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Version 1.05 - 2014

Standard "Lumbago ('Hexenschuss')"

 
Hexenschuss oder Bandscheibenvorfall? Pflegekräfte sollten die Unterschiede erkennen. Denn im einen Fall ist ein warmes Körnerkissen die Lösung. Und im anderen Fall der Notarzt.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


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Standard "Lumbago ('Hexenschuss')"
Definition:
  • Bei einer Lumbago (akutes lokales Lumbalsyndrom, ugs. "Hexenschuss" oder "Lendenlähmung") handelt es sich um eine plötzlich auftretende schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule. Die Symptomatik wird oft ausgelöst durch eine ungewohnte körperliche Belastung, also etwa das Anheben schwerer Lasten, Drehungen oder Bückbewegungen. Mitunter kann auch Stress eine Lumbago auslösen.
  • Betroffene erleiden plötzliche stechende Schmerzen in der Lendenwirbelsäule. Die Muskulatur verspannt sich (sog. "muskulärer Hartspann"). Jede Bewegung verursacht unerträgliche Beschwerden. In der Folge ist die körperliche Beweglichkeit eingeschränkt. Ein Bewohner, der zuvor wegen der Schmerzen zu Boden ging, kann ohne fremde Hilfe nicht mehr aufstehen.
  • Eine Lumbago ist für gewöhnlich nur von kurzer Dauer und lässt nach wenigen Tagen wieder nach.
  • Das Symptombild einer Lumbago ähnelt den typischen Beschwerden eines Bandscheibenvorfalls. Eine Lumbago jedoch führt zu keinen bleibenden Schäden.
Grundsätze:
  • Ein Mensch, der selbst noch keine Lumbago erlitten hat, kann die damit verbundenen Beschwerden nicht erahnen. Daher betrachten wir einen "Hexenschuss" aufgrund der Schmerzbelastung als Notfall, der eine zeitnahe Reaktion erfordert.
  • Jeder Bewohner hat das Recht auf eine optimale Schmerzmittelversorgung.
Ziele:
  • Das Auftreten einer Lumbago wird durch geeignete Prophylaxemaßnahmen verhindert.
  • Es wird vermieden, dass ein Bandscheibenvorfall unbehandelt bleibt, weil dieser als Lumbago missdeutet wird.
  • Die Schmerzbelastung wird schnell gesenkt.
  • Der Bewohner erhält die Beweglichkeit zurück.
Vorbereitung: Organisation:
  • Wenn es häufiger zu einer Lumbago kommt, bitten wir den behandelnden Hausarzt um eine entsprechende Bedarfsmedikation.
Prophylaxe:
  • Durch Vorsorgemaßnahmen kann das Auftreten bzw. das Wiederauftreten einer Lumbago vermieden werden.
  • Der Bewohner sollte etwaiges Übergewicht abbauen. Unverzichtbar ist dafür eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten.
  • Wir vermitteln dem Bewohner geeignete Techniken, um schwere Gegenstände anzuheben. Der Bewohner soll in die Knie gehen und die Muskulatur der Oberschenkel nutzen. Er soll keine Lasten durch das Beugen des Rückens bewegen.
  • Die Belastung des Rückens lässt sich senken, wenn der Bewohner die Lasten körpernah hebt und trägt.
  • Es ist auch wichtig, dass der Bewohner die Wirbelsäule nicht verdreht, wenn er eine Last nach rechts oder nach links umsetzen will. Besser ist es, die Füße umzusetzen. Dadurch wird der ganze Körper nach rechts oder nach links gedreht, bleibt aber insgesamt in einer geraden Haltung.
  • Wir achten darauf, dass der Bewohner beim Sitzen eine rückenschonende Haltung einnimmt. Er soll nicht zu lange sitzen, sondern immer wieder kurz aufstehen und einige Schritte gehen.
  • Wir achten darauf, dass der Bewohner bequem auf seiner Matratze liegen kann. Der Pflegebedürftige sollte nicht übermäßig einsinken. Die Matratze darf aber auch nicht zu hart sein, da in diesem Fall die Auflagefläche zu gering ist. Ggf. soll der Bewohner unterstützende Lagerungskissen verwenden.
  • Die Pflegekraft demonstriert dem Bewohner, wie er sich rückenschonend im Bett drehen kann. Auch das Aufstehen aus dem Bett kann geübt werden.
  • Dem Bewohner wird eine entspannende Atemtechnik demonstriert.
  • Der Bewohner soll sich im Rahmen seiner körperlichen Möglichkeiten sportlich betätigen. Insbesondere sollte er an unseren Gymnastikstunden teilnehmen.
Symptome
  • Wir achten auf die Symptome einer Lumbago:
  • Der Bewohner klagt über einen positionsabhängigen Kreuzschmerz. Er ist nicht mehr in der Lage, den Oberkörper zu bewegen.
  • Der Bewohner nimmt eine Schonhaltung ein; i.d.R. eine Streckstellung.
Abgrenzung zum Bandscheibenvorfall:
