Standard "transkutane
elektrische Nervenstimulation (‚TENS') in der ambulanten Pflege" |
Definition:
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- Die transkutane elektrische Nervenstimulation
("TENS") ist ein System zur Schmerzlinderung, das auf der Reizwirkung
von elektrischen Impulsen basiert. Der Anwender klebt dafür
Hautelektroden im Bereich von schmerzenden Körperstellen auf, die
daraufhin von leichten Stromstößen durchflossen werden. Je nach
Reizstärke, Reizform und Dauer der Anwendung verspürt der Nutzer ein
leichtes Kribbeln, Prickeln oder Vibrieren.
- Wir unterscheiden zwischen einer hochfrequenten
und einer niederfrequenten Stimulation.
- Die hochfrequente Stimulation (50 bis 100 Hz)
wirkt insbesondere durch die Wärme, die beim Durchfließen des Stromes
im Gewebe erzeugt wird. Der Schmerz wird nahezu sofort gelindert. Diese
angenehme Wirkung lässt aber schon nach einigen Minuten bis Stunden
wieder nach.
- Die niederfrequente Stimulation (2 bis 10 Hz)
soll angeblich das Ionenmilieu im Körper und die Reizleitung in den
sensiblen Nervenbahnen beeinflussen. Erst nach frühestens einer halben
Stunde lassen die Beschwerden nach. Dafür kann die Wirkung mehrere Tage
anhalten.
- Die Wirkungsweise von TENS ist wissenschaftlich
nur lückenhaft erforscht. Gemäß der "Gate-Control-Theorie" wird
vermutet, dass die Schmerzleitung auf Rückenmarksebene gehemmt wird.
Die Steigerung der Schmerzschwelle soll somit eine Linderung der
Beschwerden bewirken. Andere Forscher vermuten eine erhöhte Freisetzung
von Endorphinen bei TENS-Anwendungen.
- TENS-Geräte haben zumeist die Größe eines
Walkmans und sind batteriebetrieben. Sie können in einer Tasche am
Gürtel getragen werden. Zwei oder vier Kabel führen dann zu den
Elektroden. Das System ist einfach anzuwenden und eignet sich daher
insbesondere auch für die ambulante Anwendung. Bei korrekter Nutzung
treten i.d.R. keine Nebenwirkungen auf.
- Der Expertenstandard listet TENS als
nichtmedikamentöse Maßnahme bei Erwachsenen auf. Unter Verweis auf
einschlägige Studien stellt das DNQP fest, dass TENS den
Analgetikabedarf senkt und die Opioid-Effektivität erhöht.
- TENS-Geräte sind Medizinprodukte und
unterliegen den entsprechenden Verordnungen.
- Sie werden in einschlägigen Kreisen auch zur
elektrischen Muskelstimulation genutzt. Anwender versprechen sich davon
eine Gewichtsreduktion sowie einen Trainingseffekt.
(Hinweis: Die Literatur zur TENS-Nutzung ist in vielen Punkten
widersprüchlich und nur unzureichend mit Studien belegt. Wir haben uns
in diesem Standard bei strittigen Details an der Mehrheitsmeinung der
verfügbaren Fachliteratur orientiert.) |
Grundsätze:
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- Uns ist bewusst, dass es kaum belastbare
Studien gibt, die die Wirksamkeit von TENS belegen. Dieses steht im
Gegensatz zu unseren Beobachtungen und den Reaktionen unserer Klienten,
die häufig von einer signifikanten Schmerzreduktion berichten.
Insgesamt stehen wir alternativen Therapien offen gegenüber, sofern sie
insgesamt die Lebensqualität unserer Klienten fördern.
- TENS ist eine medizinische Therapie und kein
Lifestyle-Produkt. Die Anwendung sollte daher vom behandelnden Arzt
angeordnet werden.
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Ziele:
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- Die Schmerzbelastung des Klienten wird gesenkt.
- Der Klient vertraut darauf, dass er sich bei
Schmerzen eigenständig Linderung verschaffen kann.
- Durch eine gute Beobachtung der Anwendung
gewinnen wir Informationen zur individuellen Wirksamkeit. Wir können
dann die Therapie anpassen und die schmerzlindernden Effekte verstärken.
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Vorbereitung: |
Organisation
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- Die Pflegekraft sollte sich gemeinsam mit dem
Klienten in die Nutzung des Gerätes einweisen lassen. Gemeinsam mit dem
Therapeuten werden dann die richtigen Punkte für die Platzierung der
Elektroden gefunden. Der Therapeut legt auch fest, welche Stromstärken
und Stromfrequenzen genutzt werden dürfen und innerhalb welcher Grenzen
der Klient diese eigenständig ändern darf. Wir stellen sicher, dass
diese Vorgaben schriftlich vorliegen bzw. in die Pflegedokumentation
übernommen werden.
