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Version 1.06

Konzept "Ernährungsmanagement in unserer Einrichtung"

 
Nach Ansicht der Krankenkassen ist jeder zweite Pflegebedürftige mangelernährt. Entsprechend deutlich zieht nun der Prüfungsdruck durch den Medizinischen Dienst an. Dieser prüft nicht nur die eigenen Kriterien durch, sondern pocht auch auf die Umsetzung des Expertenstandards zur oralen Ernährung.
 



Wichtige Hinweise:

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 
Konzept "Ernährungsmanagement in unserer Einrichtung"

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen!

Definition der Mangelernährung:

Es können grundsätzlich zwei Formen der Mangelernährung unterschieden werden:

  • Eine unzureichende Energiezufuhr (Unterernährung), etwa durch Hungern (in Industrieländern häufig Anorexia nervosa), sowie durch Krankheiten, die die Nährstoffaufnahme bzw. die Verstoffwechselung behindern (z.B. Morbus Crohn, Diabetes mellitus).
  • Eine ausreichende Energiezufuhr, aber ein Mangel an Proteinen, Vitaminen und / oder Mineralien, etwa durch eine sehr einseitige Ernährung ohne frisches Obst und Gemüse (Mangelernährung).

(Das Übergewicht ist auch eine Form der Fehlernährung. In diesem Beitrag wird aber nicht auf sie eingegangen.)

Ursachen der Mangelernährung:

Krankheiten, medikamentöse Therapie, Alterserscheinungen:

  • akute und chronische Krankheiten, ggf. mit Schmerzzuständen
  • Krankheiten, die mit dem Verlust kognitiver Fähigkeiten einhergehen, etwa Demenz
  • Nebenwirkungen durch Medikamente, z.B. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Geruchs- und Geschmacksveränderungen, Müdigkeit, Appetitlosigkeit
  • körperliche Einschränkungen, etwa eine Halbseitenlähmung, Einsteifung einzelner Gelenke
  • Erkrankungen, die zu einem erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf bzw. zu einem erhöhten Flüssigkeitsbedarf führen, etwa Infektionen mit Fieber, Wundheilungsstörungen z.B. Dekubitus, Tumorerkrankungen, erhöhter Bewegungsdrang bei dementiellen Erkrankungen
  • eingeschränkter Geruchs- und Geschmackssinn
  • Schluckstörungen, schlechter Mund- und Zahnstatus

psycho-soziale Einschränkungen:

  • Depression
  • Mangel an sozialen Kontakten, soziale Isolation
  • Ungünstig gelerntes und gelebtes Ernährungsverhalten durch Armut, Gewohnheit, Unwissen, Drogenabhängigkeit
  • Ängste vor Allergien oder Unverträglichkeiten
  • Wahnvorstellungen, etwa die Vorstellung, das Essen und die Getränke könnten vergiftet sein
  • religiöse oder weltanschauliche Ernährungsgewohnheiten (etwa koscheres Essen im Judentum, vegetarische Ernährung, Verzicht auf Schweinefleisch bei Moslems)

ungeeignete Umgebungsfaktoren:

  • Lärm im Speisesaal,
  • Unterbrechung der Mahlzeit,
  • unangenehme Gerüche,
  • Ablehnung von Tischnachbarn,
  • keine flexiblen Essenszeiten,
  • mangelnde Unterstützung seitens des Personals,
  • fehlende Hilfsmittel, um eine selbständige Nahrungsaufnahme zu ermöglichen usw.

Screening- und Assessmentinstrumente in unserer Einrichtung:

  • Beim Einzug eines neuen Bewohners wird mit Hilfe des "PEMU (pflegerische Erfassung von Mangelernährung und deren Ursachen)" erhoben, ob ein Risiko der Mangelernährung oder Exsikkose vorliegt.

Zur Erklärung: Das PEMU ist zweiteilig und besteht aus einem Screening- und aus einem Assessment-Teil. Das Screening ist eine einfache kurze Abfrage, um Risikofaktoren für eine Mangelernährung und Exsikkose zu erkennen. Wird dort eine Gefahr oder eine bestehende Mangelernährung und / oder eine Exsikkose identifiziert, wird mit dem Assessment fortgefahren. Dieses geht wesentlich tiefer in die Ursachenforschung. Mit Hilfe der Ergebnisse können Pflegemaßnahmen festgelegt werden.

