|
|
Version 2.05f - 2015 |
|
Standard "Verabreichung von Tropfen und Säften" |
|
Tropfen
und Säfte sind oftmals eine schonende Alternative zu Medikamenten in
Tabletten- oder Zäpfchenform. Wir haben für Ihr Team die wichtigsten
Punkte zur optimalen Verarbeitung, Verabreichung und Lagerung
zusammengestellt. |
|
Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser
Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und
an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
Dieses Dokument ist auch
als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar.
Klicken Sie hier!
|
|
Standard "Verabreichung von Tropfen und Säften" |
Definition:
|
- Bei Tropfen ist ein Arzneimittel in Wasser oder
in einem Wasser-Alkohol-Gemisch gelöst. Eine sorgfältige Dosierung ist
wichtig, da diese Medikamente zumeist hoch konzentriert sind. Die
Dosierung durch das Abzählen von Tropfen ist präziser als eine
"löffelweise" Applikation.
- Säfte bestehen aus gesüßten und aromatisierten
Lösungen von einem oder von mehreren Wirkstoffen. Ein wichtiger Vorzug
von Säften ist der zumeist akzeptable Geschmack. Insbesondere bei
demenziell veränderten Senioren erhöht sich dadurch die Bereitschaft
zur Einnahme.
- Ein weiterer Vorteil von flüssigen
Arzneimitteln liegt in der flexiblen Dosierung, die tropfen- bzw.
volumengenau erfolgen kann. Je nach Alter, Körpergewicht,
Symptomintensität oder physischer Konstitution kann die verabreichte
Wirkstoffmenge angepasst werden. Bei Tabletten ist die Anwendung
weniger anpassungsfähig. Tabletten können lediglich an der Bruchlinie
halbiert oder als Ganzes appliziert werden.
- Viele Senioren leiden unter Schluckstörungen.
Die Einnahme von Tabletten führt dann oftmals zu Problemen bis hin zur
Aspiration. In diesen Fällen bieten sich Tropfen und Säfte als
Alternative an.
- Flüssige Arzneimittel haben einen schnelleren
Wirkungseintritt als Tabletten, da gelöste Wirkstoffe vom Körper in
kürzerer Zeit resorbiert werden als feste Medikamente. Das Medikament
wird zumeist bereits in den oberen Dünndarmabschnitten aufgenommen.
Schmerzpatienten erfahren also eine schnellere Linderung.
- Überdies eignen sich viele Wirkstoffe nicht
dazu, in getrockneter Form zu einer Tablette oder zu einer Kapsel
verarbeitet zu werden.
|
Grundsätze:
|
- Das Abzählen der Tropfen und die Dosierung von Säften erfordern ein Höchstmaß an Konzentration.
- Das Stellen von flüssigen Medikamenten ist Aufgabe von Pflegefachkräften.
|
Ziele:
|
- Der verschriebene Wirkstoff wird in der korrekten Dosis appliziert.
- Die Einnahme ist für den Bewohner so schonend wie möglich.
|
Vorbereitung: |
- Das Anbruchsdatum von Tropfen und Säften wird auf der Flasche und nicht auf der Verpackung notiert.
- Viele Senioren sind mit den gängigen
kindersicheren Verschlüssen überfordert. Insbesondere das gleichzeitige
Drücken und Drehen des Deckels bereitet häufig Schwierigkeiten.
- Wir achten darauf, dass zugesetzter Alkohol für
viele Betroffene problematisch ist. Dieses etwa bei Diabetikern sowie
bei Bewohnern mit Alkoholsucht. Zudem können Wechselwirkungen mit
anderen Arzneien auftreten. Wir beachten auch religiös begründete
Alkoholverbote.
- Falls der Bewohner in der Lage ist, die Tropfen
eigenständig abzuzählen bzw. den Saft zu dosieren, nehmen wir ihm diese
Aufgabe nicht ab. Wir unterstützen den Bewohner, wenn er z.B.
sehbehindert ist oder unter einer Störung der Feinmotorik leidet.
