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Version 1.05 - 2016

Standard "Heparin-Injektion"

 
Die tägliche Heparininjektion ist bei Betroffenen unbeliebt, angesichts einer drohenden Beinvenenthrombose oder Lungenembolie aber das kleinere Übel. Mit ein paar Tricks wird die Applikation um einiges erträglicher.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Heparin-Injektion"
Definition:
  • Heparine sind körpereigene langkettige Zuckermoleküle. Diese sog. "Glykosaminoglykane" können vom Darm nicht aufgenommen werden und müssen daher in das Unterhautfettgewebe injiziert werden.
  • Heparine ermöglichen es, die Blutgerinnung kontrolliert zu hemmen. Im Gegensatz zu anderen Antikoagulanzien wie etwa Acetylsalicylsäure (ASS) wirken Heparine bereits kurze Zeit nach der Applikation.
  • Heparine werden üblicherweise in geringer Dosis subkutan verabreicht, um die Bildung von tiefen Beinvenenthrombosen zu vermeiden. Diese Variante heißt "Low-Dose-Heparinisierung" und gilt als sicherste einzelne Vorbeugungsmaßnahme zur Vermeidung von Thrombosen nach Operationen oder bei Immobilität.
  • In höheren Konzentrationen werden Heparine intravenös eingesetzt, um bereits vorhandene Thrombosen zu therapieren. Daher der Name "High-Dose-Heparinisierung".
Grundsätze:
  • Heparine dürfen nur auf ärztliche Anordnung verabreicht werden.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. Alle Maßnahmen werden sorgfältig mit dem Arzt besprochen.
  • Die ausführende Pflegefachkraft hat die Durchführungsverantwortung und kann bei Fehlern haftbar gemacht werden.
Ziele:
  • Die Gerinnungsneigung des Blutes wird auf das gewünschte Maß reduziert.
  • Die Schmerzbelastung wird minimiert.
  • Infektionen werden vermieden.
  • Gewebeschäden werden minimiert.
Vorbereitung: Indikation / Kontraindikation
Indikation:
  • Der Bewohner ist immobil oder in seiner Mobilität so weit eingeschränkt, dass er sein Pflegebett weniger als sechs Stunden pro Tag verlässt.
  • Als Folge der Immobilität ist das Risiko einer tiefen Venenthrombose oder einer Lungenembolie erhöht.
Kontraindikation:
  • Der Bewohner leidet unter Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren. Oder er litt in der Vergangenheit darunter.
  • Es liegen Funktionsstörungen der Leber, der Nieren und/oder der Pankreas vor.
  • Der Bewohner leidet unter Hypertonie, die bislang nicht angemessen behandelt wird.
  • Es gibt den Verdacht auf Augenblutungen, Schlaganfall oder Gehirnblutungen innerhalb des letzten halben Jahres.
  • Der Bewohner hat eine Heparinallergie oder einen heparininduzierten Thrombozytenabfall.
Organisation
  • Die Injektionen erfolgen täglich zur gleichen Zeit, z.B. alle 8, 12 oder 24 Stunden. Es ist sichergestellt, dass die vorgegebenen Termine eingehalten werden.
  • Die korrekte Durchführung von Heparin-Injektionen wird regelmäßig per Pflegevisite kontrolliert.
  • Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig zum Thema Arbeits- und Infektionsschutz fortgebildet. Insbesondere wird das richtige Injizieren regelmäßig geübt.
  • Bei allen Injektionen wird die "6-R-Regel" angewendet. (Verhinderung von Fehlmedikamentierungen)
  • Wir injizieren Medikamente stets unmittelbar nach dem Aufziehen.
Material
Wir stellen das notwendige Material zusammen. Die Pflegekraft richtet die Gegenstände und überprüft diese auf Vollständigkeit.
  • Heparin gemäß Arztanordnung, also entweder
    • als Injektionsspritze mit Aufzieh- und Injektionskanüle oder
    • als Fertigspritze
  • Desinfektionsmittel
  • sterile Tupfer
  • ggf. Schnellverband
  • Abwurfbehälter
  • stichsichere Abwurfbox für gebrauchte Kanülen
  • Einmalhandschuhe
weitere Maßnahmen
  • Die Pflegekraft sorgt für gute Lichtverhältnisse während der Injektion.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch und zieht die Schutzhandschuhe an.
  • Der Bewohner wird über den Zweck der Injektion aufgeklärt und um Zustimmung gebeten. Dieses gilt auch für komatöse Bewohner.
  • Der Bewohner wird ggf. umgelagert, damit die Einstichstelle sicher erreicht werden kann. Das benötigte Material wird auf dem Beistelltisch/Nachttisch abgelegt und nicht auf dem Bett des Bewohners.
  • Störende Kleidung wird entfernt.
Durchführung:
  • Die Pflegekraft zieht die Injektionslösung mit der Aufziehkanüle auf. Dann wird die Injektionskanüle konnektiert. Alternativ wird die Fertigspritze gerichtet.
  • Die Pflegekraft wählt die Injektionsstelle aus und desinfiziert diese. (Hinweis: Viele Pflegekräfte halten eine Desinfektion der Hautstelle für verzichtbar. Aus haftungsrechtlichen Erwägungen ist es jedoch sinnvoll, den Bereich mit einem alkoholhaltigen Präparat keimfrei zu machen. Die Haut im Bereich der Gürtellinie ist i.d.R. mit relativ vielen Keimen besiedelt. Auch Einmalhandschuhe sind ggf. sinnvoll.)
  • Mögliche Bereiche für die Injektion sind der äußere Oberschenkel sowie die Bauchwand unterhalb des Nabels. In einem Radius von 5 cm um den Nabel herum darf nicht injiziert werden, da hier das Risiko zu groß ist, dass ein Gefäß getroffen wird.
  • Die Einstichstelle wird täglich gewechselt.



