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Version 2.05f - 2017

Standard "Pflege von Senioren mit Migräne"

 
Bei der Betreuung von migränekranken Senioren sollten Pflegekräfte nicht ausschließlich auf Medikamente vertrauen. Mindestens ebenso wichtig für eine schnelle Erholung sind zwischenmenschliche Wärme und viel Verständnis für den Betroffenen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Migräne"
Definition:
  • Migränepatienten leiden unter starken, oft einseitig auftretenden Kopfschmerzattacken. Diese werden häufig von Übelkeit, von Licht- und Lärmempfindlichkeit sowie von Übelkeit begleitet. In rund jedem zehnten Fall tritt bei einer Migräne auch eine Aura auf. Der Bewohner bemerkt ein Flimmern vor Augen, das zwischen 20 bis 60 Minuten anhält.
  • Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Rund 12 bis 14 Prozent aller Frauen und 6 bis 8 Prozent aller Männer in Deutschland leiden unter Migräne.
  • Eine Attacke dauert zumeist zwischen 4 bis 72 Stunden. Bei älteren Menschen sind die Schmerzphasen häufig kürzer.
  • Die genauen Ursachen für Migräne sind bislang unbekannt. Erbliche Faktoren sind aber zumindest mitursächlich.
  • Die Mehrzahl der Migränekranken erleidet "nur" ein bis zwei Attacken im Monat. Lediglich acht Prozent der Betroffenen haben mehr als drei Attacken.
  • Treten die Kopfschmerzen über einen Zeitraum von drei Monaten an mehr als 15 Tagen pro Monat auf, liegt eine chronische Migräne vor.
Grundsätze:
  • Migränepatienten wissen meist selbst am besten, was ihnen bei einer Migräne hilft.
  • Migräne ist ein ganzheitliches Gesundheitsproblem, das folglich mit Medikamenten allein nicht behandelt werden kann. Unverzichtbar ist vor allem, die tägliche Stressbelastung zu reduzieren.
  • Wir sehen Migräne als eine ernst zu nehmende Krankheit. Uns ist bewusst, dass Betroffene teils unerträgliche Schmerzen über sich ergehen lassen müssen. Wir verwahren uns daher gegen jeden Versuch, die Migräne als rein psychische Erkrankung darzustellen, die sich der Bewohner "einbildet."
  • Der Schmerz ist ein subjektives Geschehen. Er kann nur vom Bewohner selbst korrekt erfasst und beschrieben werden. Alle Beobachtungen von Außenstehenden können daher ungenau oder fehlerhaft sein.
Ziele:
  • Der Bewohner kann die Vorzeichen einer nahenden Attacke korrekt erkennen. Er bereitet sich angemessen vor.
  • Der Bewohner kennt die Auslöser der Migräne und meidet diese.
  • Der Bewohner verfügt über eine angemessene Bedarfsmedikation. Er kennt Wirkungen und Nebenwirkungen der Arzneien.
  • Die Anwendung von Schmerzmitteln erfolgt mit Augenmaß, um einen medikamenteninduzierten Dauerkopfschmerz zu vermeiden.
Vorbereitung: allgemeine Maßnahmen
  • Im Rahmen des Erstgesprächs erfragen wir, ob der Bewohner an Krankheiten leidet, die ähnliche Symptome wie Migräne verursachen und somit damit verwechselt werden könnten. Also: Bluthochdruck, Fehlstellungen der Halswirbel, Augenkrankheiten wie ein Glaukom, Entzündung der Nasennebenhöhlen, Zahnerkrankungen, verheiltes Schädel-Hirn-Trauma oder zurückliegende Hirnblutung.
  • Wir bitten den behandelnden Arzt um eine Bedarfsmedikation. Diese sollte insbesondere dann verfügbar sein, wenn herkömmliche Schmerzmittel nicht den gewünschten Effekt zeigen. Wir stellen sicher, dass die notwendigen Medikamente im Medikamentenschrank breit liegen, um im Bedarfsfall schnell appliziert zu werden.
