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Version 2.08a - 2015

Standard "Pflege von Senioren mit Läusebefall"

 
Eine "ins Rollen" gekommene Läuseepidemie lässt sich nur mit großem Aufwand wieder in den Griff bekommen. Zum Gesundheitsproblem kommt dann häufig noch ein Imageschaden. Denn in den Augen vieler Angehöriger ist dieser Parasitenbefall das Ergebnis mangelhafter pflegerischer Hygiene - womit sie mitunter sogar recht haben.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Läusebefall"
Definition:
  • Als “Lausbefall”, “Verlausung” oder “Pedikulosis” wird eine Besiedlung des Menschen durch Läuse bezeichnet. Läuse sind kleine flügellose Insekten, die ihren kompletten Lebenszyklus auf einem Wirt verbringen. Die Parasiten ernähren sich von menschlichem Blut. Dafür durchbohren sie mehrmals täglich die Hautoberfläche und zapfen kleine Blutgefäße an.
  • Sie hinterlassen dabei Speichel in der Einstichstelle, der beim Menschen Juckreiz und Quaddelbildung auslöst. Durch das Kratzen können Keime in die Wunde eintreten und eine Superinfektion auslösen.
  • Als Krankheitsüberträger haben Läuse in Mitteleuropa keine Bedeutung.
  • Läuse weisen eine Lebensdauer von drei bis vier Wochen auf. Ohne Nahrung können diese Insekten - je nach Gattung - bis zu eine Woche überleben.
  • Befruchtete Weibchen legen rund 100 bis 150 Eier. Sie fixieren diese an den Haaren oder an der Kleidung, wo sie sehr fest anhaften. Die weißlichen Gelege werden “Nissen” genannt.
  • Läuse können weder springen, noch eigenständig größere Strecken zurücklegen. Sie reagieren empfindlich auf Wärme und auf Kälte.
  • Mangelhafte Hygienebedingungen können die Ausbreitung dieser Parasiten begünstigen.
  • Läuse können bei jedem direkten Kontakt von einem Menschen zum nächsten übertragen werden. Infektionsquellen sind aber auch gemeinschaftlich benutzte Kleidung, Kopfbedeckungen, Lockenwickler oder kontaminierte Kämme oder Bürsten.
  • Relevant sind vor allem drei Läusearten:
    • Die Filz- oder Schamlaus (Phthirus pubis) wird rund eineinhalb Millimeter groß und siedelt vor allem an den Schamhaaren, in den Achseln sowie in der Brust- und Bauchbehaarung. In den Kopfhaaren ist sie fast nie zu finden. Sie überträgt sich zumeist beim Geschlechtsverkehr.
    • Die Kleider- oder Körperlaus (Pediculus humanus corporis) erreicht eine maximale Länge von 4,5 Millimetern. In seltenen Fällen legt sie ihre Eier an Körperhaare, viel häufiger nutzt sie dafür Wollfasern der Kleidung.
    • Die Kopflaus (Pediculus humanus capitis) wird knapp über drei Millimeter groß. Die Nissen werden an den Kopfhaaren, insbesondere hinter den Ohren, festgeklebt.
Grundsätze:
  • Ein Läusebefall heilt nicht von selbst ab und verschlimmert sich mit der Zeit. Eine Behandlung ist daher unabdingbar.
  • Bereits bei einem begründeten Verdacht auf eine Besiedelung muss ein Arzt hinzugezogen werden. Es darf nicht bis zu einem eindeutigen Ausbruch gewartet werden.
  • Personen, die Körperkontakt zu einem Betroffenen hatten, sollten untersucht und ggf. ebenfalls behandelt werden.
  • Wir kooperieren stets mit dem Gesundheitsamt. Alle Läuseinfektionen werden umgehend gemeldet.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Haus- bzw. Facharzt zusammen. Dessen Anweisungen werden sorgfältig befolgt.
Ziele:
  • Ein Läusebefall wird schnell und korrekt erkannt.
