Standard "Spitzfußprophylaxe" |
Definition:
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- Der Spitzfuß (auch "Spitzfußstellung" oder "Pes
equinus") ist eine Deformation des Fußes. Der Vorfuß ist in Richtung
Fußsohle gebeugt (sog. "Plantarflexion"). Der Fußinnenrand ist nach
oben gezogen (sog. "Supination").
- Es gibt verschiedene Auslöser für diese Schädigung:
- Relevant für die Altenpflege ist vor allem
eine längere Bettruhe (Immobilität) eines Bewohners, ohne dass in
dieser Zeit angemessene Lagerungen und Mobilisierungen durchgeführt
werden.
- Der permanente Druck von schwerem Bettzeug auf den Fuß kann ebenfalls zu dieser Deformierung führen.
- Gehäuft kommt es zu einer Spitzfußstellung
nach einer Lähmung des Beines, etwa infolge eines Schlaganfalls oder
einer anderen Hirnverletzung.
- Der Spitzfuß ist die häufigste im Altenheim erworbene Kontraktur.
- Betroffene können nur mit der vorderen Fläche
des Fußes gehen (sog. “Zehengang”). Die Fersen haben beim Gehen keinen
Bodenkontakt. Die Mobilität ist in der Folge deutlich eingeschränkt.
- Auch passiv kann ein betroffenes Gelenk nicht oder nur unter großen Schmerzen bewegt werden.
- Mittels der Spitzfußprophylaxe soll verhindert
werden, dass der Fuß des Bewohners in einer pathologischen
Streckstellung verbleibt und nicht mehr bewegt werden kann. Am
wirkungsvollsten sind stets aktive Mobilisierungsmaßnahmen mit dem
Bewohner. Wenn dessen Mobilität jedoch aufgrund des schlechten
Gesundheitszustandes erheblich eingeschränkt ist, müssen die
Pflegekräfte die Bewegungen passiv durchführen.
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Grundsätze:
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- Lagerungen allein sind nicht geeignet, das
Auftreten eines Spitzfußes zu verhindern. Das beste Mittel zur
Vermeidung einer solchen Kontraktur ist aktive Bewegung.
- Spitzfußprophylaxe ist Aufgabe aller Pflegekräfte und nicht nur die der Physiotherapeuten.
- Alle Maßnahmen müssen dem individuellen
Krankheitsbild angepasst sein und mit dem behandelnden Arzt und mit dem
Physiotherapeuten abgesprochen werden.
- Alle Übungen werden so gewählt, dass sie die Kräfte und die Fähigkeiten der Bewohner nicht überfordern.
- Alle Maßnahmen zum Durchbewegen sollten nach
Möglichkeit von der Bezugspflegekraft durchgeführt werden, da diese die
Bewegungseinschränkungen des Bewohners genau kennt. Wir vermeiden damit
eine Überbelastung.
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Ziele:
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- Die Entstehung einer Spitzfußstellung wird vermieden.
- Der Bewohner bleibt mobil.
- Der Bewohner hat keine Schmerzen.
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Vorbereitung: |
- Wir achten auf die typischen Symptome einer Spitzfußstellung:
- Der Bewohner klagt
darüber, dass sein Bein “wegrutscht”. Er hat Angst davor, zu fallen
oder umgestoßen zu werden.
- Die Fußspitze des
Bewohners zeigt dauerhaft nach unten, also vom Körper weg. Er ist nicht
in der Lage, die Fußspitze anzuheben.
- Der Bewohner ist nicht
dazu fähig, die gesamte Fußsohle auf dem Boden aufzusetzen. Er bewegt
sich im "Zehengang".
- Wir bitten den Hausarzt ggf. um eine
Verschreibung von Krankengymnastik. Wenn der Physiotherapeut im Haus
anwesend ist, sollte die Pflegekraft den Kontakt suchen. Sofern
möglich, sollte die Pflegekraft alle Mobilisierungsmaßnahmen mit dem
Physiotherapeuten absprechen und diese gemeinsam üben und durchführen.
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Durchführung:
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passive Bewegungsmaßnahmen / Lagerung
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- Wir nutzen einen Bettbogen, um den Druck von
der Bettdecke auf die Zehen zu minimieren. Alternativ kann die
Bettdecke über das Fußbrett gehängt werden. (Hinweis: Die Pflegekraft
sollte darauf achten, dass der Bewohner dabei nicht friert. Es ist also
ggf. sinnvoll, eine besonders lange Bettdecke zu beschaffen.)
- Die Füße eines immobilen Bewohners werden in
Rückenlage im rechten Winkel zu den Unterschenkeln gelagert. Die
Fußballen werden mithilfe eines Lagerungskissens oder eines
Schaumstoffquaders weich abgestützt. Der Auflagedruck sollte damit
gleichmäßig verteilt werden. Die Spürinformationen dürfen sich nicht
auf die Fußspitze konzentrieren.
- Die Fußstütze darf nicht zu hart gewählt
werden. Das Bettende ist nicht geeignet. Dieses würde die Entwicklung
einer Spastizität fördern.
- Auf die Wade sollte weder Spannung noch Druck ausgeübt werden.
- Die Fersen werden ggf. weich oder hohl gelagert. Hierbei kann es zu Überschneidungen mit der Dekubitusprophylaxe kommen.