- Bei Bewohnern, die ihre Tropfen und Säfte
selbstständig einnehmen, führen wir eine Verbrauchskontrolle durch. Um
etwa auch sicherzustellen, dass keine abgelaufenen Medikamente
eingenommen werden.
- Die Vorgaben zur Haltbarkeit und zur Lagerung
müssen bei Tropfen konsequent beachtet werden. Insbesondere nicht
konservierte wässrige Lösungen können leicht mikrobiell kontaminiert
werden, etwa durch Schimmelpilze.
- Die Pflegekraft säubert und desinfiziert den Arbeitsplatz.
- Die Pflegekraft sorgt für geeignete Lichtverhältnisse.
- Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
- Wichtig ist ausreichende Ruhe, da die Pflegekraft beim Abzählen der Tropfen hochkonzentriert sein muss.
- Die Pflegekraft liest den Beipackzettel des
Medikaments sorgfältig durch. Die Medikamentengabe erfolgt anhand der
"6-R-Regel". Also:
- richtiger Bewohner
- richtiges Medikament
- richtige Darreichungsform
- richtige Haltbarkeit
- richtige Dosierung
- richtige Uhrzeit
|
Durchführung:
|
Vorbereitung der Tropfen:
|
- Das Tropfsystem (sog. "Tropfer") darf nicht
ausgewechselt werden. Im Falle einer Beschädigung nehmen wir Kontakt
mit der Apotheke auf. Ggf. wird das Medikament verworfen und neu
bestellt.
- Die Tropfen werden erst unmittelbar (höchstens 30 Minuten) vor der Verabreichung gerichtet.
- Die Tropfenflasche wird vor Gebrauch geschüttelt.
- Wenn der Druckausgleich verstopft ist, kann er
mit einer Kanülennadel vorsichtig gereinigt werden. Die Pflegekraft
achtet aber darauf, dass sie die Öffnung nicht ungewollt vergrößert.
- Wenn mehr als zwei Tropfen pro Sekunde fallen,
steigt das Risiko, dass sich die Pflegekraft verzählt. Solche Präparate
bzw. Tropfer sind zu vermeiden.
- Das Volumen eines Tropfens ist abhängig von der
Temperatur und der Viskosität des Wirkstoffs, der Zimmertemperatur
sowie weiteren Faktoren. Wir beachten folgende Richtwerte:
- wässrige Zubereitung: 20 Tropfen entsprechen 1 ml
- alkoholische Zubereitung: 50 Tropfen entsprechen 1 ml
- Die Pflegekraft achtet darauf, dass bei der
Dosierung mittels Tropfsystem die Flasche senkrecht gehalten wird. Eine
schräge Haltung würde das Volumen der Tropfen verändern. Es droht eine
Fehldosierung.
- Zunächst lässt die Pflegekraft einige Tropfen
in ein Glas fallen. Sie prüft damit die Funktionsfähigkeit der
Tropfeinrichtung. Diese Testmenge wird verworfen. Erst wenn sich die
Pflegekraft sicher ist, dass das System korrekt funktioniert, beginnt
sie mit dem Abzählen der notwendigen Tropfenmenge.
- Am besten lässt man die Tropfen in ein Glas mit
etwas Wasser fallen. Einige Wirkstoffe können auch auf ein Stückchen
Würfelzucker oder auf ein Stück Brot getropft werden. Damit wird ein
unangenehmer Geschmack überdeckt.
- Ein schlechter Geschmack lässt sich nach der
Applikation schnell neutralisieren, indem der Bewohner ein
kohlensäurehaltiges Getränk nachtrinkt. Dieses Getränk sollte bei der
Applikation bereitliegen.
- Tropfen sollten nicht in ein Trinkgefäß mit
einem "normalen" Getränk gefüllt werden, das also primär zur
Flüssigkeitsaufnahme oder zum Genuss bereitgestellt wird. Das
Medikament könnte durch die Inhaltsstoffe des Getränks verändert
werden. Zudem besteht das Risiko, dass der Bewohner einen Teil des
Getränks stehen lässt. Dann lässt sich nicht mehr bestimmen, wie viel
des Medikaments der Bewohner eingenommen hat.
