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Version 3.05f - 2015

Standard "allgemeine Mundpflege"

 
Ein Selbstversuch unter Kollegen bringt mitunter erstaunliche Erkenntnisse. Etwa dann, wenn man sich testweise von einer anderen Pflegekraft die Zähne putzen lässt. Zum peinlichen Panorama der eigenen Plomben, Kronen und Brücken kann sich schnell ein Würgereiz gesellen - sobald die Zahnbürste ein wenig zu weit im Rachen landet.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "allgemeine Mundpflege"
Definition:
  • Die Zahn- und Mundpflege fördert das Wohlbefinden des Bewohners. Sie umfasst die Säuberung der Zähne, die Massage des Zahnfleisches sowie die Spülung und die Inspektion der Mundhöhle. Sie dient vor allem der Karies- und Parodontoseprophylaxe. Die Mundpflege kann sowohl im Bett als auch vor dem Waschbecken durchgeführt werden. Die Maßnahme macht nur dann Sinn, wenn sie regelmäßig durchgeführt wird.
  • Mit steigendem Lebensalter wird die Mundpflege zunehmend problematisch. Viele Senioren vergessen immer häufiger das Zähneputzen. Andere alte Menschen sind nicht mehr ausreichend zur Mundhygiene motiviert, etwa weil sie unter depressiven Phasen leiden. Körperliche Beschwerden wie Gicht, Lähmungen oder Arthrosen machen es dem Pflegebedürftigen schwer, die Zahnbürste sinnvoll zu nutzen.
  • Die in diesem Standard beschriebene sog. "allgemeine Mundpflege" entspricht dem "ganz normalen" Zähneputzen, wie es der Bewohner sein Leben lang zwei- oder dreimal pro Tag durchgeführt hat. Sie kann bei entsprechenden Krankheitsbildern (Sterbende, Bewohner mit hohem Fieber, Komapatienten usw.) um weitere Maßnahmen erweitert werden. Diese sind z.B. im Standard "Soor- und Parotitisprophylaxe" beschrieben. Ggf. kommt auch der ergänzende Standard "Pflege von Zahnprothesen" zum Tragen.
Grundsätze:
  • Ein gepflegter Mund und gesunde Zähne sind weit mehr als optische Faktoren. Verschiedenen Erkrankungen kann mit einer angemessenen Mundhygiene vorgebeugt werden.
  • Jeder Pflegekraft muss bewusst sein, dass das Putzen "fremder" Zähne ein Eingriff in die Intimsphäre ist. Die Maßnahme erfordert ein hohes Maß an Taktgefühl und Einfühlungsvermögen.
  • Die Mundpflege muss stets besonders vorsichtig ausgeführt werden, da dieser Bereich zu den empfindlichsten Regionen des Körpers gehört. Schon eine unbedachte Bewegung kann einen Brechreiz auslösen.
  • Wir übernehmen die Mundpflege nur dann vollständig, wenn der Bewohner diese Maßnahme selbst mit unserer Unterstützung nicht eigenverantwortlich durchführen kann.
  • Natürliche Wirkstoffe sind zumeist gut verträglich und werden von uns bevorzugt eingesetzt. In keinem Fall nutzen wir (ohne ärztliche Anordnung) Mundwasser, da diese Produkte ggf. das Geschmacksempfinden stören, Schleimhautveränderungen auslösen sowie Zungen- und Zahnverfärbungen verursachen.
  • Die Nutzung von Mundwasser ist kein Ersatz für das Zähneputzen.
  • Die Herstellervorgaben werden strikt beachtet. Der Grundsatz "viel hilft viel" ist falsch.
Ziele:
  • Die Zähne, die Zunge und der Mundraum werden gereinigt. Speisereste und Beläge werden entfernt.
  • Der Bewohner spürt, dass sein Mundraum sauber und gepflegt ist.
  • Die Mundschleimhaut ist intakt. Das physiologische Milieu bleibt erhalten.
  • Schäden durch Karies werden minimiert. Die Funktionsfähigkeit der Zähne bleibt erhalten.
