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© pqsg 2008 |
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Standard "Umgang
mit Psychopharmaka" |
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Psychopharmaka in der Altenpflege zählen
nach zahlreichen Skandalen zu den heißen Eisen. Der Grat
zwischen sinnvollem Einsatz und Missbrauch ist schmal - und
Pflegekräfte daher oftmals verunsichert. Ein guter Standard kann
helfen, klare Eckpunkte zu definieren und alle beteiligten
Mitarbeiter rechtlich besser abzusichern. |
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Wichtige Hinweise:
- Zweck unseres Musters ist es nicht,
unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert
und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
- Unverzichtbar ist immer auch eine
inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte,
da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen.
Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten
Krankheitsbildern kontraindiziert.
- Dieser Standard eignet sich für die
ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen
jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen
"Patient".
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Standard "Umgang mit Psychopharmaka" |
Definition: |
Psychopharmaka sind Wirkstoffe, die
Einfluss auf das Zentralnervensystem nehmen. Zu dieser
Gruppe zählen etwa Antidepressiva, Neuroleptika,
Tranquilizer, aber auch Lithium, Schlafmittel und
Sedativa.
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Grundsätze: |
- Psychopharmaka müssen immer
zurückhaltend genutzt werden, da sie tief in die
Psyche eines Bewohners eingreifen und dessen
Stimmung und Emotionen verändern.
- Wir beachten, dass viele
Psychopharmaka zuerst die Antriebslosigkeit und erst
später die depressive Stimmungen mindern. In dieser
Zeit besteht eine hohe Suizidgefahr.
- Wir werden Psychopharmaka
niemals einsetzen, um Bewohner ruhig zu stellen und
auf diese Weise den Arbeitsaufwand zu reduzieren.
- Das eigenmächtige
Verabreichen von Psychopharmaka ohne ärztliche
Anordnung wird in unserer Einrichtung nicht
geduldet.
- Wir betrachten Psychopharmaka
als letztes Mittel, wenn alle alternativen
Behandlungsstrategien gescheitert sind.
- Als Altenpflegeeinrichtung
sind unsere Möglichkeiten zur Pflege von psychisch
kranken Menschen begrenzt. Wenn sich Bewohner
dauerhaft der Therapie widersetzen, prüfen wir die
Verlegung in eine entsprechende Fachklinik.
- Elementar im Umgang mit
Psychopharmaka ist eine genaue Dokumentation aller
Beobachtungen und Maßnahmen.
- Das Stellen und Verteilen von
Psychopharmaka ist Aufgabe von Pflegefachkräften und
kann nicht an Pflegehilfskräfte delegiert werden.
- Wir achten beim Kontakt mit
Ärzten darauf, dass dieser gleichberechtigt, also
auf "gleicher Augenhöhe" abläuft. Da wir unsere
Bewohner täglich erleben und teilweise seit vielen
Jahren kennen, beanspruchen wir ein
Mitspracherecht bei der Auswahl der richtigen
Therapie.
- Wir behalten uns vor, Psychopharmaka und Analgetika unter doppeltem Verschluss und Verbrauchskontrolle zu halten.
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Ziele: |
- Der Bewohner nimmt
Psychopharmaka exakt nach den ärztlichen Vorgaben
ein.
- Unsere Bewohner sollen vor
Gesundheitsschäden geschützt werden.
- Die Würde unserer Bewohner
und insbesondere das Recht auf eigene Entscheidungen
sollen geschützt werden.
- Eine Abhängigkeit von
Psychopharmaka soll vermieden werden.
- Alle Alternativen zu
Psychopharmaka sollen ausgeschöpft werden.
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Vorbereitung: |
Allgemeines |
- Wir bilden unsere
Pflegekräfte regelmäßig zum Thema "Psychopharmaka in
der Altenpflege" fort.
- Wir stellen frühzeitig den
Kontakt zu allen beteiligten Kooperationspartnern
her, etwa Apothekern oder Ärzten.
- Wir halten stets aktuelle
Fachliteratur bereit, darunter immer auch ein Buch,
das alle bei uns genutzten Medikamente detailliert
beschreibt.
- Oder als Alternative zum
Fachbuch erhalten unsere Pflegefachkräfte Zugriffsmöglichkeiten
auf Onlineportale der Apothekenbranche.
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Symptombeschreibung |
Bei psychischen Störungen kann sich
der behandelnde Arzt nicht auf die Beschreibungen des
Erkrankten allein verlassen. Er ist darauf angewiesen,
dass Pflegekräfte ihm berichten, wie sich die Störung im
alltäglichen Leben auswirkt. Wir sammeln daher für den
Arzt alle relevanten Informationen:
- Welches Verhalten zeigt der
Bewohner?
- Wie äußert er sich verbal und
nonverbal?
- Welche Ausfallerscheinungen
treten auf?
- Seit wann und wie häufig
treten die Störungen auf?
