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Version 4.05 - 2017

Standard "Fallbesprechung"

 
Instrumente wie Pflegevisiten, Dienstübergaben oder Fallbesprechungen zählten bislang zu den - etwas angestaubten - Klassikern des Qualitätsmanagements. Mit Einführung der entbürokratisierten Pflegedokumentation und der neuen Pflegegrade gewinnen Werkzeuge zur Informationsweitergabe wieder erheblich an Bedeutung.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

  Standard "Fallbesprechung"
Definition:
  • Eine Fallbesprechung ist eine rund zwanzigminütige Versammlung mehrerer Pflegekräfte, dessen zentrales Thema die Pflegesituation eines bestimmten Bewohners ist. Am Treffen nehmen auch Mitarbeiter weiterer Funktionsbereiche teil, falls diese an der Pflege und Versorgung des jeweiligen Senioren beteiligt sind. Falls möglich werden zusätzlich der behandelnde Arzt und externe Therapeuten dazu gebeten. Moderiert wird eine Fallbesprechung von der Pflegedienstleitung, der Wohnbereichsleitung oder der Bezugspflegekraft.
  • Wir verstehen Fallbesprechungen als ein zentrales Instrument zur Sicherung der internen Qualität. Fallbesprechungen dienen dazu, dass alle beteiligten Mitarbeiter einen einheitlichen Wissensstand zu Pflegeproblemen und zu Ressourcen jedes Bewohners haben. Gleichzeitig gilt es, gemeinsame Lösungsstrategien zu entwickeln, die vom gesamten Team mitgetragen werden.
  • Fallbesprechungen sind geeignete Instrumente, um neu eingestellte Pflegekräfte oder Auszubildende mit der Pflegesituation einzelner Bewohner vertraut zu machen.
  • Dieses ist insbesondere wichtig bei Krankheitsbildern wie Demenz, die mit herausforderndem und risikogeneigtem Verhalten verbunden sind. Da hier Sichtweisen verschiedener Mitarbeiter zusammengefügt werden, entsteht häufig für alle ein ganz neues Bild von der Realität des Pflegebedürftigen.
  • In den meisten Fällen kristallisieren sich dann ganz von allein konkrete Strategien und Maßnahmen heraus, die dann vom ganzen Team mitgetragen werden.
  • Eine Fallbesprechung ist abzugrenzen von einem (eher beiläufigen) Gespräch etwa während der Kaffeepause oder im Rahmen einer Dienstübergabe. Solche Diskussionen entstehen im Gegensatz zu einer Fallbesprechung aus der Situation heraus, sind also nicht geplant und werden auch nicht extra protokolliert.
  • Im Gegensatz zu einer Pflegevisite wird eine Fallbesprechung ohne den Bewohner, dafür aber ggf. mit anderen Professionen und Funktionsbereichen durchgeführt.
Grundsätze:
  • Alle Teilnehmer konzentrieren sich auf ihre Aufgabe. Gegenstand der Diskussion ist ausschließlich die pflegerische Situation des Bewohners.
  • Fallbesprechungen leben von den unterschiedlichen Wahrnehmungen und Erfahrungen aller Teilnehmer. Die Beiträge aller Mitarbeiter können dabei durchaus subjektiv gefärbt sein. Auch kleine und unscheinbare Informationen können relevant sein.
  • Für alle Pflegekräfte sind die in einer Fallbesprechung definierten Maßnahmen bindend, sobald diese in der Pflegeplanung / Maßnahmenplanung eingetragen sind. Eine Pflegekraft weicht davon nur ab, wenn dieses zwingend notwendig ist; also etwa, falls die Gesundheit eines Pflegebedürftigen bedroht ist. Die individuelle Verantwortung jeder Pflegekraft für ihr persönliches Verhalten bleibt also erhalten.
Ziele:
  • Jeder Bewohner wird regelmäßig zum Thema einer Fallbesprechung.
  • Alle für die Pflege relevanten Informationen werden ausgetauscht.
  • Gemeinsam werden Ideen, Vorschläge und Lösungswege erarbeitet.
  • Denkblockaden in Problemsituationen werden im gemeinsamen Gespräch bewusst gemacht und abgebaut.
  • Die Wirksamkeit von Behandlungsstrategien wird überprüft.
