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Version 2.05f- 2016

Standard "Bewusstseinskontrolle"

 
Ist der Pflegebedürftige nur "benommen" oder schon "schläfrig"? Liegt ein Stupor vor - oder bereits ein Koma? Bei vielen Krankheitsbildern ist es wichtig, regelmäßig den Bewusstseinszustand zu ermitteln und zu dokumentieren. Ohne einen gemeinsamen Standard würde jede Pflegekraft dabei ihre ganz eigenen Maßstäbe anlegen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Bewusstseinskontrolle"
Definition:
  • Das Bewusstsein ist die Summe aller somatopsychischen  Vorgänge, also etwa Wahrnehmungen und Gedanken. Insbesondere beinhaltet das Bewusstsein das Verständnis für die umgebende Welt sowie für das Selbst. Ein Mensch, der bei klarem Bewusstsein ist,
    • ist orientiert zu Raum, Zeit und Person
    • kann denken
    • kann wahrnehmen
    • kann reagieren
    • kann zielgerichtet handeln
    • kann sich etwas merken / verfügt über ein Gedächtnis
    • ist in der Lage, Wissen zu reproduzieren.
  • Die Kontrolle des Bewusstseins zählt zu den primären Aufgaben von Ärzten und von Pflegekräften.
  • Die Glasgow-Koma-Skala ist ein Werkzeug, um das Ausmaß der Bewusstseinsstörung objektiv einschätzen und dokumentieren zu können. Die Reaktionen des Bewohners in den Bereichen "Augen öffnen", "verbale Reaktionen" und "motorische Reaktionen auf Schmerzreize" werden beobachtet und mit Punkten bewertet. Die Werte werden addiert und das Ergebnis verschiedenen Bewusstseinszuständen (von völliger Wachheit bis hin zum Koma) zugeordnet.
  • Die Aussagekraft der Glasgow-Koma-Skala ist bei Demenz reduziert, da im Krankheitsverlauf die verbale Kommunikationsfähigkeit abnimmt.
Grundsätze:
  • Unerwartete Bewusstseinsveränderungen erfordern stets eine ärztliche Untersuchung. Wenn es hinreichende Anzeichen für eine potenzielle Gefährdung gibt, wird immer der Notarzt alarmiert.
  • Menschen, die offenbar bewusstlos sind, können in einigen Fällen ihre Umwelt dennoch wahrnehmen. Daher ist es erforderlich, in der täglichen Pflegepraxis mit dem Bewohner so umzugehen, als wäre er bei Bewusstsein. Der Bewohner wird über alle durchzuführenden Pflegemaßnahmen informiert, etwa beim Waschen oder vor Injektionen. Insbesondere wird es unterlassen, sich in der Gegenwart des Bewohners skeptisch über dessen Heilungsaussichten zu äußern.
  • Bei Bewohnern mit Bewusstseinsstörungen besteht stets ein erhöhtes Risiko, dass sie sich selbst verletzen könnten.
Ziele:
  • Eine Bewusstseinsstörung und eine Bewusstlosigkeit werden schnell und sicher erkannt.
  • Das Ausmaß der Bewusstseinsstörung wird korrekt bestimmt.
  • Eine etwaige Gefährdung des Bewohners wird korrekt erkannt.
  • Wirksame Notfall- bzw. Therapiemaßnahmen werden gewählt und durchgeführt.
  • Komplikationen und Folgeerkrankungen werden vermieden.
Vorbereitung: Indikation
Eine Bewusstseinskontrolle ist bei verschiedenen Krankheitsbildern und Situationen notwendig:
  • bei Verletzungen oder Schädigungen des Zentralnervensystems, etwa als Folge eines Schädel-Hirn-Traumas, Tumorwachstum, entzündlichen Prozessen oder Vergiftungen
  • nach gravierenden Verletzungen, insbesondere bei massivem Blutverlust oder bei Schocksymptomen
  • nach Verabreichung von Medikamenten mit sedierender Wirkung
Material
Wir stellen das Material zusammen, das für die Bewusstseinskontrolle notwendig ist:
  • Diagnostikleuchte für die Kontrolle der Pupillenreaktion (Es darf keine LED-Leuchte oder eine normale Taschenlampe sein, da diese viel zu hell sind für das Auge.)
  • Reflexhammer (für die Prüfung der Reflextätigkeit und der Sensibilität)
Informationssammlung
Wir prüfen, welche Ursachen für die Bewusstseinsstörung in Betracht kommen:
  • Schlaganfall (Durchblutungsstörungen)
  • Alkoholmissbrauch
  • Drogenmissbrauch
  • Medikamentenmissbrauch
  • Vergiftung
  • Unfall, insbesondere bei Beteiligung des Kopfes
  • Hirnhautentzündung
  • Fieber
  • epileptische Anfälle
  • Dehydratation
  • Lungeninsuffizienz
  • Stoffwechselentgleisung, etwa durch Diabetes
  • Hirntumor
  • Morbus Alzheimer
  • Schock
weitere Informationen
  • Wann trat die Bewusstseinsstörung das erste Mal auf?
  • Trat die Bewusstseinsstörung plötzlich auf oder steigerten sich die Symptome langsam?
