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Version 1.05

Standard "beruhigende Ganzkörperwaschung"

 
Der Einsatz von Sedativa wird in der Betreuung von Demenzpatienten zunehmend kritisch diskutiert. Auch der MDK erwartet, dass alle alternativen Möglichkeiten geprüft wurden, bevor Tranquilizer im Dispenser landen. Eine Option ist die beruhigende Ganzkörperwaschung.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!
 
Standard "beruhigende Ganzkörperwaschung"
Definition: Im Pflegealltag stehen uns verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, mit denen wir auf den mentalen Zustand eines Bewohners einwirken können. Um Bewohner zu beruhigen, nutzen wir neben Einreibungen und Vollbädern auch entsprechend wirkende Ganzkörperwaschungen. 

Mögliche Indikationen für eine beruhigende Ganzkörperwaschung sind:
  • Verlust oder Beeinträchtigung des Körpergefühls etwa in Folge eines apoplektischen Insults.
  • innere Unruhe
  • situative Unruhezustände
  • Hyperaktivität
  • Einschlafstörungen
  • Schmerzen
  • Asthma bronchiale
Grundsätze:
  • Der Zeitpunkt und der Ablauf der Ganzwaschung richten sich nach den Bedürfnissen und Wünschen des Bewohners.
  • Wir beachten den Wunsch des Bewohners nach Waschung durch eine gleichgeschlechtliche Pflegekraft.
Ziele:
  • Der Bewohner kann sich entspannen.
  • Unruhezustände werden abgebaut.
  • Der Konsum von Sedativa wird reduziert.
  • Das Körpergefühl wird gestärkt, ein ggf. vorhandenes Körperdesintegrationsgefühl wird abgebaut.
Vorbereitung: eigenes Erleben

Falls möglich führt jede Pflegekraft mit einem Kollegen testweise eine beruhigende Ganzkörperwaschung im „Selbstversuch“ durch. Dabei sollte sie folgende Varianten ausprobieren:
  • kurze und schnelle Bewegungen / langsame Bewegungen
  • punktuelle Bewegungen / weit ausgreifende Bewegungen
  • variierender Druck / gleichmäßiger Druck über die gesamte Bewegung
  • weiche Bewegungen / festes Zupacken
  • verschiedene Wassertemperaturen
  • raues und kaltes Handtuch / weiches und angewärmtes Handtuch
  • weicher Waschhandschuh / harter Naturschwamm
  • Bewegung mit der Haarwuchsrichtung / Bewegung gegen die Haarwuchsrichtung
  • Bewegung mit geschlossenen Fingern / Bewegung mit abgespreizten Fingern.
Die Empfindungen sollten dann im Kollegenkreis diskutiert werden.
notwendiges Material

Waschschüssel gefüllt mit rund 37° C bis 47° C warmen Wasser (abhängig von den individuellen Vorlieben)
  • ggf. Zusätze wie etwa Lavendel oder Melisse
  • Waschhandschuh (ein normaler Waschlappen verrutscht zu schnell)
  • ggf. weicher Schwamm
  • weiches und angewärmtes Handtuch
 Allgemeines

  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Der Bewohner wird über die anstehende Maßnahme informiert und um Zustimmung gebeten.
  • Dem Bewohner wird ein Toilettengang angeboten.
  • Das Bett wird auf eine angenehme Arbeitshöhe gestellt.
  • Die Fenster werden geschlossen und die Raumluft ggf. auf eine angenehme Temperatur geheizt.
  • In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen gebeten.
  • Das Betreten des Bewohnerzimmers durch Angehörige oder Mitbewohner wird unterbunden.
  • Kleidungsstücke, die die Waschung behindern würden, werden ausgezogen. Der Bewohner sollte bereits zu Beginn der Maßnahme komplett entkleidet werden. Ein teilweises Ent- und Ankleiden während der Ganzkörperwaschung sollte vermieden werden, da dieses die beruhigende Wirkung stören würde.
  • Unnötige Lagerungshilfsmittel werden entfernt.
Durchführung

