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Version 3.05a - 201X

Standardmaßnahmenplan "Dekubitus"  (SIS / neues Strukturmodell)

 
Oftmals ist nur ein geringer Aufwand notwendig, um die Entstehung eines Druckgeschwürs zu verhindern. Das setzt allerdings voraus, dass alle Pflegekräfte wissen, wo die individuellen Risiken lauern. Eine solide Maßnahmenplanung kann dabei helfen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standardmaßnahmenplan "Dekubitus"
  • Ein Dekubitus ist eine Schädigung der Hautoberfläche, die mit Entzündungsprozessen sowie letztlich mit einem Gewebeverlust verbunden ist. Hauptursache für ein solches Druckgeschwür ist mechanischer Druck, der über längere Zeit auf Hautflächen ausgeübt wird. In der Folge wird die Durchblutung soweit herabgesetzt, dass eine Nekrotisierung des Gewebes einsetzt. Verschiedene Grunderkrankungen können den Schädigungsprozess beschleunigen wie etwa Diabetes mellitus oder Apoplexie.
  • Zur Dekubitusprophylaxe gehören alle Maßnahmen, die das Auftreten eines Dekubitus verhindern. Dazu zählen insbesondere die regelmäßige Umlagerung von gefährdeten Senioren, die Nutzung von Frei- und Weichlagerungen sowie die Unterpolsterung von Hohlräumen zur Optimierung der Druckverteilung. Auch eine Mobilisierung von Senioren sowie eine Optimierung der Ernährung und der Flüssigkeitsversorgung senken das Risiko.
Maßnahmen
Begründung und Anmerkungen
Fallbeispiel:
  • Herr Müller ist 78 Jahre alt. Bei einem Sturz vor drei Jahren hat er sich eine Fraktur des Hüftgelenks zugezogen. In seine bisherige Wohnung konnte er nicht zurückkehren. Er zog daher in unser Pflegeheim um. Dank einer umfassenden Rehabilitation gelang es hier, einen Großteil seiner Mobilität zurückzugewinnen.
  • Herr Müller verfügt eigentlich über die notwendigen körperlichen Ressourcen, um sich außerhalb des Betts zu bewegen. Er leidet jedoch unter Gangunsicherheiten. Herr Müller hat große Angst vor einem erneuten Sturz und verbringt unnötig viel Zeit sitzend oder liegend im Bett. Dieses führt zu einer erhöhten Dekubitusgefahr.
  • Wir stellen sicher, dass Herr Müller über die notwendigen Hilfsmittel verfügt, um sich außerhalb des Bettes bzw. des Sessels zu bewegen. Für kürzere Strecken reicht ein Gehstock. Bei längeren Wegen nutzt Herr Müller seinen Rollator.
  • Wir sorgen dafür, dass Herr Müller stets seine Brille trägt. Mit seiner Brille fühlt er sich etwas sicherer.
  • Herr Müller verfügt über Hüftprotektoren und sollte diese tragen. Die Protektoren erhöhen ebenfalls sein Sicherheitsgefühl.
  • Wir ermuntern Herrn Müller, sich an Freizeitaktivitäten außerhalb seines Zimmers zu beteiligen. Herr Müller nimmt gerne am Lesezirkel und am Chortreffen teil. Die Pflegekraft begleitet ihn in den Gemeinschaftsraum.
  • Bei Ausflügen außerhalb der Einrichtung kann der Bewohner von einem Praktikanten oder von einem "Bufdi" (Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes) begleitet und gestützt werden. Alternativ setzen wir ehrenamtliche Mitarbeiter ein.
Fallbeispiel:
  • Frau Meier (81 Jahre) hat vor 9 Monaten einen Schlaganfall erlitten. Es hat sich eine Paraplegie ausgebildet.
  • Frau Meier ist immobil. Sie verbringt viel Zeit liegend im Bett. Dieses führt zu einer erhöhten Dekubitusgefahr.
