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Version 2.05a - 2016

Standard "Kompressionsverband"

 
Richtig angewendet ermöglicht ein Kompressionsverband eine effektive Entstauung geschwächter Venen. Allerdings können schon kleine handwerkliche Fehler die Wirkung in das Gegenteil verkehren. Wir zeigen Ihnen, wie ein "idealer Verband" gewickelt wird.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


Dieses Dokument ist auch als Word-Dokument (doc-Format) verfügbar. Klicken Sie hier!

 

Standard "Kompressionsverband"
Definition:
  • Der Kompressionsverband kann alternativ zu Thromboseprophylaxestrümpfen genutzt werden. Durch die Wicklung werden die Venen in ganzer Länge komprimiert. Dieses erleichtert den Verschluss der Venenklappen und steigert die venöse Rückflussgeschwindigkeit. Der Kompressionsverband gilt dabei aber als das Mittel der zweiten Wahl. Falls möglich sollten medizinische Thromboseprophylaxe-Strümpfe (MTS) bevorzugt werden. Kompressionsstrümpfe sind atmungsaktiv und leichter anzulegen.
  • Ein Kompressionsverband kommt primär dann in Betracht, wenn der Arzt eine sehr hohe Kompression wünscht oder durch die anatomische Form der Beine keine MTS verwendet werden können.
  • Zudem kann bei einem Kompressionsverband der Druck individueller dosiert werden, wenn die Pflegekraft die notwendige Erfahrung hat. In der Regel bedeckt ein Verband lediglich den Unterschenkel, da die damit erzeugte Kompression zur Thromboseprophylaxe ausreichend ist. Ein Verband bis zur Leistenbeuge ist nur selten sinnvoll.
  • Wir verwenden den Unterschenkelverband nach Pütter. Dabei werden für jedes Bein zwei Kurzzugbinden gegenläufig am Bein entlanggeführt. Die erste Binde wird von innen nach außen gewickelt. Die zweite Lage setzt an der Ferse an und führt dann von außen nach innen. Die doppelte Wickeltechnik hat den Vorzug, dass die Bindentouren die Muskulatur und die Venen gleichmäßiger komprimieren.
  • Wichtig bei der Wahl der richtigen Binden für den Verband ist das gewünschte Verhältnis von Ruhe- und Arbeitsdruck. Der Ruhedruck wird allein durch die Elastizität der Binde erzeugt. Er wirkt bei entspannter Muskulatur auf das Gewebe ein. Der Arbeitsdruck entsteht, wenn die Muskulatur aktiv ist und gegen den Widerstand der Binde arbeitet.
Grundsätze:
  • Das Anlegen eines Kompressionsverbands ist eine sehr komplexe Aufgabe, die viel berufliche Erfahrung erfordert.
  • Kompressionsverbände müssen ärztlich angeordnet werden.
  • Jedes Bein ist anders geformt, daher muss ggf. die Wicklung eines Kompressionsverbands individuell angepasst werden. Nur ein passender Verband kann seine Aufgabe erfüllen. Ein zu lockerer Verband ist unwirksam. Ein zu fester Verband führt zu künstlich verursachten Stauungen.
Ziele:
  • Eine Thrombose wird vermieden.
  • Der Rückfluss aus den tieferen Beinvenen wird verbessert.
  • Die oberflächlichen Beinvenen werden komprimiert.
  • Eine optimale Druckdosierung wird erreicht.
  • Das Tragen des Verbands ist möglichst angenehm.
  • Die Wirkung des Verbands wird korrekt ausgewertet.
Vorbereitung: Indikation / Kontraindikation 
Wir prüfen die Notwendigkeit von Kompressionsverbänden:
  • Eine fortgeschrittene Varikose soll konservativ therapiert werden.
  • Nach einer Krampfaderoperation soll ein weiteres Fortschreiten des Krankheitsbilds vermieden werden.
  • Es besteht die Gefahr, dass ein postthrombotisches Syndrom auftritt.
  • Der Bewohner leidet unter Ulcus cruris. Kompressionsstrümpfe können nicht über einem Wundverband angelegt werden.
  • Der Bewohner hat Beine, deren Form anatomisch sehr abweicht. Die üblichen Strumpfgrößen passen nicht.
  • Der Pflegebedürftige verträgt aus anderen Gründen keine Strümpfe.
Der Einsatz von Kompressionsverbänden kommt bei verschiedenen Krankheitsbildern nicht in Betracht:
  • Der Bewohner ist erheblich adipös. Das Risiko von Abschnürungen ist zu hoch.
  • Der Bewohner leidet an einer fortgeschrittenen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit.
  • Es liegt eine dekompensierte Herzinsuffizienz vor.
  • Der Bewohner leidet unter einer septischen Phlebitis.
  • Es liegt eine massive tiefe Becken- und Beinvenenthrombose vor.
Bei verschiedenen Krankheitsbildern muss eine Anwendung mit den Risiken abgewogen werden:
  • Der Bewohner leidet unter nässenden Dermatosen.
  • Es liegen schwere Sensibilitätsstörungen der Extremitäten vor.
  • Eine arterielle Verschlusskrankheit ist zwar vorhanden, aber in einem kompensierten Stadium.
  • Der Bewohner leidet unter einer kompensierten Herzinsuffizienz.
Notwendiges Material:
  • Für einen Kompressionsverband nutzen wir Kurzzugbinden. Diese können maximal auf das Doppelte ihrer ursprünglichen Länge gedehnt werden. Kurzzugbinden üben beim Gehen einen hohen Arbeitsdruck aus. Der Ruhedruck ist relativ gering.
  • Langzugbinden haben verschiedene Nachteile. Sie können auf eine bis zu dreifache Länge gedehnt werden. Der Ruhedruck ist relativ hoch, dafür jedoch ist der Arbeitsdruck vergleichsweise gering. Dieses wirkt sich negativ auf die Durchblutungssituation in den Beinen aus. Das Thromboserisiko steigt.
  • Die Bindenbreite richtet sich nach dem Durchmesser des zu bewickelnden Beines. Wir benötigen i.d.R. Binden mit einer Breite von 6 bis 8 Zentimetern bei Frauen und 8 bis 10 Zentimetern bei Männern.
  • Notwendig sind zudem gut klebendes Heftpflaster sowie eine Schere.
weitere Maßnahmen
  • Der Bewohner wird über die Wichtigkeit des Kompressionsverbands beraten. Die Motivierung ist wichtig, da das Tragen von Verbänden zumeist unangenehm ist.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Der Bewohner wird über die anstehende Maßnahme informiert (auch Bewusstlose). Seine Fragen werden umfassend beantwortet. Der Bewohner wird um Zustimmung gebeten.
  • Die Fenster werden geschlossen und die Raumluft ggf. auf eine angenehme Temperatur geheizt.
  • Das Bett wird in eine angenehme Arbeitshöhe gebracht.
  • Der Bewohner wird auf dem Rücken gelagert.