- Aufgrund der geringen Nebenwirkungen können
Pflegekräfte TENS im Selbstversuch testen und somit eigene Eindrücke
zur Wirkungsweise sammeln.
- Wenn wir feststellen, dass das Gerät beschädigt
ist, raten wir dem Klienten dringend von der Nutzung und von
eigenständigen Reparaturversuchen ab. Das Gerät wird stattdessen an das
ausliefernde Geschäft zurückgegeben mit der Bitte um Reparatur bzw.
Ersatz.
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Indikationen
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Wir nutzen TENS bei
folgenden Krankheitsbildern:
- akute oder chronische Rückenschmerzen,
insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule; Wurzelreizsyndrom
- Schmerzen als Folge eines operativen Eingriffes
- Schmerzen als Folge von Herpes Zoster
- Zahnschmerzen
- atypischer Gesichtsschmerz
- Trigeminusneuralgie
- Stumpf- und Phantomschmerzen
- rheumatische Schmerzen im Bewegungsapparat
- Karzinomschmerzen
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Kontraindikationen
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Eine Anwendung von
TENS ist unter verschiedenen Bedingungen nicht sinnvoll:
- Klienten mit Herzschrittmachern
- Klienten mit Schmerzpumpen
- Epilepsie
- Herzrhythmusstörungen
- Schwangerschaft
- in der Nähe von Metallimplantaten
- im Bereich von verbrannten oder gereizten
Hautbereichen, Wunden oder Zostereffloreszenzen
- im Mundraum oder an Geschlechtsorganen
(Hinweis: Die Nutzung bei demenziell erkrankten Senioren ist kritisch
zu prüfen. Viele tolerieren das Aufbringen der Elektroden nicht und
entfernen diese, sobald sie die ungewohnte Wirkung der Stromimpulse
spüren. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass die Wirkung von
TENS zumindest teilweise auf Autosuggestion zu basieren scheint. Der
Anwender muss die Zusammenhänge verstehen und auf die Wirkung
vertrauen. Dieses ist bei dementen Senioren krankheitsbedingt oft nicht
mehr möglich.)
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Durchführung:
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Platzierung der
Elektroden
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- Die Elektroden werden nahe an dem von Schmerzen
betroffenen Körperbereich angebracht. Die genauen Punkte unterscheiden
sich je nach Klienten deutlich.
- Alternativ können sog. "Trigger-Punkte" genutzt
werden. Diese Körperstellen werden auch für Akupunkturanwendungen
genutzt.
- Im unmittelbaren Bereich von Tumorerkrankungen
sollte keine Anwendung erfolgen. Durch den elektrischen Strom kann das
Tumorgewebe zu einem beschleunigten Wachstum angeregt werden.
Grafik: TENS-Anlage bei einem
Klienten mit HWS- und muskuloskelettalen Schmerzen; also etwa bei
entzündlichen und degenerativen Erkrankungen der Gelenke, der Knochen,
der Wirbelsäule, der Sehnen, der Muskeln und des angrenzenden Gewebes.
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Häufigkeit und Dauer
der Anwendung
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- Die Dauer der Anwendung richtet sich nach der
Schmerzintensität und den individuellen Vorlieben des Klienten. Sie
liegt üblicherweise zwischen 20 bis 30 Minuten, kann aber ggf. auch auf
mehrere Stunden ausgedehnt werden. Vor allem neuropathische Schmerzen
bessern sich erst nach einer vergleichsweise langen Therapiezeit.
- Letztlich kann der Bewohner die Dauer der
Anwendung frei wählen. Lediglich eine Nutzung im Schlaf sollte
unterbleiben, da Hautreizungen unbemerkt auftreten könnten.
- Die Anwendung kann täglich oder mehrmals
täglich erfolgen.
- Wir achten auf etwaige Nebenwirkungen. Es kann
zu Hautirritationen sowie zu einer Schmerzverstärkung kommen. Ggf. wird
der behandelnde Hausarzt um eine Anpassung der Therapie gebeten.
- Bei einer hochfrequenten Stimulation wird die
Intensität so lange erhöht, bis der Klient die Wirkung deutlich spürt,
ohne dass diese jedoch selbst schmerzhaft wäre. (Hinweis: Viele
Anwender berichten davon, dass eine leicht schmerzhafte Anwendung ein
bestehendes Schmerzgedächtnis "überschreiben" kann.)
- Eine niederfrequente Anwendung ist dann richtig
dosiert, wenn die motorischen Nerven stimuliert werden und in der Folge
Muskelzuckungen sichtbar werden.
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Nachbereitung: |
- Der Bewohner soll ein Schmerztagebuch führen.
Er soll insbesondere vermerken, welche Stimulationsmuster er nutzt und
welche Wirkung er spürte.
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Dokumente: |
- Schmerztagebuch
- Betriebshandbuch des Gerätes
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Verantwortlichkeit
/ Qualifikation: |
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