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Standard "Pflege von Senioren mit einer künstlichen Hüfte (Totalendoprothese / "TEP")"

 
Immer modernere Materialien und schonende Operationsmethoden machen es möglich, selbst hochbetagten Senioren eine künstliche Hüfte zu implantieren. Aber macht dieser umfangreiche chirurgische Eingriff wirklich immer Sinn? Pflegekräfte haben da so ihre Zweifel, denn in der Praxis entwickelt sich die Rehabilitationsphase oftmals zur Quälerei. Und dass die Senioren jemals wieder auf die Beine kommen, ist alles andere als sicher.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!
 

Standard "Pflege von Senioren mit einer künstlichen Hüfte (Totalendoprothese / "TEP")"

Definition: Bei einer Totalendoprothese (abgekürzt "TEP") handelt es sich um ein künstliches Kugelgelenk, das ein geschädigtes Hüftgelenk ersetzt.

Die Hauptindikationen für eine Totalendoprothese sind:

  • versteifte Hüfte
  • schwere rheumatische Veränderungen des Hüftgelenks
  • Osteoarthritis (vom Knochen auf ein Gelenk übergreifende Entzündung)
  • dauerhafte starke Schmerzen im Hüftgelenk
  • unzureichend verheilte Frakturen, insbesondere Oberschenkelhalsfrakturen
  • sonstige Formen der Gelenksdegeneration
  • Eine TEP kann rund 15 Jahre genutzt werden und wird danach wegen Materialverschleiß ersetzt.
  • Frauen sind häufiger auf eine TEP angewiesen als Männer. Ein Schenkelhalsbruch tritt insbesondere dann auf, wenn die Knochenstruktur durch Osteoporose geschwächt ist.
  • Das durchschnittliche Alter der Betroffenen liegt bei 82 Jahren.
  • Entscheidend für den Heilungserfolg ist eine konsequente Luxationsprophylaxe. Die Muskulatur des Bewohners ist häufig geschwächt, kann also dem künstlichen Hüftkopf nicht ausreichend Halt geben. Es besteht die Gefahr, dass dieser aus der Hüftpfanne tritt (sog. "Luxation").

Es gibt zwei unterschiedliche Möglichkeiten, um eine Totalendoprothese in der Knochenstruktur zu verankern:

  • Bei der zementierten TEP wird ein schnell härtender Kunststoff ("Knochenzement") für die Verankerung genutzt. Der zentrale Vorteil dieser Technik besteht in der schnellen Belastbarkeit des Gelenks. Der Patient ist schon wenige Tage nach dem Eingriff mobil, wenn auch zunächst mit einem Gehwagen und anschließend mit Unterarmstützen. Eine zementierte TEP lässt sich nur mit großem Aufwand wieder entfernen und durch eine andere Prothese ersetzen. Diese Technik wird zumeist nur bei Patienten über 65 Jahre verwendet, da bei dieser Altersgruppe ein Austausch der TEP nach 15 Jahren zumeist nicht mehr sinnvoll sein wird. Bereits nach zehn Jahren haben sich 20 Prozent aller zementierten Prothesen gelockert.
  • Bei einer zementfrei implantierten TEP lässt sich das Gelenk in den ersten sechs Wochen nach dem Eingriff nur eingeschränkt belasten. Diese Prothese wird bei jüngeren Patienten implantiert, die eine mehrmonatige Teilimmobilität voraussichtlich gut überstehen werden.
Grundsätze:
  • Eine TEP-Implantation ist risikobehaftet und nicht für jeden Menschen ratsam. Wir empfehlen dem Bewohner oder dessen Betreuer, die Chancen und Risiken sorgfältig mit den behandelnden Ärzten abzuwägen.
  • Jeder Bewohner hat das Recht auf eine optimale Schmerzmittelversorgung und eine angemessene Versorgung mit Hilfsmitteln.
Ziele:
  • Der Bewohner soll sein Leben möglichst unabhängig gestalten können und über eine weitgehend uneingeschränkte Mobilität verfügen.
  • Der Bewohner soll keine unnötigen Schmerzen erfahren.
  • Schon- und Fehlhaltungen, die der Bewohner schmerzbedingt "erlernt" hat, sollen nach dem Eingriff durch physiologische Bewegungsabläufe abgelöst werden.
  • Das Material der Prothese sollte möglichst geschont werden, damit ein Austausch herausgezögert werden kann.
  • Die häufigsten Komplikationen des Eingriffs werden dauerhaft vermieden, insbesondere:
    • Dekubitus
    • tiefe Beinvenenthrombose
    • Lungenembolie
    • Pneumonie
    • Läsion des Nervus femoralis
    • Läsion des Nervus ischiadicus
    • Hüftluxation (Verdrehung oder Herausdrehung des Hüftkopfes)
Vorbereitung: Organisation
  • Wir stellen frühzeitig den Kontakt zu relevanten Berufsgruppen und Institutionen her, also etwa Orthopädietechnikern, Krankengymnasten und Rehabilitationseinrichtungen.
  • Die korrekte Pflege von Betroffenen wird regelmäßig per Pflegevisite überprüft.
  • Wir bilden unsere Mitarbeiter regelmäßig weiter und halten aktuelle Fachliteratur bereit.
Symptome einer Oberschenkelhalsfraktur Eine Oberschenkelhalsfraktur führt zu einer typischen Symptomatik.
  • Der Bewohner klagt über starke Schmerzen im Hüftgelenk. Das Hüftgelenk kann nicht belastet werden.