- Wir beachten, dass demenziell Erkrankte ggf.
Getränke ablehnen, wenn diese für die Applikation von schlecht
schmeckenden Tropfen genutzt werden. Wenn also ein Bewohner seine
Tropfen z.B. immer mit einem Schluck Orangensaft erhält, wird er später
ggf. generell gar keinen Orangensaft mehr mögen oder akzeptieren.
|
Vorbereitungen von Säften
|
- Wir nutzen i.d.R. den mitgelieferten
Messbecher. Diese Methode ist deutlich genauer als die traditionelle
Einteilung in Kaffeelöffel/Dessertlöffel/Esslöffel. Wenn dieses nicht
möglich ist, gilt:
- 1 Kaffeelöffel = 5 ml
- 2 Dessertlöffel = 10 ml
- 1 Esslöffel = 15 ml
- Säfte in Form von Suspensionen sollten direkt
vor der Applikation umgeschüttelt werden. Ansonsten ist keine genaue
Dosierung möglich.
- Bei Bewohnern mit Diabetes mellitus müssen die Kohlenhydrate zuckerhaltiger Säfte angerechnet werden.
- Wir beachten die oft sehr kurze Haltbarkeit von
Trockensäften, die erst durch die Zugabe von Wasser gebrauchsfertig
werden. Diese müssen ggf. im Kühlschrank gelagert werden.
- Einige Säfte müssen mit abgekochtem Wasser
aufgefüllt werden. Wir achten darauf, dass das Wasser vor der
Zubereitung ausreichend abgekühlt ist. Zu heißes Wasser könnte die
Wirkstoffe verändern.
- Beim Einfüllen von Säften in einen Messbecher
sollte dieser auf einen Tisch gestellt werden. Die Pflegekraft kniet
sich vor den Tisch. Ihre Augen sind auf der gleichen Höhe wie der
Messbecher. Sie kann nun die Messstriche genau mit dem eingefüllten
Volumen vergleichen.
|
Nachbereitung: |
- Der Arbeitsplatz wird aufgeräumt.
- Das verwendete Material wird ggf. sicher entsorgt.
- Verschmutzte oder verklebte
Originalverpackungen werden vor dem Zurückstellen in den
Medikamentenschrank gereinigt oder ggf. verworfen. Ein Keimwachstum
muss vermieden werden.
- Fehlende oder in kurzer Zeit ausgehende Medikamente werden frühzeitig nachbestellt.
- Die Tropfen werden verschlossen aufbewahrt. Das
Lösungsmittel kann ggf. schnell verdunsten. Dieses führt zu einer
ansteigenden Wirkstoffkonzentration.
- Wir beachten, dass alkoholhaltige Medikamente
für alkoholsüchtige Mitbewohner sehr verlockend sind. Wenn diese
Arzneimittel nicht sicher gelagert werden, kann es ggf. zu einem
Diebstahl und zu einer unkontrollierten Einnahme kommen.
- Die Packungsbeilage verbleibt bis zum endgültigen Verbrauch des Medikaments in der Originalverpackung.
- Die gesamte Maßnahme wird sorgfältig dokumentiert.
- Auftretende Probleme beim Stellen von Tropfen werden im Qualitätszirkel diskutiert.
|
Dokumente: |
- Medikamentenblatt
- Leistungsnachweise "medizinische Pflege"
- Pflegebericht
- Bogen: Fragen an den Arzt
|
Verantwortlichkeit / Qualifikation: |
|
|
|
|
|
|
|
Weitere Informationen
zu diesem Thema |
|
|
Schlüsselwörter für diese Seite |
Tropfen; Saft; Schmerz; Medikament |
|
Genereller
Hinweis zur Nutzung des Magazins: Zweck unserer Muster und
Textvorlagen ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch
kopiert zu werden. Alle Muster müssen in einem Qualitätszirkel
diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
Unverzichtbar ist häufig auch eine inhaltliche Beteiligung der
jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt
angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen
bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert. |
|