- Gibt es Situationen,
Tageszeiten oder sonstige Begleitumstände, die zu
einer Häufung oder Intensivierung der Symptomatik
führen?
- Gibt es Begleitumstände, die
dazu führen, dass die Störungen nicht oder nur
schwächer auftreten?
- Welche Auswirkungen haben die
Störungen auf die Lebensqualität des Bewohners?
- Geht von dem Bewohner eine
Gefahr für sich oder für andere aus?
- Wir überprüfen die Biografie
auf Parallelen / Auslöser für das derzeitige Verhalten, z.B.
Kriegsgefangenschaft, Haft, Verfolgung oder Flucht.
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Ursachensuche |
Anhand der uns vorliegenden
Informationen und unseren Beobachtungen suchen wir nach
möglichen Auslösern für die Störung.
- Relevant sind dabei
insbesondere körperliche Störungen, die in vielen
Fällen zu psychischen Verhaltensänderungen führen.
Also etwa:
- Schmerzen
- Entzündungsprozesse
- Harnverhalt
- Obstipation
- Dehydration
- Mangel- oder
Fehlernährung
- Häufig kann die Störung auch
auf räumliche oder soziale Faktoren zurückgehen;
also etwa auf den erst unlängst erfolgten Heimeinzug
oder etwa auf einen Streit mit einem Mitbewohner
oder Angehörigen.
- Wir prüfen, ob die
Verhaltensauffälligkeiten im Zusammenhang mit
einer Änderung der Medikation stehen könnten.
- Hat der Bewohner ein
neues Medikament erhalten, zu dessen
Nebenwirkungen die fraglichen psychischen
Störungen zählen?
- Nimmt der Bewohner ein
Medikament, das mit einem anderen Arzneimittel
in Wechselwirkung treten könnte?
- Wurde die Dosis eines
Medikaments in letzter Zeit erhöht?
- Wurde ein Medikament
abgesetzt?
- Wir prüfen zudem, ob
Suchtverhalten ursächlich für die Symptomatik sein
könnte.
- Ist der Bewohner
medikamenten- oder drogenabhängig?
- Können die Störungen auf
einen sog. "kalten Entzug" zurückzuführen sein,
etwa weil die Versorgung des Bewohners mit
Suchtstoffen unterbrochen wurde?
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Alternativen zu Psychopharmaka |
- Wir prüfen gemeinsam mit dem
behandelnden Arzt, ob dem Bewohner mittels
Psychotherapie oder Entspannungsverfahren geholfen
werden kann. Dazu zählen:
- Gesprächstherapie
- Verhaltenstherapie
- Gruppentherapie
- Familientherapie
- Hypnose
- autogenes Training
- Musiktherapie
- Wir nutzen Bewegungstherapie,
um insbesondere neurologische Symptome zu lindern.
Dazu zählen:
- passive Maßnahmen wie
Lagerungen, Massagen oder Dehnübungen
- aktive Maßnahmen wie
Bewegungsübungen (etwa im Rahmen der
Krankengymnastik)
- Bei Störungen der Motorik,
der Sinnesorgane sowie bei psychischen Defiziten
kann die Ergotherapie eingesetzt werden.
- Vor dem Einsatz von
hochwirksamen Psychopharmaka prüfen wir die Nutzung
von nichtverschreibungspflichtigen Wirkstoffen,
etwa:
- Baldrian
- Johanniskraut
- Hopfen
- Passionsblume
- Melisse als Tee oder
Dragees
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Durchführung: |
allgemeine Sicherheitsmaßnahmen |
- Bewohner, die Psychopharmaka
einnehmen, sollten sich ausreichend bewegen.
- Wir achten darauf, dass die
Wirkstoffe nicht überdosiert werden. Bei Senioren
müssen zumeist deutlich geringere Dosierungen als
bei jüngeren Erwachsenen verschrieben werden. Dieses
Vorgehen wird als "start low, go slow" bezeichnet.
Die Dosis wird zu Beginn der Therapie also so
niedrig wie möglich gewählt und danach nur
vorsichtig erhöht.
- Wir beachten, dass eine
übermäßige Flüssigkeitszufuhr zu einer
Wirkungsreduktion führen kann.
- Bei Krämpfen (etwa durch
hochwirksame Neuroleptika) wird umgehend der (Not-)Arzt
informiert.
- Wir sorgen ggf. für eine
regelmäßige Blutbildkontrolle.
- Wir beachten, dass viele
Psychopharmaka die Sturzgefährdung erhöhen.
- Wenn bei einem Bewohner ein
Vorrat an Psychopharmaka gefunden wird, die dieser
durch Nichteinnahme gehortet hat, so werden diese
dem Bewohner abgenommen.
- Dem Bewohner werden ggf. nur
Einzeldosen ausgehändigt (etwa für den Morgen),
nicht aber der gesamte Bedarf für den ganzen Tag im
Voraus.