  • Frau Meier hat eine sehr trockene Haut (sog. "Altershaut"). Dieses liegt auch daran, dass sie sich aufgrund der Bewegungseinschränkungen nicht selbst eincremen kann. Die trockene Haut ist anfällig für Druckgeschwüre.
  • Wir führen mit Frau Meier aktive und passive Bewegungsübungen durch. Diese werden nach Möglichkeit in andere Pflegetätigkeiten eingebunden, wie etwa in die morgendliche Ganzkörperwaschung.
  • Wir nutzen die gesamte Bandbreite an Lagerungsmöglichkeiten, also etwa 30°-Lagerung, 135°-Lagerung, Rückenlage, Bauchlage, schiefe Ebene, 3-Kissen- und 5-Kissen-Lagerung. Wir nutzen keine 90°-Lagerung.
  • Bei starken Verunreinigungen der Haut nutzen wir zusätzlich zum klaren Wasser Syndets.
  • Die Wassertemperatur wird tendenziell etwas niedriger gewählt, da dann der Säureschutzmantel weniger geschädigt wird.
  • Wir nutzen Wasser-in-Öl-Emulsionen. Das Pflegemittel kann im Sommer gekühlt werden und wirkt dann beim Auftragen sehr erfrischend. Wir achten insbesondere auf die Schienbeine, auf die Unterschenkel und auf die Füße, da diese bei Frau Maier verstärkt zu Trockenheit neigen.
  • Wir nutzen ggf. einen modernen Hautschutz ("Cavilon©"). Dieser wird alle 48 bis 72 Stunden aufgetragen. Wenn eine häufigere Reinigung erforderlich ist, kann das Mittel auch alle 12 bis 24 Stunden appliziert werden.
  • Bewegungsübungen sollten konsequent fortgeführt werden. Dieses auch, wenn sich der Zustand der Bewohnerin bessern sollte und diese ihre Mobilität schrittweise zurückgewinnt.
  • Zudem wird die Bewohnerin, wann immer möglich, aus dem Liegen in eine andere Position gebracht. Dazu zählen:
    • bewegen im Bett
    • aufsetzen im Bett
    • sitzen am Bettrand
    • sitzen im Sessel
    • sitzen im Rollstuhl
    • aufstehen
    • gehen mit Unterstützung durch die Pflegekraft
    • gehen mit Unterstützung etwa durch ein Gehrad.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller war zeitlebens begeisterter Fußballspieler. Allerdings kam es im Verlauf der Jahre zu einem Verschleiß der Gelenkknorpel im Kniegelenk. Mit 82 Jahren ist ein Knie völlig versteift, das andere kann Herr Müller nur unter großen Schmerzen bewegen.
  • Herr Müller nimmt gerne eine sitzende oder eine halb sitzende Position im Bett oder im Sessel ein. Wenn Herr Müller nach unten rutscht, verschieben sich einzelne Gewebeschichten gegeneinander. Blutgefäße werden komprimiert oder verdreht. Dieses steigert das Risiko eines Druckgeschwürs.
  • Mit einem Rollator oder mit Gehstützen kann sich Herr Müller nicht fortbewegen. Die Schmerzen wären zu stark. Zudem droht ein Sturz. Er nutzt daher einen Rollstuhl. Das Sitzen im Rollstuhl führt zu einer großen Druckbelastung im Gesäßbereich.
  • Wir nutzen Mikrolagerungen, also kleine und einfach zu realisierende Positionswechsel, die zu einer Gewichtsverlagerung führen. Wir verwenden dafür weiche Tücher, Kissen oder Sitzkeile. Die Mikrolagerung ersetzt die generelle Umlagerung zwar nicht, verlängert aber die Abstände zwischen den größeren Umlagerungen.
  • Nach Abschluss jeder Lagerung fragen wir Herrn Müller, ob er bequem liegt. Wir kontrollieren, ob die eingenommene Körperhaltung zu Scherkräften führt, weil Hautschichten gegeneinander verschoben werden.
