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Vers. 2.01g

Standard "Pflege von Senioren mit Augenprothesen"

 
Der Verlust eines Auges bedeutet für Senioren wesentlich mehr als eine bloße Beeinträchtigung des Sehvermögens. Viele Betroffene haben Angst, abstoßend zu wirken oder ihr Augenlicht gänzlich zu verlieren. Ein guter Standard berücksichtigt diese mentalen Belastungen ebenso wie hygienische oder medizinische Vorgaben.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Text eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".

 

Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!
 

Standard "Pflege von Senioren mit Augenprothesen"

Definition:
  • Eine Augenprothese ist eine schalenförmige Nachbildung eines realen Auges. Es dient der kosmetischen Korrektur nach dem Verlust eines Auges, etwa durch einen Unfall oder nach einer Tumoroperation.
  • Augenprothesen werden zumeist aus Kryolithglas gefertigt, da dieser Stoff gegenüber Kunststoffen verschiedene Vorteile aufweist. Vor allem verteilt sich wegen der sehr glatten Oberfläche die Tränenflüssigkeit gleichmäßiger. Zudem ist Kryolithglas resistenter gegen externe Einflüsse und somit langlebiger.
  • Die Kosten für ein Glasauge betragen rund 300 Euro, die abzüglich einer Zuzahlung von 10 Euro von den Krankenkassen übernommen werden. In der Regel muss ein Glasauge alle 12 Monate ersetzt werden, wobei diese Zeitspanne je nach Material und Beanspruchung schwanken kann.
Grundsätze:
  • Augenprothesen sind Wertgegenstände. Für Beschädigungen ist die Pflegekraft haftbar. Nur leichte Fahrlässigkeit wird durch unsere Versicherung abgedeckt.
  • Über Steinfußböden oder ungefüllten Waschbecken wird niemals mit der Prothese hantiert.
  • Die Prothesenpflege sollte einmal pro Tag erfolgen.
  • Wenn der Bewohner in der Lage ist, seine Augenprothese selbst zu reinigen, so wird ihm diese Aufgabe nicht abgenommen. Ggf. wird er bei dieser Tätigkeit von uns unterstützt und angeleitet.
  • Augenprothesen werden ausschließlich im dafür vorgesehenen Behälter gelagert. Ein Umwickeln mit Papier oder Zellstoff ist zu unterlassen, da die Prothese aus Versehen weggeworfen werden könnte.
  • Augenbäder und die Gabe von Augentropfen werden nur nach vorheriger ärztlicher Anordnung durchgeführt.
Ziele:
  • Die Augenprothese wird sicher eingesetzt, entnommen und gereinigt.
  • Schäden an der Prothese und Krankheiten am Auge werden erkannt.
  • Der Bewohner beteiligt sich im Rahmen seiner Fähigkeiten an den Maßnahmen.
  • Mentale Belastungen werden erkannt. Es entsteht ein Dialog zwischen Bewohner und Pflegekraft.
  • Der Bewohner empfindet sich weiterhin als vollwertiges Mitglied der Gemeinschaft.
Vorbereitung: Material Wir stellen das Material zusammen, das für die Prothesenpflege benötigt wird.
  • 0,9%ige NaCl-Lösung
  • Reinigungsbehälter
  • weiches Handtuch
  • Baumwollkompressen
  • Einmalhandschuhe
  • stumpfes Stäbchen
  • Spiegel
  • Aufbewahrungsbox für die Prothese
weitere Maßnahmen
  • Der Bewohner wird über die anstehende Maßnahme informiert.
  • Es werden Maßnahmen zur Wahrung der Intimsphäre getroffen (die Zimmertür wird geschlossen, etwaige Mitbewohner werden kurz vor die Tür gebeten usw.)
  • Die Pflegekraft wäscht und desinfiziert sich die Hände.
  • Der Bewohner sollte sich an einen Tisch setzen. Ein weiches Handtuch wird untergelegt, das ggf. eine herabfallende Prothese auffangen soll.
  • Der Spiegel wird so aufgestellt, dass der Bewohner das Geschehen verfolgen kann. Idealerweise werden möglichst viele Handgriffe vom Bewohner selbst erledigt. Der Spiegel dient dann der Selbstkontrolle.
  • Die Kontaktdaten des Augenprothetikers werden in der Bewohnerdokumentation erfasst.
Durchführung: Herausnehmen der Augenprothese
  • Der Bewohner wird gebeten, nach oben zu sehen und den Kopf in den Nacken zu legen.
  • Die Pflegekraft zieht vorsichtig das Unterlid nach unten, bis sie den unteren Rand der Prothese erkennen kann.