  • Es kommt zu einer typischen Fehlstellung des betroffenen Beines: Das Bein ist verkürzt und nach außen gedreht (siehe Bild). In solchen Fällen ist sofort der Notarzt zu informieren.
Notwendigkeit des Eingriffs Die Implantation einer Totalendoprothese ist ein schwerwiegender Eingriff mit entsprechenden Risiken. Daher muss sorgfältig abgewogen werden, wann eine Operation notwendig wird. Bei der Entscheidungsfindung unterstützen wir den Bewohner. Für den Eingriff würde sprechen:
  • Der Bewohner kann aufgrund der Schmerzen nur noch kurze Strecken gehen.
  • Der Bewohner kann trotz Schmerzmedikation nachts nicht durchschlafen.
  • Es ist absehbar, dass der Bewohner dauerhaft große Mengen Schmerzmittel nehmen muss. Es drohen entsprechende Nebenwirkungen.
  • Alle weiteren Behandlungsmethoden insbesondere zur Schmerzreduktion zeigen keine ausreichende Wirkung.
vor einer Operation Durch eine gezielte Vorbereitung auf die Operation können die Erfolgsaussichten deutlich verbessert werden.
  • Der Bewohner wird in die korrekte Nutzung von Unterarmgehstützen eingewiesen. Bis zur Operation sollte der Bewohner in der Lage sein, sich mit diesen Hilfsmitteln bewegen zu können.
  • Der Bewohner sollte sich im Rahmen seiner Fähigkeiten sportlich betätigen und die Muskulatur stärken.
  • Da die Operation mit einem hohen Blutverlust verbunden ist, sollte die Möglichkeit einer Eigenblutspende geprüft werden.
  • Wir legen dem Bewohner nahe, die Operation in einer spezialisierten Klinik ausführen zu lassen. Dieses selbst dann, wenn damit längere Anfahrtswege für den Bewohner und Angehörige anfallen.
Durchführung: Sitzen und Liegen
  • In den ersten sechs Wochen nach der Operation darf der Bewohner nur auf dem Rücken liegen. Die Beine werden leicht abgespreizt und mit einem zwischen gelegten Kissen vor Verdrehungen geschützt. (Dieser Punkt ist abhängig von der Art der TEP-Fixierung im Becken.)
  • Es besteht in den ersten Wochen eine deutlich erhöhte Dekubitusgefahr. Alle im Prophylaxestandard beschriebenen Maßnahmen werden sorgfältig umgesetzt.
  • Nach sechs Wochen ist eine Seitenlagerung wieder möglich. Dieses zumeist allerdings nur auf der gesunden Seite. Ggf. wird ein Kissen zwischen die Knie gelegt, damit das betroffene Bein in der leicht abgespreizten Position gehalten wird.