  • Wir legen ein Betttuch als Bremse unter die Oberschenkel bis an die Sitzbeinhöcker. Wir verhindern damit, dass Herr Müller bei einer Lagerung mit erhöhtem Oberkörper ohne korrekte Beckenbeugung nach unten rutscht.
  • Zweimal täglich erfolgt eine optische Hautkontrolle. Wir überprüfen insbesondere die Hautbereiche, die beim Sitzen einem erhöhten Auflagedruck ausgesetzt sind. Soweit möglich sollte Herr Müller die Hautinspektion eigenständig durchführen. Wir bieten Herrn Müller dafür einen Handspiegel an. Zusätzlich dazu soll Herr Müller die Haut mit den Fingern abtasten, um krankhafte Veränderungen wie etwa Verhärtungen, Schwellungen, Überwärmungen oder Bläschenbildung frühzeitig wahrzunehmen.
  • Wir achten darauf, dass Herr Müller seine Arme auf einer Armlehne abstützen kann. Es ist ihm dann möglich, durch Mikrobewegungen eine Gewichtsverlagerung durchzuführen. Herr Müller kann insbesondere sein Gesäß mit der Kraft seiner Arme kurzfristig vom Rollstuhl abheben und in eine etwas andere Sitzposition bringen.
  • Wir fördern regelmäßige Positionsveränderungen im Sitzen durch die Nutzung von kleinen Keilkissen oder anderen Hilfsmitteln.
  • Wir nutzen ein Gesäßkissen, um den Druck gleichmäßiger zu verteilen.
  • Herr Müller wird aufgefordert, beim Sitzen die Füße auf den Boden zu stellen. Er verbessert damit den Halt und verhindert Scherkräfte, falls er aus dem Stuhl zu rutschen droht. Wenn Herr Müller im Rollstuhl sitzt, werden die Füße in gleicher Weise auf den Fußstützen positioniert. Falls notwendig werden die Einstellungen der Fußstützen ansprechend angepasst.
  • Herr Müller sollte nicht länger als zwei Stunden auf einem Stuhl sitzen. Danach sollte er sich körperlich bewegen, also etwa einmal den Flur auf und ab gehen.
  • Für einen etwaigen Mittagsschlaf wird Herr Müller in sein Bett gebracht. Er sollte nicht sitzend im Rollstuhl schlafen.
  • Wir animieren den Bewohner, verschiedene Sitzkissen zu testen. Ein gutes Sitzkissen reduziert nicht nur den Auflagedruck, sondern stabilisiert gleichzeitig auch die Sitzposition. Der Preis von 120 Euro aufwärts ist zumeist gut investiert.
Fallbeispiel:
  • Frau Meier ist vor drei Jahren mit dem Auto schwer verunglückt. Sie zog sich ein Schädel-Hirn-Trauma zu. Nach der Krankenhausentlassung wurde sie stationär in unserer Einrichtung aufgenommen. Frau Meier ist komatös und somit vollständig immobil.
  • Frau Meier ist mit Schläuchen verbunden, etwa aufgrund ihrer Magensonde und der Harnableitung. Diese Schläuche üben Druck auf die Haut aus, wenn sie z. B. beim Umlagern versehentlich zwischen die Haut und die Matratze geraten.
  • Wir führen eine Weichlagerung durch. Wir nutzen Hohl- und Freilagerungen.
  • Wir nutzen spezielle Antidekubitusmatratzen. Gefährdete Körperstellen werden gepolstert.
  • Die Gelenke werden in physiologischer Stellung gelagert. Dieses ist vor allem bei den großen Gelenken zwingend geboten.
  • Nach jedem Lagewechsel wird die Haut inspiziert.
  • Die Schläuche müssen so fixiert werden, dass sie keinen Druck auf das gefährdete Hautareal ausüben können.
  • Die Lage der Schläuche wird regelmäßig überprüft und ggf. korrigiert.