  • Mit der Hand oder mit dem Stäbchen fasst sie nun den unteren Rand der Augenprothese und hebt diese heraus.
  • Achtung: Die Pflegekraft rechnet stets damit, dass ihr die Prothese auch jederzeit in die Hand fallen kann.
  • Häufig ordnet der Arzt an, dass Verkrustungen und Sekretbildungen mit physiologischer Kochsalzlösung weggespült werden.
  • Die Augenprothese wird auf Schäden oder Veränderungen überprüft. Eine raue Oberfläche etwa würde die Augenhöhle reizen. Die Folge wären erhöhter Tränenfluss und gelbliches Sekret. In diesem Fall muss die Prothese ggf. ersetzt werden.
Reinigung
  • Wenn keine Verunreinigungen sichtbar sind, reicht es zumeist, die Prothese mit NaCl-Lösung abzuspülen.
  • Bei Verschmutzungen wird die Prothese für zehn Minuten in Kochsalzlösung gelegt und dann abgespült. Eine längere Einweichzeit als zehn Minuten ist zu vermeiden.
  • Alternativ (und kostengünstiger) kann die Augenprothese unter fließendem Wasser gesäubert werden. Dabei sollte die Pflegekraft allerdings auf eine lauwarme Wassertemperatur achten. Plötzlich einsetzende Temperaturschwankungen schädigen das Glas. Zudem sollte das Handwaschbecken bereits zur Hälfte mit stehendem Wasser gefüllt sein. Im Fall eines Sturzes würde sonst das Glasauge zerbrechen.
  • Auf die gleiche Weise wird danach das Stäbchen gereinigt.
  • Die Augenprothese sollte nicht über Nacht im Wasser gelagert werden, da dieses zu Kalkablagerungen führen kann.
  • Bei hartnäckigen Anhaftungen wird die Reinigung nur vom Augenprothetiker vorgenommen.
  • Nach dem Spülen wird das Glasauge mit einem weichen Handtuch getrocknet.
  • Das Auge wird ausschließlich im dafür vorgesehenen Behälter gelagert.
Einsetzen der Augenprothese
  • Die Lidspalte wird ggf. mit einer angefeuchteten Kompresse vorsichtig ausgewischt.
  • Falls der Augenarzt eine Augensalbe oder Augentropfen verschrieben hat, werden diese nun in die Augenhöhle eingegeben.
  • Die Prothese wird mit Kochsalzlösung angefeuchtet.
  • Der Bewohner wird gebeten, nach oben zu sehen und den Kopf in den Nacken zu legen.
  • Die Pflegekraft fasst die Prothese an der breitesten Stelle mit dem Daumen und dem Zeigefinger.


  • Die Pflegekraft hebt das Oberlid leicht an und schiebt die Prothese in die Lidfalte.
  • Nun wird das Unterlid herunter gezogen, damit die Prothese in den Bindehautsack gleiten kann.
  • Der Bewohner wird befragt, ob der Sitz angenehm ist. Häufig bildet sich eine Luftblase unter dem Glasauge, die die Prothese leicht anhebt. Ein sanfter Druck auf das Glas löst dieses Problem.
  • Der Bewohner wird gebeten, mehrfach zu blinzeln.
  • Die Pflegekraft kontrolliert, ob die Prothese korrekt sitzt. Der spitze Teil der Prothese weist in Richtung Nase, der breitere Teil zeigt zur Schläfe. Zudem darf der Bewohner beim Geradeausblicken nicht schielen.
achten auf Veränderungen
  • Wir achten auf Veränderungen, die auf eine Erkrankung der Augenhöhle schließen lassen. Kriterien dafür sind:
    • Rötungen
    • Schwellungen
    • Schmerz
    • Sekretabsonderung
    • veränderter Tränenfluss
  • Bei relevanten Symptomen regen wir eine fachärztliche Untersuchung an.
Nachbereitung: Abschluss
  • Der Bewohner wird nach seinem Befinden befragt.
  • Der Bewohner wird bequem gelagert.
  • Die Klingel wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
  • Ggf. wird das Zimmer gelüftet.
  • Die Arbeitsmaterialien werden entsorgt, bzw. gereinigt und desinfiziert.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Die Maßnahme und alle weiteren Informationen werden dokumentiert.
psychosoziale Betreuung
  • Viele Bewohner mit Augenprothese haben eine sehr große Angst, auch das zweite Auge zu verlieren. Im Dialog mit dem Bewohner versuchen wir unangemessene Ängste zu zerstreuen und ihn über reale Gefahren zu informieren.
  • Der Bewohner sollte all jene Tätigkeiten und Sportarten unterlassen, die ein erhöhtes Verletzungsrisiko für das Auge beinhalten.
  • Vor allem in den ersten Monaten nach der Operation fühlen sich viele Betroffene unsicher bei der Verrichtung der täglichen Handgriffe. Wir begegnen dieser Unsicherheit mit Geduld und Verständnis.
  • Häufig fühlen sich Senioren als optisch abschreckend und reduzieren in der Folge ihre sozialen Kontakte. In den ersten Wochen nach der Operation lassen wir dem Betroffenen Zeit, das Geschehen auch allein zu verarbeiten. Dann aber animieren wir den Bewohner, verstärkt am sozialen Leben teilzunehmen.
Dokumente:
  • Berichtsblatt
  • Pflegeplanung
  • Info an den Arzt
  • Stammblatt
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • alle Pflegekräfte
 
   
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Auge; Augenprothese; Blindheit; Sehbehinderung; Körperpflege; Einäugigkeit
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