Wir stellen sicher, dass der Bewohner keinen Bandscheibenvorfall erlitten hat. Bei einer Lumbago ist die Alarmierung des Notarztes verzichtbar, wenn sich die Symptomatik nach kurzer Zeit wieder bessert. Wenn hinreichende Anzeichen für einen Bandscheibenvorfall sprechen, wird in jedem Fall der Notarzt gerufen. Bei einem Bandscheibenvorfall kommt es zu folgenden zusätzlichen Symptomen, die bei einer Lumbago nicht vorhanden sind. Tritt auch nur eine der folgenden Störungen auf, liegt ein Notfall vor:
  • Funktionsstörungen der Blasen- und der Mastdarmfunktion
  • Sensibilitätsstörungen im Anal- und im Genitalbereich
  • lang anhaltende Schmerzen
  • Lähmungserscheinungen im Bein
Durchführung: Therapie:
  • In der Akutphase ist es zunächst wichtig, die Schmerzbelastung zu senken:
  • Der Bewohner wird vorsichtig vom Boden in den Stand mobilisiert. Er wird in sein Bett gebracht. Ideal ist eine Liegemöglichkeit mit einer etwas härteren Unterlage. Eine Stufenbettlagerung kann Schmerzen lindern.
  • Eine längerfristige Ruhigstellung sollte vermieden werden, da diese zu einer erneuten Muskelverspannung führen kann.
  • Der Bewohner erhält Muskelrelaxanzien, also Medikamente zur Muskelentspannung.
  • Wärmeanwendungen wirken i.d.R. schmerzlindernd, also etwa eine Wärmflasche oder ein Körnerkissen. Auch feuchtwarme, mit Arnikalösung getränkte Wickel können das Beschwerdebild lindern.
  • Ein Wannenbad kann zwar die Schmerzbelastung deutlich reduzieren, es besteht jedoch die Gefahr einer erneuten Schmerzspitze samt Bewegungsunfähigkeit während des Badens. Der Bewohner darf in der Badewanne nicht allein gelassen werden. Eine Pflegekraft darf den Bewohner nur dann baden, wenn sie körperlich in der Lage ist, den Senioren im Notfall aus der Wanne zu mobilisieren. Dieses ist ggf. auch mittels eines Lifters möglich.
  • Bei anderen Bewohnern können Kälteanwendungen die Beschwerden lindern, also etwa ein sog. "Coolpack".
  • Sowohl Kälte- als auch Wärmeanwendungen sind mit Bedacht zu nutzen. Bei unentdeckten Sensibilitätsstörungen kann es zu Hauterfrierungen oder zu Verbrennungen kommen, ohne dass der Bewohner dieses schnell genug merken würde.
  • Viele Betroffene berichten, dass schmerzlindernde Öle wirken.
  • Sofern eine Bedarfsmedikation vorliegt, erhält der Bewohner ein Schmerzmedikament. In einigen Fällen ist eine Analgetikainjektion durch den Arzt notwendig.
  • Bei chronischen Schmerzzuständen sollte der Bewohner Krankengymnastik und Massagen erhalten.
Nachbereitung: Prognose:
  • I.d.R. klingen die Schmerzen nach wenigen Tagen wieder ab.
  • Eine bleibende Schädigung ist nicht zu erwarten.
  • Es ist jedoch damit zu rechnen, dass eine Lumbago erneut auftreten kann.
weitere Maßnahmen:
  • Nach einer Lumbago sollte die Pflegeplanung aktualisiert werden. Wir vermerken, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Lumbago in Zukunft regelmäßig durchgeführt werden sollten.
  • Wenn sich der Zustand des Bewohners bessert, werden die Maßnahmen reduziert.
    • Der Bewohner wird wieder mobilisiert.
    • Die Stufenbettlagerung wird reduziert.
    • Die Rücken- und Bauchmuskulatur wird gestärkt.
    • Die Bewegungsübungen werden intensiviert.
    • Die Schmerzmitteldosierungen werden zurückgefahren, Injektionen werden zugunsten von oraler Applikation reduziert.
    • Die physikalischen Maßnahmen werden auf das Normalmaß reduziert.
  • Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert:
    • Wie äußert sich der Bewohner zu seinen Beschwerden?
    • Welche Wirkung zeigen die Medikamente, welche Nebenwirkungen werden verzeichnet?
    • Wie gut spricht der Bewohner auf die Wärme- und Kältebehandlungen an?
    • Welche "alternativen" Therapien nutzt der Bewohner?
    • Welche Einschränkungen treten auf? Inwieweit lassen sich diese mit Hilfsmitteln kompensieren?
    • Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
    • Wir informieren die zuständigen Ärzte über alle relevanten Gesundheitsveränderungen.
Dokumente:
  • Pflegebericht
  • Durchführungsnachweis / Leistungsnachweis
  • Medikamentenblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Lumbago; Hexenschuss; Rückenschmerz; Schmerz
Genereller Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden. Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.