  • Der Bewohner wird von den Läusen befreit.
  • Eine Übertragung der Läusebesiedelung auf andere Bewohner oder Mitarbeiter wird vermieden.
Vorbereitung: Symptombeobachtung
Wir achten sorgfältig auf Symptome, die auf einen Läusebefall hindeuten. Im Fall eines Verdachts wird nach Rücksprache mit der Pflegedienstleitung der Hausarzt gerufen.
Das Formular "Meldung von Infektionen an den Hygienebeauftragten / Hygienekommission" wird ausgefüllt.
  • Der Bewohner klagt im Bereich der Körperbehaarung oder am ganzen Körper über Juckreiz.
  • An den Haaren sind klebrige weiße Nissen sichtbar.
  • Außerdem sind krabbelnde Läuse zu erkennen. Hierfür kann es notwendig sein, dass die Pflegekraft eine Lupe verwendet. Nach einer Blutmahlzeit sind Läuse leichter auszumachen, da sie dann eine rostrote Farbe annehmen.
  • Am Körper finden sich kleine, rote Stellen, von denen ein starker Juckreiz ausgeht. Der Juckreiz ist ggf. in der Nacht stärker als am Tag.
  • Es zeigen sich Entzündungen und Hautwunden als Folge des Kratzens.
  • Es können kleine Blutergüsse entstehen, die als eher bläuliche Flecken erkennbar sind. Diese Flecken sind bis zu zwei Zentimeter groß, lassen sich nicht wegdrücken und sind nicht schmerzhaft.
  • In der Unterwäsche finden sich kleine braune Flecken (“Rostflecken”). Diese entstehen durch die Exkremente der Laus sowie durch kleine Bissverletzungen.
  • Es sind regionale Lymphknotenschwellungen spürbar, die durch die bakteriellen Sekundärinfektionen verursacht werden.
  • Wenn ein Bewohner unvermittelt an (vermeintlichen) Schuppen leidet, denken wir immer auch an die Möglichkeit einer Läuseinfektion. Wenn nicht klar ist, ob es sich bei dem Befund um Schuppen oder um Nissen handelt, nutzen wir einen einfachen Test: Schuppen lassen sich abstreifen. Nissen lösen sich nicht.
Durchführung: Behandlung
Wir behandeln den Läusebefall entsprechend den ärztlichen Vorgaben.
  • Die Parasiten können mit einem Läusemittel abgetötet werden. Diese Wirkstoffe verschließen z.B. die Atemöffnungen der Insekten. Die Präparate sind i.d.R. gut verträglich und weisen kaum Nebenwirkungen auf. Entscheidend für den Erfolg sind folgende Faktoren:
    • Die Einwirkzeit muss eingehalten werden.
    • Das Medikament darf nicht zu sparsam eingesetzt werden.
    • Die Verteilung muss gleichmäßig über die komplette befallene Fläche erfolgen. Es dürfen keine Stellen ausgelassen werden.
    • Das Medikament darf nicht zu stark verdünnt werden, etwa weil die Haare nach dem Waschen noch triefend nass sind.
    • Die Wiederholungsbehandlung (s.u.) muss durchgeführt werden.
  • Nach der Anwendung des Läusemittels sind auch die allermeisten Nissen leblos, haften aber dennoch noch immer am Haar. Die Pflegekraft kämmt nun die Nissen mit einem Läusekamm aus den Haaren heraus. Falls erforderlich können die Nissen durch Essigwasser aufgeweicht werden.
  • Bei älteren Männern ist ggf. eine andere Methode biografisch verankert: Das restlose Entfernen der befallenen Behaarung, etwa durch das Rasieren einer Glatze. Dieses radikale Vorgehen ist heute angesichts der gut funktionierenden Alternativen nur noch dann erforderlich, wenn der Bewohner ausdrücklich eine sofortige Lösung des Problems wünscht oder den Einsatz von Chemikalien kategorisch ablehnt.