  • Die Befestigungsstellen der Schläuche werden ggf. regelmäßig gewechselt. Die Eintrittsstellen können ggf. gepolstert werden.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller ist vor sechs Monaten von einem Klapphocker gefallen. Er hat sich multiple Frakturen im Bereich des Unterschenkels und der Unterarme zugezogen. Diese sind bislang nur teilweise verheilt und verursachen erhebliche Beschwerden.
  • Die Schmerzintensität erhöht sich, wenn sich Herr Müller bewegt. Er reduziert daher sein Bewegungspensum, steigert damit aber auch die Anfälligkeit für Druckgeschwüre. Er verbringt einen Großteil des Tages halb sitzend im Bett und sieht fern.
  • Herr Müller hat eine Abneigung gegen Schmerzmittel. Er versucht stets, möglichst lange ohne Analgetika auszukommen. Herr Müller hat dann tagelang starke Schmerzen, die die Nachtruhe verhindern. Nimmt er dann doch Schmerzmittel ein, fällt er in einen tiefen Erschöpfungsschlaf. In diesem Schlafzustand nimmt er kaum eigenständig Lagekorrekturen vor. Es kann zu einem Dekubitus kommen.
  • In den darauf folgenden Tagen verschlechtern die Schmerzmittel die Sensibilität der Haut. Der Impuls zur Druckentlastung wird geschwächt.
  • Bei einem Erschöpfungsschlaf wird der Bewohner von uns alle zwei Stunden umgelagert.
  • Gefährdete Hautbereiche (insbesondere im Gesäßbereich sowie die Fersen) werden täglich inspiziert. Bei Rötungen führen wir einen Fingerdrucktest durch.
  • Wir nutzen das Konzept der Mikrolagerung. Die Schulter, das Gesäß und andere Körperbereiche werden nach einem festen Schema unterlagert. Wir nutzen dafür Handtuchrollen, kleine Kissen und andere Lagerungshilfsmittel.
  • Es erfolgt eine Freilagerung der Fersen.
  • Herr Müller wird angeleitet, selbstständig die Haut zu untersuchen und Veränderungen umgehend zu melden. Zumindest die Fersen und die Ellenbogen kann Herr Müller selbst inspizieren.
  • Wir führen Mikrolagerungen sowohl bei liegenden als auch bei vorwiegend sitzenden Senioren aus.
Fallbeispiel:
  • Frau Meier leidet an rheumatoider Arthritis. Die Krankheit verläuft schubweise. Während eines Schubes hat Frau Meier erhebliche Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Sie ist dann weitgehend immobil. Zwischen den einzelnen Schüben hingegen lassen die Beschwerden nach. Frau Meier ist zumindest zeitweilig wieder mobil. Daher schwankt das Dekubitusrisiko von Woche zu Woche erheblich.
  • Frau Meier erhält Schmerzmittel. Diese nimmt sie zusammen mit anderen Medikamenten täglich ein. Zwischen den Schüben braucht sie die Analgetika aber eigentlich nicht; oder zumindest nicht in der hohen Dosierung. Dieses ist problematisch, weil die Schmerzmittel den Impuls zur eigenständigen Umlagerung dämpfen.
  • Bei Frau Meier führt die Erkrankung zu einer mentalen Belastung. Ihr Appetit ist reduziert. Mit einem BMI von 18 hat sie Untergewicht. Das Unterhautfettgewebe ist zu schwach ausgebildet. Es gibt keine Polsterung. Die Oberhaut ist trocken, dünn und empfindlich. Sie leidet unter Eiweiß- und Vitaminmangel.
  • Frau Meier benötigt eine prophylaktische Antidekubitusmatratze. Bei sehr weichen Matratzen ist aber bei ihr damit zu rechnen, dass diese ihre Bewegungsfähigkeiten eher einschränken. Zudem können Spastiken ausgelöst werden.