  • Die Lippen bleiben geschmeidig. Es bilden sich keine Risse.
  • Mundgeruch wird vermieden.
Vorbereitung: Indikation
Wir prüfen, ob der Bewohner Unterstützung benötigt. Dieses ist etwa bei folgenden Einschränkungen bzw. Krankheitsbildern erforderlich.
  • Verletzung beider Arme oder Schultern
  • Funktionseinschränkungen beider Hände, etwa als Folge von Kontrakturen oder von Ödemen
  • Koma oder starke Sedierung
  • psychische Erkrankungen, insbesondere Depressionen mit Antriebsminderung
  • Schlaganfall mit Hemiplegie
  • körperliche Erschöpfung
  • Sterbeprozess
Organisation
  • Wir führen regelmäßig einen Selbstversuch durch. Je zwei Pflegekräfte putzen sich gegenseitig die Zähne. Im anschließenden Gespräch werden dann die gewonnenen Eindrücke thematisiert.
  • Beim Putzen der Zähne darf der Auflagedruck nicht zu hoch sein, da es sonst zu Schäden an der Zahnsubstanz und am Zahnfleisch kommt. Der Druck sollte eine Last von 150 Gramm nicht überschreiten. Dieses kann mit einer Briefwaage ausprobiert werden.
  • Der Bewohner sollte einmal im Jahr den Zahnarzt aufsuchen. Falls die Zahnprobleme relevant für die Pflege sein sollten, halten wir Rücksprache mit dem Zahnarzt und lassen uns entsprechend einweisen. Je nach Zustand des Mundraums kann z.B. die notwendige Putztechnik vom Üblichen deutlich abweichen.
  • Die Mundpflege können Senioren erfahrungsgemäß bis ins hohe Alter selbstständig oder zumindest teilselbstständig durchführen. Häufig beschränkt sich unsere Unterstützung darauf, die Hand zu führen oder eine Nierenschale für das Ausspucken bereitzuhalten. Nur wenn es absolut notwendig ist, erfolgt eine (wie hier beschriebene) vollständige Übernahme der Mundpflege.
  • Die Zähne werden nach jeder Mahlzeit (und ggf. Zwischenmahlzeit) geputzt. Zudem ist die Reinigung nach der Eingabe verschiedener oraler Medikamente sowie nach jedem Erbrechen erforderlich.
  • Eine regelmäßige Reinigung wird auch dann durchgeführt, wenn der Bewohner oral keine Nahrung zu sich nimmt, etwa falls er fastet oder per PEG ernährt wird.
  • Nach dem Genuss von Nahrungsmitteln mit hohem Säureanteil (z.B. Obst) sollte der Bewohner eine halbe Stunde mit dem Zähneputzen warten. Er schützt damit den Zahnschmelz.
  • Manche Bewohner haben ein reduziertes Hygieneverständnis und lehnen das mehrmalige Putzen am Tag ab. In solchen Fällen sollte die Pflegekraft zumindest so weit auf den Senioren einwirken, dass dieser wenigstens morgens und abends die Reinigung durchführt bzw. zulässt.
  • Wir animieren unsere Bewohner dazu, auch bei vorübergehender Krankheit die Mundhygiene nicht zu vernachlässigen, da schon mehrere Tage mangelhafter Hygiene die Zahnsubstanz schädigen können.
  • Wir erfragen beim Bewohner, wann er die Zahnpflege wünscht und führen diese dann immer zum gleichen Zeitpunkt durch, also etwa morgens direkt nach dem Aufstehen und noch vor dem Waschen. Insbesondere für demente Bewohner bildet die Zahnpflege eine feste zeitliche Bezugsgröße im Tagesablauf. So vertreibt die morgendliche Zahnreinigung den unangenehmen Geschmack im Mund und wirkt als "Muntermacher".
  • Wir erfragen, welche Produkte der Bewohner bislang in der eigenen Häuslichkeit nutzte. Sofern möglich, kann der Bewohner seine Lieblingsmarken auch weiterhin verwenden. (Die meisten Zahncremes sind gut geeignet. Es gibt aber auch einige wirklich schlechte Produkte, die sich trotz katastrophaler Testergebnisse seit Jahrzehnten am Markt halten.)
