Eine Medikation muss stets durch den Arzt
erfolgen und auf die konkrete Situation eines Bewohners bzw. Klienten
zugeschnitten sein. Sie erfüllt alle Kriterien der "Sechs-W-Regel".
Pflegekräfte wissen bei der Vergabe also ganz genau
- welcher Patient das
Medikament erhält
- welches Medikament
verabreicht werden soll
- welche Dosierung
gewählt werden soll
- welche Uhrzeit für
die Medikamentengabe gewählt werden soll
- welche Applikation
die richtige ist
- welche konkreten
Vitalzeichen vorliegen müssen bzw. bei welcher genauen Indikation das
Medikament verabreicht werden darf.
Eine pauschal formulierte
Bedarfsmedikation hingegen ist rechtlich riskant, da sie
Interpretationsspielraum lässt und die Therapie und die Diagnostik auf
die Pflegekräfte überträgt. Pflegekräfte müssten also bei der
Durchführung der Bedarfsmedikation Entscheidungen treffen, die in das
ärztliche Ermessen fallen.
Aus diesem Grund ist der MDK vielfach der irrigen Meinung, dass eine
Bedarfsmedikation in der Pflegedokumentation nicht erlaubt wäre. In
Einzelfällen ist aber eine Bedarfsmedikation sehr sinnvoll. Sie hilft,
unnötige Schmerzen oder Unruhezustände zu vermeiden.
Ein Fallbeispiel: Ein Bewohner leidet unter den Nachwirkungen einer
TEP. Die Folge sind Schmerzen, die ihn insbesondere in der Nacht quälen
und um den Schlaf bringen. Der Arzt notiert:
- "4. September 2013:
Dr. Müller: Metamizol 500 bei Schmerzen, 2 Tabletten, Maximaldosis 10
Tabletten."
Eine solche Anweisung ist
problematisch, denn sie überlässt der Pflegekraft die Entscheidung, bei
welchen Schmerzen das Mittel gegeben werden müsste. Besser wäre also
der Zusatz:
- "Bei nächtlichen
Hüftschmerzen, die länger als eine halbe Stunde anhalten und von Herrn
Schmidt als stark beschrieben werden."
Unproblematisch ist es,
wenn der Bedarf an einfach messbare Vitaldaten gebunden wird. Beispiel:
Ein Medikament soll verabreicht werden, sobald ein bestimmter Blutdruck
erreicht wird oder das Fieber eine bestimmte Temperatur überschreitet.
Ganz anders ist die Lage bei dementen Bewohnern, die Psychopharmaka
benötigen. Das Handeln von verwirrten Senioren lässt sich nicht in
Schablonen fassen oder objektiv messen. Nachlässigerweise vermerkt
manch Arzt bei der Medikation schlicht
oder
Eine Pflegekraft, die
eine solche Bedarfsmedikation ausführt, entscheidet eigenständig über
den Einsatz. Sie macht sich quasi selbst zum "Behelfsarzt" und ist
somit bei eventuellen Gesundheitsschäden haftbar. In solchen Fällen ist
es sinnvoller, die Bedarfsmedikation präzise auf den jeweiligen
Einzelfall "maßzuschneidern". Deshalb ist es Aufgabe der Pflegekraft,
dem Arzt eine präzise Formulierung vorzuschlagen. Denn nur die
Pflegekräfte kennen die spezielle Situation, in der ein Bewohner /
Klient die Bedarfsmedikation wirklich benötigt.
Also etwa:
- "bei Laufunruhe,
die länger als 30 Minuten anhält, und wenn sich die Bewohnerin auch
durch persönliche Ansprache nicht beruhigen lässt."
Wenn diese Zusammenarbeit
zwischen Arzt und Pflegekräften nicht funktioniert, ziehen viele
Pflegedienstleitungen die Notbremse und untersagen den Pflegekräften
die Durchführung von Bedarfsmedikationen. Stattdessen muss stets der
Arzt gerufen werden. Verständlich, dass eine solche Politik nicht eben
zu einem guten Verhältnis zwischen dem Mediziner und der Einrichtung
beiträgt.
Falls in Ihrer Einrichtung dennoch Bedarfsmedikationen erlaubt sind,
sollten verschiedene Sicherheitsrichtlinien beachtet werden:
- Die
Bedarfsmedikation muss alle erforderlichen Informationen umfassen und
darf keine Fragen offen lassen.
- Wenn Pflegekräfte
aufgrund ihrer Ausbildung erkennen müssen, dass ein Bewohner durch eine
falsche Medikation gefährdet würde, müssen diese die Durchführung
verweigern.
- Achten Sie zudem
darauf, dass die Anordnung schriftlich erfolgte und unterschrieben ist.
- Die Durchführung
der Medikation sowie die Reaktionen des Bewohners auf die Arznei werden
sorgfältig dokumentiert.
|