  • Die Pflegekraft hebt eine Hautfalte mit dem Daumen und mit dem Zeigefinger ab.
  • Bei Fertigspritzen mit sehr kurzen Kanülen (rund 12mm) wird die Kanüle in einem 90°-Winkel eingestochen. Bei konventionellen Kanülen sollte ein Winkel von 45 Grad gewählt werden. (Hinweis: Es wird nicht aspiriert, da dieses ggf. Mikroverletzungen samt Hämatombildung zur Folge hätte.)
  • Das Medikament wird langsam injiziert. (Hinweis: Fertigspritzen werden nicht entlüftet. Die Luftblase soll sicherstellen, dass das Medikament vollständig appliziert wird; also auch der Inhalt der Kanüle.)
  • Während der Injektion darf die Hautfalte nicht losgelassen werden.
  • Nach Abschluss der Applikation verbleibt die Kanüle noch einige Sekunden im Einstichkanal. Damit wird der Rückfluss des Medikaments vermieden.
  • Die Kanüle wird rasch zurückgezogen und in der stichsicheren Box entsorgt. I.d.R. ist die austretende Blutmenge gering.
  • Die Pflegekraft legt einen Tupfer auf die Einstichstelle. (Hinweis: Das Medikament wird nicht verrieben, da es zu Mikroverletzungen und zur Hämatombildung kommen könnte.)
  • Der Bewohner soll den Tupfer mit zwei Fingern fixieren, bis die Blutung gestoppt ist.
Nachbereitung: allgemeine Maßnahmen
  • Die Pflegekraft befragt den Bewohner nach seinem Befinden.
  • Der Bewohner wird darauf hingewiesen, dass er sich an der Einstichstelle nicht kratzen sollte.
  • Die Materialien werden weggeräumt und ggf. entsorgt.
  • Die Kleidung des Bewohners wird gerichtet. Der Bewohner wird bequem gelagert.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Die Injektion wird dokumentiert.
  • Wir regen beim behandelnden Arzt eine regelmäßige Thrombozytenkontrolle an.
  • Wenn der Bewohner über Kopf- oder über Zahnschmerzen klagt, erhält er kein ASS. Dieses würde die Blutungsgefahr deutlich steigern. Der Bewohner sollte dann ein alternatives Analgetikum einnehmen, etwa Paracetamol.
  • Die Einnahme von NSAR bei Schmerzen oder bei Rheuma sollte vermieden werden.
  • Ein Faktor für die richtige Dosierung der Heparine ist das Körpergewicht. Daher werden relevante Änderungen des Körpergewichts an den Arzt gemeldet. Der Bewohner wird einmal in der Woche gewogen, um Wassereinlagerungen und andere Störungen im Wasserhaushalt zeitnah zu erfassen.
  • Die Haut- und die Schleimhäute des Bewohners werden täglich auf Hämatome und auf Blutungen kontrolliert; etwa im Rahmen der Grundpflege. Dieses gilt vor allem für die Unterschenkel und für die Füße des Bewohners.
  • Falls nötig werden die Ausscheidungen von Stuhl und von Urin auf Blutbeimengungen kontrolliert.
  • Die Vitalwerte des Bewohners werden engmaschig erfasst.
  • Wir stellen sicher, dass andere Ärzte, insbesondere Zahnärzte, über die Heparin-Therapie informiert sind.
  • Der Bewohner sollte Tätigkeiten mit hohem Verletzungsrisiko vermeiden, also etwa den Umgang mit Messern in der Haushaltsgruppe.
Nebenwirkungen
  • Die Einstichstelle und die Reaktionen des Bewohners auf das Medikament werden beobachtet. Bei allergischen oder bei sonstigen potenziell gefährlichen Reaktionen wird umgehend ein (Not-)Arzt benachrichtigt. Also etwa bei Hautausschlag, bei Juckreiz, bei Herzrasen, bei Atemnot, bei Schwäche und bei Schwindel. Unwahrscheinlich, aber möglich sind auch folgende kurz- und langfristige Effekte:
  • Im Umfeld der Einstichstelle können Blutungen auftreten, die nicht spontan verheilen.
  • Die Einstichstelle ist gerötet. Es kommt zu Hämatomen oder zu Hautnekrosen.
  • Es kann zu arteriellen Gefäßverschlüssen durch thrombozytenreiche Gerinnsel kommen.
  • Wenige Tage bis zu zwei Wochen nach Therapiebeginn steigt das Risiko eines Abfalls der Blutplättchen.
  • Verschiedene Leberenzyme können ansteigen.
  • Es kann zu Haarausfall kommen, der aber reversibel ist.
  • Das Risiko von Osteoporose steigt.
Dokumente:
  • Pflegefachkräfte
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
  • Medikamentenblatt
  • Injektionsschema
  • Berichtsblatt
 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Cumarinderivate; Heparin;Quick-Test;  Blutgerinnung; Antikoagulanzien
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