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Version 2.05a - 2016

Standard "Pflege von Senioren mit Tuberkulose"

 
Zu früh gefreut. Noch in den 90ern galt die Tuberkulose zumindest in Mitteleuropa als nahezu ausgerottet. Mittlerweile feiert die “weiße Pest” ein makaberes Comeback. Der auslösende Keim ist häufig resistent gegen übliche Antibiotika und profitiert von der menschlichen Sorglosigkeit.
 

Wichtige Hinweise:

  • Zweck unseres Musters ist es nicht, unverändert in das QM-Handbuch kopiert zu werden. Dieser Pflegestandard muss in einem Qualitätszirkel diskutiert und an die Gegebenheiten vor Ort anpasst werden.
  • Unverzichtbar ist immer auch eine inhaltliche Beteiligung der jeweiligen Haus- und Fachärzte, da einzelne Maßnahmen vom Arzt angeordnet werden müssen. Außerdem sind etwa einige Maßnahmen bei bestimmten Krankheitsbildern kontraindiziert.
  • Dieser Standard eignet sich für die ambulante und stationäre Pflege. Einzelne Begriffe müssen jedoch ggf. ausgewechselt werden, etwa "Bewohner" gegen "Patient".


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Standard "Pflege von Senioren mit Tuberkulose"
Definition:
  • Die Tuberkulose (Tbc) ist eine Infektion mit dem Mycobacterium tuberculosis. Besonders gefährdet sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem, insbesondere HIV-Patienten, krebskranke Menschen, Hochbetagte oder Alkohol-/Drogenkranke.
  • Erkrankungen und Todesfälle, die durch Tuberkulose ausgelöst werden, sind meldepflichtig.
  • Der Kontakt mit dem Mycobacterium tuberculosis erfolgt durch eine aerogene Infektion. Mykobakterien können in kleinsten Flüssigkeitströpfchen bis zu 24 Stunden in der Luft schweben. Wenn Keime an Staubpartikeln anhaften, überleben sie hier bis zu eineinhalb Jahre. Der Betroffene inhaliert die Keime. Eine Übertragung über die Haut oder über Nahrungsmittel ist nicht möglich.
  • Wenn der auslösende Keim in die Lunge gelangt, so bildet sich zunächst ein kleiner Infektionsherd. In der Mehrzahl der Fälle gelingt es der Körperabwehr, die Bakterien abzukapseln und ein Granulom zu bilden. In diesem können die Erreger mehrere Jahre überdauern, ohne dass es zu weiteren relevanten Symptomen käme.
  • Bei geschwächter Immunlage kann Jahre oder Jahrzehnte später die Infektion erneut ausbrechen. Die Symptome entsprechen denen einer Erstinfektion.
  • Die Erkrankung kann als pulmonale Tuberkulose (sie betrifft nur die Lunge) und als extrapulmonale Tuberkulose (sie betrifft andere Organe wie etwa die Niere oder die Lymphknoten) auftreten.
  • Eine weitere Differenzierung erfolgt anhand der Infektiosität:
    • Eine offene Tuberkulose liegt vor, wenn im Sputum des Erkrankten Tuberkelbakterien nachweisbar sind. Es besteht eine offene Passage des Infektionsherds in der Lunge zum Bronchialsystem und somit Infektionsgefahr durch Aushusten.
    • Bei einer geschlossenen Tbc werden keine Tuberkelbakterien nach außen getragen. Die Infektion kann nur klinisch oder histologisch (per Gewebeentnahme) nachgewiesen werden.
  • Pro Jahr infizieren sich weltweit rund 9,2 Millionen Menschen mit Tuberkulose, von denen ca. 1,7 Millionen Fälle tödlich verlaufen. Keine andere prinzipiell heilbare Erkrankung verursacht so viele Todesfälle.
  • In Mitteleuropa galt die Krankheit bis in die 90er Jahre als nahezu ausgerottet, während Tbc in Osteuropa weiterhin sehr präsent blieb. Seit dem Zerfall des Ostblocks intensivierte sich dann die Migration von Menschen nach Mitteleuropa. Zudem haben viele Bakterienstämme mittlerweile eine Resistenz gegen übliche Antibiotika entwickelt.
  • Vor der erstmaligen Aufnahme in ein Pflegeheim muss jeder Bewohner ein ärztliches Attest vorlegen und damit belegen, dass keine ansteckungsfähige Lungen-Tbc vorliegt.
  • Jeder zweite Tuberkulosepatient ist über 65 Jahre alt. Bei Migranten tritt Tuberkulose häufiger auf. Dieses gilt vor allem für Menschen aus der Türkei, Rumänien und Russland.
Grundsätze:
  • Tuberkulose ist eine ernst zu nehmende Krankheit. Fehler in der Behandlung dieser Infektion gefährden die Gesundheit aller Bewohner und Mitarbeiter.
  • Wir legen Wert auf eine "normale" Behandlung des Bewohners. Wir dulden keine Stigmatisierung von Tbc-Infizierten. Übertriebene Hygienemaßnahmen und Distanz zum infizierten Bewohner diskriminieren ihn.
Ziele:
  • Eine Tuberkulose wird zeitnah erkannt. Eine Übertragung auf Mitbewohner, Pflegekräfte, Angehörige und externe Partner wird vermieden.