- Das korrekte Sitzen gilt als sehr effektive und
"natürliche" Spitzfußprophylaxe, da die Füße bei richtigem Bodenkontakt
automatisch eine 90°-Stellung einnehmen. Der Bewohner sitzt auf einem
Stuhl mit Lehne. Die Füße sind mit der ganzen Fußsohle auf dem Boden
aufgesetzt und zeigen gerade nach vorne. Bei kleinen Menschen werden
die Füße ggf. mit einem Bänkchen oder mit einem Brett unterlegt.
- Die Füße von Rollstuhlfahrern werden nur
während eines Transports auf den Trittbrettern positioniert. Ansonsten
sollten die Füße mit der gesamten Fußsohle auf dem Boden aufgestellt
werden.
- Der Bewohner soll bequeme knöchelhohe Schuhe
tragen. Diese halten den Fuß in einer 90°-Stellung. Geeignet sind
insbesondere Turn- oder Laufschuhe. (Hinweis: Viele Physiotherapeuten
empfehlen sog. “Basketballschuhe”.)
- Wir testen, ob der Bewohner weiche Schuhe auch
im Bett tragen sollte. Auch diese können Spürinformationen vermitteln.
(Hinweis: Die Nutzung von Schuhen auch im Bett ist in der Fachliteratur
umstritten.)
- Beim Waschen eines immobilen Bewohners im Bett
achten wir auf schonende Arbeitsabläufe. Wir heben das Bein des
Bewohners nicht an der Ferse hoch, da dieses zu einem unangenehmen
Überstrecken des Knies führt. Stattdessen wird das Bein gebeugt und
aufgestellt. Dieses Vorgehen ist zudem kräfteschonender für die
Pflegekraft.
- Die Füße werden ggf. passiv durchbewegt, dabei
darf die Pflegekraft die Schmerzgrenze des Bewohners nicht
überschreiten. Die Vorgaben des Standards "Bewegungsübungen zur
Vermeidung von Kontrakturen im Bereich des Fußes" werden beachtet.
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Wickeln des Fußes
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(Hinweis: Die hier beschriebene Technik ist vergleichsweise neu. Sie sollte nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen.)
Als alternative Maßnahme zur Vermeidung eines Spitzfußes bietet sich das Wickeln des Fußes an.
- Der
Bewohner befindet sich in Rückenlage im Bett. Die Pflegekraft faltet
ein Handtuch der Länge nach. Sie legt dieses unter das Sprunggelenk.Die
Pflegekraft führt das Tuch von außen über Spann nach innen und dann
unter dem
Mittelfuß nach außen.
- Durch den leichten Zug wird nun die Außenkante
des Fußes nach oben bewegt.
- Die Pflegekraft führt das Handtuch unter den Unterschenkel.
- Abschließend prüft die Pflegekraft die
Druckverteilung unter der Ferse. Diese sollte ohne schädlichen Druck
auf der Matratze aufliegen.
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aktive Bewegungsmaßnahmen
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- Wir führen mit dem Bewohner verschiedene aktive
Bewegungsübungen durch. Die einzelnen Übungen werden mit dem
behandelnden Arzt und mit dem Physiotherapeuten koordiniert.
- Der Bewohner wird motiviert, sich im Rahmen
seiner Möglichkeiten zu bewegen. Dazu zählt die Teilnahme an der
Gymnastikgruppe aber auch die eigenständige Bewegung der Fußgelenke.
- Wir fordern den Bewohner auf,
- den Fuß nach außen und dann nach innen zu drehen,
- die Zehen anzuziehen und dann zu entspannen,
- den kompletten Fuß anzuziehen und dann zu entspannen.
- Der Bewohner wird aufgefordert, im Liegen die Beine aufzustellen und das Becken anzuheben.
- Wir binden einen Tennisball an eine lange
Schnur. Diese befestigen wir an der Decke oberhalb des Fußendes. Der
Bewohner wird aufgefordert, diesen Ball mit den Füßen zu bewegen.
- Bei allen Übungen gibt der Bewohner das Tempo,
den Rhythmus und das Ausmaß vor. Die Pflegekraft schätzt die
Belastbarkeit des Bewohners ab. Wenn sich der Bewohner überanstrengt,
bremst sie ihn.
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Nachbereitung: |
allgemeine Maßnahmen
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- Der Bewohner wird nach dem Befinden und nach etwaigen Schmerzen befragt.
- Der Bewohner wird bequem gelagert.
- Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert.
- Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
- Es gibt verschiedene weitere Optionen, mit
denen die Spitzfußprophylaxe ergänzt werden kann, etwa
Krankengymnastik, orthopädische Spezialschuhe oder Orthesen (etwa eine
Schiene, die zur Stabilisierung beitragen kann).
- Wenn die Wadenmuskulatur bereits verkürzt ist,
wird meist ein operativer Eingriff notwendig, um die Fehlstellung zu
korrigieren.
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Prognose:
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- Eine einmal erworbene Kontraktur wird sich nicht oder nur in geringem Maße zurückbilden.
- Unterbleiben die hier beschriebenen
Prophylaxemaßnahmen, so ist ein Fortschreiten der Schädigung
wahrscheinlich. Bereits nach einem Monat Immobilität ist mit den ersten
Schädigungen zu rechnen. Neben einer Erschlaffung des Kapselgewebes ist
insbesondere eine nachlassende Belastbarkeit der Sehnen zu beobachten.
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Dokumente: |
- Berichtsblatt
- Leistungsnachweis
- ärztliches Verordnungsblatt
- individueller Bewegungsplan (früher Lagerungsplan)
- Kommunikationsblatt mit dem Arzt
- Pflegeplanung
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Verantwortlichkeit / Qualifikation: |
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