- Gemeinsam mit dem Bewohner
und dem Betreuer diskutieren wir, inwieweit
regelmäßige Kontrollen im Zimmer notwendig sind,
etwa um das Horten von Psychopharmaka zu verhindern.
- Bei Medikamenten, die die
Reaktions- und die Entscheidungsfähigkeit
beeinflussen, prüfen wir, ob der Bewohner die
Einrichtung verlassen darf. Dieses gilt vor allem
dann, wenn Verkehrsunfälle drohen.
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Einnahme einer Bedarfsmedikation |
Viele Psychopharmaka werden nicht
ausschließlich dauerhaft genommen, sondern eignen sich
auch als Bedarfsmedikation.
- Wir drängen auf eine
eindeutige Festlegung des Arztes zur Verabreichung
von Bedarfsmedikationen. Er soll einen klaren Anlass
(Indikation) definieren. Feststehen müssen auch die
Stärke der Einmaldosierung, der frühste Zeitpunkt
für eine erneute Anwendung sowie die
Tageshöchstmenge.
- Wenn Unsicherheiten zum
Anlass, zur Dosis und Häufigkeit der Gabe bestehen,
geben wir die Bedarfsmedikation ggf. nicht. Wir
bitten den Arzt dann, die Verordnung zu
konkretisieren.
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korrekte Einnahme sicherstellen |
- Die Psychopharmaka dürfen
zumeist nicht mit verschiedenen Lebensmitteln o.Ä.
verabreicht werden, etwa:
- größere Mengen Milch
- Alkohol
- Kaffee oder Schwarztee
- Fruchtsäfte
- Antazida
- Kohlekompretten
- Die Medikamentengabe erfolgt
anhand der "6-R-Regel". Also:
- richtiger Bewohner
- richtiges Medikament
- richtige Darreichungsform
- richtige Dosierung
- richtige Uhrzeit
- richtige Dokumentation
- Der Bewohner wird ggf. bei
der Einnahme der Psychopharmaka beobachtet. Wenn es
notwendig ist, kontrollieren wir die Mundhöhle.
- Der Bewohner erhält für die
Einnahme ein Glas Wasser.
- Wir achten darauf, dass der
Bewohner die Medikamente zügig einnimmt. Wenn sich
etwa bei Dragees der Überzug auflöst, können diese
bitter schmecken.
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Beobachtung von Bewohnern |
- Das Verhalten von Bewohnern,
die Psychopharmaka nehmen, wird genau beobachtet.
Auffälligkeiten werden dokumentiert und umgehend dem
behandelnden Arzt mitgeteilt.
- 30 bis 60 Minuten nach der
Einnahme wird überprüft, ob das Medikament die
gewünschte Wirkung zeigt (etwa eine Sedierung).
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Verweigerung der Einnahme |
- Falls ein Bewohner die
Einnahme verweigert, versuchen wir zunächst den
Grund dafür zu erfahren.
- Ggf. vorhandene Befürchtungen
versuchen wir im Dialog zu zerstreuen, etwa Ängste
vor Nebenwirkungen oder Vergiftungswahnideen.
- Nach der Verordnung durch den
Arzt wird ggf. vereinbart, dass der Bewohner das
Medikament nur einmal "probeweise" nimmt. Danach
besprechen Pflegekraft und Bewohner, ob die
Befürchtungen eingetreten sind.
- Der Bewohner wird unter
keinen Umständen zur Einnahme gezwungen. Stattdessen
informieren wir den behandelnden Arzt und ggf. den
Betreuer und besprechen dann das weitere Vorgehen.
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Information des Bewohners |
- Wir informieren gemeinsam mit
dem Arzt den Bewohner umfassend über Wirkungen und
Nebenwirkungen der Psychopharmaka. Wir achten
allerdings auch darauf, dass sich der Bewohner
infolge der Information die Nebenwirkungen nicht
einbildet.
- Wir weisen den Bewohner
darauf hin, dass viele Medikamente zu Beginn der
Behandlung Nebenwirkungen zeigen, die mit der Zeit
nachlassen.
- Wir geben dem Bewohner Tipps,
wie er Medikamente schonend einnehmen kann, also
etwa mit Wasser oder mit den Mahlzeiten.
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Wir achten auf spezifische
Nebenwirkungen, die verschiedene Wirkstoffgruppen
auslösen können. Insbesondere in den ersten Wochen der
Behandlung werden diese dem Arzt regelmäßig und ggf.
auch kurzfristig mitgeteilt. |
Antidepressiva |
- Mundtrockenheit
- verminderte Sekretabsonderung
in der Nase
- Trockenheit der
+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++
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Weitere Informationen
zu diesem Thema |
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Schlüsselwörter für diese Seite |
Psychopharmakum;
Antidepressivum; Neuroleptikum; Tranquilizer; Lithium;
Schlafmittel; Sedativum |
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