  • Jeder Bewohner hat sein eigenes und beschriftetes Zahnpflegeset. Dieses muss stets sauber gehalten werden.
  • Wenn der Bewohner für die Mundspülung eine Fertiglösung nutzt, entnehmen wir die notwendige Menge. Die Pflegekraft stellt sicher, dass der Behälter mit dem Namen des Bewohners sowie mit dem Anbruchdatum versehen ist.
  • Die Übernahme der Zahnpflege wird regelmäßig per Pflegevisite überwacht. Ungeschicktes Putzen ist unangenehm für den Bewohner und kann ggf. sogar kleine Verletzungen verursachen.
Material
  • Wir stellen das für die Mundpflege notwendige Material zusammen. (Die Auflistung kann variieren, je nachdem, ob der Bewohner vor das Waschbecken mobilisiert werden kann oder nicht.)
  • Zahnbürste mit kurzem Bürstenkopf und abgerundeten Borsten (Naturborsten sind eine Infektionsquelle!)
    • mittelharte Borsten bei teilweiser Übernahme der Maßnahme durch die Pflegekraft
    • weiche Borsten mit abgerundetem Kopf bei vollständiger Übernahme der Maßnahme durch die Pflegekraft
    • sehr weiche Zahnbürste bei Bewohnern mit hoher Blutungsgefahr
  • Reinigungsstäbchen bei Bewohnern mit Schmerzen an der Schleimhaut oder mit sehr hoher Blutungsneigung
  • Wenn die Hände des Bewohners in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind, nutzen wir ggf. Griffverstärkungen, in die die eigentliche Zahnbürste eingesteckt wird.
  • Zahnputzbecher mit handwarmem oder mit kaltem Wasser (Senioren mit empfindlichen Zahnhälsen werden warmes Wasser bevorzugen.)
  • fluoridhaltige Zahncreme (Hinweise: Bei Entzündungen, Belägen oder Rhagaden ist der Zahnarzt zu befragen. Es dürfen dann ggf. keine handelsüblichen Zahncremes genutzt werden. Sog. "Raucherzahncremes" greifen den Zahnschmelz an und sollten vermieden werden.)
  • Nierenschale
  • Handtuch zum Schutz und zum Abtrocknen
  • Taschenlampe
  • angefeuchteter Spatel
  • Tupfer und Klemme
  • ggf. Zahnseide oder ggf. Interdentalzahnbürste (reinigt zwischen den Zähnen)
  • ggf. Mundwasser
  • ggf. Munddusche
  • Pflegestift oder -creme für die Lippen
  • unsterile Handschuhe
direkte Vorbereitung
  • Der Bewohner wird über die Maßnahme informiert und stimmt dieser zu.
  • Nach Möglichkeit sollte die Mundpflege vor dem Waschbecken erfolgen.
  • Falls der Senior das Bett nicht verlassen kann, wird er in die Oberkörperhochlagerung gebracht. Etwaige Kontraindikationen werden beachtet. Diese Lagerung ist im Rahmen der Aspirationsprophylaxe sinnvoll. Zudem fällt es dem Bewohner leichter, sich in die Maßnahme einzubringen.
  • Bei verschiedenen Krankheitsbildern ist das Aufstellen des Rückenteils des Bettes nicht möglich, etwa bei Wirbelsäulenverletzungen. Dann bieten sich zwei Alternativen an (sofern technisch möglich):
  • Das Bett wird etwas seitlich gekippt.
  • Das flach gestellte Bett wird insgesamt in eine schiefe Ebene gebracht. Die Füße liegen dann tiefer als der Kopf.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass ausreichend Licht auf den Mundbereich des Bewohners fällt.
  • Die Kleidung des Bewohners wird ggf. mit einem Handtuch vor Verschmutzung geschützt.
  • Die Utensilien werden in Reichweite des Bewohners abgelegt, damit er diese selbstständig nutzen kann.