  • Wir raten dem Bewohner von jeder Form der Selbstmedikation ab. Die medikamentöse Behandlung sollte stets von einem Arzt vorgegeben werden.
  • Wir hinterfragen kritisch, ob der behandelnde Hausarzt ausreichend qualifiziert ist, um die Migräne des Bewohners zu therapieren. Ggf. ist es sinnvoll, um eine Überweisung zum Neurologen zu bitten.
Ankündigungssymptome
  • Bei der Hälfte der Betroffenen zeichnet sich ein Migräneanfall einige Stunden oder wenige Tage vorher ab. Die sog. "Ankündigungssymptome" sind bei jedem Migränepatienten individuell unterschiedlich.
    • Viele Betroffene haben plötzlich Heißhunger nach Süßwaren. Sie sind überaktiv, ungewöhnlich kreativ und neigen zur Euphorie.
    • Bei anderen Migränepatienten zeigt sich im Vorfeld einer Attacke starke Müdigkeit. Der Betroffene hat Konzentrationsschwierigkeiten.
    • Weitere typische Ankündigungssymptome sind Licht- und Lärmempfindlichkeit, Unruhe, Reizbarkeit, depressive Verstimmungen sowie Angstgefühle. Es kann auch zu Durchfall oder zur Obstipation kommen.
  • Wenn hinreichende Anzeichen auf eine bevorstehende Attacke deuten, bereiten wir uns entsprechend vor. Der Bewohner erhält z. B. prophylaktisch ein Antiemetikum. Die während einer Attacke auftretende Übelkeit führt dann nicht dazu, dass die ggf. applizierte Schmerzmedikation wieder erbrochen wird.
Prophylaxe
  • Wir demonstrieren dem Bewohner verschiedene Entspannungstechniken, wie etwa Yoga, progressive Muskelentspannung oder autogenes Training.
  • Wir prüfen, ob Akupunktur und Biofeedback die Anfallshäufigkeit reduzieren.
  • Soweit möglich, soll sich der Bewohner körperlich betätigen. Wir raten ihm insbesondere dazu, an der Gymnastikgruppe teilzunehmen. Die körperliche Aktivität sollte maßvoll sein. Überanstrengung kann im Gegenteil die Migräne fördern.
  • Der Bewohner sollte einem gleichbleibenden Tagesablauf folgen und von diesem nicht ohne Grund abweichen. So können etwa eine spätabendliche Feier und ein Urlaubsausflug nach einigen Tagen eine Migräneattacke auslösen.
  • Wichtig ist auch, die Mahlzeiten regelmäßig einzunehmen. Der Bewohner sollte darauf achten, dass er nicht unterzuckert, da dadurch eine Attacke ausgelöst werden kann.
  • Bei sonnigem Wetter sollte der Bewohner im Freien eine Sonnenbrille tragen.
  • Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt prüfen wir, ob der Bewohner ein Migräneseminar besuchen sollte. Diese werden von vielen Schmerzkliniken angeboten. In Kleingruppen lernen Betroffene, wie sie im Akutfall mit den Migräneattacken umgehen, welche Medikamente dabei helfen und welche Prophylaxemaßnahmen sinnvoll sind. Die Sitzungen leiten i. d. R. Ärzte und speziell dafür ausgebildete Psychologen.
  • In vielen Fällen kann durch eine mehrmonatige medikamentöse Prophylaxe das Symptombild deutlich verbessert werden. Eine vorbeugende Applikation ist immer dann sinnvoll, wenn der Bewohner an mehr als sieben Tagen pro Monat an Migräne leidet. Zur Verfügung stehen etwa Betablocker, Antidepressiva oder Kalziumantagonisten. Ein Arzneimittel sollte drei bis fünf Monate konsequent eingenommen werden, bevor die Wirksamkeit beurteilt werden kann.
  • Der Bewohner soll den Konsum von problematischen Lebensmitteln einschränken. Dazu zählen etwa Käse, Südfrüchte und Schokolade. Auch der Alkoholgenuss, insbesondere Rotwein, sollte minimiert werden.
  • Wenn der Bewohner gewohnheitsmäßig Getränke mit Koffein zu sich nimmt, sollte er diese nicht plötzlich absetzen.