  • Wir nutzen eine Risikoeinschätzungsskala, um Frau Meiers Gefährdung abschätzen zu können. Bei einer sich abzeichnenden Gefährdung werden die Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe intensiviert. Frau Meier wird dann alle 120 Minuten umgelagert.
  • Die gefährdeten Hautbereiche werden täglich inspiziert. Hautveränderungen werden sorgfältig im Pflegebericht dokumentiert.
  • Wir nutzen den Fingertest und stellen damit fest, ob eine vorhandene Hautrötung bereits von einem Dekubitus ausgelöst wurde. Wir überwachen insbesondere folgende Körperregionen:
    • Zehen und Fersen
    • Innen- und Außenknöchel sowie Fußkante
    • Kniescheiben, Schienbein, Steißbein sowie Wadenbeinköpfchen
    • Kreuzbein und Steißbein
    • Dornfortsätze der Wirbelsäule
    • Brustbein und Rippen
    • Schulterbereich, Schulterblatt, Oberarmkopf, Ellenbogen
    • Wangenknochen, Ohrmuscheln, Schläfenregion und Hinterkopf
  • Wir fordern Frau Meier auf, im Rahmen ihrer Fähigkeiten die Lage eigenständig zu wechseln. Wir stellen ihr dafür den Bettgalgen und eine Bettleiter zur Verfügung. Wir vermitteln ihr Techniken, wie sie die Gewichtsbelastung eigenständig verändern kann. Frau Meier kann sich mit einer Hand am Bettgitter in die 135°-Lagerung bringen.
  • Der Kalorienkonsum von Frau Meier wird an den Bedarf angepasst. Wir führen eiweißreiche Nahrungsmittel zu, von denen wir wissen, dass sie Frau Meier mag; etwa Trinkjoghurt oder erfrischende Quarkspeisen. Sie erhält Nahrungszusätze, um eine ausreichende Eiweißversorgung zu garantieren.
  • Wir achten auf eine vitaminreiche Ernährung. Zusätzlich erhält Frau Meier entsprechend angereicherte Säfte und Tabletten.
  • Der BMI wird wöchentlich ermittelt.
  • Nach einem überstandenen Schub wird Frau Meier schnell wieder mobilisiert. Sobald das Dekubitusrisiko gesunken ist und dieses auf absehbare Zeit so bleibt, prüfen wir, ob Frau Meier statt der Antidekubitusmatratze wieder eine reguläre Matratze nutzen sollte. Die Schmerzmitteldosis wird zurückgefahren.
  • Die Skalen zur Erfassung der Dekubitusgefahr sind stets nur ein Mittel zur Risikoabschätzung. Sie erlauben uns einen groben Überblick über die Gefahr sowie über zentrale Risikofaktoren. Wir sind uns aber stets bewusst, dass die Aussagekraft dieser Skalen beschränkt ist.
  • Die aufgrund der aktuellen Gefährdung gewählten Pflegemaßnahmen werden regelmäßig dahin gehend überprüft, ob sie effektiv und noch aktuell sind. Ggf. wird die Planung modifiziert.
  • Die Nutzung oder zumindest die Dosierung von Schmerzmitteln wird regelmäßig hinterfragt. Wir wägen die Schmerzbelastung mit der Dekubitusgefährdung ab. Wir prüfen gemeinsam mit dem Hausarzt eine Anpassung der Medikamentierung. Im Krankheitsverlauf kann es immer zu Entwicklungen kommen, die das Ausmaß der Schmerzen reduzieren. Somit sinkt auch der Bedarf an Schmerzmitteln. Die Schmerztherapie muss fortlaufend dem aktuellen Bedarf angepasst werden.
  • Die Superweichlagerung schränkt die Mobilität und die Körperwahrnehmung der Bewohnerin ein. Deren Notwendigkeit wird streng hinterfragt. Zumeist ist bei einem leichten bis mittleren Risiko eine normale Matratze ausreichend. Sinnvoll ist die Superweichlagerung vor allem bei völlig bewegungsunfähigen Menschen.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller hat einen Herzinfarkt erlitten. Zurück blieb eine erhebliche Herzinsuffizienz, die ihn ans Bett fesselt. Da er sich kaum bewegt, besteht ein deutliches Dekubitusrisiko. Leider fehlt bei ihm jede Krankheitseinsicht.
