspektrum von Armen, Händen, Fingern, Beinen und Füßen ausnutzen. Jede Bewegung sollte mindestens dreimal wiederholt werden. Aber achten Sie darauf, dass Sie jedes Gelenk nur so weit bewegen, dass Sie dabei keine Schmerzen haben. Wir werden gemeinsam mit Ihnen, mit dem behandelnden Arzt und mit der Therapeutin einen Bewegungsplan aufstellen, in dem wir die Details genau planen.
  • Jede Bewegung zählt. Machen Sie daher auch bei der morgendlichen Pflege, beim Waschen, beim Anziehen und beim Kämmen der Haare so aktiv wie möglich mit.
  • Sollten Sie während der Übungen plötzlich Schwindel, Unwohlsein, Schmerzen, Schwäche oder Müdigkeit verspüren, brechen Sie sie sofort ab und informieren Sie Ihre Pflegekraft.
  • Wenn Sie nicht in der Lage sind, die Gelenke "aktiv", also aus eigener Kraft zu bewegen, wird Ihnen eine Pflegekraft dabei helfen. Es handelt sich dabei dann um "passive Bewegungen".
  • Es ist wichtig, dass die Gelenke im Sitzen oder im Liegen richtig gelagert werden. Um Kontrakturen zu vermeiden, werden Ihre Arme, Beine, Füße und Hände abwechselnd in verschiedenen Positionen gelagert. Im festgelegten Intervall werden sie mal gebeugt, mal gestreckt und mal in einer neutralen Position gelagert. Sie sollten diese Lagerungen unterstützen und die vorgegebene Position beibehalten, solange sie dabei keine Schmerzen haben.
 


Bild: Vielen Betroffenen fehlt die Kraft, um die Gelenke aus eigener Kraft zu bewegen. In diesem Fall bewegen wir die Gelenke passiv durch, also mit Unterstützung durch eine Pflegekraft.

Die häufigsten Fragen:

Können sich Kontrakturen zurückbilden?
  • Nein. Eine einmal entstandene Kontraktur wird sich nicht mehr zurückbilden. Daher ist es umso wichtiger, die Entstehung von Kontrakturen zu vermeiden und das Fortschreiten einer bereits vorhandenen Gelenkschädigung zu bremsen.
 
Sind Kontrakturen schmerzhaft?
  • Die Kontraktur selbst ist nicht schmerzhaft. Allerdings wird der Versuch, ein kontrahiertes Gelenk "mit Gewalt" zu bewegen, extreme Beschwerden auslösen. Auch die Haltungsschäden, die langfristig durch eine Kontraktur ausgelöst werden, können zu Schmerzen führen.
 
Was passiert, wenn ein kontrahiertes Gelenk "mit Gewalt" bewegt wird?
  • Eine Bewegung gegen den Widerstand kann ein bereits geschädigtes Gelenk zusätzlich verletzen. Daher ist es wichtig, dass Sie eine Pflegekraft ansprechen, wenn diese etwa bei der Körperpflege ein Gelenk zu weit bewegt.
 
Nach den Bewegungsübungen sind meine Gelenke häufig geschwollen und gerötet. Sie fühlen sich warm an und schmerzen. Soll ich dennoch weiterüben?
  • Diese Beschwerden lassen darauf schließen, dass das Gelenk durch die Bewegungsübungen überfordert wurde. Sprechen Sie die Pflegekraft auf die Symptome an, damit wir das Trainingspensum entsprechend anpassen können.
 
Können Lagerungen allein eine Kontraktur verhindern?
  • Nein. Als alleinige Maßnahme sind Lagerungen unzureichend, da dadurch die Gelenkbeweglichkeit nicht gefördert wird. Ergänzende aktive oder passive Bewegungsübungen sind unverzichtbar.
 
Gibt es Medikamente, die Kontrakturen heilen lassen?
  • Es gibt derzeit keine Medikamente, die versteifte Gelenke wieder beweglich machen. Vom Arzt verordnete Schmerzmittel jedoch können helfen, das Bewegungstraining erträglicher zu machen.
 
Kann eine Kontraktur durch eine Operation behandelt werden?
  • Nein. Die meisten Kontrakturformen können durch einen operativen Eingriff nicht behoben werden. Im Gegenteil ist die Ruhigstellung eines Gelenks nach einer Operation ein wichtiger Risikofaktor.
 
Wenn Sie verschiedene Maßnahmen zur Vermeidung von Kontrakturen nicht wünschen, können Sie diese hier eintragen:
 
 

 

 

 

 

 



Ich wurde über Maßnahmen zur Vorbeugung von Kontrakturen aufgeklärt.
 

 



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Datum, Unterschrift Pflegebedürftiger/ Datum,
Angehöriger/ Gesetzlicher Betreuer

 


________________________
Unterschrift Mitarbeiter


 

 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Prophylaxe; Kontraktur; Beratung; Kontrakturenprophylaxe; Lagerung; Spitzfußprophylaxe
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