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Version 2.05a - 2016

Standard "Pflege von Senioren mit Fazialisparese"

 
Schlaganfall! Wenn eine Gesichtshälfte plötzlich schlaff "nach unten hängt", ist dieser Verdacht durchaus naheliegend. Allerdings kann eine einseitige Gesichtslähmung auch weniger dramatische Ursachen haben. Mit einem Standard können Sie die Versorgung von Betroffenen vereinheitlichen.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Pflege von Senioren mit Fazialisparese"
Definition:
  • Bei der Fazialisparese handelt es sich um eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur, die sowohl einseitig wie zweiseitig auftreten kann. Die Muskulatur in diesem Bereich wird durch den Gesichtsnerv („Nervus facialis“) kontrolliert, der aber durch verschiedene Faktoren in seiner Funktion gestört werden kann.
  • Häufig handelt es sich um zentrale Störungen, wie etwa Apoplexie, Tumore oder Hirntraumata. Diese Krankheitsbilder sind häufig mit Hemiplegie oder mit Hemiparese verbunden.
  • Oftmals ist die Symptomatik auch die Folge einer peripheren Fazialisparese. Diese wird ausgelöst durch entzündliche Prozesse wie z. B. eine Mittelohrentzündung. Bei drei von vier peripheren Fazialisparesen bleibt der Auslöser unklar (sog. „idiopathische periphere Fazialisparese“). Als mögliche Auslöser werden virale oder bakterielle Infektionen (wie etwa eine Borreliose) oder eine Mangeldurchblutung diskutiert. Eine ursächliche Therapie gibt es dann nicht. Es ist allerdings wichtig, mögliche Komplikationen zu verhindern und zu minimieren.


Der Bewohner wird aufgefordert, die Stirn zu runzeln.