  • Herr Müller greift in Eigenregie zu Pflegemaßnahmen, die nach dem heutigen Wissensstand kontraproduktiv sind. Etwa:
    • Herr Müller nutzt Melkfett oder Vaseline. Diese Pflegemittel verstopfen die Hautporen und stören den Wärmeausgleich.
    • Herr Müller nutzt Franzbranntwein. Er glaubt, er würde seine Haut damit “abhärten”. Das Präparat entfettet jedoch die Haut und schafft kleinste Risse, durch die Keime eindringen können. Zudem werden die Druckrezeptoren der Haut anästhesiert.
    • Herr Müller möchte Puder nutzen, um die Haut zu trocknen. Die Haut wird dadurch aber zusätzlich gereizt. Zudem krümelt das Puder und führt dadurch zu Druckstellen.
    • Herr Müller möchte parfümierte Seifen oder Cremes anwenden.
    • Herr Müller möchte ätherische Öle nutzen, wie etwa Fichtennadelöl. Er glaubt, dass dadurch die Durchblutung verbessert wird.
    • Er nutzt Fersen-, Hacken- und Ellenbogenschoner, da er glaubt, dass diese einen Dekubitus verhindern. Der Bewohner ist davon überzeugt, dass Felle, Watteverbände oder Gummiringe einen Dekubitus vermeiden.
    • Herr Müller lässt sich gefährdete Hautbereiche von seiner Lebenspartnerin massieren. Er glaubt, dass dadurch die Durchblutung angeregt werden würde.
  • Herr Müller akzeptiert bestimmte Lagerungen nur zum Schein. Sobald die Pflegekraft das Zimmer verlässt, dreht er sich auf seine Lieblingsposition zurück.
  • Herr Müller wird immer wieder über die Gefahren informiert, die von einem Dekubitus ausgehen. Dieses ist Aufgabe der Bezugspflegekraft und der Wundbeauftragten.
  • Wir beziehen ggf. die Angehörigen ein und bitten diese, entsprechend auf Herrn Müller einzuwirken.
  • Wir machen Herrn Müller nachdrücklich klar, dass sich ein Druckgeschwür nicht durch den Einsatz von Medikamenten vermeiden lässt. Wir verdeutlichen ihm, dass veraltete Hilfsmittel ebenfalls keinen Schutz vor einem Dekubitus bieten.
  • Wir bitten den Arzt, den Dialog mit Herrn Müller zu suchen und ihn über die Risiken seines Verhaltens aufzuklären.
  • Wir verdeutlichen Herrn Müller, dass Massagen durch die Scherkräfte das Gewebe schädigen und das Auftreten von Druckstellen fördern.
  • Wir suchen gemeinsam nach Alternativen für die wirkungslosen Pflegemittel. So kann der gewünschte Erfrischungseffekt auch durch Gels mit rückfettenden Substanzen erreicht werden.
  • Falls Herr Müller auf der Nutzung von Franzbranntwein besteht, wird die Haut nach der Anwendung mit einem W-/O-Präparat behandelt.
  • Der Bewohner erhält ein Informationsschreiben über die Gefahren eines Dekubitus.
  • Wenn möglich beziehen wir den Bewohner in die Planung der Maßnahmen ein. Er soll beim Setzen der Prioritäten selbst entscheiden.
  • Homöopathische Mittel dürfen nur ergänzend zu Umlagerungen genutzt werden.
  • Wenn sich die Abneigung auf eine bestimmte Lagerung beschränkt, wägen wir ab, ob wir mit den akzeptierten Positionen einen hinreichend guten Schutz erreichen können.
  • Fixierungen, um eine bestimmte Lage zu erzwingen, werden strikt unterlassen.