Durchführung: Ansprechen des Bewohners
  • Der Bewohner wird verbal angesprochen. Dabei prüfen wir, ob der Bewohner
    • spontan und folgerichtig oder verlangsamt reagiert
    • geweckt werden muss
    • zeitlich, örtlich und persönlich orientiert ist oder unverständlich antwortet
  • Dem Bewohner werden gezielte Fragen gestellt. Er sollte folgende Punkte beantworten:
    • eigener Name und Vorname
    • Geburtsdatum
    • aktueller Aufenthaltsort (Pflegeheim, nicht seine alte Wohnung)
    • Wochentag
    • Name der fragenden Pflegekraft
  • Wir beobachten die Reaktionen des Bewohners auf das Ansprechen.
    • Der Bewohner sollte nach entsprechender Aufforderung einfache Bewegungen durchführen; etwa die Augen oder den Mund öffnen oder die Hand drücken usw.
    • Der Bewohner sollte verständlich antworten, also keine zusammenhangslose Sätze oder unverständliche Laute.
Berühren des Bewohners
Wir berühren den Bewohner und beobachten seine Reaktionen auf den physischen Kontakt.
  • Der Bewohner sollte ohne größere zeitliche Verzögerung auf die Berührung reagieren.
  • Die Reflexe werden überprüft, etwa durch das Bestreichen ("Kitzeln") der Fußsohlen. Kontrolliert wird auch das Auftreten von pathologischen Reflexen wie dem Babinskireflex.
  • Schmerzreize setzen wir in der Langzeitpflege nicht ein (im Gegensatz zur Akutpflege), da statt einer Reaktion des Bewohners ein weiterer Rückzug wahrscheinlich ist. In der Folge lässt sich das Bewusstsein nicht mehr adäquat beurteilen. Wir setzen nur positive körperliche Reize ein.
Beobachten der Augen
  • Er sollte seine Augen selbstständig während des Ansprechens öffnen. Zumindest sollte er dieses auf ausdrückliche Aufforderung tun.
  • Der Bewohner sollte den Blickkontakt herstellen.
  • Die Pupillenreaktion auf Lichteinfall soll in der Norm liegen, also keine verlangsamte Reaktion, keine Lichtstarre und keine Entrundung.
weitere Beobachtungen
  • Ist ausgeschlossen, dass der Bewohner schwerhörig oder gehörlos ist und sein Hörgerät nicht funktioniert?
  • Ist ebenso ausgeschlossen, dass er blind oder ein Glasauge hat?
  • Die Vitalwerte werden ermittelt, insbesondere Puls, Blutdruck, Körpertemperatur, BZ-Wert usw.
Nachbereitung: Bestimmung des Bewusstseinszustands
  • Basierend auf den gewonnenen Informationen bestimmen wir den Bewusstseinszustand des Bewohners.
  • Klares Bewusstsein: Der Bewohner ist wach und ansprechbar. Er ist zeitlich, örtlich und zur Person orientiert. Äußere und innere Reize werden korrekt aufgenommen, erlebt und verarbeitet.
    • Benommenheit: Der Bewohner wirkt schläfrig. Sein Denken und sein Handeln sind verlangsamt und unpräzise.
    • Somnolenz: Der Bewohner schläft zwar, lässt sich durch Berührungen und durch lautes Ansprechen aber wecken. Im Wachzustand ist er antriebsarm und teilnahmslos. Er leidet unter Konzentrationsproblemen.
    • Sopor: Der Bewohner schläft tief. Nur massive äußere Reize können ihn wecken, und selbst dann nur für kurze Augenblicke. Der Bewohner ist in der Lage, zielgerichtet auf Schmerzreize zu reagieren.
    • Koma: Es gibt keine Möglichkeit, den Bewohner zu wecken. Die Augen bleiben geschlossen. Je nach Schweregrad des Komas gibt es zumindest noch Reaktionen auf Schmerz oder Pupillenreflexe.
Verhalten im Notfall
  • Wenn sich der Bewusstseinszustand eines Bewohners unerwartet verschlechtert, wird der Notarzt gerufen und der entsprechende Notfallstandard ausgeführt.
weitere Maßnahmen
  • Die Glasgow-Koma-Skala wird ausgefüllt.
  • Alle gewonnenen Informationen werden in der Pflegedokumentation festgehalten.
  • Die Versorgung von Bewohnern mit Bewusstseinseintrübungen wird regelmäßig in Fallbesprechungen thematisiert.
  • Die Pflegeplanung wird regelmäßig aktualisiert.
  • Alle für die medizinische Behandlung relevanten Informationen werden an den Arzt weitergeleitet.
Dokumente:
  • Pflegeplanung
  • Berichtsblatt
  • ggf. Glasgow-Koma-Skala
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • Pflegefachkräfte
 
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Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Bewusstseinskontrolle; Bewusstlosigkeit; Koma
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