  • Kortisonhaltige Cremes sowie Antiseptika sind erforderlich, wenn die Haut stark entzündet ist oder wenn sie bakterielle Infektionen aufweist.
  • Nach 8 bis 10 Tagen wird diese Behandlung erneut durchgeführt. Damit werden dann auch die Läuse getötet, die nach der Erstbehandlung nachgeschlüpft sind. Außerdem sinkt das Risiko, dass die Läuse eine Resistenz gegen einzelne Wirkstoffe entwickeln.
  • Durch Kleiderläuse befallene Textilien werden mit einer speziellen Waschlösung behandelt. Eine ebenfalls abtötende Wirkung hat eine Wäsche von 60°C und mehr.
  • Wir stellen sicher, dass die Textilien des Bewohners nicht von Mitbewohnern mitgenutzt werden; insbesondere Mützen, Schals usw.
  • Haarbürsten, Kämme und Haarschmuck sollten für mindestens 10 Minuten in Seifenwasser gelegt werden, das auf 60°C erhitzt wurde.
  • Textilien, die nicht gewaschen werden können, werden in einem Plastiksack gelagert, bis die Läuse mangels Kontakt zum Wirt absterben. Viele Mediziner halten ein dreitägiges Aushungern für ausreichend. (Hinweis: Die Dauer ist in der Fachliteratur umstritten und zudem abhängig von der Läuseart. Es gibt abweichende Einschätzungen, wonach es etwa bei Kopfläusen notwendig ist, die Gegenstände bis zu vier Wochen im Plastikbeutel zu belassen.)
  • Sehr viel schneller lassen sich Läuse töten, indem kontaminierte Gegenstände in einem Plastiksack für 24 bis 48 Stunden bei -10°C bis -15°C tiefgefroren werden.
  • Alle Bewohner des betroffenen Wohnbereiches sowie alle dort eingesetzten Pflegekräfte werden auf Läusebefall überprüft. Die Kontrolle erfolgt alle zwei Tage. Weitere Wohnbereiche werden per Hausmitteilung um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten.
  • Wenn der befallene Bewohner körperlichen Kontakt zu Angehörigen hatte, empfehlen wir diesen eine ärztliche Kontrolle.
  • Der Bewohner sollte bei einem ausgedehnten Befall in einem Einzelzimmer untergebracht werden.
  • Bei engem Kontakt sollte die Pflegekraft Schutzkittel und Handschuhe verwenden. Außerdem sollte sie eine Haube tragen, die die Augenbrauen bedeckt.
  • Schutzkleidung ist auch beim Wechsel der Bettwäsche notwendig. Dieses sollte vorsichtig erfolgen, da durch Aufwirbelungen die Läuse weiterverbreitet werden könnten.
  • Verschmutzte bewohnereigene Kleidung wird stets in einem geschlossenen Plastiksack zur Wäscherei transportiert.
  • Eine Händedesinfektion tötet Läuse nicht zuverlässig ab. Gründliches Händewaschen ist entsprechend wichtig.
  • Der erkrankte Bewohner wird gebeten, für die Dauer der Behandlung sein Zimmer nicht zu verlassen.
Nachbereitung:
  • Erst dann, wenn laut ärztlicher Diagnose kein Infektionsrisiko für andere Bewohner mehr besteht, darf der Bewohner wieder Gemeinschaftsräume betreten.
  • In den folgenden Wochen wird der Bewohner regelmäßig untersucht, um einen erneuten Befall frühzeitig zu bemerken.
  • Zusammen mit dem Hygienebeauftragten prüfen wir, ob Hygienemängel die Infektion ausgelöst oder begünstigt haben. Ggf. wird dieses Problem im Qualitätszirkel thematisiert.
Dokumente:
  • Pflegedokumentation
  • ärztliche Atteste
  • Dokument "Meldung von Infektionen an den Hygienebeauftragten / Hygienekommission"
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Laus; Läusebefall; Infektion; Parasitenbefall; Körperpflege
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