  • Wenn der Bewohner im Bett bewegt wird, muss stets sichergestellt werden, dass das betroffene Bein nicht verdreht wird. Ggf. muss eine zusätzliche Pflegekraft beide Beine halten (siehe Bild).
  • Eine Seitenlagerung auf der operierten Seite kann zu Schmerzen führen, wenn Druck auf den Wund- und Narbenbereich ausgeübt wird.
  • Der Bewohner sollte beim Sitzen seine Beine parallel nebeneinander auf den Boden stellen und auf das Übereinanderschlagen der Knie verzichten. Eine starke Beugung des Hüftgelenks über 90° sollte vor allem in den ersten sechs Wochen vermieden werden. Ggf. kann ein Keilkissen genutzt werden.
  • Der Bewohner sollte ausschließlich auf hohen Stühlen sitzen, aus denen er leicht wieder aufstehen kann. Beim Einsinken in weiche Sofas besteht das Risiko, dass es zu einer Hüftluxation kommt. Zudem wird für das Aufstehen viel Kraft benötigt. Grundsätzlich gilt: Eine Sitzposition ist ungünstig, wenn das Hüftgelenk tiefer liegt als die Kniegelenke.
  • In vielen Fällen ist es sinnvoll, ein keilförmiges Sitzkissen zu verwenden.
  • Der Bewohner sollte sich beim Sitzen nicht zu sehr nach vorne beugen, sondern mit geradem Rücken sitzen.
  • Im Badezimmer des Bewohners wird eine Toilettensitzerhöhung montiert.
  • Der Bewohner sollte nur eine halbe Stunde sitzen und sich danach wieder etwas körperlich bewegen, also etwa eine kurze Strecke gehen.
Stehen und Gehen
  • Die Füße sollten stets parallel nach vorne zeigen. Verdrehungen nach innen oder nach außen müssen vermieden werden.
  • Der Bewohner sollte auch in Innenräumen festes Schuhwerk mit flachen Absätzen tragen. Sandalen oder Pantoffeln werden vermieden (Stichwort: Sturzprophylaxe).
  • Der Bewohner sollte Gehhilfen nutzen, also etwa Unterarmgehstützen oder einen Gehwagen. Im Dialog mit dem Bewohner versuchen Pflegekräfte etwaige Vorbehalte gegen die Nutzung auszuräumen.
  • Der Standard zur Sturzprophylaxe wird sorgfältig umgesetzt. Insbesondere sollte der Bewohner einen Hüftprotektor tragen.
  • Sollte sich das Treppensteigen nicht vermeiden lassen, sollte der Bewohner stets mit dem gesunden Bein voran gehen.
  • Der Bewohner darf sich in den ersten Monaten nach dem Eingriff nicht bücken. Der Bewohner erhält ggf. eine lange Greifzange.
körperliche Bewegung
  • Der Umfang der körperlichen Bewegung wird in enger Kooperation mit dem behandelnden Arzt festgelegt.
  • Bei einer zementfreien TEP liegt die Belastungsgrenze anfangs bei zumeist 10 bis 20 Kilogramm. Damit der Bewohner ein Gefühl für dieses Gewicht bekommt, kann er seinen Fuß auf eine Personenwaage stellen und diesen dann bis zum Erreichen dieser Grenze belasten.
  • Zumeist wurden dem Bewohner im Krankenhaus verschiedene Bewegungsübungen demonstriert. Wir stellen sicher, dass der Bewohner auch nach seiner Rückkehr in unsere Einrichtung das Training fortsetzt. Wir arbeiten eng mit dem Physiotherapeuten zusammen.
  • Wir animieren den Bewohner, auch nach der Implantation weiterhin unsere Gymnastikveranstaltungen zu besuchen. Insbesondere sollte der Bewohner an der Rückenschule teilnehmen.
  • Wir achten darauf, dass der Bewohner beim Gehen nicht hinkt. Dieses würde die Materialermüdung der Prothese beschleunigen.
  • Nach sechs bis zwölf Monaten kann der Bewohner ggf. verschiedene Sportarten betreiben. Zwei Kategorien kommen in Frage:
    • Sportarten mit geführten Bewegungen, bei denen es nicht zu ruckartigen und schlecht zu kontrollierenden Bewegungen kommen kann. Also etwa: Fahrradfahren mit erhöhtem Sattel, Nutzung eines Heimtrainers, Wandern usw.
    • Wassersportarten, bei denen ein Großteil des Körpergewichts durch den Auftrieb kompensiert wird. Also etwa: Schwimmen, Wassergymnastik usw.
  • Der Bewohner sollte in keinem Fall wieder schwere Lasten tragen.
Weiteres
  • Verschiedene Bewegungsabläufe werden dem Bewohner schwer fallen. Insbesondere beim Anziehen wird er Hilfe benötigen. So kann es beim Anziehen der Strümpfe und Schuhe zu schädlichen Rotationsbewegungen des betroffenen Beines kommen. Ggf. erhält der Bewohner einen Strumpfanzieher.
  • Der Bewohner sollte sich im Sitzen anziehen, damit er nicht auf einem Bein balancieren muss.
  • Der Bewohner sollte an allen Nachsorgeuntersuchungen teilnehmen.
  • Bei Infektionen jeder Art besteht die Gefahr, dass diese auf die Umgebung des Implantats übergreifen. Daher sollte im Zweifel stets der Hausarzt befragt werden, bzw. andere Ärzte über die Implantation informiert werden.
  • Dem Bewohner wird eindringlich nahe gelegt, etwaiges Übergewicht abzubauen.
  • Der Bewohner erhält ggf. einen mobilen Notrufknopf ("Funkfinger").
  • In den ersten Wochen nach der Operation und ggf. auch später muss der Bewohner Kompressionsstrümpfe oder Stützstrümpfe tragen.
  • Wir bitten den Hausarzt um eine angemessen Bedarfsmedikation.
Nachbereitung:
  • Alle Maßnahmen werden in der Pflegedokumentation schriftlich fixiert.
  • Alle Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert:
    • Wie äußert sich der Bewohner zu seinen Beschwerden?
    • Welche Wirkung zeigen die Medikamente, welche Nebenwirkungen werden verzeichnet?
    • Welche "alternativen" Therapien nutzt der Bewohner?
    • Welche Einschränkungen treten auf? Inwieweit lassen sich diese mit Hilfsmitteln kompensieren?
    • Fortschritte oder Rückschritte werden mit der Pflegeplanung abgeglichen. Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
Dokumente:
  • Pflegebericht
  • Durchführungsnachweis / Leistungsnachweis
  • ggf. Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Totalendoprothese; Hüftgelenk; Oberschenkelhals; TEP; Hüfte, künstliche; Sturz
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