  • Wir machen den Hausarzt auf unsere Beobachtungen aufmerksam.
Fallbeispiel:
  • Frau Meier ist seit zwanzig Jahren wohnungslos. Diverse Grunderkrankungen sind so weit fortgeschritten, dass sie stationär versorgt werden muss.
  • Frau Meier ist anfällig für Erkältungskrankheiten. Wenn es zum Fieber kommt, steigt ihre Anfälligkeit für Dekubitus. Dieses ist insbesondere die Folge des starken Schwitzens sowie des Flüssigkeitsverlusts.
  • Frau Meier raucht stark. Der Nikotinmissbrauch fördert eine Arteriosklerose, die wiederum die Blutversorgung einschränkt. Das Gewebe wird nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt.
  • Frau Meier leidet häufig unter Hautpilzinfektionen, unter Mazeration (Aufweichung von Gewebe) sowie unter Intertrigo (Wundreiben, Wundwerden). Durch diese Krankheiten steigt ihr  Risiko, einen Dekubitus zu erleiden.
  • Die Haut von Frau Meier ist ungepflegt. Sie leidet unter einer Vielzahl kleiner Hautläsionen.
  • Frau Meier soll sich jährlich gegen Influenza impfen lassen.
  • Frau Meier soll den Kontakt zu erkälteten Mitbewohnern und Besuchern vermeiden.
  • Wir achten auf eine vitaminreiche Ernährung und auf eine angemessene Kleidung an kalten Tagen.
  • Flüssigkeitsverluste als Folge eines fiebrigen Infekts werden zeitnah durch eine gesteigerte Zufuhr kompensiert. Ggf. wird die Notwendigkeit einer Infusion geprüft.
  • Die Nachtkleidung wird gewechselt, wenn sie aufgrund des Fiebers durchgeschwitzt ist.
  • Nach dem Abklingen eines Infekts wird Frau Meier zeitnah wieder aus dem Bett mobilisiert. Wir beachten, dass dabei aufgrund der Kreislaufbeeinträchtigungen das Sturzrisiko erhöht sein kann.
  • Wir raten Frau Meier, das Rauchen einzustellen oder zumindest stark einzuschränken. Wir binden Freunde und Angehörige in unser Bemühen ein.
  • Wir raten Frau Meier ggf. zu einer Nikotinersatztherapie, also etwa Nikotinpflaster, Nikotinkaugummis, Nikotinlutschtabletten oder Nikotinnasenspray.
  • Bis zum Abklingen der Hautkrankheiten werden die betroffenen Hautregionen besonders sorgfältig inspiziert, da es hier jederzeit zu einem Dekubitus kommen kann.
  • Wir führen einmal täglich eine Ganzkörperwaschung durch, die bei Bedarf durch Teilwaschungen ergänzt werden.
  • Zur Hautreinigung reichen zumeist klares Wasser und falls notwendig ph-neutrale Waschzusätze. Wir vermeiden die Nutzung von alkalischen Seifen.
  • Das Wasser sollte tendenziell kühler gewählt werden, da kühles Wasser den Säureschutzmantel der Haut weniger abbaut als warmes Wasser. Die Wünsche von Frau Meier werden dabei beachtet.
  • Die Haut wird sorgfältig abgetrocknet.
  • Wir nutzen schützende Salben. Bei trockener Haut nutzen wir Wasser-in-Öl-Präparate und bei fettiger Haut Öl-in-Wasser-Pflegemittel.
  • Hauterkrankungen werden umgehend behandelt. Sobald sich relevante Symptome zeigen, wird die Bewohnerin spätestens jetzt dem Hausarzt vorgestellt. Etwa:
    • starkes Nässen
    • feuchter Glanz der Haut
    • starkes Juckgefühl
    • starkes Brennen
    • Blutungen
    • Schmerzen
    • Bläschen oder Papeln
  • Die in den entsprechenden Pflegestandards beschriebenen Maßnahmen werden sorgfältig umgesetzt. Die verordneten Medikamente werden konsequent verabreicht.