  • Alternativ kann der Bewohner in einen Fernsehsessel gesetzt werden (siehe Bild).
  • Die Beine des Bewohners sollten vor dem Anlegen des Verbands entstaut sein.
    • Dieses ist zumeist nach zwanzig bis dreißig Minuten erhöhter Lagerung der Beine erreicht. Um ein zügiges Arbeiten zu ermöglichen, sollte der Bewohner möglichst früh informiert werden. Er kann dann die Entstauung ggf. selbstständig vornehmen.
    • Ggf. kann die Pflegekraft den venösen Rückstrom unterstützen, indem sie die Beine des Bewohners herzwärts ausstreicht.
    • Wenn der Verdacht besteht, dass der Bewohner bereits an einer Thrombose leidet, werden die Beine in keinem Fall ausgestrichen, sondern der Notarzt gerufen.
  • Wir messen vor dem Anlegen des Vebandes den Umfang der Beine an den zuvor festgelegten Punkten und dokumentieren die Ergebnisse in das Beinumfangskontrollblatt.
  • In vielen Fällen wird unter dem Kompressionsverband ein kompletter lockerer Watteverband aufgelegt. Ist dieses nicht möglich oder erwünscht, sollten die Schienbeinkante, das Sprunggelenk und andere Knochenvorsprünge mit Polstermaterial ("Polsterwatte") geschützt werden.
Durchführung:
  • Die Binde wird so gehalten, dass der aufgerollte Teil oben liegt und nach außen zeigt.
  • Der Bewohner wird aufgefordert, die Füße so weit anzuziehen, dass diese in einem 90°-Winkel zum Oberschenkel liegen. Da der Bewohner also flach auf dem Rücken liegt, zeigen die Füße senkrecht nach oben.
  • Die erste Wickelung wird an den Zehengrundgelenken begonnen und dann von innen nach außen geführt. Die Zehen werden freigelassen, um hier später die Durchblutung zu kontrollieren.
 
  • Die Pflegekraft legt die Binde auf die Haut des Bewohners und wickelt mit mäßigem Druck. Die Binde sollte nie den Kontakt zur Haut verlieren. Sie wird praktisch mit der flachen Hand "anmodelliert". Zudem sollte die Pflegekraft nicht an der Binde ziehen, da dann der Druck ungleichmäßig über beide Kanten verteilt werden würde. Die Kante mit dem höheren Druck würde einschneiden. Es bilden sich Schnürfurchen und Druckstellen.
  • Falten werden manuell geglättet, bevor die nächste Lage darüber gelegt wird.
  • Die Lagen werden so platziert, dass sie sich zur Hälfte oder sogar zu zwei Dritteln überlappen. Ohne eine ausreichende Überlappung besteht das Risiko eines Fensterödems.

  • Der Mittelfuß wird mit zwei bis drei Touren umwickelt. Die Zehen werden freigelassen, um hier später die Durchblutung prüfen zu können.

  • Nun führt die Pflegekraft die Rolle über die Ferse zum Fußspann.

  • Vorbei am äußeren Fußknöchel führt die Pflegekraft die Rolle nun zurück zum Fußspann.

  • Die Binde überdeckt den äußeren Fußknöchel und wird nun um die Fessel gewickelt.










 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema

Schlüsselwörter für diese Seite Prophylaxe; Thromboseprophylaxe; Thrombose; Prophylaxe; Kompressionsstrumpf; Verband; Kompressionsverband
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