  • Arbeitsabläufe bei der Versorgung eines Bewohners werden optimiert.
  • Die Bewohnerzufriedenheit und die Mitarbeiterzufriedenheit werden gesteigert.
Vorbereitung:
  • Die Fallbesprechung kann zeitlich an die Schichtübergabe gekoppelt werden. Ideal ist der Übergang von der Früh- zur Spätschicht, da sich viele Bewohner nach dem Mittagessen hinlegen und die Arbeitsbelastung vergleichsweise gering ist. Wenn eine Fallbesprechung mit der Dienstübergabe verbunden wird, sollte die Dienstübergabe auf das Wesentliche beschränkt werden, damit für die Fallbesprechung mehr Zeit bleibt.
  • Die Häufigkeit der routinemäßig angesetzten Fallbesprechungen ist abhängig vom Pflegegrad des Bewohners. Liegt ein Pflegegrad von 1, 2 oder 3 vor, findet eine Fallbesprechung alle sechs Monate statt. Ist ein Bewohner in die Pflegegrade 4 oder 5 eingestuft, wird er alle drei Monate zum Thema einer Fallbesprechung.
  • Ggf. kann eine Fallbesprechung kurzfristig angesetzt werden. Dieses etwa, wenn der behandelnde Hausarzt oder Therapeut im Haus ist und dazu bereit ist, sich an einer Fallbesprechung zu beteiligen.
  • Fallbesprechungen erfolgen zudem zur Vorbereitung einer Begutachtung zur Vergabe eines Pflegegrads. Sie können auch angesetzt werden, wenn sich der Zustand eines Bewohners kurzfristig verändert hat und die Pflege neu ausgerichtet werden muss. Ein weiterer Anlass für eine Fallbesprechung sind berechtigte Beschwerden etwa durch Angehörige.
  • Von erheblicher Bedeutung sind Fallbesprechungen bei ethischen Problemen mit erheblicher Tragweite. Innerhalb des rechtlichen Entscheidungsraums können Pflegekräfte eine gemeinsame Problemlösung entwickeln. Ein Beispiel: Ein alkoholkranker Bewohner möchte, dass Pflegekräfte für ihn Spirituosen kaufen.
  • Die Moderation sollte von der Bezugspflegekraft übernommen werden. Alternativ fungiert die Pflegedienstleitung oder die Wohnbereichsleitung als Moderator.
  • Die Pflegedokumentation liegt für jeden einsehbar während der Fallbesprechung auf dem Tisch. Es ist wichtig, dass alle relevanten Unterlagen bereitliegen. Wenn eine Fallbesprechung aufgrund fehlender Informationen abgebrochen werden muss, ist das für alle Beteiligten sehr frustrierend.
  • Der Besprechungstermin wird per Hauspost allen beteiligten Mitarbeitern rechtzeitig bekannt gegeben. Falls sinnvoll werden auch externe Partner eingeladen; also etwa Therapeuten, Seelsorger oder Betreuer. (Die Anwesenheit von Ärzten bei einer Fallbesprechung ist eine absolute Rarität. Dieses liegt am Zeitmangel ebenso wie am mangelnden Bewusstsein vieler Ärzte für die Rolle der Pflege.)
  • Wir prüfen, ob Angehörige ebenfalls zur Fallbesprechung eingeladen werden sollten. (Dieser Punkt sollte grundsätzlich im Team besprochen werden. Im Sinne des Informationsaustausches ist die Beteiligung von Angehörigen sinnvoll. Mitunter ist es für Angehörige jedoch schwierig, in der Fallbesprechung die notwendige persönliche Distanz und Sachlichkeit zu wahren.)
  • Es sollte sichergestellt sein, dass alle Beteiligten pünktlich erscheinen und bis zum Ende der Fallbesprechung bleiben können. Ein ständiges Kommen und Gehen ist zu vermeiden.
  • Der Moderator wählt den passenden Ort für die Besprechung aus. Dieser sollte genug Platz für die Mitarbeiter, ein Flipchart usw. bieten.
  • Der Moderator stellt das notwendige Material bereit. Dazu zählen insbesondere farbige Pappkarten, Stifte, Magnete usw.
  • Eine Pflegekraft bleibt für Bewohner, Angehörige und externe Partner als Ansprechpartner im Wohnbereich verfügbar. Die Fallbesprechung sollte nicht ohne zwingenden Grund gestört oder gar unterbrochen werden.
  • Vor dem Besprechungsraum wird ein "Bitte nicht stören"-Schild angebracht.