  • Bei Verdacht auf Mangelernährung wird drei bis sieben Tage lang ein detailliertes Ernährungs- und Trinkprotokoll angefertigt. Auf dem Ernährungsprotokoll ist ein Tellerschema abgebildet, mit dessen Hilfe man die verzehrte Portion (viertel, hälfte, dreiviertel oder ganze Portion) kenntlich machen kann.
  • Ist das Screening negativ ausgefallen, wenn also keine Hinweise auf eine Mangelernährung vorliegen, wird weiterhin einmal wöchentlich das Gewicht erfasst. Nach drei Monaten führt die Bezugspflegekraft erneut das Screening durch.
  • Jeder Bewohner wird in unserer Einrichtung grundsätzlich einmal wöchentlich gewogen. Daraus ergibt sich ein aussagekräftiger Gewichtsverlauf. Unsere Pflegekräfte ermitteln dabei den sog. "BMI" (Body Mass Index). Die Aussagekraft dieses Systems wird allgemein anerkannt. Zur Ermittlung des BMI wird beim Einzug des Bewohners die aktuelle Körpergröße erfasst und danach einmal jährlich erneut überprüft.
  • Bei akuter Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Seniors, wird in kürzeren Intervallen das Gewicht erfasst.
  • Ist der Bewohner exsikkiert, führen die betreuenden Pflegekräfte ein Trinkprotokoll, um das Defizit genauer zu erfassen und letztlich die Flüssigkeitsmenge zu steigern.

Im Rahmen der Pflegeplanung erfassen unsere Pflegekräfte im ersten Schritt die jeweiligen Pflegeprobleme sowie die Ressourcen in den dreizehn Aktivitäten und existenziellen Erfahrungen des Lebens (AEDL). Im AEDL "essen und trinken können" wird dann exakt aufgeführt, welche Probleme der Bewohner in diesem Bereich hat, etwa dass er Schluckstörungen hat oder dass ein Bewohner mit Demenz nicht mehr mit Besteck adäquat umgehen. Nicht selten ist ein Bewohner depressiv und hat deswegen die Lust am Essen und Trinken verloren usw.

Die oben beschriebenen Assessment-Schritte dokumentieren wir mit Hilfe unseres Pflegedokumentationssystems:

  • PEMU
  • Pflegeanamnese AEDL

Entwicklung und Dokumentation der Maßnahmen zum Ernährungsmanagement im Rahmen unserer Pflegeplanung:

Aus diesen vielfältigen Aspekten der Ernährung leiten dann unsere Bezugspflegekräfte individuelle Maßnahmen ab, um die Mangelernährung möglichst zu beheben.

Aufstellung eines Ernährungs- und Trinkplans:

Der erste Schritt ist die Erstellung eines Ernährungsplans in Zusammenarbeit mit unserer Diätassistentin. Dieser Ernährungsplan berücksichtigt einerseits die Vorerkrankungen des Bewohners, etwa einen Dekubitus und andererseits die neusten Erkenntnisse über die ideale Zusammenstellung von Gemüse, Obst, Fleisch, Eiern, Fisch, Milch und Milchprodukten sowie Getreideprodukten. So dass der Senior optimal mit Vitaminen, Spurenelementen und Nährstoffen versorgt wird.

Zur Erklärung: Hat ein Bewohner einen Dekubitus, benötigt der Körper zur Wundheilung eine erhöhte Menge an Eiweiß pro kg Körpergewicht.

Ein weiterer Bestandteil eines solchen Ernährungsplans kann auch die Verabreichung hochkalorischer Trinknahrung z.B. bei Demenzkranken mit großem Bewegungsdrang sein.

  • Der Ernährungsplan berücksichtigt weiterhin kleinere aber dafür mehrere Portionen über den Tag verteilt.
  • Er berücksichtigt die individuellen Ressourcen und Fähigkeiten des Bewohners, z.B. wird einem Demenzkranken im fortgeschrittenen Stadium Fingerfood angeboten und viel geschnittenes Obst und Gemüse, damit die Hemmschwellen für die Nahrungsaufnahme so gering wie möglich sind.
  • Für Bewohner mit einer Exsikkosegefahr stellen wir einen Trinkplan auf, der beinhaltet, zu welcher Tageszeit der Bewohner welche Getränke in welcher Menge zu sich nehmen sollte. Diese Festlegung ist auch für die Pflegekräfte hilfreich, da klar ist, wer wann dem Seniorem etwas zu Trinken anbietet.

Gestaltung des Speisesaals:

  • In unserem Speisesaal sind genügend Parkmöglichkeiten für die Gehhilfen unserer Bewohner, ohne dass sie zu Stolperfallen werden können.
  • Bewohner mit einer Gehhilfe haben genug Platz, so dass sie sich dort mit ihrer Gehhilfe ohne Unterstützung einer Betreuungsperson fortbewegen können.
  • Weiterhin ist der Saal so konzipiert, dass der Lärmpegel nicht zu hoch wird bei einer vollen Besetzung. Erreicht wird das u.a. durch Pflanzen im Raum und durch einen trittschallhemmenden Fußboden.
  • Der Raum ist sehr übersichtlich und liebevoll mit Dekorationen gestaltet.