  • Nach Rückkehr aus dem Krankenhaus führt der Bewohner ein möglichst normales Leben. Sein Selbstwertgefühl bleibt erhalten. Er nimmt weiterhin am sozialen Leben innerhalb der Einrichtung teil. Jede Form der Ausgrenzung wird vermieden.
Vorbereitung: Symptome
Eine Tuberkuloseerkrankung verläuft zunächst oftmals symptomlos. Und wenn dennoch Krankheitszeichen auftreten, so sind diese i. d. R. uncharakteristisch. Folglich bleibt eine Erkrankung über viele Monate unerkannt. Bei folgenden Symptomen sollte eine Pflegekraft stets bedenken, dass diese auch die Folge einer Tuberkulose sein könnten.
  • schlechter Allgemeinzustand
  • Schwäche, Mattigkeit und Gliederschwere
  • schnelle Ermüdung selbst bei mäßigen Anstrengungen
  • Appetitmangel und Gewichtsreduktion
  • subfebrile Temperaturen, ggf. verbunden mit Frösteln und Hitzegefühl
  • starke Schweißbildung, insbesondere nachts und morgens
  • Husten mit zunächst geringem, später mehr Auswurf, ggf. blutigen Beimengungen
  • Tachykardie
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Rückenschmerzen
  • Schmerzen beim Atmen
Verhalten bei einem Verdacht auf eine Tuberkuloseerkrankung
  • Wenn wir einen hinreichenden Verdacht haben, sprechen wir den Arzt auf unsere Beobachtungen an. Dieser kann den Verdacht durch entsprechende Tests überprüfen. Falls sich dadurch eine Infektion bestätigt, wird der Bewohner umgehend in ein Krankenhaus überwiesen. In Altenpflegeeinrichtungen werden keine infektiösen Tuberkulosekranken versorgt.
  • Falls eine offene Tuberkulose festgestellt wird, ist es möglich, dass der Keim bereits auf Mitarbeiter und auf Mitbewohner übertragen wurde. Alle Personen mit direktem Kontakt zum Bewohner werden dann einem Arzt bzw. dem Betriebsarzt vorgestellt. Dazu zählen Pflegekräfte, Reinigungspersonal, externe Therapeuten, andere Heimbewohner sowie Besucher des Bewohners.
  • Der Raum des Bewohners wird sorgfältig gereinigt und desinfiziert.
  • Nach dem zwei- bis sechswöchigen Klinikaufenthalt muss die Behandlung zwar fortgesetzt werden, der Bewohner kann aber zumeist in die Altenpflegeeinrichtung zurückkehren. Der Pflegebedürftige gilt als nicht mehr infektiös und kann am gesamten Heimleben regulär teilnehmen. Voraussetzung dafür ist, dass die Medikamente konsequent eingenommen werden.
Durchführung: allgemeine Maßnahmen
  • Vor allem in den ersten Tagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ist der Bewohner häufig kraftlos und erschöpft. Das Schlaf- und Ruhebedürfnis ist deutlich erhöht. Wir ermöglichen dem Bewohner zusätzliche Ruhe- und Schlafzeiten. Insbesondere nach dem Mittagessen kann der Bewohner - falls gewünscht - ein bis zwei Stunden schlafen.
  • Bei einer geschlossenen Tuberkulose ist Schutzkleidung (etwa Mund-Nasenschutz) weder beim Bewohner noch bei der Pflegekraft erforderlich.
  • Falls die Tuberkuloseinfektion anderen Mitbewohnern bekannt wird, klären wir diese über den Charakter der Tbc auf. Insbesondere versuchen wir zu verhindern, dass diese aus übertriebener Vorsicht den Kontakt zum infizierten Bewohner einstellen.
  • Wir stehen dem Bewohner jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Wir ermuntern ihn, den Kontakt zu Freunden und zu Verwandten aufrechtzuerhalten und insbesondere Besuch zu empfangen.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner als Folge der Infektion übermäßig an Körpergewicht verloren hat. Ggf. wird die Ernährung angepasst, um den BMI zu normalisieren.
  • Ein Bewohner mit geschlossener Tuberkulose wird konsequent vor vermeidbaren Infektionen geschützt. Erkältete Personen sollten den Kontakt mit dem Bewohner meiden. Insbesondere gilt dieses bei Influenza (Grippe).
medikamentöse Behandlung
  • Antituberkulotika können nur dann erfolgreich wirken, wenn sie über die gesamte Therapiedauer konsequent eingenommen werden. Diese erstreckt sich mindestens über sechs Monate, kann im ungünstigsten Fall aber auch zwei Jahre in Anspruch nehmen.
  • Bei vielen Betroffenen hat die Tuberkulosetherapie einen schlechten Ruf. Dieser liegt darin begründet, dass die medikamentöse Behandlung in der Vergangenheit tatsächlich mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden war. Diese ungewollten Effekte sind durch die moderne Mehrfachtherapie heute deutlich gemilder

    +++ Gekürzte Version. Das komplette Dokument finden Sie hier. +++


 
 
 
 
Weitere Informationen zu diesem Thema
Schlüsselwörter für diese Seite TBC; Tuberkulose; HIV; AIDS
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