  • Schnurlose Telefone und Smartphones werden umgeleitet bzw. abgeschaltet.
Durchführung: "roter Faden"
Es ist sinnvoll, die Fallbesprechung inhaltlich zu gliedern. Etwa:
  • Die Teilnehmer werden begrüßt.
  • Eine Pflegekraft wird damit beauftragt, ein Protokoll über die Ergebnisse der Fallbesprechung zu erstellen. (Hinweis: Sie können dafür unser Musterprotokoll nutzen. Viele Dokumentationsanbieter haben überdies eigene Musterprotokolle im Angebot.)
  • Der Moderator stellt den Bewohner vor und fasst die wesentlichen Fakten zu seinem Krankheitsbild und den verbliebenen Ressourcen zusammen. (In der Literatur wird der Moderator oft als “Fallbringer” bezeichnet.) Er stützt sich dabei auch auf die Pflegedokumentation; insbesondere auf die Pflegeplanung bzw. auf die Maßnahmenplanung. Relevant sind zudem auch juristische Aspekte wie etwa eine bestehende Betreuung oder Vorgaben zur Fixierung.
  • Der Moderator erklärt, warum der Bewohner das Thema dieser Fallbesprechung ist. Er benennt die Probleme, die sich aus dem Gesundheitszustand des Bewohners ergeben. Es können auch Hinweise von externen Personen einfließen, etwa von Angehörigen, die relevante Beobachtungen gemacht haben.
  • Der Moderator trägt auch die Eigeneinschätzung des Bewohners vor, soweit ihm diese bekannt ist.
  • Der Moderator fragt, ob andere Teilnehmer über ergänzende Informationen zum Zustand des Bewohners verfügen. Es darf in dieser “Blitzlicht-Phase” ausdrücklich neben nachprüfbaren Fakten auch das “Bauchgefühl” angesprochen werden.
  • Jeder aus der Teilnehmergruppe darf nun Verständnisfragen stellen.
  • Die Teilnehmer diskutieren über Faktoren, die das Problem positiv oder negativ beeinflussen.
  • Gemeinsam werden die Ziele definiert. Dabei sind insbesondere diese Kriterien relevant:
    • Ist das Ziel erreichbar und wünschenswert?
    • Sind die Ziele mit realistischem Aufwand umsetzbar?
    • Wird der Bewohner den Zielen und den Maßnahmen zur Umsetzung zustimmen?
    • Welche Erwartungen hinsichtlich des Krankheitsverlaufs sind realistisch?
    • Der Moderator sammelt Lösungsvorschläge. Diese können auf einem Flipchart oder auf Pappkarten visualisiert werden.
  • Die Teilnehmer beraten darüber, welche Ideen sich umsetzen lassen und welche Einzelschritte dafür erforderlich sind. Wir prüfen, welche anderen Funktionsbereiche (Hauswirtschaft, soziale Dienste) eingebunden werden müssen.
  • Der Moderator sortiert die Ideen nach Praxistauglichkeit. Ein weiteres Kriterium ist die Priorität. Wenn also im jeweiligen Bereich dringender Handlungsbedarf besteht, hat dieses Ziel Vorrang.
  • Die ersten Interventionsmaßnahmen werden geplant.
  • Die Teilnehmer einigen sich auf einen Folgetermin.
anzusprechende Themen
  • Medizinische Behandlungspflege und Zusammenarbeit mit dem Hausarzt, etwa
    • aktuelle ärztliche Diagnosen
    • aktueller Zustand des Bewohners
    • Auswikungen des gesundheitlichen Zustands auf die Lebensqualität, etwa Schmerzen oder Mobilitätseinschränkungen
    • Prognose des Hausarztes über die weitere gesundheitliche Entwicklung
    • geplante medizinische Maßnahmen; etwa anstehende Operationen
    • Anordnungen des Hausarztes
    • Therapietreue des Bewohners (sog. “Compliance”)
    • erforderliche Prophylaxemaßnahmen (Dekubitus, Kontrakturen, Aspiration usw.)
    • notwendige Kontrollmaßnahmen
    • Informationsaustausch mit dem Hausarzt
  • Pflegeplanung bzw. Maßnahmenplanung, etwa


  • +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++



 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Fallbesprechung; Pflegesituation
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