Durchführung: Pflegemaßnahmen während einer Attacke
  • Wir sorgen dafür, dass die Flüssigkeitsversorgung auch während eines längeren Migräneanfalls gewährleistet bleibt. Wir bieten dem Bewohner regelmäßig Getränke an. Wenn dieser aufgrund der Übelkeit nicht trinken kann, prüfen wir, ob übergangsweise eine Flüssigkeitszufuhr durch eine Infusionstherapie sinnvoll ist. Falls notwendig führen wir ein Flüssigkeitsprotokoll.
  • Wir geben dem Bewohner die Möglichkeit, sich in einen dunklen und ruhigen Raum zurückzuziehen. Der Bewohner sollte viel schlafen.
  • Während einer Migräneattacke werden die Pflegemaßnahmen auf ein Minimum zurückgefahren. Selbst banale Tätigkeiten wie das Kämmen der Haare können unerträgliche Schmerzen verursachen. Absolut notwendige Maßnahmen wie Umlagerungen im Rahmen der Dekubitusprophylaxe werden so schonend wie möglich durchgeführt.
  • Der Bewohner erhält Kälteanwendungen, also etwa einen kalten Umschlag oder ein Kühlelement auf die Stirn.
  • In vielen Fällen lindert Pfefferminzöl die Beschwerden, wenn es auf die Schläfen aufgetragen wird.
  • Die Beschwerden können dazu führen, dass der Bewohner gereizt oder gar aggressiv wirkt. Wir zeigen daher im Umgang mit ihm ein großes Maß an Einfühlungsvermögen.
  • Wenn der Bewohner unter Gleichgewichtsstörungen und unter Schwindel leidet, sollte er nicht allein das Bett verlassen. Er könnte stürzen.
Kriterien für das Rufen eines Notarztes
  • Wir beachten, dass viele Symptome einer Migräne auch bei einem Schlaganfall oder bei einem Hirntumor auftreten können. Also etwa Sensibilitätsstörungen, Lähmungserscheinungen, Gleichgewichtsstörungen, Sprachstörungen und das Sehen von Doppelbildern. Wenn sich also das Symptombild eines aktuellen Anfalls deutlich von den sonst üblichen Beeinträchtigungen unterscheidet, sollte der Notarzt gerufen werden. Wir müssen dabei primär auf die Einschätzung des Bewohners vertrauen. Dieser kann die Schmerzbelastung am besten einschätzen.
  • Unter folgenden Bedingungen rufen wir sofort einen Notarzt:
    • Der Bewohner klagt über einen Kopfschmerz, der plötzlich und viel intensiver auftritt als gewohnt.
    • Neben dem Kopfschmerz kommt es zu einem der folgenden Symptome: Fieber, Nackensteifigkeit, Hautausschlag, Verwirrtheitszustände, Krämpfe oder schwere Sprachstörungen.
    • Vor dem Kopfschmerz hat sich der Bewohner eine Schädelverletzung zugezogen, etwa weil er gestürzt ist.
medikamentöse Behandlung
Je nach Symptombild nutzen wir verschiedene Medikamente, um akute Beschwerden des Bewohners zu lindern. Der Bewohner sollte die Wirkstoffe schon bei den ersten Symptomen in ausreichend hoher Dosierung einnehmen. Er sollte nicht warten, bis die Beschwerden die maximale Intensität erreichen.
  • Bei mäßigen bis mittelschweren Beschwerden erhält der Bewohner Nichtopioidanalgetika sowie nichtsteroidale Antirheumatika in passender Dosierung. Sinnvoll ist die Applikation von Ibuprofen, Paracetamol, Diclofenac, Acetylsalicylsäure (ASS) und Naproxen. 
  • Der Bewohner erhält bei schweren Symptomen Medikamente ("Triptane"), die neben dem Kopfschmerz auch die Übelkeit und die Lichtüberempfindlichkeit reduzieren. Triptane sind als Tablette, als Fertigspritze, als Nasens

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++







 
 
 
 
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Schlüsselwörter für diese Seite Kopfschmerz; Schmerz; Migräne
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