  • Wenn ein Infektionsrisiko besteht, sollten Einmalhandschuhe getragen werden. In jedem Fall sollte sich die Pflegekraft vor und nach der Maßnahme die Hände desinfizieren.
Durchführung: Inspektion und Reinigung der Mundhöhle
  • Die Mundhöhle wird inspiziert und auf krankhafte Veränderungen untersucht. Die Pflegekraft nutzt dafür eine Taschenlampe und einen Spatel.
  • Die Pflegekraft achtet darauf, dass sie nicht den Würgereiz des Bewohners auslöst.
  • Die Kontrolle wird zweimal durchgeführt, also vor und nach der Mundpflege.
  • Falls nötig wischt die Pflegekraft die Mundhöhle vorsichtig aus.
  • Die Pflegekraft füllt ein Schälchen mit Mundspüllösung.
  • Die Pflegekraft nimmt mit einer Klemme einen Tupfer auf. Die Klemmenspitzen müssen mit dem weichen Material umwickelt sein, da sonst Verletzungsgefahr besteht. Alternativ kann die Pflegekraft einen Handschuh anziehen und sich auf den Zeigefinger einen Pflaumentupfer stülpen und damit die Mundpflege durchführen. Das sollte aber nur bei Bewohnern geschehen, die nicht zubeißen während der Maßnahme.
  • Die Tupfer werden in das Schälchen mit der Lösung eingetaucht und am Rand ausgedrückt.
  • Die Pflegekraft beginnt mit der Zunge und den Wangentaschen. Danach werden der harte und der weiche Gaumen gesäubert. Für jeden Wischvorgang wird ein neuer Tupfer verwendet.
Zahnpflege
  • Die Zahnbürste wird mit Zahncreme bestrichen.
  • (Hinweis: In einigen Fällen fällt der Pflegekraft die Übernahme des Putzens leichter, wenn sie dabei hinter dem Senioren steht und nicht vor ihm. Ein großer Spiegel erleichtert die Orientierung.)
  • Beim Putzen muss beachtet werden:
    • Die Pflegekraft putzt zuerst die hinteren Zähne. Dieses regt die Speichelsekretion an.

    • Außenflächen: Der Bewohner wird aufgefordert, die Lippen zu öffnen und dabei die Zahnreihen geschlossen zu halten. Die Pflegekraft bürstet die Außenflächen immer "von Rot nach Weiß" (rot = Zahnfleisch, weiß = Zahn). Am Zahnfleischrand bildet sich besonders viel Belag. Daher sollte dort die Bürste in einem Winkel von 45 Grad angesetzt werden und zusätzlich kleine Rüttelbewegungen ausführen. Die Pflegekraft beginnt auf der linken Kieferseite und putzt dann nach rechts.
    • Innenflächen: Die Pflegekraft putzt die Innenflächen mit kleinen kreisenden Rüttelbewegungen. Bei schwer zugänglichen Bereichen, wie z.B. an den Innenseiten der Frontzähne, kann die Zahnbürste auch längs geführt werden.
    • Kaufläche: Nun reinigt die Pflegekraft die Kauflächen mit kreisförmigen Rüttelbewegungen. Auch hier beginnt sie auf der linken Kieferseite und putzt dann nach rechts.

  • Dem Bewohner werden der Zahnputzbecher und die Nierenschale zum Ausspülen des Munds angereicht. Falls notwendig, unterstützen wir den Bewohner, indem sein Kopf leicht nach vorne geneigt wird.
  • Bei Zahnprothesen wird der Standard "Pflege von Zahnprothesen" umgesetzt.
  • Wenn das Putzen sorgfältig durchgeführt wird, sollte eine Dauer von drei Minuten ausreichend sein. Ggf. nutzen wir eine kleine Sanduhr.
  • Nach dem Zähneputzen wird die Mundhöhle sorgfältig mit Wasser ausgespült. Falls gewünscht kann ein zusätzliches Mundwasser genutzt werden. Ggf. sollte sich die Pflegekraft leicht versetzt hinter den Bewohner setzen und diesem eine Nierenschale unter den Mund halten. Sofern der Bewohner dazu in der Lage i

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