Darreichung des Essens und der Getränke:

  • Unsere Hauswirtschaft serviert kleine Portionen.
  • Sie achtet darauf, dass die einzelnen Komponenten (z.B. Gemüse, Fleisch, Kartoffeln) immer getrennt auf dem Teller sind.
  • Das Essen wird nur in begründeten Fällen vollständig püriert. Daneben bieten wir weitere unterschiedliche Konsistenzstufen an.
  • Wir servieren das Essen auf ansprechendem Porzellangeschirr.
  • Da im Alter auch die Sinne schwächer werden, werden unsere Speisen mit Kräutern kräftig gewürzt, um den Geschmacks- und den Geruchssinn stärker anzuregen. Kräftige Farben der Lebensmittel und verschiedene Formen sorgen ebenfalls für eine Appetitsteigerung.
  • Neben den drei Hauptmahlzeiten bieten wir selbstverständlich auch zwei bis drei Zwischenmahlzeiten an.
  • Unsere Bewohner haben auch bei den Getränken eine große Auswahl.
  • Die Getränke werden immer in Reichweite des Bewohners abgestellt, er wird regelmäßig ans Trinken erinnert und aufgefordert.
  • Die Betreuungskräfte setzen sich auch mal dazu und trinken mit dem Bewohner gemeinsam etwas.
  • Dem Bewohner können in Maßen, wenn er es gut verträgt, auch alkoholische Getränke seiner Wahl angeboten werden.

Ernährung mit Hilfe einer Ernährungssonde:

Bei Senioren, bei denen eine normale Nahrungsaufnahme über den Mund nicht mehr möglich oder nur noch eingeschränkt möglich ist, kann eine Ernährungssonde (PEG) gelegt werden. Steht die Entscheidung einer PEG erst in unserer Einrichtung an, wird zunächst in einer Fallbesprechung mit allen Beteiligten der (mutmaßliche) Wille des Bewohners zu dieser Maßnahme (ggf. Patientenverfügung) ermittelt. Bei einer PEG wird ein Plastikschlauch direkt in den Magen oder in den Zwölffinger- /Dünndarm gelegt. Der behandelnde Arzt wählt die richtige Sondennahrung aus. Trotz der PEG werden wir dem Senioren regelmäßig ermöglichen, kleine Mengen an Nahrung über den Mund aufzunehmen oder ihm alternativ ein Säckchen mit Lebensmitteln zum Lutschen geben. Medizinisch gesehen ist die Ernährungssonde ein Meilenstein, bewahrt sie den Bewohner doch vor dem Verhungern. Aber sie hat für den Betroffenen auch einige gravierende Nachteile:

  • Entfremdung vom genussvollen Essen
  • Stark eingeschränkte Geruchs- und Geschmackserlebnisse
  • Fremdbestimmung
  • Gefühlter "Ausschluss" von der gemeinsamen Teilhabe an den Mahlzeiten
  • Komplikationen (etwa Durchfall, Verstopfung des Schlauchs, Hypergranulation usw.)
  • Hinzu kommt eine ethische Betrachtungsweise: Die Ernährungssonde kann ggf. die Sterbephase deutlich hinauszögern.

Hinzuziehung externer Experten bei körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen:

Einige Beispiele:

  • Bei Verdacht auf Zahnschmerzen oder auf eine schlecht sitzenden Zahnprothese ziehen wir einen Zahnarzt hinzu.
  • Bei einer Halbseitenlähmung nach einem Schlaganfall hilft uns eine Ergotherapeutin. Sie schult den Bewohner so, dass er zur möglichst selbständigen Nahrungsaufnahme spezielle Hilfsmittel nutzen kann. Sollte der Bewohner unter einer Schluckstörung leiden, kann eine Logopädin zur Behandlung hinzugezogen werden.
  • Die Bezugspflegekraft bespricht mit dem Hausarzt und dem Bewohner, welche Medikamente er einnimmt. Häufig nehmen Bewohner neben den verschriebenen Medikamenten noch frei verkäufliche Arzneien ein. Diese können zusammen mit anderen Medikamenten unerwünschte Wechselwirkungen haben. Ziel des Gesprächs ist es, die Medikamenteneinnahme so zu optimieren, dass sich unerwünschte Neben- und Wechselwirkungen in Grenzen halten. Bei Bewohnern mit starken Schmerzen steht die Schmerzfreiheit selbstverständlich im Vordergrund.

weitere Pflegemaßnahmen:

  • Im Rahmen der Pflegeplanung erfassen wir ggf. in Zusammenarbeit mit den Angehörigen die Vorlieben und die Abneigungen für einzelne Speisen und Getränke.
  • Zusammen mit unserem Heimkoch, der Diätassistentin und der

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++

 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Konzept; Ernährung; Appetitlosigkeit; PEG; Ernährungsplan; Trinkplan; Mangelernährung
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