  • Es wird stets entsprechend der Haarwuchsrichtung gewaschen („mit dem Strich“). Auch die Abtrocknung erfolgt stets in Haarwuchsrichtung.
  • Wenn eine Waschbewegung durchgeführt ist, wird die Hand vom Körper abgehoben und erneut aufgesetzt.
  • Die Pflegekraft sollte die Waschbewegungen nach Möglichkeit mit einem gleich bleibenden Rhythmus durchführen.
  • Die Hand wird großflächig auf die Haut aufgelegt. Sie passt sich bei der Bewegung den Körperkonturen an.
  • Die Pflegekraft kann die eigenen Hände vorwärmen. Der Bewohner erschrickt sich dann nicht bei einem Kontakt.
  • Der Waschhandschuh wird gut ausgewrungen.
  • Die Pflegekraft sollte während der Durchführung möglichst wenig mit dem Bewohner reden, damit sich die beruhigende Wirkung voll entfalten kann. Der Bewohner soll sich auf die Berührungen und seinen Körper konzentrieren.
  • Die Maßnahme sollte nach Möglichkeit nur von jeweils einer Pflegekraft durchgeführt werden; idealerweise der Bezugspflegekraft.
  • Ggf. können Angehörige in die Maßnahme einbezogen werden.
  • Die Reihenfolge der zu waschenden Körperteile kann variiert werden. Maßstab dabei sind die Erfahrungen und Eindrücke bei vorherigen Ganzkörperwaschungen. Der Intimbereich wird in jedem Fall ausgespart.
  • Bei Bewohnern mit Einschlafproblemen kann es sinnvoll sein, die komplette Körperpflege auf den Abend zu verlegen. Die reguläre Waschung wird dann mit einer beruhigenden Ganzkörperwaschung kombiniert.
  • Bei Bewohnern, die nachts unruhig sind, kann es sinnvoll sein, dass auch die Nachtwache die beruhigende Ganzkörperwaschung durchführt. Dieses ist allerdings abhängig von der allgemeinen Arbeitsbelastung.
  • Bei der ersten Waschung werden noch keine Zusätze verwendet.
  • Die Waschung kann nach dem Trocknen mit einem Eincremen der Haut abgeschlossen werden.
  • Bei einem Apoplexie-Patienten wird zunächst die weniger betroffene Körperseite gewaschen und danach die andere Hälfte. Damit sollen die erspürten Eindrücke auf die stärker betroffene Seite übertragen werden und die Körperwahrnehmung verbessert werden.
  • Die beruhigende Ganzkörperwaschung muss nicht unbedingt komplett durchgeführt werden. Die beruhigende Wirkung lässt sich ggf. auch mit einer Teilwaschung erreichen. Vor der Mobilisierung eines gehbehinderten Bewohners kann ein Fußbad mit einer anschließenden Teilwaschung durchgeführt werden. Beim Aufstehen wird der Bewohner in den Beinen ein anregendes Schweregefühl verspüren.
Nachbereitung:
  • Wenn der Bewohner während der Maßnahme einschläft, kann vermerkt werden, dass die beruhigende Ganzkörperwaschung insbesondere für die Schlafförderung genutzt werden kann. Der Bewohner wird in diesem Fall vorsichtig wieder bekleidet und zugedeckt.
  • Die gesamte Bekleidung des Bewohners wird gerichtet und der Bewohner bequem gelagert.
  • Die Pflegekraft fragt nach dem Befinden des Bewohners.
  • Das Bettlaken wird von Falten befreit.
  • Die Klingel wird in Reichweite gelegt.
  • Der Bewohner wird befragt, ob er weitere Wünsche habe. Insbesondere wird ihm ein Getränk angeboten.
  • Das Zimmer wird gelüftet.
  • Das verbrauchte Material wird entsorgt.
  • Die Waschschüssel wird gereinigt und desinfiziert.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Die Pflegekraft räumt das Zimmer auf.
  • Die Lagerung wird im Lagerungs- und Mobilitätsplan verzeichnet.
  • Beobachtungen, etwa Hautveränderungen oder Schmerzäußerungen, werden dokumentiert und ggf. dem Hausarzt mitgeteilt.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
Dokumente:
  • Leistungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Dokumentenblatt "Meldungen an den Arzt"
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Waschen; Ganzwaschung; Bett; Körperpflege
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