Fallbeispiel:
  • Herr Müller ist übergewichtig. Er hat Spaß an gutem Essen. Sportliche Aktivitäten hingegen vermeidet er soweit möglich. Sein BMI liegt bei fast 40. Die Körpermasse übt eine große Druckbelastung auf die Haut aus. Als Folge des Übergewichts schwitzt Herr Müller sehr stark. Die Feuchtigkeit belastet die Haut zusätzlich.
  • Herr Müller nimmt Betablocker. Diese senken den Blutdruck, aber somit auch die Hautdurchblutung.
  • Herr Müller isst im Bett gerne Kekse und andere krümelnde Nahrungsmittel. Die Krümel reiben an der Haut und erhöhen das Risiko eines Dekubitus. Er konsumiert auch gerne Nüsse. Einzelne Schalen geraten zwischen die Matratze und die Haut. Sie führen dort zu lokalen Druckbelastungen.
  • Herr Müller verbringt viel Zeit sitzend im Sessel oder im Rollstuhl. Durch seine Sitzhaltung ist die Druckbelastung im Bereich des Gesäßes gesteigert. Bei Transfers in den Sessel oder in den Rollstuhl kommt es häufig zu starken Scherkräften, die das Gewebe schädigen.
  • Herr Müller bevorzugt im Liegen eine 90°-Seitenlagerung. Dabei entsteht jedoch ein hoher Auflagedruck im Bereich des Rollhügels. Das Dekubitusrisiko ist erhöht. Er lehnt verschiedene Lagen vehement ab, etwa die Bauchlage.
  • Das Umlagern ist für Herrn Müller belastend. Reibung und Scherkräfte können trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht immer konsequent vermieden werden.
  • Herr Müller soll sich im Rahmen seiner Fähigkeiten körperlich bewegen.
  • Der BMI wird wöchentlich erfasst.
  • Die Ernährung von Herrn Müller wird auf Reduktionskost umgestellt.
  • Wir empfehlen Herrn Müller, beim Essen ein großes Handtuch über die Bettdecke zu legen. Damit werden die Krümel aufgenommen. Sein Bett wird nach potenziellen Fremdkörpern durchsucht.
  • Herr Müller soll darauf achten, dass seine Füße beim Sitzen Bodenkontakt haben. Ggf. werden die Füße auf einen Schemel gestellt. Wir korrigieren die Sitzhaltung durch kleine Keilkissen.
  • Wir vermeiden ein Herunterrutschen aus dem Sessel, indem wir zusammengefaltete Handtücher vor die Sitzbeinhöcker legen.
  • Wir prüfen, ob Herr Müller ein spezielles Gesäßkissen nutzen soll.
  • Wir verdeutlichen Herrn Müller die Gefährdung durch eine Seitenlagerung. Er sollte eine andere Position wählen, etwa die 30°-Lagerung oder die 135°-Lagerung. Eine Seitenlagerung sollte, wenn überhaupt, nur für kurze Zeit genutzt werden. Der Bereich des großen Rollhügels wird engmaschig auf Anzeichen eines sich entwickelnden Dekubitus überprüft.
  • Wir verdeutlichen, dass es für Herrn Müller einfacher ist, einen Dekubitus zu vermeiden, als einen später dann auftretenden Dekubitus zur Abheilung zu bringen.
  • Wir setzen auf das kinästhetische Konzept. Dieses ermöglicht ein schonendes Umlagern, fördert die Eigenbewegung von Herrn Müller und schont den Rücken der Pflegekräfte. Soweit möglich sollte ein Transfer durch zwei Pflegekräfte erfolgen.
  • Wir beachten

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Schlüsselwörter für diese Seite Prophylaxe; Pflegeplanung; Standardpflegeplan; Dekubitus; Dekubitusprophylaxe; Hautpflege; Hautbeobachtung; Wunde; Dekubitus-Expertenstandard
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