Der Bewohner soll die Augen fest verschließen.
Grundsätze:
  • Ein wichtiger Teil der nonverbalen Kommunikation erfolgt über die Mimik. Ein Ausfall der Muskulatur im Bereich des Mundes und des Gesichts ist daher nicht nur ein medizinisches Problem, sondern hindert den Bewohner auch daran, seine Gedanken und Emotionen auszudrücken.
Ziele:
  • Eine akute Gesundheitsbedrohung wird schnell und korrekt erkannt. Eine medizinische Versorgung erfolgt zeitnah.
  • Die Gesichtslähmung bildet sich so weit wie möglich wieder zurück. Bleibende Schäden werden vermieden.
  • Die Mimik wird verbessert.
  • Die Gefühlsstörungen im Gesicht werden reduziert.
  • Der Bewohner fühlt sich wieder als “kompletter Mensch”. Eine Störung des Körperbilds wird vermieden.
  • Die soziale Einbindung des Bewohners bleibt erhalten. Insbesondere kann der Bewohner mit seinem Umfeld verbal und nonverbal kommunizieren.
Vorbereitung: Wir achten auf die typischen Symptome einer Fazialisparese:
  • Erste Anzeichen sind manchmal Schmerzen im Bereich des Ohres und der Wange.
  • Der Bewohner klagt darüber, dass sein Gesicht „verzogen“ oder „schief“ sei. Häufig macht der Bewohner diese Entdeckung morgens nach dem Aufstehen beim Blick in den Spiegel.
  • Der Bewohner gibt an, dass die Sinneseindrücke von der Gesichtshaut gedämpft wirken, sich also etwa das Rasieren seltsam anfühlt.
  • Der Bewohner ist nicht in der Lage, seine Stirn in Falten zu legen.
  • Die Mundwinkel hängen nach unten. Der Bewohner ist nicht mehr in der Lage, seinen Mund vollständig zu verschließen. Aus dem Mundwinkel treten (bei der Nahrungsaufnahme) Speichel und Speisereste aus.
  • Der Bewohner kann nur noch eingeschränkt kauen. Er klagt über einen eingeschränkten Geschmackssinn.
  • Das Hörempfinden kann sich verschlechtern (oder in einigen Fällen) verbessern.
  • Das Unterlid hängt herab. Der Bewohner ist nicht mehr in der Lage, sein Auge vollständig zu verschließen. Es kann zu einer Hornhautaustrocknung kommen. Ggf. ist die Tränensekretion gestört. Der Bewohner klagt über ein „tränendes Auge“.
Hinweise:
  • Eine Lähmung des Gesichtsnervs entwickelt sich ggf. innerhalb weniger Minuten, kann sich aber auch binnen 48 Stunden ausbilden.
  • Wenn die Symptomatik erstmals beobachtet wird, handelt es sich um einen potenziellen Notfall. Die Vorgaben des Notfallstandards Schlaganfall (apoplektischer Insult) sind dann umzusetzen.
  • Auch wenn ein Schlaganfall ausgeschlossen werden kann, sollte der Bewohner einem HNO-Arzt vorgestellt werden, um eine Erkrankung im Bereich des Mittelohrs und der Ohrspeicheldrüse sowie Herpes Zoster (genauer: „Zoster oticus“) und Borreliose auszuschließen.
Durchführung: medikamentöse Therapie
  • Bei einer idiopathischen Fazialisparese erhält der Bewohner Kortisoninfusionen. (Hinweis: Der Nutzen einer Glukokortikoidtherapie ist umstritten.)
  • Bei einer zentralen Fazialisparese erfolgt die medikamentöse Therapie abhängig von der auslösenden Grunderkrankung. Beispiel: Bei einer Apoplexie erhält der Bewohner eine Infusion zur systemischen Lyse.
Aktivierung des Gesichts und des Mundes nach einem Schlaganfall
  • Gemeinsam mit dem Logopäden stellen wir Übungen zusammen. Wir sorgen dafür, dass der Bewohner diese Übungen regelmäßig und selbstständig durchführt.
  • Bei der zentralen Fazialisparese kann er auf der betroffenen Seite die Stirn runzeln.
  • Der Bewohner soll z. B.
    • mit den Handflächen beide Gesichtshälften ausstreichen
    • mit beiden Händen vom Ohr bis zum Mundwinkel vibrieren
    • mit den Fingerkuppen der Mittelfinger die Druckpunkte an den Mundwinkeln aufsuchen
    • die gesamte mehr betroffene Seite mit der Fingerkuppe beklopfen
    • die mehr betroffene Seite leicht kneifen
    • und schlussendlich das Ausstreichen beider Gesichtshälften wiederholen.
  • Diese Übungen sollten ein bis dreimal täglich über 14 Tage durchgeführt werden.
Hinweise:
  • Die Übungen gelingen leichter, wenn der Bewohner vor einem Spiegel sitzt.
  • Bei einer Hemiplegie und bei einem ausgeprägten „Pusher-Syndrom“ ist es zudem wichtig, dass der Bewohner den Kopf gerade hält.
  • Die Therapeutin kann durch das Auflegen der Hand auf das Gesicht die gelähmten Areale mitbewegen und somit sicherstellen, dass die Bewegung symmetrisch ist.
  • Wir raten dem Bewohner zu einer orofazialen Therapie, die durch Logopäden, Physiotherapeuten oder Pflegefachkräfte mit entsprechender Weiterbildung durchgeführt werden kann.
Training der Mimik bei einer zentralen und peripheren Fazialisparese
Weitere empfohlene mimische Übungen sind:
  • die Augenbrauen zusammenziehen („böse gucken“)
  • die Augen fest schließen und danach wieder weit öffnen
  • den Mund schließen und die Wangen aufblasen, danach die Luft von der mehr betroffenen Seite in die weniger betroffene Seite pressen
  • die Augenbrauen hochziehen und die Stirn in Falten legen („erstaunt gucken“)
  • die Nase rümpfen („Hier stinkt‘s!“)
  • den Mund spitzen („Kussmund“), danach Luft aus der Lunge drücken, um z. B. eine Kerze auszupusten
  • die Lippen weit auseinanderziehen („Zähne zeigen“)
  • den zum Kussmund geschlossenen Mund nach rechts und nach links ziehen
  • den Mundwinkel hochziehen („lächeln“)
  • die Unterlippe über die Oberlippe stülpen
  • die Oberlippe über die Unterlippe ziehen
Pflege bei fehlendem Lidschluss
Gemeinsam mit dem behandelnden Augenarzt stellen wir sicher, da

+++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++





 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite Hemiplegie; Schlaganfall; Gesichtslähmung; Fazialisparese
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